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Vakuumschalter auf Erfolgskurs
ep4/2003, 2 Seiten
Technik seit 25 Jahren Obwohl zurzeit noch der ölarme Schalter in all diesen Spannungsebenen vorherrscht, soll sich nach den Aussagen der Befragten die Anzahl der Vakuumschalter stetig erhöhen. Die Aussagen lassen erwarten, dass zum Beispiel in der 24-kV-Ebene künftig bis zu 74 % der eingesetzten Schalter eine Vakuumschaltröhre haben werden. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass der Vakuumschaltertechnik eine gute Zukunft bevorstehen wird. Vor 25 Jahren hat Siemens die ersten Vakuumschalter nach Dänemark ausgeliefert. Der Erfolg der Technik hat sich jedoch nicht automatisch eingestellt, sondern musste hart erarbeitet werden. Das verdeutlichte ein Symposium in Berlin. Hier wurden alle Aspekte der Vakuumschalter aus der rückblickenden und aus der aktuellen Perspektive beleuchtet und zugleich auch der Blick nach vorn gerichtet. Wie der ehemalige Werksleiter des Schaltwerkes und spätere Bereichsvorstand Prof. Dr. Bruno Müller anlässlich des 25-jährigen Jubiläums ausführte, wurde die Idee „Vakuumschalter“ zunächst skeptisch beurteilt. Doch es stellte sich sehr schnell heraus, dass diese Technik wesentliche Vorteile bot, und eine ernsthafte Konkurrenz zu den damals üblichen Ölkesselschaltern, den Expansionsschaltern, den SF6-Schaltern und vor allem zu den dominierenden ölarmen Schaltern werden könnte. Die dielektrischen Vorteile der Hochvakuums führten letztendlich zu einer kleineren Bauform der Kontakte und damit zu kompakteren Schaltern. Zudem berechneten die Ingenieure damals, dass die Antriebsenergie, die zum Schalten benötigt wird, nur rund 30 % im Vergleich zu einem ölarmen Schalter betrug. Das hatte direkte Auswirkungen auf den Verschleiß und damit auf die Aussicht, langlebige und wartungsfreundliche Schalter bauen zu können. Der Trend „Weg vom Öl und hin zum Vakuum“ war seit Anfang der 70er Jahre in der Mittelspannung nicht mehr zu übersehen. Eine entscheidende Voraussetzung für die Funktionstüchtigkeit einer Vakuumschaltkammer war aber die Aufrechterhaltung des Hochvakuums. Hierzu waren viele grundlegende Detailentwicklungen nötig. Fragen zum Material der Schaltröhren und vor allem der Kontakte waren ebenso zu beantworten, wie es galt, Faltenbälge zu entwickeln, die mindestens 30000 mal mechanisch beansprucht werden konnten. Die in diesem Zusammenhang damals schwierig zu fällende Entscheidung für die Vakuumschalter fiel etwas leichter, weil bereits seit 1971 in Berlin 6-kV-Schütze in Vakuumtechnik gefertigt wurden. Außerdem konnten die Entwickler auf das Know-how des Siemens-Röhrenwerkes zurückgreifen, das seit 1934 quasi auf der anderen Straßenseite Senderöhren produzierte. Einsatz überall möglich Vakuumschalter und Vakuum-Schaltröhren werden immer dort gebraucht, wo in der elektrischen Energieversorgung Zuverlässigkeit, hohe Schalthäufigkeit oder Wartungsfreiheit gefordert sind. Sie sind damit wichtige und universell einsetzbare Schaltgeräte in Mittelspannungsnetzen zum Führen und Schalten von Betriebs-, aber auch von Kurzschlusströmen, beispielsweise bei Transformatoren, Freileitungen, Kabeln, Kondensatoren, Drosselspulen oder Motoren. Dabei muss der Schalter den unterschiedlichen elektrischen Beanspruchungen - wie ohmsche, induktive und kapazitive Ströme - gerecht werden. Mit diesen Eigenschaften ist der Vakuum-Leistungsschalter so etwas wie ein Multitalent in der Mittelspannung, der sowohl in der industriellen Energieversorgung als auch in den EVU eingesetzt wird. Die Anwendungsmöglichkeiten Elektropraktiker, Berlin 57 (2003) 4 Report Vakuumschalter auf Erfolgskurs In den Mittelspannungsnetzen der öffentlichen Versorger und der Industrie tut sich etwas. Wie Umfragen bei den Betreibern zeigen, ist bei der Technik der eingesetzten Leistungsschalter ein bemerkenswerter Trend festzustellen. Er weist eindeutig zum verstärkten Einsatz von Vakuumschaltern in den Versorgungsnetzen mit Spannungen zwischen 7,2 und 36 kV. reichen von der Standardschaltanlage bis zum Hauptschalter in modernen Verkehrssystemen wie z. B. dem Transrapid. Gerade beim Einsatz in der Bahntechnik werden hohe Anforderungen an die Schalter gestellt, herrschen hier doch harte Umgebungsbedingungen mit Hitze, Staub oder Erschütterungen. Dazu kommen lange Lichtbogenzeiten durch niedrige Frequenzen, die die Kontakte extrem belasten. Als Vorteile haben sich darüber hinaus neben der hohen Schalthäufigkeit von rund einer Million Schaltungen bei Nennstrom die geringe Störanfälligkeit und die damit verbundenen geringen Wartungskosten herausgestellt. Auch im Bergbau und auf Schiffen ist der Vakuumschalter in der Lage, die spezifischen Forderungen nach Explosionsschutz oder Sicherheit bei Vibrationen und Neigung zu erfüllen. Entwicklung geht weiter Um auch für die nächsten Jahrzehnte gerüstet zu sein, arbeiten die Ingenieure intensiv an der Weiterentwicklung der Vakuum-Schaltröhren und -Schalter. So sieht Siemens-Entwicklungsleiter Dr. Roman Renz beispielweise keinen Anlass, dass die Anwendung der Vakuumtechnik auf die Mittelspannungsebene beschränkt bleibt. Er kann sich Anordnungen mit zwei 24-kV-oder 36-kV-Röhren vorstellen, die in Reihe geschaltet werden. Im Gespräch sind u. a. auch 72/84-kV- und 123/145-kV-Schaltröhren. Zu den weiteren Entwicklungszielen gehören Anwendungen für Trafo-Stufenschalter, die allerdings sehr zuverlässig bei sehr hohen Schaltspielen und Schaltvermögen sein müssen. Dazu muss das Röhrendesign angepasst und gleichzeitig das Kontaktmaterial optimiert werden. Zu keinem Zeitpunkt aber dürfen die Entwickler die Röhrenkosten aus den Augen verlieren. Mit niedrigen Kosten, die im wesentlichen in der Design-Entwicklung und später auch in der Fertigung anfallen, entscheidet sich schließlich der Erfolg auf den internationalen Märkten. Ein Blick in die Produktionshallen zeigt, dass hier schon beträchtliche Vorarbeiten geleistet wurden: In peinlichst sauberen Fertigungssälen, sogenannten Reinräumen, wie sie sonst nur für die Herstellung von Mikrochips genutzt werden, entstehen die Schaltröhren. Automatische Schweißstationen sorgen zum Beispiel für genaue und schnelle Produktion von Schaltergehäusen. So ist es schon heute kein Problem, mehr als 100000 Schalter und Röhren pro Jahr zu fertigen. H.-U. Tschätsch Elektropraktiker, Berlin 57 (2003) 4 312 Report Endmontage von Vakuumschaltern im Siemens-Schaltwerk in Berlin Foto: Siemens PTD
Autor
- H.-U. Tschätsch
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