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Sicherheitstechnik | Elektrotechnik

Sicherheit und Komfort durch Rufanlagen

ep8/2010, 5 Seiten

Ruf- und Kommunikationsanlagen sind dafür ausgelegt, speziell in Notsituationen Menschen zu helfen, Leben zu retten und Gefahren abzuwenden. Kennzeichnend für diese Systeme ist eine Gefahr für den Rufenden oder Dritte, wenn der Ruf nicht signalisiert wird oder Störungen nicht erkannt werden. Mit Hilfe einer Rufanlage werden Personen zum Ort der Rufauslösung gerufen, Personen oder Personengruppen gesucht und Informationen weitergegeben. Vor diesem Hintergrund sind Rufanlagen Sicherheitssysteme, für die besondere Vorschriften gelten.


Von der klassischen Rufanlage Rufanlagen sind bereits seit mehr als 100 Jahren bekannt. Entsprechend der damaligen technischen Möglichkeiten waren die Geräte mit Zentralanzeigen und Fallklappenrelais ausgestattet. Außer in Krankenhäusern setzten sie sich schnell in Hotels und anderen Bereichen durch. Aus dieser Historie heraus werden sie auch als „Lichtruf-“ oder „Schwesternrufanlagen“ bezeichnet. Mittlerweile reicht das Spektrum von Anlagen mit einfacher Ruffunktionalität bis hin zu komplexen Systemen, die einen modernen Pflegebetrieb abbilden. Ruffunktion mit Multimedia-und Mehrwertdiensten Kleinanlagen realisieren einfache Ruffunktionen durch Zugtaster und eine optische oder akustische Signalisierung. Sie werden beispielsweise in behindertengerechten WCs, Ruheräumen, Arztpraxen oder Privatwohnungen eingesetzt. Viele Hersteller bieten Standardlösungen an, die einfach und ohne Programmierung installiert werden können. Größere Rufanlagen werden zum Beispiel in Krankenhäusern, Senioreneinrichtungen oder Justizvollzugsanstalten (JVA) eingesetzt. Sie unterstützen Struktur und Organisationsabläufe der Einrichtung. Dabei werden Organisations- oder Pflegebereiche mit gleichen Zuständigkeiten auch anlagenseitig zu autarken Stationen bzw. Gruppen zusammengefasst. Rufe und Informationen aus den ihnen zugeordneten Zimmerterminals oder Patientenbediengeräten (Patientenhandgeräte) werden über das Stationsterminal an das hilfeleistende Personal, beispielsweise im Dienstzimmer, gemeldet. Derartige Rufanlagen mit Sprech- und anderen Komfortfunktionen bieten eine Unterstützung des Pflegepersonals und tragen dadurch zu einem wirtschaftlichen Betrieb der Einrichtung bei. Sie erhöhen die Effizienz von Krankenhäusern und Senioreneinrichtungen, da sowohl Kommunikation als auch Abläufe besser organisiert werden können. So können Pflegegruppen die stationsweise Organisation überlagern und stationsübergreifend bestimmte Zimmer oder Betten zu einem eigenen Dienstbereich zusammenfassen. Im Rufnachsendebetrieb werden Rufe nicht nur im Dienstzimmer, sondern auch an andere Aufenthaltsorte des Personals weitergemeldet. Das benachrichtigte Personal kann sofort direkten Sprechkontakt aufnehmen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Ruf nach einer Sprechverbindung auch aus der Ferne abstellbar. Zusätzlich lassen sich externe Telefonanlagen einbinden. In betriebsarmen Zeiten oder Notfällen kann der Rufnachsendebetrieb über mehrere Stationen ausgedehnt werden. Auch ein Zentralbetrieb über eine ständig besetzte Stelle ist möglich. Zwischen zentralem und dezentralem Betrieb kann üblicherweise per Knopfdruck umgeschaltet werden, wenn die organisatorischen Gegebenheiten darauf eingerichtet sind. Multimedia- und Mehrwertdienste erhöhen den Komfort für die Patienten. Dabei wird die Steuerung von Video-on-Demand, Internet, Rundfunk/Fernsehen oder Raumfunktionen zusammen mit Funktionen der Rufanlage im Patientenbediengerät integriert. Zunehmend halten auch Abrechnungs- oder Bezahlfunktionen Einzug in Rufanlagen. Normative Hintergründe Grundlegende Norm für Rufanlagen ist die DIN VDE 0834 [1], die von der Deutschen Elektrotechnischen Kommission (DKE) mit FÜR DIE PRAXIS Sicherheitstechnik Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 8 660 Autor Holger E. Lucius ist Vorsitzender des Fachkreises Lichtruf im ZVEI-Fachverband Sicherheit und Geschäftsführer der Tunstall Gmb H, Telgte. Sicherheit und Komfort durch Rufanlagen H. E. Lucius, Telgte Ruf- und Kommunikationsanlagen sind dafür ausgelegt, speziell in Notsituationen Menschen zu helfen, Leben zu retten und Gefahren abzuwenden. Kennzeichnend für diese Systeme ist eine Gefahr für den Rufenden oder Dritte, wenn der Ruf nicht signalisiert wird oder Störungen nicht erkannt werden. Mit Hilfe einer Rufanlage werden Personen zum Ort der Rufauslösung gerufen, Personen oder Personengruppen gesucht und Informationen weitergegeben. Vor diesem Hintergrund sind Rufanlagen Sicherheitssysteme, für die besondere Vorschriften gelten. Die Unterbrechung U kann die Abschaltzeit sogar noch vergrößern. Konsequenzen Die vorstehend beschriebenen Situationen werden von zahlreichen Einzelheiten beeinflusst und sind darum schwer rechnerisch erfassbar. Sie können möglicherweise zum Teil als „weit her geholt“ betrachtet werden und mehr oder weniger selten vorkommen. Aber wenn sie auftreten und der SPAL-Querschnitt knapp bemessen ist, können sie Sach- und Personenschäden hervorrufen. Normen müssen sich aufgrund von Vereinbarungen den durch internationale Normungsgremien (IEC weltweit, CENELEC für Europa) geschaffenen Festlegungen (IEC ... bzw. EN ... oder HD ...) anpassen, die nicht auf der ganzen Linie deutschen Ansprüchen genügen. Zudem können Normen nicht alle in der Praxis vorkommenden Fälle berücksichtigen. Die verantwortungsbewusste Fachkraft wird auf Sicherheit bedacht sein und im Zweifelsfall über die in den Normen enthaltenen Forderungen hinausgehen. In diesem Sinne werden für den SPAL die Mindestquerschnitte gemäß Tafel vorgeschlagen. Literatur [1] DIN VDE 0100-200 (VDE 0100-200):2006-06 Errichten von Niederspannungsanlagen; Teil 200: Begriffe. [2] DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410):2007-06 -; Teil 4-41: Schutzmaßnahmen; Schutz gegen elektrischen Schlag (Deutsche Übernahme HD 60364-4-41:2007). [3] DIN VDE 0100-540 (VDE 0100-540):2007-06 -; Teil 5-54: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel; Erdungsanlagen, Schutzleiter und Potentialausgleichsleiter (Deutsche Übernahme HD 60364-5-54:2007). [4] Hering, E.: Nachteile von Dreieinhalb-Leiter-Kabeln. Elektropraktiker, Berlin 52 (1998) 6, S. 547-549. [5] DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3)2006-10 Blitzschutz; Schutz von baulichen Anlagen und Personen. [6] DIN EN 60728-11 (VDE 0855-1):2005-10 Kabelnetze für Fernsehsignale,Tonsignale und interaktive Dienste; Teil 11: Sicherheitsforderungen. Tafel Empfehlung zu Mindestquerschnitten des SPAL Nennquerschnitt Mindestnennder Außenleiter querschnitt der Hauptleitung des SPAL in in mm2 Kupfer a) mm2 Kupfer S 35 S 10 b) 35 < S 70 S 16 70 < S 120 S 25 120 < S 185 S 35 S > 185 S 50 a) Bei Aluminum jeweils um eine Stufe größer. b) Jedoch 16, wenn SPAL auch BPAL ist. Zustimmung der europäischen Normungsbehörden in Kraft gesetzt wurde. Sie beschreibt ausführlich das Planen, Errichten, Erweitern, Ändern, Betreiben und Instandhalten von Ruf- und Kommunikationsanlagen und ganz allgemein eine Situation, in der ein Hilfesuchender Personen herbeiruft. Krankenhäuser, Haftanstalten, Alten- und Pflegeheime oder „ähnliche Einrichtungen“ zählt die Norm lediglich beispielhaft auf. Kennzeichnend für die „ähnlichen Einrichtungen“ ist, dass kein hilfeleistendes Personal ständig verfügbar ist und Gefährdungen für Menschen zu einer Notsituation führen könnten. Das trifft beispielsweise auf Schulen, Kindergärten, öffentliche Toiletten in Freibädern, Ämtern, Museen und Kaufhäusern oder auf Nassräume in Unternehmen und Arbeitsplätze mit besonderem Gefährdungspotential zu. Planer, Errichter und Betreiber sind gut beraten, Rufanlagen grundsätzlich gemäß DIN VDE 0834 zu bauen und zu betreiben. Zwar ist die Einhaltung einer Norm nur selten gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Gibt es jedoch eine Norm, in der der Schutz von Sicherheit, Gesundheit und Leben vorausschauend geregelt werden, so ist sie regelmäßig als eine verbindliche, allgemein anerkannte Regel der Technik zu sehen (BGH Az.: I ZR 234/89 vom 06.06.1991). Bei Schadensfällen wird diese Norm dann zur Beurteilung von Schuld- und Haftungsfragen herangezogen. Eine Auswahl der beim Planen und Errichten einer Rufanlage relevanten Normen zeigt Tafel . Darüber hinaus sind Verordnungen und Gesetze von Bund, Ländern und Gemeinden zu beachten, wie z. B. Krankenhausbauverordnungen (KhBau V0) oder Unfallverhütungsvorschriften (UVV). Medizinische Versorgungseinheiten (MVE) unterliegen dem Regelwerk für medizinische elektrische Geräte und der eigens geschaffenen EN ISO 11197 (ehemals DIN EN 793 Besondere Anforderungen für die Sicherheit von MVE). Daher enthält die DIN VDE 0834 die Verpflichtung, für die in MVE integrierten Komponenten einer Rufanlage ebenfalls die EN ISO 11197 zu beachten. Personen-Hilferufanlagen, die zur Sicherheit von zu Hause lebenden Personen eingesetzt werden, sind von der DIN VDE 0834 ausgenommen. Sie unterliegen den Normen der Reihe DIN EN 50134. Wesentlicher Inhalt der DIN VDE 0834 ist der sichere Betrieb einer Lichtrufanlage. Die Norm trägt dem schnellen technischen Fortschritt Rechnung, indem sie keine Vorgaben über die zu verwendende Technik macht. Vielmehr setzt sie Rahmenbedingungen für technische Grenzwerte, für Zeit- und Funktionsabläufe und für die Schnittstelle Mensch und Anlage. Das bedeutet aber auch, dass die Norm nicht Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 8 Tafel Übersicht relevanter Vorgaben für das Errichten von Rufanlagen (Auswahl) DIN VDE 0834 (VDE 0834):1991-04 Lichtruftechnik; Anlagen in Krankenhäusern; Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen; Errichten und Betrieb DIN VDE 0834-1 (VDE 0834-1):2000-04 Teil 1: Geräteanforderungen, Errichten und Betrieb DIN VDE 0834-2 (VDE 0834-2):2000-04 Teil 2: Umweltbedingungen und Elektromagnetische Verträglichkeit DIN VDE 0100 Bestimmungen für das Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannung bis 1000 V DIN VDE 0100-560 (VDE 0100-560):1995-07 Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen bis 1000 V - Teil 5: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel; Kapitel 56: Elektrische Anlagen für Sicherheitszwecke DIN VDE 0107 (VDE 0107):1994-10 Starkstromanlagen in Krankenhäusern und medizinisch genutzten Räumen außerhalb von Krankenhäusern DIN EN 60601-1 Medizinische elektrische Geräte - Teil 1-10: Allgemeine Festlegungen für die Sicherheit einschließlich der wesentlichen Leistungsmerkmale DIN EN 61000-6-2 (VDE 0839-6-2):2006-03 Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) - Teil 6-2: Fachgrundnormen - Störfestigkeit für Industriebereiche (IEC 61000-6-2:2005) DIN EN 61000-6-3 (VDE 0839-6-3):2007-09 Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) - Teil 6-3: Fachgrundnormen - Störaussendung für Wohnbereich, Geschäfts- und Gewerbebereiche sowie Kleinbetriebe DIN EN ISO 11197 (VDE 0750-211):2009-09 Medizinische Versorgungseinheiten (ISO/DIS (ehemals DIN EN 793) 11197:2002) DIN EN 50134 Alarmanlagen - Personen-Hilferufanlagen DIN 77800 Qualitätsanforderungen an Anbieter der Wohnform „Betreutes Wohnen für ältere Menschen“ EN 60950 Einrichtungen der Informationstechnik - Sicherheit Heim Mind Bau V Heimmindestbauverordnung - Verordnung über bauliche Mindestanforderungen für Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige allein durch das richtige Zusammenstellen technischer Geräte erfüllt wird. Ebenso zu beachten sind die organisatorischen Abläufe am Installationsort. Wird die Anlage organisatorisch nicht im Sinne der Norm errichtet und genutzt, und war dies beabsichtigt oder absehbar, ist die Norm letztendlich nicht erfüllt worden, sodass sich im Schadensfall auch hier die Haftungsfrage stellt. Ein großer Vorteil beim Einbau oder Erneuern von Rufanlagen sind neue Funktionen, die den Komfort erhöhen und Kosten senken. Meldungen der Rufanlage können beispielsweise auf DECT-Telefone weiterleitet werden. Dabei sind Zuständigkeiten und bestehende Organisationsabläufe ebenfalls abzugleichen. Durch technische und/oder organisatorische Vorkehrungen ist sicherzustellen, dass der Ruf auch bei Störungen der externen Telefonanlage das hilfeleistende Personal erreicht und eine Gefährdung des Rufenden ausgeschlossen werden kann. Das ausschließliche Abwickeln des Rufbetriebs über eine Telefonanlage ist nicht normenkonform und birgt bei Störung oder Ausfall der Telefonanlage hohe Risiken [3]. Eigenständigkeit der Rufanlage Die zunehmende Vernetzung mit IP-gestützten Multimedia- und Mehrwertdiensten wirft immer häufiger die Frage nach einer Integration von Rufanlagen in vorhandene IT-Netze auf. Manche Anbieter werben mit „IP-fähigen“ Rufanlagen und der vollen Integration in vorhandene Netze, um vordergründig Installations- und Betriebskosten zu sparen. Betreiber und Errichter gehen damit allerdings ein hohes Risiko und die Gefahr des Ausfalls der Rufanlage im Notfall ein, da die Komplexität des Gesamtsystems und die Anzahl der möglichen Störquellen deutlich ansteigen. Darüber hinaus ist fraglich, ob eine solche Anlage den Anforderungen der DIN VDE 0834 genügt. Die Norm fordert für Rufanlagen ein eigenes, von Fremdgewerken unabhängiges Leitungs- und Übertragungsnetz, das von den Geräten der Rufanlage überwacht und gesteuert wird. Die Anlage muss absolut unabhängig von angeschlossenen Fremdgewerken sein. So darf beispielsweise ein Abschalten der Telefonnebenstellenanlage, der Defekt des Fernsehgerätes oder der Ausfall der allgemeinen Stromversorgung keinesfalls Einfluss auf die Funktionsfähigkeit der Rufanlage haben. Bild zeigt eine normenkonforme Rufanlage mit separatem, unabhängigem Leitungsnetz. Mehrwert- oder Multimediadienste werden als Zusatz lediglich unter die gleiche Abdeckplatte, in einen Anschlussstecker bzw. ins Endgerät eingebracht. Funktional bleiben sie jedoch eigenständige Systeme. Bei der Integration der Mehrwertdienste sind die Normvorgaben, insbesondere bezüglich Isolation (Medizinproduktegesetz (MPG)) und Leitungsüberwachung bis zur Taste, zu beachten und durch den Hersteller der Rufanlage zu zertifizieren. Auf gar keinen Fall normenkonform ist hingegen die Anlage in Bild , in der die Geräte der Rufanlage, die Multimedia- und Mehrwertdienste sowie die Stationen über die allgemeine IT-Infrastruktur miteinander verbunden sind. Zwar scheint mit QoS-fähigen Aktivkomponenten (QoS: Quality of Service), „Virtual-Private-Network“-Technologien (VPN) oder „Managed Services“ eine hohe Sicherheit realisierbar zu sein. Jedoch kann nur eine FÜR DIE PRAXIS Sicherheitstechnik Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 8 662 Gemäß DIN VDE 0834 konforme Integration von Multimedia- und Mehrwertdiensten in eine Rufanlage Eine von Multimedia-, Mehrwert- und Rufanlagendiensten gemeinsam genutzte allgemeine Netzwerkinfrastruktur ist nicht konform zur DIN VDE 0834 Einzelfallbetrachtung klären, ob ein der DIN VDE 0834 entsprechendes Sicherheitsniveau tatsächlich erreicht wird [4]. Errichten von Rufanlagen Rufanlagen dienen vorrangig dem Schutz von Menschenleben und dem Erhalt der Unversehrtheit. Sie besitzen einen hohen Sicherheitsstandard und bilden mit anderen Sicherheitssystemen organisatorische Einheiten. Tafel gibt einige Beispiele für die Mindestanforderungen nach DIN VDE 0834 für das Errichten von Rufanlagen. Damit besteht für Betreiber und Bauherren in ganz besonderem Maße die Verpflichtung, bei Planung, Errichtung, Inbetriebnahme und Instandhaltung, Fachfirmen und Personen mit nachgewiesener Fachkompetenz einzusetzen, wobei wegen der gleichen Zielsetzung dieselben Maßstäbe wie beispielsweise beim Errichten von Brandmeldeanlagen gelten. Vor Inbetriebnahme einer Rufanlage oder nach Abschluss eines Bauabschnittes ist eine Abnahmeprüfung nach den Richtlinien der DIN VDE 0834, Abschnitt Prüfungen, von einer Fachkraft für Rufanlagen durchzuführen. Eine Fachkraft ist eine Person, die geschultes Fachwissen hat, um eine Rufanlage nach der geltenden Norm aufzubauen, zu prüfen und deren Funktionstüchtigkeit zu bescheinigen. Das notwendige Fachwissen inklusive Sachkundenachweis nach bestandener Prüfung vermitteln verschiedene Institutionen, wie beispielsweise die ZVEI Akademie Gmb H für Sicherheitssysteme, oder die Hersteller. Betrieb der Anlage Der Betreiber einer Rufanlage in Krankenhäusern, Senioreneinrichtungen, Pflegestationen und ähnlichen Einrichtungen oder von Haftanstalten muss selbst eingewiesene Person im Sinne der DIN VDE 0834 sein oder eine eingewiesene Person beauftragen. Der Betreiber bzw. die beauftragte Person hat eigenverantwortlich dafür zu sorgen, dass insbesondere das Pflegepersonal ausreichende Kenntnisse über Aufgaben, Funktionen und Betrieb der Rufanlage besitzt. Entsprechende Schulungen sind regelmäßig durchzuführen und zu wiederholen. Betreiber oder eingewiesene Person sind dafür verantwortlich, dass eine Beeinträchtigung der ständigen Betriebsbereitschaft oder Funktionsunregelmäßigkeiten vom Personal gemeldet und Inspektionen durchgeführt werden. Der Anschluss anlagenfremder Geräte und Betriebsmittel (z. B. medizinisches elektrisches Gerät) darf nur durch hierfür besonders ausgebildetes Personal erfolgen. Steckbare Geräte für die Rufauslösung, z. B. Patientenhandgeräte, sind nach jedem Einstecken auf einwandfreie Funktion der Rufauslösung zu prüfen. 6.1 Betriebsbuch Es ist ein ständig bei der Rufanlage verfügbares Betriebsbuch zu führen, in dem sämtliche Störungsfälle mit Angabe der Ursache, des Urhebers und alle notwendigen und durchgeführten Instandhaltungs- und Änderungsmaßnahmen aufzuzeichnen sind. Dieses Betriebsbuch ermöglicht dem Betreiber und der beauftragten Person den Nachweis, dass sie beim Betrieb der Rufanlage ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen sind. Darüber hinaus ist es eine wesentliche Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Instandhaltung sowie eine rasche und rationelle Instandsetzung bei Störungen der Anlage. 6.2 Unregelmäßigkeiten, Ausfälle, Störungen Unregelmäßigkeiten sowie Ausfälle und Störungen einzelner Komponenten der Rufanlage sind vom Personal unverzüglich dem Betreiber oder der von ihm beauftragten Person anzuzeigen, damit umgehende Instandhaltungs-und Änderungsmaßnahmen veranlasst werden können. Alle Störfälle sind vom Betreiber oder von der beauftragten Person fortlaufend in einem bei der Rufanlage verfügbaren Betriebsbuch festzuhalten. Störungen einer Rufanlage sind durch Fachkräfte für Rufanlagen unverzüglich zu inspizieren und innerhalb von 24 Stunden instand zu setzen. Die Instandsetzungsarbeiten sind so durchzuführen, dass Funktionsunterbrechungen an Geräten und Anlagenteilen nur so kurz wie möglich andauern. Nach Abschluss der Instandsetzungsarbeiten hat eine Funktionsprüfung der Geräte oder Anlagenteile durch eine Fachkraft zu erfolgen. 6.3 Instandhaltung und Instandsetzung der Rufanlage Die Verantwortung für die Instandhaltung liegt beim Betreiber einer Rufanlage. Er hat gemäß DIN VDE 0834 die ordnungsgemäße Instand- Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 8 663 Verschattungsarmer PV-Blitzschutz ohne Näherungen Keine Reduzierung der PV-Leistung durch Schattenbildung Getrennte Fangeinrichtung mit isolierter Ableitung HVI® zur Einhaltung des normgerechten Trennungsabstandes. Und zur Komplettierung: Überspannungsschutz mit DEHNguard® M YPV SCI DEHN + SÖHNE Blitzschutz Überspannungsschutz Arbeitsschutz Infoservice 1903 · Postfach 1640 92306 Neumarkt · Tel.: 09181 906-123 Fax: 09181 906-478 www.dehn.de · info@dehn.de Seminar Fachkraft für Rufanlagen nach DIN VDE 0834 Die ZVEI Akademie Gmb H für Sicherheitssysteme führt Seminare „Fachkraft für Rufanlagen nach DIN VDE 0834“ durch. Die Teilnehmer erhalten bei bestandener Prüfung den erforderlichen Sachkundenachweis, der vom Fachkreis Lichtrufanlagen im Fachverband Sicherheit des ZVEI zertifiziert ist. Inhaber dieses Zertifikates sind berechtigt, Rufanlagen zu planen, zu errichten,zu warten und instand zu halten. Das nächste Seminar findet am 21. September 2010 in Frankfurt am Main statt. Weitere Informationen unter: www.zvei.org/?id=rufanlagen. haltung seiner Rufanlage hinsichtlich Zeitpunkt und fachgerechter Ausführung sicherzustellen. Er kann die Verantwortung einer Fachfirma übertragen. Kennzeichnend für Rufanlagen ist die Gefahr für den Rufenden oder Dritte zum Zeitpunkt der Rufauslösung. Diese besonderen Einsatzbedingungen erfordern eine umfassende Verfügbarkeit der Rufanlagen zu jeder Tages- und Nachtzeit. Daher ist die ordnungsgemäße Instandhaltung der Anlage durch speziell geschulte Fachkräfte unter allen Umständen sicherzustellen. Die drei Komponenten der Instandhaltung - Inspektion, Wartung und Instandsetzung - gewährleisten die Verfügbarkeit in hervorragender Weise, da Abnutzungen, Fehler und Störungen der Anlage früh erkannt und angemessene Gegenmaßnahmen sofort ergriffen werden können. Die Inspektion der Anlage umfasst zunächst die Einsichtnahme in das Betriebsbuch der Anlage zur Feststellung bestehender Mängel. Es folgt die Funktionskontrolle der installierten Einrichtungen einschließlich der visuellen Untersuchung auf mechanische Beschädigungen. Inspektionen sind mindestens vier Mal jährlich in etwa gleichen Zeitabständen durchzuführen [3]. Alle Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen sind im Betriebsbuch der Rufanlage durch die beauftragte Fachkraft festzuhalten. Um eine fachgerechte Instandhaltung sowie schnelle Störungsbeseitigung zu gewährleisten, empfiehlt sich für den Betreiber der Abschluss eines Wartungs- und Instandhaltungsvertrages mit dem Errichter bzw. Lieferant der Rufanlage, denn sie kennen die Anlage und die verwendeten Komponenten am besten. Änderungen an der Rufanlage dürfen nur durch Elektrofachkräfte mit nachgewiesener Kompetenz durchgeführt werden. Insbesondere beim Einfügen systemfremder Anlagenteile ist die Verträglichkeit der Änderungsmaßnahmen mit der bestehenden Rufanlage durch den Hersteller der Rufanlage zu bestätigen und die Haftung für eventuell resultierende Systemmängel vom Betreiber oder einer von ihm zu beauftragenden Fachkraft verantwortlich zu prüfen. Jeder Änderung muss eine eingehende Funktionsprüfung des Sollzustandes der Rufanlage folgen. Alle Änderungen sind von der beauftragten Fachkraft im Betriebsbuch der Rufanlage festzuhalten. 6.4 Abschalten der Rufanlage Der Betreiber oder sein eingewiesener Beauftragter haben beim Abschalten der Anlage oder von Anlagenteilen solange für eine anderweitige Kontrolle der betroffenen Räume zu sorgen, bis die Funktion der Rufanlage wiederhergestellt ist. Alle (Teil-)Abschaltungen sind mit Grund, Umfang und Dauer im Betriebsbuch der Rufanlage festzuhalten. Dies hat durch das Personal, dem Betreiber, der eingewiesenen Person oder der mit der Abschaltung beauftragten Fachkraft zu geschehen. Fazit Rufanlagen sind Sicherheitssysteme. Sie dienen dem Schutz von Menschenleben und dem Erhalt der Unversehrtheit. Moderne Rufanlagen unterstützen zudem das Pflegepersonal und die Verwaltung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen durch die Organisation der Kommunikation. Sie ermöglichen einen wirtschaftlichen Betrieb und bieten so die Möglichkeit zur Kostensenkung. Integrierte Mehrwert- und Multimediafunktionen erhöhen des Weiteren den Patientenkomfort und die Wettbewerbsfähigkeit der Häuser. Planen, Errichten und Instandhalten einer Rufanlage sollte nur fachgerecht durch qualifizierte Unternehmen erfolgen. Dabei sind die Organisationsabläufe am Installationsort zu beachten und gegebenenfalls anzupassen. Eine sorgfältige Einweisung des Pflegepersonals sichert einen reibungslosen Betrieb. Betreiber, Planer und Errichter sind gut beraten, Rufanlagen grundsätzlich gemäß DIN VDE 0834 auszuführen, auch beim Einbinden IP-gestützter Dienste. Literatur [1] DIN VDE 0834-1; VDE 0834-1:2000-04, Rufanlagen in Krankenhäusern, Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen - Teil 1: Geräteanforderungen, Errichten und Betrieb. [2] DIN VDE 0834-2; VDE 0834-2:2000-04, Rufanlagen in Krankenhäusern, Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen - Teil 2: Umweltbedingungen und Elektromagnetische Verträglichkeit. [3] ZVEI - Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V., Fachverband Sicherheit, Broschüre „Rufanlagen nach DIN VDE 0834“, www.zvei-sicherheit.org. [4] ZVEI - Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V., Fachverband Sicherheit, Broschüre „Rufanlagen und IP? Aber sicher!“, www.zvei-sicherheit.org. FÜR DIE PRAXIS Sicherheitstechnik Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 8 664 Tafel Beispiele für Mindestanforderungen für Rufanlagen nach DIN VDE 0834 Die Zeitspanne zwischen Rufauslösung und dem Erreichen des zuständigen Personals darf maximal fünf Sekunden betragen. Die Markierung der Anwesenheit des Personals im Rufbereich darf zur Ruflöschung verwendet werden. Räume, die vom Montageort der Anwesenheitserkennung nicht eingesehen werden können, wie beispielsweise Nasszellen, müssen über eine separate Rufabstellung verfügen. Ruf- und Bedienvorrichtungen dürfen nicht mit Geräten der Starkstromanlagen unter einer gemeinsamen Abdeckplatte montiert werden und müssen sich äußerlich deutlich von diesen unterscheiden. Bei Rufanlagen mit Sprachkommunikation darf eine Fernabstellung des Rufes nur erfolgen, wenn eine Sprechverbindung tatsächlich stattgefunden hat. Bei Rufen ohne Sprechmöglichkeit darf eine Fernabstellung nicht möglich sein. Diese Rufe dürfen jedoch zur Unterdrückung der akustischen Rufnachsendung quittiert werden, wenn eine optische Signalisierung weiterhin erfolgt. Die Energieversorgung der Anlage darf 30 V Effektivwert oder 60 V Gleichspannung nicht überschreiten. Diese Kleinspannung darf nicht zusätzlich zur Versorgung anderer Anlagen oder Geräte verwendet werden. Ausnahmen bilden elektronische Stromstoßschalter zur Leselichtsteuerung und Schnittstellen der Rufanlage zu anderen Gewerken. Sie müssen fest angeschlossen und mit einem eigenen Überstromschutz versehen sein. Bauseitig sind geeignete Schutzmaßnahmen gegen unzulässige Spannungsspitzen vorzusehen! Alle Rufanlagen müssen mit Notstrom versorgt werden, der spätestens 15 Sekunden nach Ausfall der allgemeinen Stromversorgung den Betrieb für mindestens eine Stunde aufrechterhält. Bei Stromausfall anstehende Rufe müssen zur Überbrückung mindestens 30 Sekunden gespeichert bleiben. Übertragungswege anderer Anlagensysteme dürfen nicht für die Rufanlage genutzt werden. Umgekehrt dürfen Übertragungswege der Rufanlage von anderen Anlagensystemen genutzt werden, wenn alle Ein- und Ausgangssignale über eigene oder genehmigte Schnittstellen des Herstellers der Rufanlage geführt werden und Störungen der Fremdanlage die Rufanlage nicht beeinflussen können. Alle mit der Rufanlage verbundenen Schutzleiter müssen an demselben Hauptpotentialausgleich angeschlossen sein. Ist dies nicht möglich, so müssen die einzelnen Bereiche voneinander galvanisch getrennt ausgeführt werden. Leitungen, die Gebäude miteinander verbinden, müssen an der Austrittsstelle mit einem Überspannungsschutz versehen oder galvanisch getrennt sein.

Autor
  • H. E. Lucius
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