Betriebsführung
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Recht
Wie man Außenstände wirksam einzieht - Zum Vollstreckungstitel in Selbsthilfe
ep4/2005, 2 Seiten
Telefoninkasso Ist innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer schriftlichen Mahnung oder nach Ablauf der 30-tägigen Zahlungsfrist nach Zusendung einer Rechnung kein Zahlungseingang festzustellen, empfiehlt sich zunächst das Telefoninkasso. Auf Mahnschreiben muss der Kunde nicht antworten. Beim Telefoninkasso ist er gezwungen zu reagieren. Der Kunde wird gefragt, ob er mit der Leistung bzw. Lieferung nicht zufrieden gewesen sei, oder aus welchem sonstigem Grund er die am ... an ihn gesandte Rechnung oder die ihm am ... zugegangene Mahnung nicht beachtet habe. Dabei kann man nochmals auf die entstehenden Verzugszinsen hinweisen. Derzeit gültige Sätze p. a.: · Bei Verbrauchern 6,21 % · Bei Nichtverbrauchem 9,21 % · Bei Bankkredit etwa 12,5 %. Auf Kundenausflüchte reagieren · Die Rechnung wurde bereits bezahlt - Frage: Wann und wie? · Die Rechnung wird umgehend bezahlt - Frage: Wann? · Die Rechnung muss noch überprüft werden, bevor er sich dazu meldet - Erwiderung: Eigentlich war schon über einen Monat Zeit dazu. Die Stellungnahme oder Zahlung wird innerhalb einer Woche erwartet. · Die Rechnung kann nicht auf einmal bezahlt werden - Erwiderung: Man akzeptiert die Zahlung in angemessenen Raten mit der Frage, ob sofort eine Abschlagszahlung überwiesen werden kann. Die Höhe der Raten und die Termine sollten schriftlich festlegt werden. Deshalb ist dazu gleich ein Termin zu vereinbaren. · Die Rechnung wird nicht bezahlt - Frage: Warum nicht, welche Beanstandungen gibt es? In jedem Fall sollte der Name des Telefonpartners notiert werden, um zu prüfen, ob es sich um den Kunden oder einen bevollmächtigten Mitarbeiter handelt. TIPP: Bei derartigen Telefonaten sollte ein Mitarbeiter über Raumlautsprecher mithören. Dieser sollte sich Datum, Uhrzeit und den Partner des Gesprächs notieren. In einem späteren außergerichtlichen oder gerichtlichen Streit kann der Mitarbeiter als Zeuge sehr wertvoll sein. Diese Mithören muss dem Kunden nicht mitgeteilt werden. Das Gespräch ist allerdings nicht auf Tonträger aufzunehmen. Das wäre strafbar. Der Bundesgerichtshof hat das Mithören von Telefonaten im geschäftlichen Bereich als derart üblich und technisch ohne weiteres möglich angesehen, dass eine Einwilligung des Gesprächspartners nur bei Gesprächen vertraulichen Charakters oder bei geäußertem Wunsch des Kunden, dritte Personen auszuschließen, verneint werden kann. Andere Wege zum Titel Ist der Kunde telefonisch nicht zu erreichen, nimmt er das Gespräch nicht an oder bricht er es ab, ist zu entscheiden, ob im Weg der Selbsthilfe oder mit Hilfe eines Inkassounternehmens, eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands die Forderung durchgesetzt werden soll. In jedem Fall ist ein Vollstreckungstitel beschaffen. Denn nur mit diesem ist die Zwangsvollstreckung in das Vermögen und Einkommen des Kunden durchführbar. Mahnverfahren oder Klage Zunächst ist zwischen dem gerichtlichen Mahnverfahren oder der Klage vor Gericht zu wählen. Hat der Kunde überhaupt nicht reagiert oder Zahlung versprochen, das Versprechen aber nicht eingehalten, empfiehlt sich das Mahnverfahren. Hat der Kunde dagegen Mängel der Leistung beanstandet und deshalb nicht gezahlt, kann eine Klage vorteilhafter sein. Denn in diesem Fall, wenn keine Nachbesserung zur Zufriedenheit des Kunden erfolgte, ist mit einem Widerspruch im Mahnverfahren zu rechnen. Dieser lässt die Erlangung eines Vollstreckungstitels oft in weite Ferne rücken. Gerichtliches Mahnverfahren. Das ist ein einfacher, kurzer und auch kostengünstiger Prozess, der zu einem Vollstreckungsbescheid - einem der häufigsten Vollstreckungstitel - führt. Im Jahre 2004 wurden bei den deutschen Mahngerichten 8,8 Mio. Mahnverfahren durchgeführt. Zuständiges Mahngericht. Zuständig ist - ohne Rücksicht auf die Höhe der Forderung - das Mahngericht beim Amtsgericht, in dessen Bezirk der Unternehmer seinen Sitz hat. In den alten Bundesländern wurde zur Vereinfachung in jedem Bundesland ein zentrales Mahngericht eingerichtet, während in den neuen Ländern die einzelnen Amtsgerichte Mahngerichte besitzen. In jedem Falle ist es empfehlenswert, sich bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk man sein Unternehmen betreibt, nach dem zuständigen Mahngericht zu erkundigen. Vordrucke für das Mahnverfahren sind meist in Schreibwarenläden in der Nähe der Gerichte oder überdas Internet erhältlich. TIPP: Im Mahnverfahren können Anträge und Erklärungen kostenlos bei der Rechtsantragsstelle eines jeden Amtsgerichts abgegeben werden. Der dortige Urkundsbeamte füllt auf Wunsch die Mahnanträge aus und leitet sie unverzüglich an das zuständige Mahngericht (§§ 702, 129a der Zivilprozessordnung). Der Mahnantrag wird dem Kunden nicht mitgeteilt. Er erhält Kenntnis vom Mahnverfahren gegen ihn erst Elektropraktiker, Berlin 59 (2005) 4 276 BETRIEBSFÜHRUNG Wie man Außenstände wirksam einzieht Zum Vollstreckungstitel in Selbsthilfe Der Kunde zahlt nicht. Es gibt verschiedene Wege, in eigener Initiative und mit wenig Kosten einen Titel zu erwirken. Der Beitrag liefert dazu einige praktische Tipps zur Selbsthilfe. MUSTER Notarielles Schuldanerkenntnis Am 10. Mai Zweitausenddrei ist vor mir, Notar Dr. Franz Huber in Nürnberg, anwesend: Herr Hermann Vogelreiter, Donaustraße 14, Nürnberg, ausgewiesen durch Personalausweis Nr.1234567890. Der Erschienene beantragt die Aufnahme folgenden Schuldanerkenntnisses und erklärt: Ich anerkenne hiermit, Herm/Firma Edgar Hausmann, Frankenstraße 24 in Nürnberg einen Betrag von 8 500,00 , in Worten. EURO achttausendfünfhundert zu schulden und verpflichte mich, diese Schuld in monatlichen Raten von 850,00 zu tilgen. Die Raten sind jeweils am Ersten - eines Monats für den laufenden Monat zur Zahlung fällig. Die erste Rate ist am 1. Juni 2003 zur Zahlung fällig. Sollte ich mit einer Rate ganz oder teilweise länger als 10 Tage in Rückstand kommen, wird der jeweils geschuldete Restbetrag sofort zur Zahlung fällig. Der geschuldete Betrag ist mit 9 % ab heute zu verzinsen. Die Zinsen sind jeweils zum 1. Dezember 2003 und 1. April 2004 zu zahlen. Wegen und in Höhe dieser Schuld unterwerfe ich mich der sofortigen Zwangsvollstreckung in mein gesamtes Vermögen aus dieser Urkunde. Der beurkundende Notar wird ermächtigt, dem Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung dieser Urkunde zu erteilen. Ich bitte um Erteilung einer einfachen Abschrift. Die Kosten dieser Urkunde übernehme ich. - Notarsiegel - Unterschrift Hermann Vogelreiter Unterschrift Notar Dr. Franz Huber Vorstehende, mit der Urschrift übereinstimmende Ausfertigung wird hiermit Herrn Edgar Hausmann zum Zwecke der Zwangsvollstreckung auf Antrag erteilt. Nürnberg, den 10. Mai 2003 Dr. Franz Huber, Notar Tafel Kosten für das Mahnverfahren Forderungen Kosten bis 600 18,00 Danach Ansteigen der Gebühr proportional zur Höhe der Forderung. Beispiele: bis 1000 27,50 bis 3000 44,50 bis 6000 68,00 bis 10000 98,00 bis 1 Mio. 2228,00 Tafel Kosten im Vergleich Forderungen Kosten 1. Notarielles Schuldanerkenntnis bis 1 000 10,00 bis 2 000 18,00 bis 3 000 26,00 bis 4 000 34,00 bis 10 000 54,00 2. Mahnverfahren bis 10 000 98,00 3. Urteil des Prozessgerichts bis 10 000 589,00 durch Zustellung des Mahnbescheids, gegen den er innerhalb von zwei Wochen schriftlich Widerspruch einlegen kann. Der Unternehmer kann dann die Durchführung des Streitverfahrens vor dem Prozessgericht beantragen. Das Mahngericht gibt dann die Sache an das zuständige Prozessgericht ab. Vollstreckungsbescheid. Wird kein Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt, erlässt das Mahngericht auf Antrag des Unternehmers einen Vollstreckungsbescheid. Dieser ist ein Vollstreckungstitel mit den gleichen Wirkungen wie ein Urteil auf Zahlung. Auch dagegen kann der Kunde innerhalb von zwei Wochen Einspruch einlegen. Dann wird die Sache ohne Antrag an das Prozessgericht abgegeben. Aus dem Vollstreckungsbescheid kann trotzdem sofort vollstreckt werden. Wird der Vollstreckungsbescheid allerdings vom Prozessgericht aufgehoben, hat der Unternehmer dem Kunden, den durch die Zwangsvollstreckung entstandenen Schaden zu ersetzen. Während eine Klage, über die das Prozessgericht entscheiden muss, in der Regel drei Gerichtsgebühren kostet, fällt im Mahnverfahren (Tafel ) nur eine halbe Gerichtsgebühr an. Notarielles Schuldanerkenntnis Das ist ein außergerichtlich erzielbarer, voll gültiger Vollstreckungstitel, der noch dazu sehr kostengünstig ist (Tafel ). Es spart dem Kunden Geld und dem Unternehmer Zeit, weil er beim Notar nicht erscheinen und auch nicht an einem langwierigen Prozess teilnehmen muss. Das notarielle Schuldanerkenntnis (Muster: S. 276) kann bei jedem deutschen Notar abgegeben werden. Der Notar benötigt dafür wenig Zeit und kann daher kurzfristig einen Termin ansetzen. Zum Termin hat der Kunde mit Personalausweis zu erscheinen und das Anerkenntnis zu unterschreiben. Vorteile für den Kunden · Günstige Kosten · Im Gegensatz zum Gerichtsurteil ist Ratenzahlung möglich · Errichtung des Vollstreckungstitels in hoher Diskretion - niemand außer dem Notar erfährt davon. Alle diese Vorteile gilt es, dem Kunden darzustellen. Dann wird er sich in vielen Fällen dazu bewegen lassen, zum Notar zu gehen. P. David Risikogerechte Zinsen Mit den Zinseinahmen decken die Banken nicht nur einen Teil ihrer Betriebs- und Kreditkosten, sondern müssen damit auch die Verluste aus so genannten „faulen“ Krediten kompensieren. Nicht selten kommt es vor, dass der Kreditnehmer seinen eingegangenen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Bisher wurde das Risiko des Kreditausfalls nahezu gleich auf alle Kreditnehmer aufgeteilt. Mit den Festlegungen von Basel II erfolgt nun eine differenzierte Risikobewertung. Statt einheitlicher Zinsen gibt es kundenindividuelle oder, wie es im Sprachgebrauch der „Banker“ heißt: risikogerechte Zinsen. Die Ermittlung dieses Zinssatzes stützt sich dabei vor allem auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens. Bei der Risikoermittlung werden auch die im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers durch die Bank verwertbaren Sicherheiten ermittelt. Die KfW-Bankengruppe hat bereits für eine Reihe von Programmen mit Wirkung vom 01.04.2005 ein risikogerechtes Zinssystem eingeführt. Zinssatz ermitteln Die Ermittlung des individuellen Zinssatzes erfolgt in 3 Schritten: 1. Bewertung der Bonität (Rating) Bei der Bonität handelt es sich um die künftige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens. Für die Bewertung der Bonität werden vor allem folgende Kriterien herangezogen: Bilanzanalyse. Durch eine dynamische Jahresabschlussanalyse wird über Kennzahlen zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ein Bonitätswert ermittelt und mit dem Branchendurchschnitt verglichen. Branchenanalyse. Anhand der Kriterien Marktpotential, Wettbewerbsposition, Ertragskraft und Konjunkturabhängigkeit wird die Branche einer Rating-Klasse zugeordnet. Qualitative Unternehmensanalyse. Auf Grundlage eines unternehmensindividuell angepassten Diagnose-Tools werden die für die Bonitätsbeurteilung relevanten qualitativen Faktoren ermittelt. Kapitaldienstfähigkeit. Ziel des Ratings ist es letztlich, eine verlässliche Bewertung dafür zu finden, wie gut der Kunde langfristig die aus dem gewährten Kredit erwachsenden Zahlungsverpflichtungen erfüllen wird. Bonitätsklasse zuordnen. Im Ergebnis dieser Analyse steht eine Zuordnung des Kreditnehmers zu einer Bonitätsklasse (Bild ). Für eine Kreditvergabe muss die Bonität des Kunden durch die Hausbank mindestens mit „noch Ausreichend“ bewertet werden. Diese Einschätzung erfolgt im Ergebnis eines formalen, meist Software-gestützten Verfahrens mit wenig Spielraum für subjektive Einflüsse. 2. Prüfen der Sicherheiten Nur wer diese erste Hürde erfolgreich genommen hat, kommt im zweiten Schritt zur Prüfung der eingebrachten Sicherheiten. Diese werden hinsichtlich ihrer Werthaltigkeit eingeschätzt - insbesondere des voraussichtlichen Verkaufserlöses im Verwertungsfall. Grundlage der Beurteilung ist dabei der aktuelle Wiederverkaufswert. 3. Preisklasse ermitteln In diesem formalen Schritt werden Bonitäts- und Besicherungsklasse zu einer Preisklasse kombiniert. Wer z. B. zur Bonitätsklasse 1 und Besicherungsklasse 1 zugeordnet wird, bekommt die beste Preisklasse A. Wer dagegen eine Bewertung der Bonität mit der Nummer 3, jedoch in der Besicherungsklasse 4 steht, befindet sich in der schlechtesten Preisklasse G. Auf der Grundlage dieser Preisklassen wird durch die KfW-Bankengruppe den Hausbanken Zinsobergrenzen für die verschiedenen Kredite vorgegeben in Abhängigkeit von den am Tag der Kreditzusage gültigen Konditionen. Grundsatz: Je niedriger das Ausfallrisiko innerhalb einer Bonitätsklasse und je werthaltiger die Besicherung in einer Besicherungsklasse, desto niedriger ist der individuelle Zinssatz. An der Bandbreite der Konditionen: Preisklasse A mit derzeit 3,63 % bis G mit 6,66 % p. a. wird das Ausmaß der künftigen Differenzierung sichtbar. In der Preisklasse G ist der Kredit damit fast doppelt so teuer wie in der Klasse A. Ablehnungsgründe. Wenn also nicht mindestens eine Bonitätsklasse 6 oder besser, die Besicherungsklasse 4 oder besser sowie als Summe aus Bonitäts- und Besicherungsklasse kleiner/gleich 7 erreicht, wird voraussichtlich keinen Kredit erhalten. Fazit Wer künftig einen Kredit benötigt, muss sich darauf einrichten, durch seine Hausbank gründlich "geratet" zu werden. Es ist davon auszugehen, dass diese Vorgehensweise auch von anderen Kreditinstituten angewendet werden wird. Das neue Zinssystem belohnt Unternehmen mit gesunden wirtschaftlichen Verhältnissen, guten Zukunftsaussichten, einer ausreichenden Eigenkapitalquote und einem geeigneten Umfang an Sicherheiten. Unternehmen mit einer eher bescheidenen Bonität z. B. der Klassen 4 - 6, aber mit sehr guten Sicherheiten (Besicherungsklasse 1 und 2) haben zwar noch die Chance, Kredite zu bekommen. Die Bedingungen sind jedoch wenig lukrativ (www.kfw-mittelstandsbank.de). H. Möbus Elektropraktiker, Berlin 59 (2005) 4 277 BETRIEBSFÜHRUNG Neue Regeln für Kredite Mit dem Rating wird es nun ernst. Der Kunde wird in einem Rating-Verfahren auf seine Kreditwürdigkeit geprüft. Selbst wenn er die Kriterien erfüllt, entscheidet ein „risikogerechtes Zinssystem“ über die Höhe des Preises. 0,3 % > 0,3 % und 0,9 % > 0,9 % und 1,5 % > 1,5 % und 2,5 % > 2,5 % und 4,5 % > 4,5 % 1 Sehr gut 2 Gut 3 Befriedigend 4 Noch befriedigend 5 Ausreichend 6 Noch ausreichend A B C A: Bonitätsklasse B: Bonitätseinschätzung C: Ein-Jahres-Ausfallwahrscheinlichkeit Zuordnung zur Bonitätsklasse
Autor
- P. David
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