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Elektrotechnik | Schutzmaßnahmen

TAB und zusätzliche Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs)

ep2/2010, 2 Seiten

Im Elektropraktiker 06/2009 ging es in einer Leseranfrage darum, ob ein zusätzlicher FI-Schutzschalter gefordert ist. Die in der dazugehörigen Antwort enthaltene Aussage, dass ein zusätzlicher FI-Schutzschalter nur installiert werden muss, wenn die DIN 18015-2 vereinbart worden ist, halte ich nicht für richtig. In der TAB 2007, nach der wir ja nun all unsere Installationen vornehmen müssen, ist unter Punkt 8 (Stromkreisverteiler) Folgendes zu lesen: „Bei Aufteilung von Stromkreisen ist die Zuordnung von Anschlussstellen für Verbrauchsgeräte zu einem Stromkreis so vorzunehmen, dass durch das automatische Abschalten der diesem Stromkreis zugeordneten Schutzeinrichtung (z. B. Leitungsschutzschalter, Fehlerstrom-Schutzschalter) im Fehlerfall oder bei notwendiger manueller Abschaltung nur ein Teil der Kunden -anlage abgeschaltet wird. Hiermit wird die größtmögliche Verfügbarkeit der elektrischen Anlage für den Anschlussnutzer erreicht.“ Damit ergibt sich meiner Meinung nach die Verpflichtung, eine zweite Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) einzubauen. Wir erreichen das in der Praxis mit einer RCD/LSB-Kombination. Wenn man diese Passage der TAB 2007 den Kunden zeigt und die Vorteile erklärt, dann bezahlen sie den Komfort auch. Eine Unverschämtheit der Versorger finde ich auch, dass die TAB 2007 am 01.06.2009 erschienen ist und ohne Übergangsfrist eingehalten werden muss. Verbindliche Angebote oder vor dem 01.06.2009 installierte Anlagen, in denen die Zähler jedoch erst nach dem 01.06.2009 montiert werden, kommen uns Installateure damit teuer zu stehen. Auf jeden Fall müsste sehr kurzfristig geklärt werden, ob es rechtmäßig ist, eine neue Vorschrift ohne Übergangsfrist durchzusetzen. Beispielsweise hat mir kürzlich ein Stadtwerk den Zählereinbau verweigert, weil nur eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) installiert war.


Der Anfragende schreibt, dass nun alle Installationen nach der TAB 2007 vorgenommen werden müssen. Doch gerade das habe ich in Zweifel gestellt und deswegen in meiner Antwort [1] nicht auf die in der Anfrage zitierte Formulierung hingewiesen. Anderenfalls stellt sich die Frage, warum wir DIN-VDEBestimmungen brauchen, wenn doch alles in der TAB geregelt ist.
Es ist richtig, dass im Abschnitt 8 (4) der TAB 2007 [2] die in der Anfrage widergegebenen Formulierungen vorhanden sind, aber ich habe bisher die Meinung vertreten, dass es sich nur um einen Hinweis handeln kann, da für die elektrische Anlage hinter dem Zählerplatz Festlegungen in den Normen der Reihe DIN VDE 0100 (VDE 0100) enthalten sind. Aufgrund des Hinweises, dass ein Stadtwerk den Anschluss eines Zählers verweigert hat, da nur eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) installiert war, muss ich wohl meine Meinung (wenn auch ungern) ändern.
Festlegungen über die Reichweite der TAB sind in der NAV (Niederspannungsanschlussverordnung) [3] vorhanden, auf die sich die TAB bezieht, aber leider sind sie auch nur sehr ungenau gehalten. In [3] ist Folgendes festgelegt:
„Der Netzbetreiber ist berechtigt, in Form von Technischen Anschlussbedingungen weitere technische Anforderungen an den Netzanschluss und andere Anlagenteile sowie an den Betrieb der Anlage einschließlich der Eigenanlage festzulegen, soweit dies aus Gründen der sicheren und störungsfreien Versorgung, insbesondere im Hinblick auf die Erfordernisse des Verteilernetzes, notwendig ist. Diese Anforderungen müssen den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen.“
Ich lese aus dieser Passage heraus, dass zusätzliche Festlegungen der Netzbetreiber für die elektrische Anlage hinter dem Zählerplatz nur insofern rechtens sind, als dass sie Rückwirkungen auf das Verteilernetz verhindern sollen, damit andere Anschlussnehmer nicht negativ beeinflusst werden. Unabhängig davon, ob das auch tatsächlich so ist, ergibt sich meiner Meinung nach – zumindest in TN-Systemen – nicht die Verpflichtung, eine zweite Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) einzubauen. Lediglich die Verwendung nur einer zentralen (übergeordneten) Fehlerstrom- Schutzeinrichtung (RCD) wäre damit ausgeschlossen. So wäre es aber möglich (auch nach TAB 2007), dass nur eine Fehlerstrom- Schutzeinrichtung (RCD) für die Stromkreise, für die der zusätzliche Schutz gefordert ist, vorgesehen wird und alle anderen Stromkreise (z. B. die Lichtstromkreise) nur mit Schutzeinrichtungen für den Schutz bei Überstrom versehen werden. Somit wäre, bei Abschaltung/ Auslösung der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD), zumindest noch die Beleuchtung betriebsbereit. Soweit meine Sicht.
Der Anfragende weist auch darauf hin, dass er eine RCD/LSB-Kombination verwendet. Wahrscheinlich meint er damit einen Fehlerstrom- Schutzschalter mit intergriertem Überstromschutz (FI-LS-Schalter). Die Verwendung von FILS- Schaltern ist natürlich eine gute Lösung und wird auch von mir immer propagiert (z. B. in der VDE-Schriftenreihe, Band 140 [4]). Nicht immer sind die Kunden aber bereit, die entsprechenden Mehrkosten zu akzeptieren. Meist wollen sie nicht einmal eine zweite Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) bezahlen. Mit einem aber hat der Fragesteller sicher Recht: wenn das mit der TAB 2007 so zutrifft, müsste sehr schnell eine Verlautbarung gemacht werden. Auch in den zutreffenden VDE-Bestimmungen könnte eine entsprechende Forderung aufgenommen werden. Bei der derzeitigen Überarbeitung von DIN VDE 0100-530 (VDE 0100-530) [5] ist eine Klarlegung angedacht.
Zwar gibt es im Abschnitt 314.1 von DIN VDE 0100-100 (VDE 0100-100) [6] – der auch schon ähnlich im nun ungültigen Teil 300 enthalten war – eine Formulierung, die aber ebenfalls sehr ungenau ist. Sie lautet:
„Jede Anlage muss, soweit erforderlich, in mehrere Stromkreise aufgeteilt werden, um:
  • Gefahren zu vermeiden und die Folgen von Fehlern möglichst klein zu halten;
  • die sichere Besichtigung, Prüfung und Instandhaltung zu erleichtern (siehe auch DIN VDE 0100-530 (VDE 0100-530);
  • die Gefahr zu berücksichtigen, die durch einen Fehler in einem einzelnen Stromkreis entstehen kann, z. B. Ausfall eines Beleuchtungsstromkreises
  • die Möglichkeit einer ungewünschten Auslösung von Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) auf Grund hoher Schutzleiterströme, die nicht durch Fehler verursacht sind, zu reduzieren;
  • die Wirkungen von elektromagnetischen Störungen zu reduzieren.“
Dank der Formulierung „soweit erforderlich“ wird dies jeder Kunde abtun.
Bezüglich der Übergangsfrist sei angemerkt, dass die TAB 2007 im Juli 2007 veröffentlicht wurde und von den meisten (vermutlich von allen Netzbetreibern) am 01.01.2008 in Kraft gesetzt wurde. Der Anfragende hat sicher überlesen, dass im Musterwortlaut (und auch in allen Ausführungen der Netzbetreiber) eine Übergangszeit von einem Jahr vorgegeben ist. Siehe hierzu Abschnitt 1 (7) in [2] „Geltungsbereich“ und nachfolgendes Zitat:
„(7) Für in Planung oder in Bau befindliche Anlagen gilt eine Übergangsfrist von einem Jahr. In diesem Zeitraum können die bisher geltenden TAB noch angewandt werden.“
Dieser Zeitbereich dürfte üblicherweise ausreichend sein, in Planung oder Bau befindliche elektrischen Anlagen abzuschließen. Was der Bezug auf den 01.06.2009 bedeutet, ist mir in diesem Zusammenhang nicht klar.

Quellen

Hörmann, W.: Mindestanzahl von FI-Schutzschaltern (RCDs) in elektrischen Anlagen. Leseranfragen; Elektropraktiker, Berlin 63 (2009) 6; S. 456–457.

TAB 2007 – Technische Anschlussbedingungen für den Anschluss an das Niederspannungsnetz; Ausgabe: Juli 2007.

NAV – Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Elektrizitätsversorgung in Niederspannung.

Hörmann, W.; Nienhaus, H.; Schröder, B.: Schnelleinstieg in die neue DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410):2007-06; Schutz gegen elektrischen Schlag. VDE-Schriftenreihe – Normen verständlich, Band 140. 3. vollst. überarbeitete Auflage. Berlin: VDE-Verlag 2007.

DIN VDE 0100-530 (VDE 0100-530):2005-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 530: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Schalt- und Steuergeräte.

DIN VDE 0100-100 (VDE 0100-100):2009-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 1: Allgemeine Grundsätze, Bestimmungen allgemeiner Merkmale, Begriffe.


Autor
  • W. Hörmann
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