Betriebsführung
Unternehmensberatung für das Elektrohandwerk
ep5/1999, 2 Seiten
Was ist Beratung? Eines vorweg: Beratung ist kein „Nachhilfeunterricht“ und richtet sich nicht nur an die Inhaber von krisengeschüttelten Betrieben. Eine seriöse und fundierte Beratung ist vielmehr auch und gerade eine Entscheidungshilfe für erfolgreiche Unternehmer, die betriebswirtschaftliche Beratung in dem Maße in Anspruch nehmen, wie sie nicht mehr alle Managementaufgaben selbst wahrnehmen können. Kein handwerklicher Unternehmensleiter, und sei er noch so gut vorgebildet und noch so fleißig, kann in der heutigen Zeit alle Führungsaufgaben gleich gut und gleichzeitig wahrnehmen. Die Liste der Anforderungen an Sie als mittelständischen Unternehmer ist beeindruckend lang: Sie sollen ausgewiesener Fachmann sein · auf handwerklich-technischem Gebiet · als Vorgesetzter und Führungskraft · im Umgang mit den verschiedensten Kundengruppen · im Arbeits- und Vertragsrecht · im Steuerrecht · als Marketingexperte und nicht zuletzt · in der kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Steuerung Ihres Unternehmens. Das wird nicht so reibungslos funktionieren, daß Sie immer und in jedem Fall die optimale Entscheidung treffen. So kann die Lösung nur darin bestehen, daß Sachverstand im Einzelfall von außen „eingekauft“ wird. Aus dem Umgang mit dem Finanzamt ist der Steuerberater nicht mehr wegzudenken. Knifflige juristische Fragen beantwortet ein Rechtsanwaltinder Kammer,beim Verband oder aus einer freien Praxis. Und genauso wird es im Einzelfall betriebswirtschaftliche Problemstellungen geben, die in der Hand eines Experten besser aufgehoben sind. Wann braucht der Betrieb eine Beratung? Jedenfalls nicht nur dann und nicht erst dann, wenn die Krisensignale nicht mehr zu übersehen sind. Auch ein noch so guter und engagierter Unternehmensberater ist kein Wunderheiler. Und wenn die Bilanz im dritten Jahr hintereinander ein negatives Eigenkapital ausweist und mittlerweile auch die Hausbank nervös geworden ist, dann müssen Sie sich als Unternehmer und auch Ihr Kreditinstitut fragen lassen, warum erst jetzt eine grundlegende Analyse und Ursachenforschung in Auftrag gegeben wird. Hätte nicht viel Geld gespart werden können, wenn die Weichen in eine ertragreichere Zukunft früher gestellt worden wären? Sanierungsberatungen sind aus dem Aufgabenspektrum eines Beraters zwar nicht mehr wegzudenken. Alle Erfahrungen haben aber gezeigt, daß die Erfolgsaussichten einer betriebswirtschaftlichen Beratung deutlich größer sind, wenn der Krise vorgebeugt wird, bevor die Krise da ist. Ob eine Beratung sinnvoll und angebracht ist, können Sie in einer Art Selbsttest feststellen, indem Sie Fragen zum betriebswirtschaftlichen Organisationsstand der Firma beantworten. Wie dies für den Bereich der Kostenrechnung und Kalkulation aussehen kann, zeigt Checkliste A. Haben Sie bei diesen Fragen mehr als einmal mit Nein geantwortet, sollten Sie über eine Beratung zum Thema Kostenrechnung nachdenken. Diese Vorgehensweise läßt sich auch auf andere betriebswirtschaftliche Führungsaufgaben anwenden, z.B. Fragestellungen, Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 5 414 Betriebsführung Unternehmensberatung für das Elektrohandwerk H.-P. Acker, Affalterbach; A. Jürgensen, Raisdorf Viele Unternehmer - auch im Elektrohandwerk - meinen heute immer noch, alle betriebsinternen Aufgaben selbst erledigen zu können. Das scheint aus Kostengründen oft auch nicht anders möglich zu sein. Eines wird dabei jedoch häufig übersehen: Wenn einmal die Weichen im Unternehmen falsch gestellt sind, kann auch der beste Unternehmensberater nicht mehr helfen. Der Beitrag stellt die Notwendigkeit und das Handling dieses so wichtigen Management-Instrumentes dar. Dipoml.-Kaufmann Hans-Peter Acker, Tel.: (0 71 44) 3 89 24, und Diplom-Volkswirt Axel Jürgensen, Tel.: (0 43 07) 14 30, sind als Unternehmensberater im Elektrohandwerk tätig. Autoren Ja Nein 1. Kennen Sie Ihren aktuellen kostendeckenden Stundenverrechnungssatz? 2. Wissen Sie, wo Ihre Preisuntergrenze bei scharfem Wettbewerb liegt? 3. Kalkulieren Sie abgeschlossene Aufträge regelmäßig nach? 4. Haben Sie ein wirklich einfaches und schnelles System der Nachkalkulation zur Verfügung? 5. Wissen Sie, was eine Maschinenstunde bei Ihnen kostet? 6. Kontrollieren Sie Ihre Betriebsabteilungen mit Hilfe einer Kostenstellenrechnung? Checkliste A Ja Nein 1. Zeigt Ihre BWA wirklich, wie der Betrieb im Laufe des Jahres dasteht? 2. Können Sie jederzeit sicher sein, allen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können? 3. Wissen Sie, welche Arten von Aufträgen für Ihren Betrieb lukrativ sind und welche nicht? 4. Haben Sie einen Überblick über die Rentabilität in den Profit-Centern Ihres Unternehmens? 5. Können Sie mit Hilfe der Deckungsbeitragsrechnung flexibel im Markt agieren? 6. Verfügen Sie über ein wirklich praxisorientiertes und verständliches Kennzahlensystem? Checkliste B die unter dem Begriff „Controlling“ zusammengefaßt werden Checkliste B. Die negative Beantwortung einer oder mehrerer der Fragen ist kein Krisensignal im klassischen Sinne. Und genau da liegt der Sinn dieses Selbsttestes: Kritische Situationen für das eigene Unternehmen gar nicht erst entstehen zu lassen, sondern sich ein Instrumentarium maßschneidern zu lassen, mit dessen Hilfe der Betrieb auch durch schwieriges Fahrwasser zu steuern ist. Woran erkennt man einen seriösen Berater? Viele handwerkliche Unternehmer scheuen eine betriebswirtschaftliche Beratung aus der Furcht heraus, einem Scharlatan oder gar einem Betrüger aufzusitzen und viel Geld für wenig (oder keine) Leistung zu bezahlen. Und tatsächlich ist es nicht zu leugnen, daß sich auf diesem Markt auch Anbieter tummeln, die die Bezeichnung „Berater“ als Türöffner benutzen, um ihren Kunden das Geld aus der Tasche zu ziehen. Das macht die Arbeit für diejenigen, die ihren Beruf seriös und mit Herz ausüben, nicht einfacher. Das macht aber auch für Sie als Unternehmer die Auswahl des Beraters schwierig, dem Sie Ihr Vertrauen zu schenken bereit sind. Noch ein Test. Prüfen Sie, ob der Berater, der mit Ihnen ins Geschäft kommen möchte, folgende Anforderungen zu Ihrer Zufriedenheit erfüllt: Ein seriöser Berater · verfügt über eine wissenschaftliche (betriebswirtschaftliche) Vorbildung und die Erfahrung, die er in vielen anderen, vergleichbaren Betrieben gewonnen hat · kann Ihnen ein Konzept skizzieren, das seiner Arbeit zugrunde liegen wird, wenn er den Beratungsauftrag erhält · nennt Ihnen offen und selbstbewußt seinen Stunden- bzw. Tagessatz, weil er weiß, daß seine Leistung mehr wert ist, als sie kostet, wenn seine Handlungsempfehlungen umgesetzt werden · stellt die Bezuschussungsmöglichkeiten nicht derart in den Mittelpunkt, daß am Ende die Entscheidung für eine Beratung nur fällt, weil Sie keine Zuschüsse verschenken wollen · kommt zu einem unverbindlichen und unentgeltlichen Gespräch in Ihren Betrieb, um Ihre Sorgen und Probleme darauf abzuklopfen, ob und wie er Ihnen helfen kann · empfiehlt Ihnen einen Kollegen, wenn er feststellt, daß die Aufgabenstellung woanders besser aufgehoben ist als bei ihm selbst · schließt mit Ihnen einen schriftlichen Vertrag, der den Leistungsumfang und das Honorar eindeutig und widerspruchsfrei festhält · kann, wenn Sie Glück haben, vorher auf einem Seminar „besichtigt“ werden, so daß Sie einen Eindruck von seiner Kompetenz und Seriosität gewinnen können. Das Vorhandensein eines zertifizierten Qualitätsmanagementsystems nach DIN EN ISO 9000 ff. garantiert übrigens nicht die inhaltliche Brillanz der Analyse und der Handlungsempfehlungen, weil diese nicht Gegenstand einer Zertifizierung sein kann. Ein solches Zertifikat soll aber schon signalisieren, daß der Berater systematisch und konsequent arbeitet und damit dem potentiellen Kunden Verläßlichkeit auf einem hohen Niveau verspricht. Auf der anderen Seite ist wohl davon auszugehen, daß derjenige, der nur „abzocken“ will, die Mühe und die Kosten eines dokumentierten Managementsystems scheuen wird. Und in diesem Sinne weist das ISO-Zertifikat eines Beraters dann doch auf Qualität hin. Ganz wichtig für eine fruchtbare Zusammenarbeit ist, daß die „Chemie“ stimmt. Nur dann werden Sie bereit sein, auch kritische Hinweise des Beraters anzunehmen. Allein aus diesem Grunde ist das unverbindliche Erstgespräch unverzichtbar. Was kostet Unternehmensberatung? Unternehmen haben im Prinzip zwei Möglichkeiten, Beratung in Anspruch zu nehmen. Neben der organisationseigenen Kurzberatung durch Kammern und Verbände gibt es die freiberufliche Intensivberatung durch einen selbständigen Unternehmensberater. In den Bereichen der betriebswirtschaftlichen Beratung, die den Schwerpunkt der Arbeit der beiden Autoren bilden, also · Bilanzanalyse · Kostenrechnung · Controlling · Finanzierung · Qualitätsmanagement · Betriebsübergabe liegen die Tagessätze erfahrungsgemäß im Bereich zwischen 1.500 DM und 2.500 DM. Sie hängen im Einzelfall auch davon ab, ob Reisezeiten, Reisekosten und andere Spesen in dem Satz enthalten sind oder gesondert in Rechnung gestellt werden. Für Betriebe, die gewisse Umsatzgrößenordnungen (z.Z. 10 Mio. DM im Jahr) nicht überschreiten, kann es Zuschüsse aus Fördermitteln des Bundesministers für Wirtschaft zu den Beratungskosten geben. Der Berater wird sich im Interesse seines Kunden um die jeweils günstigsten Fördermöglichkeiten kümmern. Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 5 415 Betriebsführung ep hat nachgefragt: ein Gespräch mit den Autoren Hans-Peter Acker (Bild rechts) und Axel Jürgensen. ep: Meine Herren,wie hoch ist die Akzeptanz Ihrer Dienstleistung im Elektrohandwerk? Acker: Das Verständnis ist sehr unterschiedlich. Es gibt zum einen die Unternehmer, die wissen, daß sich eine permanente fachliche Beratung im kaufmännischen Bereich bezahlt macht. Daneben gibt es jedoch eine weitaus größere Gruppe, die nach dem Do-it-your-self-Prinzip verfahren. Hinzu kommen die Unternehmer, denen „das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“. ep: Wie helfen sie diesen in Bedrängnis geratenen Unternehmen? Jürgensen: Oft verbergen sich hinter den reinen betriebswirtschaftlichen Fakten auch schlimme menschliche Schicksale. Viele Betriebe im Elektrohandwerk sind Familienunternehmen und sie können sich vorstellen, welche emotionale Brisanz uns manchmal begegnet. Wir sind natürlich keine Wunderheiler. Nach einer eingehenden Analyse entwickeln wir geeignete Maßnahmen um die Kosten im Unternehmen transparent zu machen und so die Voraussetzungen für deren Senkung zu schaffen. ep: Sind diese Maßnahmen nicht oft auch sehr schmerzvoll? Acker: Leider ist dies oft so. Vor allem dann, wenn ein Unternehmen von seiner Hausbank zu einer Beratung gezwungen wird. Weniger schlimm ist es, wenn eine Schieflage in der Ertragslage frühzeitig bemerkt wird und die Beratung so größere Möglichkeiten hat, ohne schmerzhafte Einschnitte die Kosten in den Griff zu bekommen. ep: Wie gelangt ein interessierter Unternehmer zu Ihnen? Jürgensen: Wir arbeiten eng mit Verbänden und Partnern des Elektrohandwerks zusammen. Diese laden zu Seminaren ein, in denen wir Elektrohandwerksunternehmen die Bedeutung und Funktion modernen Controllings aufzeigen. Oft ergeben sich aus diesen Veranstaltungen konkrete Beratungsleistungen. Da sich Verbände, Bundesregierung und die Industrie als Sponsoren engagieren, ist dieser Weg auch der finanziell günstigste, zu einer Beratung zu gelangen. Doch zuerst muß ein Unternehmer erkannt haben, daß Beratung eine Dienstleistung ist, die ihm hilft, Probleme im kaufmännischen Bereich frühzeitig zu erkennen und Wege für deren dauerhafte Lösung zu gehen. ep: Vielen Dank für das Gespräch. INTERVIEW
Autoren
- H.-P. Acker
- A. Jürgensen
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