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Elektrotechnik | Brand- und Explosionsschutz

Reparatur von Ex-Geräten

ep3/2010, 2 Seiten

Wir sind ein Fachbetrieb für Elektroanlagen, der seit Kurzem auch Niederspannungsmotoren instand setzt. In einer älteren Produktionsanlage fielen uns nun bei Wartungsarbeiten zwei Pumpenantriebe auf. Die Leitungseinführungen und die Lager der über NSH-Leitungen angeschlossenen Drehstrom-Motoren sollen ausgetauscht werden. Aufgrund mehrfacher Lackierung – auch über die Leistungsschilder – sind nur noch die Kennzeichen im Guss lesbar: „Ex“ in einem Kreis und die Buchstaben VEM. Motortyp, Baujahr und Herstellerbetrieb haben wir noch nicht ermitteln können. Der jetzige Betreiber kann keine Bestandsunterlagen vorweisen. Nach dem vorgefundenen Bimetall-Motorschutz mit alter TÜ-Prüfnotiz muss es sich um eine Ex-e-Maschine handeln. Aus dem eingestellten Nennstrom ergibt sich als Leistung etwa 2,5 kW. Der Auftraggeber verlangt von uns nun, alle Ex-Betriebsmittel mit Originalersatzteilen zu reparieren. Hierzu haben wir folgende Fragen: Was können wir unter diesen Bedingungen tun, um die Ex-Motoren zu identifizieren? Nach unserer Auffassung können unter dem Begriff „Originalersatzteile“ nicht nur solche Ersatzteile zu verstehen sein, die von dem Hersteller des defekten Betriebsmittels zu beziehen sind. Wenn das stimmt, müssen wir es unserem Auftraggeber nachweisen. Dabei ist uns aber noch Einiges unklar: 1. Wer muss diesen Sachverhalt bestätigen, der Hersteller des Bauteils oder der Fachbetrieb, der das Bauteil einbaut? 2. Muss die prüfende befähigte Person den Sachverhalt anhand von Normen oder Bauteil-Dokumenten nachweisen oder müssen wir dem Betreiber selbst für eine solche Reparatur eine Konformitätserklärung übergeben?


Typische Kennzeichnungen älterer Ex- Motoren nach TGL. An den genannten Markierungen – dem Symbol „Ex“ in einem Kreis und den Buchstaben VEM – ist zu erkennen, dass es sich um Maschinen aus DDR-Produktion handelt. Bezogen auf die dargestellte Situation werden es sicherlich keine Sonderausführungen sein, sondern Standardmotoren.
VEM-Motoren, die VIK-Bedingungen erfüllen, haben auf der Rückseite des Klemmenkastendeckels ein Doppel des Typschilds. Ist dies nicht so, sind kriminaltechnische Methoden trotzdem nicht notwendig, um Weiteres lesbar zu machen. Ein Beizmittel hilft, verkrustete Lackschichten am Typschild zu beseitigen, damit die eingeschlagenen Bemessungsdaten und die Nummer der Ex-Prüfbescheinigung des IfB (Institut für Bergbausicherheit Freiberg/ Sa.) zum Vorschein kommen.
Weitere Erkenntnisquellen. Bei Motoren der Zündschutzart erhöhte Sicherheit „e“ muss der Überlastschutz regelmäßig daraufhin überprüft werden, ob er innerhalb der Erwärmungszeit tE des Motors auslöst. Steht der in der Anfrage genannte TÜ-Prüfvermerk damit in Zusammenhang, ist dies ein eindeutiger Hinweis auf diese Zündschutzart. Einen altgedienten Motorenfachmann ausfindig zu machen, der die Motoren allein mit geschultem Blick eindeutig erkennen kann, gelingt wohl kaum noch. Ist zumindest die IfB-Prüfnummer bekannt, so lohnt sich eine Nachfrage bei dem jetzigen Institut für Sicherheitstechnik Freiberg (IBExU). Stammen die Motoren von den ehemaligen VEB-Elektromotorenwerken Wernigerode oder Thurm, was anzunehmen ist, dann bekommt man da auch heute noch Auskunft – nunmehr aber von VEM-Motors Wernigerode oder VEM-Motors Thurm.
Ex-Dokument als Voraussetzung. Als Vorbild für Anlagensicherheit und Dokumentation kann der in der Frage beschriebene Anlagenbetreiber wohl nicht gelten. Aber nicht nur deshalb muss man sich immer zuerst über die reale Gefährdungssituation informieren, bevor man handwerklich in eine Ex-Anlage eingreift. Wer eine Ex-Produktionsstätte als neuer Betreiber übernimmt, ändert nicht selten die Technologie und damit auch die Explosionsgefährdung, erhöhend oder absenkend, womöglich sogar bis auf Null. Dann steht die gesamte Ex-Konzeption in Frage. Einen „Bestandsschutz“ im Sinne von [1] können Altanlagen ohne positives Prüfergebnis nicht mehr beanspruchen. Grundlage allen Handelns in Ex-Anlagen ist ein aktuelles betriebliches Explosionsschutzdokument.
Qualifikation der Werkstatt. Ebenso wichtig wie das Vorhandensein eines Ex-Dokuments ist es, Klarheit darüber zu haben, welche Instandsetzungen nur zertifizierte Ex-Fachwerkstätten vornehmen dürfen – im Gegensatz zu Routinearbeiten, die jede Elektrofachkraft ausführen kann. Wenn die Reparatur an Bauteilen erfolgt, die mit der Wirksamkeit der Zündschutzmaßnahmen in Verbindung stehen, dann darf das nur eine zertifizierte Fachwerkstatt übernehmen.
Für den vorliegenden Fall trifft das nicht zu – vorausgesetzt, dass es sich um Ex-e-Käfigläufermotoren mit serienmäßigen Wälzlagern und Leitungseinführungen handelt. Letztere werden in die Baumusterprüfung von Ex-e- Motoren sowieso nicht mit einbezogen. Maßgebend sind hier die TRBS 1201 [2] sowie ergänzend die VDE 0165-20-1 [3].
Ex-Bewandtnis mit Originalersatzteilen. Was als Originalersatzteil anzusehen ist, definiert TRBS 1201 [4] im Teil „Instandsetzung an Geräten, Schutzsystemen, Sicherheits-, Kontroll- und Regelvorrichtungen ...“ folgendermaßen:
„Als Originalersatzteil im Sinne dieser TRBS gilt auch ein Bauteil, das für den Anwendungsfall in allen technischen Anforderungen dem zu ersetzenden Bauteil entspricht."
So haben das die meisten Ex-Fachleute auch bisher schon verstanden.
Reparaturnachweise. Welche Reparaturnachweise und Belege eine Ex-Fachwerkstatt dem Auftraggeber zu übergeben hat, hängt hauptsächlich von den folgenden Sachverhalten ab:
  • Art und Umfang der gerätetechnischen Eingriffe (z. B. mit oder ohne Belang für die Zündschutzart; umfangreiche Reparatur oder geringfügiger Bauteilwechsel),
  • Herkunft der Ersatzteile (z. B. vom Hersteller speziell geliefert oder genormte Teile „aus dem Regal“)
Prüferfordernis gemäß § 14 (6) BetrSichV. Anstelle weiterer Erläuterungen sei auf TRBS 1201 [4] und VDE 0165-20-1 [3] verwiesen. Grundsätzlich wird die befähigte Person ihre Prüftätigkeit am geltenden Recht (BetrSichV [5], 11. GPSGV [6]) und am entsprechenden Normenwerk orientieren, ergänzt durch die jeweilige Gerätedokumentation und durch eventuelle Vorgaben des Auftraggebers. Welche Sachverhalte besonderer Nachweise bedürfen, steht im Ermessen des Prüfenden.
Nachweispflichten zur angefragten Instandsetzung. Für den geschilderten Teilewechsel gestaltet sich die Nachweisführung relativ einfach. Wie aus TRBS 1201 [4] zu entnehmen ist, bedarf es hierbei keiner Prüfung gemäß § 14 (6) BetrSichV [5]. Durch die Reparatur hat sich die baumustergeprüfte Beschaffenheit der beschrieben Motoren nicht geändert, also muss auch über eine neue Konformitätsprüfung und -erklärung im Sinne der 11. GPSGV (ExVO) [6] nicht nachgedacht werden. In dieser Hinsicht genügt es, dem Auftraggeber schriftlich mitzuteilen, wann Lager und Leitungseinführungen an welchen Motoren erneuert worden sind.
Dass es nicht genügt, nur die Bemessungsspannung und den Motorschutz zu prüfen, bevor die Ex-e-Motoren wieder in Betrieb gehen, bedarf für einen Fachbetrieb keiner Erklärung. Sachgerechter Explosionsschutz schließt die gesamte Anlage ein. Fachfremde Auftraggeber überzeugt ein solcher Hinweis dann sicherlich davon, eine kompetente Fachkraft zur Seite zu haben.

Quellen

Mitteilung des BMA III b5-30013 vom 05.07.1991 – Rechtsangleichung des Arbeitsschutzrechts in den neuen Bundesländern einschließlich Berlin (Ost), Abschn. 2.3 – Elektrische Anlagen. DIN-Mitteilungen 71(1991)2, S. 110 ff.

Technische Regeln für Betriebssicherheit – TRBS 1201 Prüfungen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen (Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 15. September 2006; BAnz. 232a vom 9. Dezember 2006, S. 11)

DIN EN 60079-19 (VDE 0165-20-1):2008-02 Explosionsfähige Atmosphäre – Teil 19: Gerätereparatur, Überholung und Regenerierung, mit Berichtigung 1:2008-08.

Technische Regeln für Betriebssicherheit – TRBS 1201 Teil 3 Prüfungen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen – Instandsetzung an Geräten, Schutzsystemen, Sicherheits-, Kontroll- und Regelvorrichtungen im Sinne der RL 94/9/EG – Ermittlung der Prüfnotwendigkeit gemäß § 14 Abs. 6 BetrSichV (GMBl. Nr. 25 vom 15. Juni 2009 S. 527).

Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV vom 27. September 2002, zuletzt geändert durch Artikel 8 der Verordnung vom 18. Dezember 2008.

Elfte Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (Explosionsschutzverordnung – 11. GPSGV) vom 12. Dezember 1996, zuletzt geändert durch Artikel 18 des Gesetzes vom 6. Januar 2004.


Autor
  • J. Pester
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