Blitz- und Überspannungsschutz
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Elektrotechnik
Sicherheit für Empfangsantennen und Verteilanlagen - Teil 1: Schutz gegen Überspannungen und Blitzeinwirkungen
ep7/2010, 6 Seiten
Sicherheitsanforderungen für Empfangs-Antennenanlagen Allgemein ist anerkannt, dass eine Empfangsantenne die Blitzeinschlagwahrscheinlichkeit für ein Gebäude nicht erhöht, wenn diese beispielsweise freistehend auf der Dachfläche montiert ist. Dennoch stellt eine solche Antenne durch ihre Wirkung als Fangeinrichtung einen bevorzugten und häufigen Einschlagpunkt für einen Blitz dar, der ein Gebäude bedroht. Deshalb sind für den Fall eines Blitzeinschlags in das Empfangssystem Schutzvorkehrungen zu treffen, damit die möglichen Auswirkungen auf Personen und Sachen vermieden oder zumindest ausreichend begrenzt werden (Bild ). Die Sicherheitsanforderungen für Empfangs-Antennenanlagen sind in DIN EN 60728-11 (VDE 0855-1):2005-10 [1] festgelegt. Diese Norm behandelt Sicherheitsanforderungen an ortsfeste Anlagen und Geräte sowie, falls anwendbar, für bewegliche und vorübergehend installierte Anlagen. Sie befasst sich insbesondere mit der Sicherheit der Anlagen und des daran arbeitenden Personals sowie der angeschlossenen Teilnehmer und Teilnehmerendgeräte. Berücksichtigt wurden in diesem Beitrag ebenso die Sicherheitsanforderungen aus dem Entwurf DIN EN 60728-11 (VDE 0855-1):2009-05 [2], der als Ersatz für die derzeit gültige Norm [1] vorgesehen ist. Nach [1] und [2] zu treffende Maßnahmen gegen Blitzeinwirkungen bieten nur einen Mindestschutz für das Antennensystem und für die daran angeschlossene Empfangsverteilanlage. Sie ersetzen in keinem Fall ein Blitzschutzsystem nach der Normenreihe DIN EN 62305 (VDE 0185-305) [3], das den Schutz für die gesamte bauliche Anlage sicherstellt. Solche Blitzschutzsysteme dürfen aufgrund der wesentlich höheren Anforderungen nur durch entsprechend ausgebildete Blitzschutz-Fachkäfte (Blitzschutz-Installateure) errichtet werden. Allgemeines zum Schutz gegen Blitzeinwirkungen Um dem Schutzziel von [1] zu entsprechen, müssen an Gebäuden montierte Empfangs-Antennensysteme grundsätzlich in geeignete Erdungs- oder Blitzschutzmaßnahmen einbezogen werden. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn die Antennen · mehr als 2 m unterhalb der Dacheindeckung oder Dachkante angebracht sind und · weniger als 1,5 m von dem Gebäude hinausragen oder · sich innerhalb von Gebäuden, z. B. auf dem Dachboden, befinden (Bild ). Nach [2] wird zukünftig der geschützte Bereich auf den Seiten des Gebäudes auf eine Höhe von 45 m begrenzt. Diese Höhe entspricht dem Blitzkugelradius bei der Blitzschutzklasse III nach der Normenreihe [3]. Bei größeren Höhen besteht die Gefahr von seitlichen Blitzeinschlägen in die dort montierten Antennensysteme. Die weiteren in [1] und [2] genannten Ausnahmen bei Gebäuden mit einem geringen Risiko für Blitzeinwirkungen haben in Deutschland keine Gültigkeit und dürfen demzufolge hier nicht angewendet werden. Auf Gebäuden mit leicht endzündlichen Dacheindeckungen, wie Stroh oder Reet, dürfen keine Antennensysteme errichtet werden. In Räumen, die zur Lagerung von leicht entzündlichen Stoffen wie Heu, Stroh und dergleichen Blitz- und Überspannungsschutz FÜR DIE PRAXIS Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 7 583 Autor Elektroinstallationsmeister Werner Baade, Bad Zwischenahn, war Dozent beim bfe-Oldenburg und ist nun als freier Fachautor tätig. Sicherheit für Empfangsantennen und Verteilanlagen Teil 1: Schutz gegen Überspannungen und Blitzeinwirkungen W. Baade, Bad Zwischenahn Satelliten- und terrestrischen Empfangs-Antennenanlagen kommt im Zeitalter des hochauflösenden Fernsehens (HDTV) sowie der Nutzung von digitalen terrestrischen TV- und Radioprogrammen (DVB-T) wieder eine zunehmende Bedeutung zu. Diese Systeme sollen nicht nur ein einwandfreies Ton- und Bildsignal ohne Störungen liefern, sondern müssen ebenso die Sicherheit der Anlagen für Personen und Sachwerte gewährleisten. Doch die oftmals an exponierten Stellen und hohen Punkten von Gebäuden montierten Empfangsantennen zählen zu den Objekten, die in erheblichem Maß durch statische atmosphärische Überspannungen und Blitzeinwirkungen gefährdet sind. Ob diese Satellitenempfangsanlage den normativen Anforderungen entspricht und ausreichend gegen Blitzeinwirkungen geschützt ist, muss sicherlich bezweifelt werden Schutzbereiche für die Anbringung von Antennen an einem Gebäude Die blau gekennzeichneten Antennensysteme befinden sich nicht oder nicht vollständig im Schutzbereich des Gebäudes. Für diese sind, im Gegensatz zu den violett gekennzeichneten, Maßnahmen zum Schutz gegen Blitzeinwirkungen erforderlich dienen, dürfen keine Antennenleitungen (Koaxialkabel) oder Erdungsleiter verlegt sein. Empfangsantennen für den AM-Tonrundfunk oder vergleichbare Systeme, wie sie beispielsweise im Amateurfunk genutzt werden, müssen ein Schutzelement enthalten, das mit dem Potentialausgleich zu verbinden ist. Nach [2] ist dies künftig nur noch eine Empfehlung. Erdung von Antennen bei Gebäuden ohne Blitzschutz Bei der Montage von Antennensystemen, bei denen die vorstehend genannten Ausnahmen nicht zutreffen, sind Maßnahmen zum Schutz gegen atmosphärische Überspannungen und Blitzentladungen notwendig. Diese sollen dazu beitragen, den Blitzstrom möglichst gerichtet gegen Erde abzuleiten. Bei Gebäuden, die nicht mit einem äußeren Blitzschutzsystem ausgestattet sind und bei denen kein Blitzschutzsystem vorgeschrieben ist, sind der Mast sowie die Kabelschirme (die äußeren Leiter) der Koaxialkabel zu erden. Dazu muss der Mast über einen Erdungsleiter mit einem dafür geeigneten Erder verbunden werden (Bild ). Die Anschlüsse des Erdungsleiters sind blitzstromtragfähig auszuführen. Damit dies langfristig gewährleistet ist, dürfen diese Verbindungen nur durch Schweißen, Pressen, Schrauben, Klemmen oder andere gleichwertige Verbinder hergestellt werden, ohne dass der Erdungsleiter beschädigt wird. Für den Anschluss des Erdungsleiters an den Mast können sowohl Erdungsschellen als auch Mastschellen oder Mastfüße mit Erdungsanschluss zur Anwendung kommen. Voraussetzung für die Verwendung ist die möglichst großflächige Verbindung und eine ausreichende Stromtragfähigkeit für Blitzstoßströme. Aus diesen Gründen sollten nur von den Herstellern geprüfte und für den Erdungsanschluss ausdrücklich zugelassene Anschlusselemente für den Erdungsleiter verwendet werden. Der Erdungsleiter sollte möglichst geradlinig und senkrecht geführt werden, damit ein möglichst kurzer Ableitweg zur Erdungsanlage gewährleistet ist. Die Verlegung sollte außerhalb des Gebäudes erfolgen. In keinem Fall dürfen der Erdungsleiter sowie die Koaxialkabel von der Antenne durch Räume geführt werden, in denen leichtendzündlichen Stoffe gelagert werden oder in denen sich explosionsfähige Atmosphäre bilden kann. Es sind folgende Mindestquerschnitte und Materialien für die Erdungsleiter zulässig: · 16 mm2 Kupfer als Einzelmassivdraht, isoliert oder blank, · 25 mm2 Aluminium als Einzelmassivdraht, isoliert oder · 50 mm2 Stahl als Einzelmassivdraht, z. B. blanker Rundleiter mit 8 mm Durchmesser. In der Praxis können als Erdungsleiter z. B. Aderleitungen vom Typ H07V-U 1 x 16 mm2 oder Kabel vom Typ NYY-J 1 x 16 mm2 mit einem massiven, eindrähtigen Kupferleiter verwendet werden. Auch wenn für den Erdungsleiter keine bestimmte Leiterfarbe festgelegt ist, wird eine grün-gelbe Kennzeichnung zur einfachen Identifizierung empfohlen. Häufig kommen als Erdungsleiter auch mehr-oder feindrähtige Kupferleitungen, z. B. vom Typ H07V-R oder H07V-K 1 x 16 mm2, zum Einsatz. Dies ist zurzeit nicht normgerecht und somit nicht zulässig. Derartige Leiter können bei der Beaufschlagung mit Blitzströmen infolge der dabei auftretenden hohen elektrodynamischen Belastung aus den Klemmverbindungen herausgerissen werden. Nach dem derzeit vorliegenden Normentwurf [2] wird bei Nutzung von zertifizierten Klemmverbindungen mit ausreichender Blitzstrom-Tragfähigkeit zukünftig die Verwendung von mehrdrähtigen Erdungsleitern wieder zulässig sein. Anstelle des Erdungsleiters können ersatzweise natürliche leitfähige Bestandteile des Gebäudes genutzt werden. Dazu zählen beispielsweise: · metallene Installationen, deren Verbindung dauerhaft ausgeführt und deren Nutzung durch andere Vorschriften nicht eingeschränkt ist. Die Abmessungen müssen mindestens denen für Erdungsleiter entsprechen. Metallene Wasserrohre oder Rohrleitungen mit brennbarem oder explosivem Inhalt dürfen nach DIN VDE 0100-540 (VDE 0100-540) [4] nicht als Erdungsleiter verwendet werden. · das Metallgerüst oder der durchverbundene Bewehrungsstahl der baulichen Anlage. · Fassaden, Geländer und Unterkonstruktionen, wenn ihre Abmessungen mindestens den Abmessungen für Erdungsleiter entsprechen, ihre Dicke mindestens 0,5 mm beträgt und ihre dauerhafte elektrische Verbindung in senkrechter Richtung gewährleistet ist. Überlappungen zwischen den Elementen bei einem maximalen Abstand von 1 mm gelten nach den Normen zum Blitzschutz [3] nicht mehr als ausreichende Verbindung. Solche Verbindungen sollten deshalb auch nicht mehr für die Antennenerdung angewendet werden und sind nach [2] zukünftig auch nicht mehr zulässig. Schutzleiter oder Neutralleiter des Niederspannungsnetzes sowie Kabelschirme von Koaxialkabeln dürfen nicht als Erdungsleiter verwendet werden. Zudem ist bei der Auswahl eines Erdungsleiters die elektrochemische Korrosion zu beachten. Verbindungen von unterschiedlichen Materialien, z. B. von Kupfer und Aluminium, sind möglichst zu vermeiden und nur bei Verwendung von Zweimetallklemmen zulässig. Nicht isolierte, blanke Aluminiumleiter dürfen nicht mit Mörtel, Putz, Beton oder dem Erdreich in Verbindung geraten. FÜR DIE PRAXIS Blitz- und Überspannungsschutz Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 7 584 Schutz einer Satelliten-Empfangsanlage gegen Blitzeinwirkungen anhand von Erdungs-und Potentialausgleichsmaßnahmen Anlagen für die Erdung von Antennensystemen Der Erdungsleiter muss mit einer funktionsfähigen Erdungsanlage verbunden werden. Damit eine ausreichende Blitzstromverteilung im Erdreich gewährleistet ist, sind für den Erder bestimmte Mindestabmessungen gefordert. Für die Realisierung der Erdungsanlage sind folgende Möglichkeiten zulässig (Bild ): · Verbindung mit dem Erdungssystem des Gebäudes, z. B. mit einem nach DIN 18014 errichteten Fundamenterder oder · Verbindung mit: - zwei horizontalen Erdern von mindestens 2,5 m Länge, die in einem Winkel von > 60° in mindestens 0,5 m Tiefe und in einem Abstand von 1 m zum Fundament des Gebäudes verlegt sind oder - einem vertikalen oder schrägen Erder von mindestens 2,5 m Länge, der mindestens 1 m vom Fundament des Gebäudes entfernt ist oder - zwei vertikalen Erdern von mindestens 1,5 m Länge, die untereinander einen Abstand von mindestens 3 m haben müssen und die mindestens 1 m vom Fundament des Gebäudes entfernt sind oder - natürlichen leitfähigen Gebäudebestandteilen, wie durchverbundene Stahlbetonbewehrungen oder andere unterirdische Metallkonstruktionen,wenn deren Abmessungen mindestens den zuvor genannten Kriterien entsprechen. Grenzwerte für den Erdausbreitungswiderstand der Erdungsanlage sind, wie bei den Erdungsanlagen für Blitzschutzsysteme, für Antennenerdungen nicht festgelegt. Der Mindestquerschnitt der Erder beträgt bei Kupfer 50 mm2 und bei verzinktem oder rostfreiem Stahl 80 mm2 (gemäß [2] zukünftig 90 mm2). In der Praxis werden bevorzugt verzinkter Bandstahl (30 x 3,5 mm), Kreuzerder (50 x 50 x 3 mm) oder Staberder ( 16 mm bzw. 20 mm) eingesetzt. An allen Verbindungsstellen im Erdreich sowie an Erdeinführungen von verzinktem Stahl sind zusätzliche Korrosionsschutzmaßnahmen, z. B. durch Umwickeln mit Schutzbinden, durchzuführen. Wichtig: Alle zusätzlich für das Antennensystem errichteten Erdungsanlagen müssen in Höhe der Erdoberfläche (maximale Höhe etwa 1 m) an der Haupterdungsschiene mit dem Schutzpotentialausgleich des Gebäudes über einen geeigneten Verbindungsleiter verbunden werden (Bild ). Die Abmessungen des Verbindungsleiters müssen mindestens denen für Erdungsleiter entsprechen. Ansonsten können bei einem Blitzeinschlag sehr hohe Potentialunterschiede zwischen dem Erdungssystem und den mit dem Schutzpotentialausgleich verbundenen Anlagenteilen auftreten. Bei der Verbindung der ins Erdreich eingebrachten Erder und Erdungsleitungen für die Antennenanlage mit vorhandenen Fundamenterdern oder anderen im Beton liegenden Erdungssystemen an der Haupterdungsschiene ist wieder die elektrochemische Korrosion zu beachten. In solchen Fällen müssen im Erdreich liegende Erder und Erdungsleitungen in Edelstahl (Werkstoff-Nr.: 1.4571) ausgeführt werden. Alternativ wäre für die galvanische Trennung auch der Einbau einer Trennfunkenstrecke in die Verbindungsleitung zwischen Antennenerder und Haupterdungsschiene möglich. Allerdings besteht hierbei die Gefahr einer späteren, ungewollten Überbrückung der Trennfunkenstrecke, z. B. durch den Anschluss der Kabelschirme an den Potentialausgleich oder durch angeschlossene Teilnehmerendgeräte der Schutzklasse I. Maßnahmen zum Potentialausgleich Zum Potentialausgleich müssen die Kabelschirme (äußeren Leiter) aller Koaxialkabel, die von dem Antennensystem herabführen, über einen Potentialausgleichsleiter (Mindestquerschnitt von 4 mm2 Cu) mit dem Mast bzw. mit dem Erdungsleiter verbunden werden (Bild ). Die Verlegung muss so erfolgen, dass die Bildung von Leiterschleifen vermieden wird. Der Anschluss der Kabelschirme an den Potentialausgleich sollte über Erdungsschienen oder Erdungsblöcke erfolgen. Wichtig: Die Maßnahmen zum Potentialausgleich sollten auch dann ausgeführt werden, wenn wegen des Montageorts des Antennensystems im Gebäude oder innerhalb des Schutzbereichs des Gebäudes keine Maßnahmen zum Schutz gegen Blitzeinwirkungen notwendig sind (Bild ). Es wird ausdrücklich empfohlen, in solchen Fällen mindestens die Kabelschirme der an die Antenne angeschlossenen Koaxialkabel in den Potentialausgleich einzubeziehen. Weitere Details zur Ausführung des Potentialausgleichs bei Empfangsantennen und in -verteilanlagen können dem Teil 2 dieses Beitrags entnommen werden. Schutz für Antennensysteme bei Gebäuden mit Blitzschutz Wenn für Empfangsantennen bei Gebäuden mit einem äußeren Blitzschutzsystem (LPS - Lightning Protection System) Maßnahmen gegen Blitzeinwirkungen gemäß Bild notwendig sind, ist der Antennenmast nach Abschnitt 11.2.1 der derzeit gültigen Norm [1] auf dem kürzesten Weg über einen Erdungsleiter mit dem vorhandenen Blitzschutzsystem zu verbinden. Für die Realisierung des Potentialausgleichs durch den Anschluss der Kabelschirme (äußeren Leiter) der Koaxialkabel gelten die gleichen Bedingungen wie bei der Antennenerdung bei Gebäuden ohne Blitzschutzsystem. Durch diese Maßnahmen soll verhindert werden, dass bei Blitz- und Überspannungsschutz FÜR DIE PRAXIS Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 7 585 Beispiele für Erdungsanlagen für die Erdung von Antennen Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 7 586 einer Blitzeinwirkung auf das Antennensystem zu große Potentialdifferenzen auftreten, die dann zu unkontrollierten Überschlägen zwischen den Anlagenteilen führen könnten. Von Nachteil ist, dass alle mit dem Antennensystem verbundenen Koaxialkabel, Erdungs-und Potentialausgleichsleiter sowie auch die Leitungen zur Energieversorgung der aktiven Komponenten usw. mit Blitzteilströmen beaufschlagt werden. Diese Ströme verteilen sich über die Empfangsverteilanlage im gesamten Gebäude und können zu erheblichen Schäden an den energie- und informationstechnischen Anlagen und Betriebsmitteln führen (Bild ). Ebenso werden Blitzteilströme über den Verbindungsleiter zwischen dem Mast und dem Blitzschutzsystem in das Gebäude eingeleitet, wenn zwar die Antenne nicht direkt getroffen wird, aber ein Einschlag an einer anderen Stelle in die Fangeinrichtung erfolgt. Nach den Normen zum Blitzschutz [3] ist die Einleitung von Blitzteilströmen in das zu schützende Gebäude möglichst zu vermeiden. Wenn dies dennoch geschehen kann, dann müssen die Auswirkungen der Blitzteilströme sowie die möglichen Schäden berücksichtigt werden. In den Erläuterungen zu [1] wird auf eine Alternative zu einer direkten Verbindung des Antennensystems mit dem Blitzschutzsystem hingewiesen, mit der die Einleitung von Blitzteilströmen verhindert werden kann. Darin heißt es unter anderem: „Bei Gebäuden mit einem Blitzschutzsystem sind die Antennenmaste in die Blitzschutzmaßnahmen einzubeziehen. Die Einbindung sollte vorzugsweise durch getrennte Fangeinrichtungen oder unter Nutzung bereits vorhandener Schutzräume erfolgen.“ Für eine ordnungsgemäße Planung und Errichtung solcher Schutzmaßnahmen sind umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich Blitzschutz erforderlich. Bereits durch geringfügig erscheinende, jedoch nicht fachgerecht ausgeführte Veränderungen und Erweiterungen des vorhandenen Gebäudeblitzschutzes zum Schutz des Antennensystems können das ursprüngliche Schutzkonzept und Schutzziel erheblich beeinträchtigt werden. Aus den zuvor beschriebenen Gründen darf die Planung, Errichtung und Änderung von Blitzschutzsystemen nur durch Blitzschutz-Fachkräfte (Blitzschutz-Installateure) vorgenommen werden. Wichtig: Durch die Errichtung eines Antennensystems auf oder an einem Gebäude darf ein bestehender Gebäudeblitzschutz in keinem Fall verschlechtert werden. Wenn, wie Bild zeigt, durch eine direkte Verbindung zwischen Antennenmast (Tragsystem) und Blitzschutzsystem die Gefahr der Einleitung von Blitzteilströmen in das Gebäude besteht, kann in der Regel von einer solchen Verschlechterung ausgegangen werden. Schutz eines Antennensystems anhand einer getrennten Fangeinrichtung Bei einem Blitzeinschlag werden keine Blitzteilströme über die Antennen-und Potentialausgleichsleitungen in das Gebäude eingeleitet FÜR DIE PRAXIS Blitz- und Überspannungsschutz Direkte Verbindung des Antennenmastes mit einem vorhandenen Blitzschutzsystem Bei einem Blitzeinschlag werden Blitzteilströme in das Gebäude eingeleitet Vorgehensweise nach Normenentwurf [2] Der Normenentwurf DIN EN 60728-11 (VDE 0855-1) [2] enthält ein Flussdiagramm für die Auswahl eines geeigneten Verfahrens zum Schutz von Antennenanlagen. Bezüglich der Errichtung von Antennen auf Gebäuden mit Blitzschutzsystemen wird folgendermaßen unterschieden: · Montage im geschützten Raum eines vorhandenen oder neu zu errichtenden Blitzschutzsystems, · Montage im geschützten Raum einer isoliert aufgebauten, getrennten Fangeinrichtung für das Antennensystem (Bild ) oder · Nutzung des Antennenmastes als nicht getrennte Fangeinrichtung durch eine direkte Verbindung des Antennensystems mit dem Blitzschutzsystem über einen Erdungsleiter, wie nach Abschnitt 11.2.1 der derzeitigen Norm [1] (Bild ). Schutz durch getrennte Fangeinrichtungen Für getrennte Fangeinrichtungen werden z. B. Fangstangen eingesetzt, die isoliert zu den zu schützenden Objekten, d. h. auf Abstand zu den Antennen montiert werden. Durch die Anordnung im entstehenden Schutzraum der Fangeinrichtungen wird ein direkter Blitzeinschlag in das Antennensystem verhindert. Ein möglicher Blitzeinschlag erfolgt in die Spitze der getrennten Fangeinrichtung, sodass der Blitzstrom über das Blitzschutzsystem zur Erde und nicht über das Antennensystem in das Gebäude geleitet wird (Bild ). Der Antennenmast und die äußeren Leiter der Koaxialkabel müssen zum Potentialausgleich, wie bei allen Empfangsanlagen,untereinander und mit der Haupterdungsschiene über Leiter mit einem Querschnitt 4 mm2 Cu (nach [2] sind bei geschützter Verlegung in Zukunft 2,5 mm2 Cu ausreichend) verbunden werden. Die Festlegung der Schutzräume für Antennen wird in den meisten Fällen nach dem Schutzwinkelverfahren und seltener nach dem Blitzkugelverfahren vorgenommen. Beim Schutzwinkelverfahren ist in Abhängigkeit von der Schutzklasse des Blitzschutzsystems und der Höhe über der Bezugsebene ein Schutzwinkel festgelegt, der den Normen zum Blitzschutz entnommen werden kann. Die Blitzschutzklasse wird durch ein Risikomanagement auf Grundlage einer Risikoabschätzung ermittelt, wenn sie nicht bereits durch behördliche oder versicherungsrechtliche Auflagen oder durch andere Kriterien festgelegt ist. Bei der am häufigsten angewendeten Blitzschutzklasse III ergeben sich beispielsweise folgende Schutzwinkel, wenn eine 2 m lange Fangstange auf dem durch eine maschenförmige Fangeinrichtung geschützten Flachdach eines 10 m hohen Gebäudes aufgestellt wird (Bild ) für: · zur Dachfläche hin zu schützende Objekte 1 = 77° (Bezugsebene Dachfläche mit der Höhe h1 = 2 m) und · Objekte an der Dachkante 2 = 58° (Bezugsebene Erdboden mit der Höhe h2 = 12 m). Mit zunehmender Höhe der Spitze der Fangeinrichtung, bezogen auf die Bezugsebene, verringert sich der Schutzwinkel . Hinweis: Eine Einleitung von Blitzteilströmen lässt sich durch die Verwendung getrennter Fangeinrichtungen, auch in Verbindung mit Antennenerdungen, verhindern. Damit es bei einer Blitzeinwirkung aufgrund der hohen Spannungen nicht zu unkontrollierten Überschlägen zwischen dem im Schutzraum errichteten Antennensystem und den Fangeinrichtungen des Blitzschutzsystems kommt, sind ausreichende Trennungsabstände einzuhalten. Die Berechnung des Trennungsabstandes s erfolgt anhand einer Formel, die die Blitzschutzklasse, die Stromaufteilung, die Ableitungslänge und das in der Trennungsstrecke liegende Material berücksichtigt. Auf die Details zu diesem sehr komplexen Berechnungsverfahren wird in diesem Beitrag nicht näher eingegangen. Bei vermaschten Blitzschutzsystemen der Schutzklasse III kann überschlägig von einem notwendigen Abstand von 4 cm pro Meter Ableitweg ausgegangen werden. Der Ableitweg entspricht der Strecke von dem Punkt, an dem der Trennungsabstand s betrachtet werden soll bis zur Erdoberfläche bzw. bis zur Potentialausgleichsebene. Beispiel: Der Ableitweg vom Anschluss an eine Fangeinrichtung zum Schutz der Antenne bis zur Erdoberfläche beträgt 12,5 m. Der überschlägig ermittelte Trennungsabstand berechnet sich wie folgt: Das überschlägige Verfahren ist jedoch kein Ersatz für eine genaue Berechnung des erforderlichen Trennungsabstandes. Sehr wichtig: Bei allen Maßnahmen zum Einbeziehen von Antennenanlagen in vorhandene oder neu zu errichtenden Blitzschutzsysteme und zur Risikoanalyse muss eine dafür ausgebildete Blitzschutz-Fachkraft (Blitzschutz-Installateur) hinzugezogen werden. Dies gilt ebenfalls für die Ausführung des Blitzschutz-Potentialausgleichs mit Überspannungs-Schutzgeräten (Ableiter, SPDs) vom Typ D1. Eine Blitzschutz-Fachkraft ist nach der Norm DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) [5], wer aufgrund seiner fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der einschlägigen Normen Blitzschutzsysteme planen, errichten und prüfen kann. Die Blitzschutz-Fachkraft verfügt über eine mehrjährige Berufserfahrung und kann zeitnahe berufliche Tätigkeiten im Bereich des Blitzschutzes nachweisen. s = 4 cm 12,5 m = 50 cm = 0,5 m Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 7 Schutz gegen Überspannungen Bei geerdeten oder bei direkt mit einem Blitzschutzsystem verbundenen Empfangsantennen ist es nicht möglich, die über die Koaxialkabel in das Gebäude eingeleiteten Blitzteilströme zu verhindern (Bilder und ). Um die daraus resultierenden Überspannungen zu begrenzen, müssen für die Koaxialkabel blitzstromtragfähige Überspannungs-Schutzgeräte (Ableiter) vom Typ D1 eingesetzt werden, deren Prüfung mit einem Blitzstoßstrom mit der Kurvenform 10/350 s erfolgt. Die D1-Ableiter sind möglichst direkt am Gebäudeeintritt zu montieren und müssen in den Potentialausgleich des Antennensystems und des Gebäudes einbezogen werden. Für ihre Verbindung mit dem Potentialausgleich sollte wegen der auftretenden Blitzteilströme ein Mindestquerschnitt von 16 mm2 Cu gewählt werden. Wichtig: Bei Gebäuden mit Blitzschutzsystem sind alle leitfähigen Systeme, die Blitzströme in das Gebäude einleiten können, d. h. auch die Koaxialkabel, in einen zwingend auszuführenden Blitzschutz-Potentialausgleich einzubeziehen. Für die aktiven Leiter (Innenleiter) ist hierfür eine Beschaltung mit blitzstromtragfähigen Überspannungs-Schutzgeräten vom Typ D1 notwendig. Um Geräte für den Empfang oder die Verteilung von Rundfunk- und Fernsehsignalen, wie Verstärker, Multischalter und Teilnehmerendgeräte, gegen Überspannungen zu schützen, können in der Verteilanlage zusätzliche Überspannungs-Schutzgeräte (Ableiter) vom Typ C2 notwendig sein (Bild ). Die C2-Ableiter werden nach der Kurvenform 8/20 s geprüft und sind nicht oder nur bedingt blitzstromtragfähig. In keinem Fall dürfen C2-Ableiter direkt mit Blitzströmen beaufschlagt werden, weil dies zur Zerstörung der Schutzgeräte führt. Jedoch können die Schutzeinrichtungen D1 und C2 zu Kombiableitern zusammengefasst sein, die den Blitzschutz-Potentialausgleich und den Überspannungsschutz sicherstellen. Bei Antennensystemen, die im Schutzraum von getrennten Fangeinrichtungen (siehe Bild ) errichtet sind, ist nur ein Schutz gegen induktiv eingekoppelte Überspannungen notwendig. Da Blitzteilströme auf den Koaxialkabeln nicht auftreten können, ist hier ein Überspannungsschutz mit Ableitern des Typs C2 ausreichend. Im Gegensatz zum zwingend auszuführenden Blitzschutz-Potentialausgleich kann auf Maßnahmen zum Überspannungsschutz bei geringen Risiken verzichtet werden. Hinweis: Die vorstehend beschriebenen Anforderungen beziehen sich ausschließlich auf den Blitzschutz-Potentialausgleich sowie den Überspannungsschutz für Empfangsantennen und -verteilanlagen. Sie berühren nicht die Maßnahmen mit Überspannungs-Schutzgeräten der Typen 1, 2 und 3 für die energietechnischen Systeme. Für den Schutz der Teilnehmerendgeräte werden häufig steckbare Überspannungsschutz-Adapter eingesetzt, die sowohl den Schutz der Energieseite durch einen Ableiter vom Typ 3 als auch der Empfangsseite durch einen Ableiter vom Typ C2 sicherstellen. Ob ein Überspannungsschutz notwendig bzw. sinnvoll ist, muss im Einzelfall auf der Grundlage einer Risikoabwägung nach DIN VDE 0100-443 (VDE 0100-443):2007-06 [6] festgelegt werden, wenn keine anderweitigen Anforderungen vorliegen. Literatur [1] DIN EN 60728-11 (VDE 0855-1):2005-10 Kabelnetze für Fernsehsignale, Tonsignale und interaktive Dienste - Teil 11: Sicherheitsanforderungen. [2] DIN EN 60728-11 (VDE 0855-1):2009-05 (Entwurf) Kabelnetze für Fernsehsignale, Tonsignale und interaktive Dienste - Teil 11: Sicherheitsanforderungen. [3] DIN EN 62305 (VDE 0185-305):2006-10 Blitzschutz (und zugehörige Beiblätter). [4] DIN VDE 0100-540 (VDE 0100-540):2007-06 Errichten von Niederspannungsanlagen - Teil 5-54: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel - Erdungsanlagen, Schutzleiter und Schutzpotentialausgleichsleiter. [5] DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3):2006-10 Blitzschutz - Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen und Personen (und zugehörige Beiblätter). [6] DIN VDE 0100-443 (VDE 0100-443):2007-06 Errichten von Niederspannungsanlagen - Teil 4-44: Schutzmaßnahmen - Schutz bei Störspannungen und elektromagnetische Störgrößen - Abschnitt 443: Schutz bei Überspannungen infolge atmosphärischer Einflüsse oder von Schaltvorgängen. FÜR DIE PRAXIS Blitz- und Überspannungsschutz Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 7 588 Schutzwinkel an der Fangstange bei unterschiedlichen Bezugsebenen Die Antenne an der Dachkante liegt durch den kleineren Schutzwinkel außerhalb des Schutzbereichs Ableiter vom Typ C2 mit fünf Pfaden Vier Pfade für die Satellitensignale (950-2200 MHz) sowie ein Pfad für ein terrestrisches Signal (5-862 MHz) Dieser Beitrag wird in der nächsten Ausgabe fortgesetzt Fortsetzung
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- W. Baade
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