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Grundwissen

Spannungsfall und Spannungsunterschied

luk4/2010, 3 Seiten

Verbrauchsmittel funktionieren dann bestimmungsgemäß, wenn an ihnen ihre Bemessungsspannung anliegt. Trotz normgerechter Netzspannung entstehen Abweichungen durch die Spannungsfälle über den Anschlussleitungen der Verbrauchsmittel.


Spannung als Grundgröße Elektrische Spannungen entstehen durch die Energieänderung der Ladungsträger. Da Änderung zum einen Energieerhöhung und zum anderen Energieabnahme bedeutet, müssen in ihrem Wesen zwei elektrische Spannungen unterschieden werden. In Stromquellen werden durch Energieumwandlungsprozesse die Ladungen so getrennt, dass an dem einen Pol ein Elektronenüberschuss und an dem anderen ein Elektronenmangel entsteht. Der Energieaufwand zur Ladungstrennung muss nach dem Energieerhaltungssatz den Energiebetrag der an den Polen konzentrierten Ladungen erhöht haben. Zwischen den Polen der Stromquelle liegt die sogenannte Quellenspannung UQ an. Sie ist die Voraussetzung für das Fließen des elektrischen Stromes. Wird der Stromkreis geschlossen, bewegen sich die Elektronen außerhalb der Stromquelle vom Elektronenüberschuss zum Elektronenmangel. Es ist zu beachten, dass dagegen die Stromrichtung wie folgt festgelegt ist: Der Strom fließt außerhalb der Stromquelle vom Pluspol zum Minuspol. Da der Strom ein in sich geschlossenes Band ohne Anfang und Ende ist, fließt er dagegen in der Stromquelle vom Minuszum Pluspol. Auf dem Weg innerhalb des Stromkreises geben die Ladungsträger ihre Energie wieder ab. Die dabei entstehenden Spannungen werden als Spannungsfälle bezeichnet. Die Ursache-Wirkungsbeziehungen (Kausalität) zwischen den Grundgrößen des Stromkreises stellen sich in Bild dar. Beide Spannungen sind richtungsbehaftet. UQ wirkt in der Stromquelle vom Pluszum Minuspol und die Spannungsfälle in Richtung des fließenden Stromes. Durch die Festlegungen der Spannungen über die Energieänderungen der Ladungsträger stellt sich nach dem Energieerhaltungssatz ein Gleichgewichtszustand zwischen der Quellenspannung und den Spannungsfällen ein. Das nach Kirchhoff1) benannte Gesetz lautet: In einer Masche ist die Summe der vorzeichenbehafteten Spannungen gleich Null. Einfacher Stromkreis Stromquelle, Zuleitung und Verbrauchsmittel sind die merkmalbildenden Elemente des einfachen Stromkreises. Im eingeschalteten Zustand werden sie vom Strom durchflossen. Da der gesamte Stromweg widerstandsbehaftet ist, entstehen in der Stromquelle durch ihren inneren Widerstand Ri der innere Spannungsfall: = I · Ri (1) Über der Zuleitung mit dem Leitungswiderstand RL der Spannungsfall der Leitung: = I · RL (2) Am Verbraucherwiderstand R liegt die Betriebsspannung des Verbrauchers ebenfalls als Spannungsfall an: = I · R (3) Die Klemmenspannung U der Stromquelle kann als antreibende Spannung aber auch als Spannungsfall über dem Widerstand des äußeren Stromkreises aufgefasst werden (Bild ). U = UQ - UI (4) U = I · Ra (5) Da die Leistungen der Stromkreiselemente durch das Quadrat der Stromstärke und dem Widerstandswert bestimmt werden, müssen aus energetischer Sicht der Innenwiderstand Ri und der Leitungswiderstand RL wesentlich kleiner als der Widerstand R des Verbrauchsmittels sein. Durch Ri und RL wird ein Teil der elektrischen Energie in Wärme umgewandelt. Als Verluste bestimmen sie den Wirkungsgrad des Energietransportes im einfachen Stromkreis. Aus den Gleichungen (1) bis (3) ist weiterhin erkennbar, dass bei (Ri und RL ) << R der größte Teil der von der Stromquelle bereitgestellten Spannung als Betriebsspannung des Verbrauchsmittels wirksam wird. Endbelastete Stichleitung Nach TAB 20072) sind die Hauptstromversorgungen der Anlagen, die an das Niederspannungsnetz anzuschließen sind, als Strahlennetze zu betreiben. Sowohl in TAB als auch in den Vorschriften des VDE3) sind Beträge der Spannungsfälle festgelegt, die nicht überschritten werden sollen. Konkret heißt es: „Der Spannungsfall vom Schnittpunkt zwischen Verteilungsnetz und Verbraucheranlage bis zum Anschlusspunkt eines elektrischen Verbrauchsmittels (Steckdose oder Geräteanschlussklemmen) soll nicht größer als 4 % der Nennspannung des Netzes sein.“ In der Praxis müssen deshalb zwei Fragen beantwortet werden. Verbrauchsmittel funktionieren dann bestimmungsgemäß, wenn an ihnen ihre Bemessungsspannung anliegt. Trotz normgerechter Netzspannung entstehen Abweichungen durch die Spannungsfälle über den Anschlussleitungen der Verbrauchsmittel. Elektrotechnik Spannungsfall und Spannungsunterschied G r u n d w i s s e n L e r n f e l d e r 1 - 5 2 LERNEN KÖNNEN 4/10 Ursachengröße Bedienungsgröße Wirkungsgröße Ursachengröße Wirkungsgröße Quellenspannung UQ Widerstand R des Stromweges Stromstärke I Spannungsfall U Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen den Grundgrößen des Stromkreises Kirchhoff, Gustav Robert: deutscher Physiker 1824 - 1887. Technische Anschlussbedingungen für den Anschluss an das Niederspannungsnetz. Stand: Juli 2007, Verband der Netzbetreiber - VDN - e. V. beim VDEW DIN VDE 0100-520: Errichten von Niederspannungsanlagen. Teil 5: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel; Kapitel 52: Kabel- und Leitungsanlagen. Elektrotechnik G r u n d w i s s e n L e r n f e l d e r 1 - 5 LERNEN KÖNNEN 4/10 1. Welche Leitungsparameter sind für das Errichten einer neuen Anlage bzw. Erweiterung einer Anlage einzuhalten? 2. Wird der normative Wert des Spannungsfalls in einer bestehenden Anlage nicht überschritten? Nach Gleichung (2) ist der Spannungsfall über der Zuleitung von der sie belastenden Stromstärke I und ihrem Widerstand abhängig. Dieser wird nach der Bemessungsgleichung linienhafter Leiter durch die Länge des stromdurchflossenen Leiters, der spezifischen Leitfähigkeit und den Querschnitt bestimmt. Von diesen Faktoren sind die Leitungslänge durch den Abstand zwischen Einspeisung und Verbrauchsmittel sowie die spezifische Leitfähigkeit als Materialkonstante von Kupfer festgelegt. Das heißt, nur der Querschnitt der Zuleitung wäre frei wählbar. Dieser ist jedoch nicht nur vom zulässigen Spannungsfall über der Zuleitung abhängig. Querschnittbemessung Folgende Schritte für die Bemessung der Querschnitte der Installationsleitungen müssen exakt eingehalten werden: Schritt 1. Berechnen der Stromstärke des belasteten Stromkreises in Abhängigkeit von der Leistung P des Verbrauchsmittels: Gleichstrom (6) Wechselstrom (7) Drehstrom (8) Schritt 2. Wahl der Leitungsschutzeinrichtung durch Bestimmen ihrer Nennstromstärke. Schritt 3. Auswählen des Leiterquerschnitts aus der Strombelastbarkeitstabelle unter Beachtung des Mindestquerschnitts, der Verlegeart und den Umgebungsbedingungen. Schritt 4. Überprüfen der Abschaltbedingungen, wenn der Schutz gegen elektrischen Schlag durch das automatische Abschalten der Stromversorgung gewährleistet werden soll. Schritt 5. Berechnen bzw. Überprüfen des Querschnitts, ob der normative Wert des Spannungsfalls eingehalten wird. Widerstandsbestimmung Zweileiternetz. Mit der Festlegung des Querschnitts kann der Leitungswiderstand berechnet werden: Leitungswiderstand des Zweileiternetzes (DC und AC) (9) In dieser Gleichung steht das Formelzeichen l für die Länge der Zuleitung, das heißt für den Abstand zwischen Einspeisung und Verbrauchsmittel. Der Faktor 2 ergibt sich aus dem Widerstand des Hin-und des Rückleiters, deren Querschnitte gleich sind. Induktiver Blindwiderstand. In Wechselstromnetzen wirkt neben dem ohmschen Widerstand der Leitung auch ihr induktiver Blindwiderstand. In der Tafel sind die Verhältnisse der Widerstandsbeläge (längenbezogene Widerstandswerte) von Installationsleitungen ausgewählter Querschnitte bei 50 Hz zusammengestellt. Der induktive Widerstandsbelag liegt bei den gewählten Querschnitten im Bereich von 2 bis 8 % des ohmschen Widerstandsbelages. Der Impedanzbelag ist nach dagegen bei A = 2,5 mm2 Z´ = 1,000199 · R´ und bei A = 16 mm2 Z´ = 1,00319R´ also nur um 0,0199 % bis 0,319 % größer als der ohmsche Widerstandsbelag. In Wechselstrom-Installationsnetzen kann der induktive Blindwiderstand der Zuleitungen vernachlässigt werden. Dreileiternetz. Diese Vereinfachung trifft auch für das Drehstromnetz zu. Zusätzlich ist von einer symmetrischen Belastung auszugehen. Der Widerstand des stromlosen Neutralleiters als Rückleiter ist nicht wirksam. Leitungswiderstand des Drehstromnetzes (10) Spannungsfall über Zuleitung Mit den Gleichungen (2), (9) und (10) ergibt sich der folgende Spannungsfall über der Zuleitung im · Zweileiter-Gleichstrom- und Wechselstromnetz: (11) · Drehstromnetz: (12) Messung des Spannungsfalls Durch die Vorgabe des festgelegten Spannungsfalls kann der entsprechende Leiterquerschnitt berechnet werden. In einer bestehenden Anlage den Spannungsfall messtechnisch zu prüfen, ist jedoch schwierig. Zur Begründung folgende Anmerkungen: · Der Spannungsfall ist grundsätzlich beim Fließen des Bemessungsstro- = + = + = + Einspeisung Verbrauchsmittel Spannungen im einfachen Stromkreis Leiterquerschnitt Verhältnis der [A] = mm2 Widerstandsbeläge XL ´/R´ 2,5 0,02 4 0,02 6 0,03 10 0,05 16 0,08 Tafel Widerstandsbeläge von Installationsleitungen Elektrotechnik G r u n d w i s s e n L e r n f e l d e r 1 - 5 4 LERNEN KÖNNEN 4/10 mes der installierten Verbrauchsmittel zu messen. Steckdosen müssen durch Verbraucher so belastet werden, dass der Nennstrom der vorgeschalteten Überstrom-Schutzeinrichtung fließt. Bei Motoren gilt der am Motorschutz oder Bimetallrelais eingestellte Wert. · Die eingangs eingeschränkte Betrachtung einer nur endbelasteten Stichleitung trifft selten zu. Die Mehrzahl der Stichleitungen in Installationsanlagen sind punktweise belastet. Die Belastungsströme in den einzelnen Leitungsabschnitten, ebenso ihre Längen sind zu berücksichtigen. · Nach dem Ersatzschaltbild des einfachen Stromkreises (Bild ) ist das Messen des Spannungsfalls über der Zuleitung unproblematisch. Man muss jedoch bedenken, dass dieser zwischen dem Einspeisepunkt und dem Verbrauchsmittel, also zwischen dem Anfang und dem in größerer Entfernung liegenden Ende der Leitung mit relativ langen Messleitungen zu erfassen ist. Das ist selten möglich. Phasengleiche Spannung und DC Eine Lösung der Problematik lässt sich möglicherweise aus dem Bild finden. Da die die Zuleitung einspeisende Spannung U durch den Spannungsfall UL auf die Betriebsspannung UB des Verbrauchsmittels reduziert wird, ist nach dem kirchhoffschen Gesetz der Spannungsfall UL die Differenz der Spannungen U und UB . Damit kann der Spannungsfall der Leitung indirekt durch zwei Spannungsmessungen, eine an der Einspeisung und eine am Verbrauchsmittel bestimmt werden. Spannungsunterschied U = U - UB U = UL (13) Diese arithmetische Differenz gilt jedoch nur für Gleichspannungen (DC) und phasengleiche Wechselspannungen. Wechselspannungen unterschiedlicher Phasenlage müssen dagegen geometrisch subtrahiert werden. Einphasen-und Drehstromnetze Ohne auf die komplexe Rechnung zurückzugreifen, kann das Zeigerbild der Wechselspannungen des einfachen Stromkreises wie folgt entwickelt werden: Das Verbrauchsmittel belastet, wie in den meisten Fällen, das Netz induktiv. Der Stromzeiger I eilt deshalb dem Zeiger der Betriebsspannung UB (Bezugsgröße) um den Phasenverschiebungswinkel nach. Bei Vernachlässigung des Blindwiderstandes der Zuleitung entsteht über ihrem ohmschen Widerstand der mit dem Strom in Phase liegende Spannungsfall UL der Zuleitung. Der Zeiger UL ist an die Spitze des Spannungszeigers UB anzutragen. Durch die geometrische Addition ergibt sich der Zeiger U der einspeisenden Spannung. Der Spannungsunterschied U zwischen U und kann näherungsweise der Länge der Ankathete des rechtwinkligen Dreiecks mit der Hypotenuse UL gleichgesetzt werden. Die aus Bild ablesbare geometrische Differenz kann arithmetisch nach (14) mit für die Praxis hinreichender Genauigkeit berechnet werden. Spannungsunterschied U = UL · cos (14) Unter Beachtung der Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung, angegeben durch den Leistungsfaktor des Verbrauchsmittels, ist der Spannungsunterschied des · Einphasennetzes: (15) · Drehstromnetzes: (16) Der Verkettungsfaktor in der Gleichung (16) ergibt sich dadurch, dass die Leiterspannungen als Nennspannungen des Drehstromnetzes festgelegt sind. In der Gleichung (12) ist der Spannungsfall UL dagegen nur als Stranggröße angegeben. Beispielrechnung Zum Vergleich sollen die maximalen Leitungslängen eines einphasigen und dreiphasigen Anschlusses bei übereinstimmendem Leistungsfaktor cos = 0,8 und Querschnitt A = 2,5 mm2 ermittelt werden, wenn in beiden Fällen der Spannungsunterschied 4 % der Nennspannung der Netze nicht übersteigen soll (Tafel ). Fazit Die Betriebsspannung eines Verbrauchsmittels weicht u. a. durch den über der Zuleitung entstehenden Spannungsfall von dem Bemessungswert ab. Aus physikalischer Sicht ist dieser Spannungsfall UL nicht mit dem Spannungsunterschied U zwischen Einspeisung und Verbrauchsmittel gleichzusetzen. Die Beträge von UL und U sind nur im Gleichstromnetz und bei ohmscher Belastung im Wechselstromnetz gleich. H. Spanneberg = = = - U UL · cos Zeigerbild der Wechselspannungen des einfachen Stromkreises einphasiger Anschluss dreiphasiger Anschluss absoluter U = u · UNetz U = u · UNetz Spannungs- U = 0,04 · 230 V U = 0,04 · 400 V unterschied U = 9,2 V U = 16 V Nennstrom der nach Belastungstabelle für nach Belastungstabelle für Überstrom-Schutz- 2 belastete Leiter In = 20 A 3 belastete Leiter In = 16 A einrichtung maximale Leiterlänge nach (15) nach (16) bei vorgegebenem Spannungsunterschied Tafel Berechnungsbeispiel zur maximalen Leitungslänge eines ein- und dreiphasigen Anschlusses (cos = 0,8; A = 2,5 mm2 ; u = 4 %)

Autor
  • H. Spanneberg
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