Betriebsführung
Policen auf dem Prüfstand
ep12/2010, 2 Seiten
Deckungslücken vermeiden Die Versicherungswelt dreht sich ständig weiter - neue Angebote kommen auf den Markt, und nicht zuletzt verschärfen aktuelle gesetzliche Regelungen unter Umständen das Risiko für den Betrieb. „Unternehmer machen nicht selten einen grundsätzlichen Fehler: Sie legen dicke Akten an und heften immer nur dazu. Aber Firma und Umfeld verändern sich. Dem muss sich auch der Versicherungsschutz anpassen“, so Versicherungsberater Hans-Hermann Lüschen - www.vers-berater.de. Bestehende Verträge sollten dahingehend nachgebessert werden. Bei betrieblichen Haftpflichtversicherungen ist das geradezu zwingend erforderlich, um existenzielle Deckungslücken zu vermeiden. Gleichzeitig ist bei gutem Schadenverlauf und geschickter Verhandlung häufig auch eine Prämienersparnis drin. Abzusichernde Risiken Betriebshaftpflicht Hier fragt der Versicherer zum Jahreswechsel regelmäßig mit Hilfe des Prämienregulierungsbogens nach Risiken, die im vergangenen Jahr neu dazugekommen sind, sowie nach den Umsatzzahlen, Lohnkosten und errechnet die Jahresprämie auf dieser Basis. Ggf. zahlt der Handwerksbetrieb dann mehr, wenn beispielsweise neue Mitarbeiter eingestellt wurden. Sofern Risiken weggefallen sind oder deutlich weniger Umsatz gemacht wurde, können die Beiträge auch sinken. Im Schubkasten veraltet. „Häufig wird der Bogen allerdings erst einmal beiseitegelegt und die unbeliebte Bürorarbeit an den Steuerberater delegiert. Der schaut später auch drauf. Das zieht sich oft bis April,“ - so die Erfahrung von Lüschen. Sollte jedoch im Februar ein Schaden passieren und weicht der alte Bogen dann von der Realität ab, hat der Unternehmer ein großes Problem. Lüschen kennt sogar solche Fälle, in denen der Prämienregulierungsbogen jahrelang im Aktenordner schmorte - mit der Gefahr, dann im Schadenfall über keinen ausreichenden Versicherungsschutz zu verfügen. Neues Tätigkeitsfeld Energieberatung. Wenn der Elektrobetrieb z. B. neuerdings auch Energieberatungsdienstleistungen anbietet, gehört dies in den Prämienregulierungsbogen. Hier wird ggf. rückwirkend ein Prämienzuschlag fällig. Versicherungsschutz besteht bei marktüblichen Verträgen jedoch nur für Personen- und Sachschäden - vgl. dazu Beitrag: „Absicherung von Risiken bei der Energieberatung“, ep 11/2009, S. 868-870. „Wer auch Vermögensschäden aus beruflicher Tätigkeit als Energieberater absichern will - und genauso sollte es dann auch in den Bedingungen stehen -, kann das über Zusatzbausteine zur betrieblichen Haftpflichtpolice oder über einen eigenständigen Vertrag“, so Versicherungsberater Werner Fütterer - www.versicherungsberatung-wfuetterer.de. Internetnutzung. Neue Haftpflicht-Risiken ergeben sich für Handwerksbetriebe aus der Internetnutzung. „Es läuft mittlerweile so viel über E-Mails, die sich gegen das Fax durchgesetzt haben. Ob Schriftwechsel mit dem Händler, dem Bauamt, dem Notar oder schlicht Kunden, die Aufträge erteilen. Ein Einzelner, der technisch vielleicht nicht durch Virenschutzprogramme hoch abgesichert ist, kann so schon versehentlich auf einen Schlag mehrere Rechner Dritter lahmlegen“, erklärt Lüschen. Wenn dann nachgewiesen wird, wer den Virus verteilt hat - und das lässt sich bekanntlich technisch immer genauer rekonstruieren -, ist der Betreffende dran. Schäden, die anderen durch E-Mail-Austausch zugefügt werden, wie beispielsweise die Veränderung oder Löschung von Dateien durch Viren, sollten daher versichert sein, rät er. Bei neueren Verträgen ist dieser Schutz als Baustein teils schon mit enthalten. Bei Altverträgen sollte man nachfragen, ob sich hier nachbessern lässt. Versicherungssumme prüfen. Auch die Versicherungssumme der betrieblichen Haftpflichtpolice sollte in Abständen geprüft werden. „In alten Verträgen sind das manchmal noch eine Million oder zwei Millionen Euro“, meint Versicherungsmakler Bert Heidekamp - www.heidekamp.com. Bei aktuellen Deckungskonzepten liegt die Entschädigungsgrenze meist bei drei Millionen Euro. Betriebsinventar Immer den Überblick behalten, was betriebliche Neuanschaffungen und den Warenbestand betrifft - so der Rat von Makler Heidekamp. Besonders kleine Betriebe haben nach seiner Erfahrung selten eine genaue Inventarliste. „Bei einem Brand oder Diebstahl zahlt die Versicherung dann unter Umständen weniger, weil die Firma unterversichert war“, so seine Erfahrung. Während eine große Maschine in der Auflistung selten vergessen wird, fallen vor allem kleinere Gegenstände, wie die teuren Gleich-BETRIEBSFÜHRUNG Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 12 1028 Policen auf dem Prüfstand Der Versicherungsschutz der Firma gehört nach Möglichkeit am besten jedes Jahr auf den Prüfstand. Hilfreich ist es, wenn man sich zum Jahresende eine Übersicht verschafft, um dann gleich zum Jahresauftakt die Weichen entsprechend zu stellen. Versicherungsexperten sprechen aus ihren Erfahrungen. und Kontrolle der Kreditinstitute in Bezug auf risikoreiche Anlagen. Insofern hoffen wir, dass Basel III nicht indirekt zu einer Veränderung der Kreditvergabepraxis führt. ep: Wie sollten Unternehmer und Existenzgründer vorgehen, denen für die Finanzierung guter Konzepte derzeit die nötigen Eigenmittel fehlen? M. Stefanovic: In der Mischung liegt die Würze: So viel Eigenmittel wie möglich und verfügbar, der Rest aus Kredit, vorzugsweise von der Bürgschaftsbank verbürgt. Hierzu haben die Bürgschaftsbanken und mittelständischen Beteiligungsgesellschaften in diesem Jahr ein „Kombi-Produkt“ aus stiller Beteiligung und verbürgtem Kredit (ein Viertel/drei Viertel) eingeführt. Sie ermöglichen damit, in einem schlanken Prozess die zukunftsträchtigen Projekte mit unserer Hilfe umzusetzen. ep: Vielen Dank für das Gespräch. AKTUELL Bankenabgabe für Bürgschaftsbanken? Wie aus aktuellen Informationen des Verbandes der Deutschen Bürgschaftsbanken (VDB) hervorgeht, haben Finanzausschuss des Deutschen Bundestages und Bundesrat beschlossen, von der Bankenabgabe - Bestandteil des neuen Banken-Restrukturierungsgesetzes - nur die KfW und Landesförderinstitute auszunehmen, nicht aber Bürgschaftsbanken. Bürgschaftsbanken verfolgen mit der Geschäftsbeziehung zu ihren mittelständischen Kunden keine Gewinnerzielungsabsichten. „Wir haben einen klaren Förderauftrag. Die Einführung einer Bankenabgabe würde eine erhebliche Benachteiligung für die Bürgschaftsbanken und ihre mittelständischen Kunden bedeuten“, erläutert Dr. Stefan Papirow, stellvertretender Vorsitzender des VDB. richter, - auch bei Dieben begehrt - schnell mal unter den Tisch, so Lüschens Erfahrung. Wenn im Lager des Solarhandwerkers mehrere Kartons davon stehen, kann das durchaus 10000 Euro zusätzlich ausmachen, die dann nicht gedeckt sind. „Auf jeden Fall auch hier die Versicherungssumme prüfen, damit die Gefahr einer Unterversicherung ausgeschlossen ist“, rät Makler Heidekamp. Er empfiehlt außerdem, eine Vorsorgesumme von mindestens 10 % der vereinbarten Versicherungssumme. Dann sind Handwerker im Schadenfall geschützt, wenn ihr Warenvorrat vorübergehend doch über den versicherten Betrag hinausgeht. Summe anpassen. Einige Gesellschaften setzen bei der Versicherungssumme prinzipiell den jemals erreichten absoluten Höchststand an; andere berücksichtigen die schwankenden Lagerbestände. Diese Unternehmen sind vom Promillesatz her zwar etwas teurer. „Dafür ist man aber nicht das ganze Jahr über mit einer Riesensumme versichert“, erklärt Experte Lüschen. Betriebsunterbrechung „Für alle Betriebe, die von einer einzigen Produktion und Lagerhaltung abhängig sind, ist die Betriebsunterbrechungs (BU)-Versicherung lebensnotwenig. Also überall da, wo ein sogenannter Flaschenhals oder Engpass existiert, von dem die gesamte Betriebsleistung abhängig ist“, erklärt Friedhelm Peter. Er ist als Versicherungsberater und Sachverständiger darauf spezialisiert - www.sv-peter.de. Dazu gehören zum Beispiel auch Handwerker, die sich ausschließlich auf Solaranlagen fokussiert haben und entsprechende Bauteile am Lager oder auf der Baustelle deponieren. Bei Einbruchdiebstahl oder Brand kann es hier schnell zum „Gau“ kommen, wenn man gleichzeitig mit Lieferengpässen der Hersteller rechnen muss. Dies gilt beispielsweise auch für die Lieferzeiten von Maschinen und Anlagen. In beiden Fällen können Liefertermine nicht eingehalten werden und betriebliche Erlöse damit entfallen. Gerade an kleine Unternehmen werden oft sehr einfache standardisierte Policen verkauft, die häufig unzureichend ausgestattet sind - so die Erfahrung des Versicherungsberaters. Meist sind das sogenannte Klein-BU-Verträge. Dabei orientiert sich die Versicherungssumme für den wirtschaftlichen Schaden an der Höhe des Anlagevermögens - Betriebseinrichtung und Warenvorräte. „Dieser Zusammenhang ist jedoch nicht zwangläufig immer gegeben“, erläutert Peter. Wirtschaftliche Ergebnisse verbessern sich nicht allein mit steigendem Wert des Warenlagers. Seine Empfehlung. Es ist auch zu prüfen, ob das komplette Anlagevermögen tatsächlich versichert ist. Häufig bestehen für geleaste Anlagegüter gesonderte Policen neben der Inhaltsversicherung. Außerdem zu bedenken. Man kann mit einem enorm teuren Anlagevermögen relativ wenig verdienen - umgekehrt aber auch mit geringem oder fast gänzlich ohne Anlagevermögen sehr viel. „Das ist von der Geschäftsstruktur abhängig.“ Im einen Fall wäre man überversichert und würde zu viel Prämie zahlen; im anderen Fall unterversichert - bekäme den tatsächlich eingetretenen Ausfallschaden nicht voll ersetzt. Haftzeit. Gleiche Überlegungen gelten für die Haftzeit - die zeitliche Dauer, für die ein Versicherer in einem Ausfallschaden längstens haftet. Bei langen Lieferzeiten für Waren, Betriebsmittel und Anlagen oder Bauzeiten von Gebäuden sind häufig die vereinbarten 12 Monate Haftzeit zu kurz bemessen. Daher kann eine individuelle Risiko-Überprüfung anstelle des „Produkts von der Stange“ vorteilhaft sein. Daher seine Tipps: · Betriebsunterbrechungsrisiko summenmäßig überprüfen - Faustformel: Umsatz abzüglich Wareneinsatz - ggf. BU und Sachversicherung trennen · Wiederbeschaffungs- und Wiederherstellungszeiten für Betriebsmittel und Warenvorräte prüfen; ggf. längere Haftzeiten als 12 Monate vereinbaren · besser eine sogenannte mittlere BU abschließen, bei der die tatsächlich möglichen Betriebsausfallkosten zugrundegelegt werden. Transportversicherung „Ein sehr wichtiges Thema und selten angesprochen“, findet Makler Heidekamp. „Die überwiegende Mehrzahl der Selbstständigen aus Handel und Handwerk hat im Betriebsfahrzeug während der Arbeitszeit und nachts Betriebsmittel, Waren und Werkzeug.“ Hier sollte nach seiner Erfahrung unbedingt überprüft werden, ob bei einer vorhandenen Transportversicherung die versicherte Summe noch stimmt. Außerdem ist zu prüfen, ob · Miet- und Leihwagen · Waren auch während der Nacht zwischen 22:00 bis 06:00 Uhr - Nachtklausel · Schäden an den Waren auch bei Brems- oder Ausweichmanövern und · die Waren auch bei einem grob fährlässig verschuldeten Unfall mit dem Transportmittel versichert sind. Kfz Ein Blick auf die Schadenstatistik der Firma ist auf jeden Fall sinnvoll, denn bei gutem Schadenverlauf kann das Unternehmen mit der Gesellschaft über Gewinnbeteiligungsmodelle verhandeln. Vereinbaren lässt sich dann ggf., dass es bei gutem Schadenverlauf Geld zurückgibt - gestaffelt nach der Schadenquote. Allerdings bieten das nicht alle Gesellschaften an. Rechtsschutz Obliegenheiten beachten. Hat sich der Mietpreis verändert, die Anzahl der Fahrzeuge oder Mitarbeiter wie auch die Anzahl der Filialen, so sollte der Firmenrechtsschutzversicherer darüber informiert werden. „Sonst verliert man möglicherweise den Versicherungsschutz wegen einer sogenannten Obliegenheitsverletzung“, erläutert Heidekamp. Es ist seines Erachtens nach keine zwingend erforderliche Versicherung, aber sie wird immer wichtiger für Firmen. Die Rechtsstreitigkeiten nehmen zu und auch die Summen, um die es dabei geht. „Wer Geld hat, das er durch einen Rechtsstreit verlieren kann, der sollte eine Rechtsschutzpolice abschließen.“ Eine Empfehlung, die Versicherungsberater H.-H. Lüschen seinen Klienten aus Handwerk und Gewerbe zunächst einmal pauschal gibt. Heidekamp rät seiner Kundschaft im Übrigen zu einem Maximum an Risikoschutz: Die Mehrkosten lassen sich über Selbstbehalte von 125 bis 500 Euro wieder reinholen. „20 und 40 % Prämienersparnis sind so drin“, weiß der Versicherungsmakler. Zu seinen Kunden gehören Elektrofirmen, Schlosser, Maler, Antennenbauer und andere Handwerksfirmen, die beispielsweise häufig in Schweden und der Schweiz arbeiten. Da ist zu prüfen, inwieweit dort der Versicherungsschutz und für welchen Zeitraum gilt. Drei Monate sind da oft zu wenig. Manche Gesellschaften grenzen auch die Summen im Ausland stark ein. C. Fritz BETRIEBSFÜHRUNG Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 12 1029 CHECKLISTE - Versicherer informieren wenn Firma neue Zweigstellen eröffnet - Betriebshaftpflicht, Inventar wenn neue Mitarbeiter eingestellt wurden - Betriebshaftpflicht, Rechtsschutz, Betriebsunterbrechungs-Versicherungssumme wenn neue Geschäftsfelder, z. B. Energieberatung, hinzukommen - Betriebshaftpflicht bei Anschaffung neuer Fahrzeuge - Rechtsschutz, Kfz - sowie Geräte, Maschinen, Büroinventar - Inventar- und Maschinenversicherung, Betriebsunterbrechungs-Versicherung wenn sich die Miete für die Gewerberäume erhöht - Rechtsschutzversicherung wenn Lagerbestände aufgestockt werden - Inventarversicherung, Betriebsunterbrechungs-Versicherung wenn Risiken dazukommen, z. B. Tätigkeiten im Ausland, oder wegfallen - z. B. weniger Mitarbeiter, Miete, Umsatz, Filialen geschlossen, Kfz stillgelegt klären, ob Versicherungssummen insgesamt noch stimmen - alle Versicherungen
Autor
- C. Fritz
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