Messen und Prüfen
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Elektrotechnik
Prüfen von Elektrogeräten - Bedeutung der Schutzklasse
ep3/2006, 3 Seiten
Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 3 FÜR DIE PRAXIS Messen und Prüfen Definition der Schutzklasse Es wäre interessant zu erfahren, warum seinerzeit die „Schutzklasse“ erfunden wurde. Vermutlich, um definieren, ordnen und registrieren zu können. Das war damals wohl recht nützlich, da es dem Praktiker half, die Übersicht zu behalten (Bild a). Aus heutiger Sicht wäre es wohl besser, diese Einteilung nach den Schutzklassen nicht mehr in den Vordergrund zu rücken; mit ihnen wird ja den Schutzmaßnahmen des Fehlerschutzes lediglich ein zweiter - und dazu noch nichts Neues aussagender - Name zugeteilt. Die Schutzklasse ist sinngemäß definiert als · Art des Schutzes vor Berührung elektrisch leitender Teile oder · Art der Einteilung und Kennzeichnung von elektrischen Betriebsmitteln (zum Beispiel Geräte und Installationsbauteile) in Bezug auf die vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen zur Verhinderung eines elektrischen Schlages oder Prüfen von Elektrogeräten - Bedeutung der Schutzklasse K. Bödeker, Berlin Beim Prüfen elektrischer Geräte ist nach den Normen [1][2] von der Schutzklasse des Prüflings auszugehen. Wird der Prüfablauf von einem Prüfgerät vorgegeben, so beginnt dieses auch mit der Frage „Schutzklasse I oder II?“, die dann von ihm selbst, durch eine Kontrolle der Art des Steckers, beantwortet wird. Entsprechend der Schutzklasse und den ihr zugeteilten Schutzmaßnahme sind bestimmte Prüfgänge durchzuführen und Prüfparameter zu beachten. Heute aber besteht kein eindeutiger Zusammenhang mehr zwischen den Schutzklassen I bzw. II und den Schutzmaßnahmen der mit ihnen bezeichneten Geräte. Autor Dipl.-Ing. Klaus Bödeker ist freier Fachjournalist, Berlin. Gestaltung des Geräts Schutzklasse: · angegebene Klasse · Merkmal des Geräts Schutzmaßnahme äußeres Kennzeichen I II III Schutzleiter und/ oder Schutzleiteranschluss zusätzliche Isolierung (doppelt oder verstärkt) Kleinspannung Schutzleiterschutzmaßnahme (TN-/TT-/IT-System) Schutzisolierung Kleinspannung keins III berührbares leitfähiges schutzisoliertes Teil Schutzisolierung berührbares leitfähiges Teil mit Schutzleiterschutzmaßnahme berührbares leitfähiges Teil mit Kleinspannung Zusammenhang der Schutzklasse mit der Gestaltung der ortsveränderlichen elektrischen Geräte a) traditionelle Gestaltung der Geräte Jedes Gerät hat die der Schutzmaßnahme des Fehlerschutzes (Schutz gegen elektrischen Schlag) zugeordnete Schutzklasse. b) modernes elektrisches Gerät Die dem Gerät „verordnete“ Schutzklasse I gibt keine Auskunft darüber, ob eine oder mehrere und wenn ja, welche Schutzmaßnahme außer der Schutzleiterschutzmaßnahme noch vorhanden und zu prüfen ist. EP-0306-200-202 16.02.2006 14:28 Uhr Seite 200 · Klassifizierung elektrischer und elektronischer Betriebsmittel. Insbesondere der Geräte hinsichtlich der Art (Ausführung) des Schutzes gegen elektrischen Schlag im Sinne von DIN VDE 0100-410. Bemerkungen zur Schutzklasse Wer nach dem Sinn der Schutzklasse fragt, wird Folgendes feststellen: · Eine Bewertung (Klassifizierung) der Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag hinsichtlich der Schutzwirkung wird durch diese Klassen-Einteilung oder das Kennzeichnen mit 0, I, II oder III (Bild ) nicht vorgenommen. · Die Schutzmaßnahmen der Schutzklassen I, II und III sind nach der dafür zuständigen Norm [1] als gleichwertig anzusehen. Nur die Angabe „Schutzklasse 0“ enthält mit der Feststellung „Keine Schutzmaßnahme des Fehlerschutzes vorhanden“ eine Aussage zur Qualität des Schutzes gegen elektrischen Schlag. · Eine eindeutige, in der Praxis brauchbare Einteilung der konkreten elektrischen Erzeugnisse in „Schutz“klassen, wie es seinerzeit noch möglich war (Bild a), kann heute nicht mehr erfolgen (Bilder b, ). · Die Angabe der Schutzklasse auf einem elektrischen Erzeugnis/Gerät bietet dessen Anwender oder Prüfer keine klare Aussage über die jeweils wirksamen Schutzmaßnahmen. Er erhält weder eine gesicherte Information, noch eine Angabe über die durchzuführenden Prüfgänge. Im Gegenteil, er wird hinsichtlich der angewandten Schutzmaßnahmen [1] und der nach der Norm [2] durchzuführenden Prüfung erheblich verwirrt. · Es gibt für die Schutzklasse I keine Kennzeichnung auf dem Gerät. Da bei manchem Gerät mehrere Möglichkeiten der Interpretation bestehen (Bild ) und erfahrungsgemäß auch die Richtigkeit der Kennzeichnung durch den Hersteller bezweifelt werden kann, beginnt für den Prüfer oft ein zeitraubendes Rätselraten. · Die mit der Angabe der Schutzklasse II übermittelte Information, dass diese Geräte unabhängig vom Installationssystem einsetzbar sind, ist nutzlos, da der Anwender Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 3 Erläuterung der Schutzklassen Schutzklasse I Geräte der Schutzklasse I haben die Basisisolierung und einen Schutzleiteranschluss. Schutzklasse II Geräte der Schutzklasse II haben keine Schutzleiteranschlussstelle und · entweder zusätzlich zur Basisisolierung eine weitere Isolierung, so dass eine doppelte Isolierung vorhanden ist · oder eine verstärkte Basisisolierung. Sie werden als schutzisolierte Geräte bezeichnet. EP-0306-200-202 16.02.2006 14:28 Uhr Seite 201 des Geräts gar keinen Einfluss auf das vorhandene System hat und heutzutage Geräte der Schutzklassen I und II ohnehin überall einsetzbar sind. Das heißt, anstatt über die vorhandene Schutzmaßnahme(n) klar informiert zu werden, muss der Prüfer Zeit aufwenden, um zu klären, was mit dieser Klassenangabe eigentlich gemeint ist. Welchen Sinn hat diese vom Betrachter nicht auf Anhieb begreifbare Zuordnung/Kennzeichnung dann noch? Die zuständigen Fachleute - beim VDE/DKE?, beim TÜV?, bei der BG? oder im zuständigen Ministerium? - sollten darüber nachdenken, ob sich nicht hier eine Möglichkeit der Entbürokratisierung der Vorschriften anbietet. Vom Prüfer zu beachten Wie Bild zeigt, gibt es nunmehr · Geräte der Schutzklasse II, die einen Schutzleiter aufweisen, bei denen somit die Wirksamkeit der Schutzleiter-Schutzmaßnahme (Schutzklasse I) zu prüfen ist, und · Geräte der Schutzklasse I, deren Körper und Anschlussleitung teilweise oder durchweg den Anforderungen der Schutzisolierung genügen, so dass keine oder nicht alle Prüfparameter der Schutzklasse I, sondern auch die der Schutzklasse II zur Anwendung kommen müssen. Auswirkungen für den Prüfer · Es nicht zweckmäßig und nicht nötig, sondern mitunter sogar ein hoffnungsloses Unterfangen, vor dem Beginn der Prüfung die Schutzklasse des Prüflings festzustellen. Selbst wenn das gelingt, ist es nicht immer richtig, nur die Wirksamkeit der einen Schutzmaßnahme nachzuweisen, die dieser Schutzklasse entsprechend der Definition zuzuordnen ist. · Es ist angesichts der heute vorhandenen Gestaltung der elektrischen Geräte (Bild b und Bild ) notwendig, vor Beginn der Prüfung an jedem Prüfling zu klären, - welche Schutzmaßnahmen des Fehlerschutzes - Schutzleiterschutzmaßnahme, Schutzisolierung, Kleinspannung - im Prüfling (Bild ) vorhanden sind und - an welchen berührbaren leitfähigen Teilen sie wirksam werden. An diesen Teilen sind dann - unabhängig von der Schutzklasse des Geräts - die der jeweiligen Schutzmaßnahme zugeordneten Prüfungen vorzunehmen. Im Bild wird aufgezeigt, in welcher Reihenfolge über die Notwendigkeit bzw. die Durchführbarkeit der einzelnen Prüfgänge zu entscheiden ist. In der derzeitig gültigen Norm [2] wird bei den Prüfparametern und dem Prüfablauf noch von den Schutzklassen ausgegangen. Welche Veränderungen notwendig sind und wie die Norm dementsprechend praxisgerecht zu gestalten ist, darüber wird im zuständigen Komitee 211 der DKE beraten. Diese Veröffentlichung erfolgt, um die prüfenden Elektrofachkräfte über die aktuelle Entwicklung zu informieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich selbst dazu eine Meinung zu bilden. Der im Bild dargestellte Prüfablauf entspricht inhaltlich der in der Norm [2] vorgegebenen Verfahrensweise und berücksichtigt die grundsätzlichen Varianten der Gestaltung der zu prüfenden elektrischen Geräte. Literatur [1] DIN VDE 0100-410:1997-01 Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen bis 1000 V; Schutzmaßnahmen; Schutz gegen elektrischen Schlag. [2] DIN VDE 0702:2004-06 Wiederholungsprüfung elektrischer Geräte. Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 3 202 FÜR DIE PRAXIS Messen und Prüfen Gestaltung des Geräts Schutzklasse: Besonderheiten der Prüfung II I I Schutzleiter vorhanden (nicht angeschlossen) Schutzleiter an berührbare leitfähige Teile nicht angeschlossen Schutzleiter an berührbare leitfähige Teile nicht angeschlossen · angegebene Klasse · Widerspruch zur angegebenen Klasse Schutzleiter ist entsprechend Schutzklasse I zu prüfen (Riso, ISL) berührbare leitfähige Teile sind entsprechend Schutzklasse II zu prüfen (Riso, IB) berührbare leitfähige Teile sind entsprechend Schutzklasse II zu prüfen (Riso, IB) Besichtigen Schutzleiter vorhanden Schutzleiter prüfen Messen Schutzleiterwiderstand RSL Messen des Schutzleiterstroms ISL Sind berührbare leitfähige Teile vorhanden, die nicht mit dem Schutzleiter verbunden sind? Klären, welche Methode zum Messen des Schutzleiterstroms anzuwenden ist2) Sind berührbare leitfähige Teile vorhanden? Messen des Isolationswiderstands RISO zwischen den aktiven Leitern und Schutzleiter Klären, welche Methode zum Messen des Berührungsstroms anzuwenden ist2) Messen des Berührungsstroms IB (nicht an Teilen mit Kleinspannung) Prüfen sonstiger elektrischer Schutzmaßnahmen/ -einrichtungen (einschließlich Kleinspannung) Prüfen sonstiger nicht elektrischer Schutzmaßnahmen/ -einrichtungen Prüfen Aufschriften Auswerten, Beurteilen, Dokumentieren Funktionsprüfungen nein nein nein 1) Sind keine berührbaren leitfähigen mit dem Schutzleiter verbundenen Teile vorhanden, entfällt die Messung. Folgen des Erdkontakts des Gehäuses beachten. 2) Bei bestimmten Sachverhalten, z. B. - Geräte mit elektrisch zu betätigenden Schaltelementen und/oder - Geräte, deren Körper und/oder deren berührbare Teile Erdkontakte haben, sind nur bestimmte Messmethoden anwendbar/zweckmäßig, hierzu siehe [2] und die Fachliteratur Messen des Isolationswiderstands RISO zwischen den aktiven Teilen und allen diesen berührbaren Teilen (nicht an Teilen mit Kleinspannung) Spezielle Arten ortsveränderlicher elektrischer Geräte und die ihnen zugeordneten Schutzklassen Prüfablauf - Einzelprüfungen, Prüf- und Arbeitsschritte - der Wiederholungsprüfung eines elektrischen Geräts nach DIN VDE 0702 · gelb hinterlegt: Messungen an den nicht an den Schutzleiter angeschlossenen, sondern schutzisolierten Teilen. · grau hinterlegt: Messungen an den an den Schutzleiter angeschlossenen Teilen. EP-0306-200-202 16.02.2006 14:28 Uhr Seite 202
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Autor
- K. Bödeker
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