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Normen und Vorschriften | Arbeits- und Gesundheitsschutz | Elektrotechnik

Neue Regeln für Rasenmäharbeiten in Freiluftanlagen

ep10/2003, 3 Seiten

Das Rasenmähen und ähnliche Arbeiten lassen sich in elektrischen Freiluftanlagen nur schwer nach der geltenden Rechtsvorschrift BGV A2 [1] durchführen. Grund hierfür ist, die maßlichen Vorgaben der Errichterbestimmungen lassen das Einhalten der Schutzabstände nach DIN VDE 0105-100 [2] nicht zu (Bild 1). Die Schutzmaßnahmen für diese Arbeiten wurden deshalb vom K 224 der DKE überprüft und ergänzende Festlegungen getroffen.


Einzuhaltende Schutzabstände Für Rasenmäharbeiten galten bisher die Schutzabstände der Tafel ([2], Tabelle 103 aus Abschnitt 6.4.4). Dieser Abschnitt bezieht sich auf Bauarbeiten und sonstige nicht elektrotechnische Arbeiten, zu denen bisher auch die Rasenmäharbeiten zählten. Die aufgeführten Abstände sind für Arbeiten gedacht, die i. d. R. von Laien durchgeführt werden. Diese Abstände sind einzuhalten. Für Rasenmäharbeiten in Freiluftanlagen mit einer Netz-Nennspannung von z. B. 110 kV ergibt sich ein Schutzabstand von 3 m. Ein Unterschreiten mittels Handmäher o. Ä. ist nicht erlaubt (Bild ). Falls Arbeiten nach Abschnitt 6.4.4 unter der Aufsicht von Elektrofachkräften oder elektrotechnisch unterwiesenen Personen durch den Betreiber ausgeführt werden, gelten die Schutzabstände nach (Tafel ). Auch diese sind in der Praxis für Rasenmäharbeiten ungeeignet, da Sammelschienen, Freileitungen usw. konstruktionsbedingt bei z. B. 110-kV-Netz-Nennspannung etwa 3,4 m über der begehbaren Fläche verlaufen und sich die Arbeiten somit nicht durchführen lassen (Bild ). Auch in der BGV A2 sind die Schutzabstände in der Durchführungsanweisung zu § 7 entsprechend definiert. Jedoch beschreibt § 8 zulässige Abweichungen. Von den Forderungen der §§ 6 und 7 darf abgewichen werden, wenn · durch die Art der Anlage eine Gefährdung durch Körperdurchströmung oder durch Lichtbogen ausgeschlossen ist oder · der Unternehmer mit diesen Arbeiten nur Personen beauftragt, die für diese Arbeiten geeignet sind und · weitere technische, organisatorische und persönliche Sicherheitsmaßnahmen festlegt und durchführt werden, die einen ausreichenden Schutz gegen eine Gefährdung durch Körperdurchströmung oder durch Lichtbogenbildung sicherstellen. Damit lässt die BGV A2 bei entsprechenden technischen, organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen die Möglichkeit offen, die in den Tafeln und beschriebenen Schutzabstände zu unterschreiten. Bei Unterschreitung der vorgegebenen Schutzabstände bleibt zwangläufig die volle Verantwortung beim Unternehmer, entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Diese Vorgehensweise ist für niemand zufriedenstellend, da der Auslegungsspielraum der entsprechenden Schutzmaßnahmen Rechtsunsicherheit in sich birgt. Für das Unterqueren mit Fahrzeugen von Freileitungen in abgeschlossenen elektrischen Betriebsstätten ist grundsätzlich der Abschnitt 6.4.3.102 von [2] anzuwenden. Der Mindestabstand bis 45 kV beträgt 500 mm. Ab 45-kV-Netz-Nennspannung sind die Mindestabstände/äußere Grenze der Gefahrenzone in Tabelle 101 (Tafel ) anzuwenden. Im Kommentar zu [2] - VDE-Schriftenreihe 13 [3] - ist das Mähen mit Flächenmähern nicht erwähnt. Beschrieben ist lediglich das Transportieren mit Fahrzeugen (Bild ) auf festgelegten Transportwegen. Elektropraktiker, Berlin 57 (2003) 10 792 FÜR DIE PRAXIS Arbeitsschutz Neue Regeln für Rasenmäharbeiten in Freiluftanlagen N. Krause; Köln Das Rasenmähen und ähnliche Arbeiten lassen sich in elektrischen Freiluftanlagen nur schwer nach der geltenden Rechtsvorschrift BGV A2 [1] durchführen. Grund hierfür ist, die maßlichen Vorgaben der Errichterbestimmungen lassen das Einhalten der Schutzabstände nach DIN VDE 0105-100 [2] nicht zu (Bild ). Die Schutzmaßnahmen für diese Arbeiten wurden deshalb vom K 224 der DKE überprüft und ergänzende Festlegungen getroffen. Autor Dipl.-Ing. Norbert Krause ist Leitender Technischer Aufsichtsbeamter der BGFE, Köln. Bisheriger Schutzabstand nach [2] Tabelle 103 Tafel Annäherungszone, Schutzabstände bei Arbeiten nach [2], Tabelle 103 Tafel Schutzabstände bei Arbeiten nach [2], Tabelle 102 Zulässiger Schutzabstand bei Beaufsichtigung nach [2] Tabelle 102 Gefahrenzone und zulässige Abstände beim Unterfahren Netz-Nenn- Äußere Grenze der spannung Un Annäherungszone DV, (Effektivwert) Schutzabstand1) bis 1 kV 1,0 m > 1 kV bis 110 kV 3,0 m > 110 kV bis 220 kV 4,0 m > 220 kV bis 380 kV 5,0 m 1) Abstand in Luft von ungeschützten unter Spannung stehenden Teilen. Netz-Nenn- Schutzabstand1) spannung Un (Effektivwert) bis 1 kV 0,5 m > 1 kV bis 30 kV 1,5 m > 30 kV bis 110 kV 2,0 m > 110 kV bis 220 kV 3,0 m > 220 kV bis 380 kV 4,0 m 1) Abstand in Luft von ungeschützten unter Spannung stehenden Teilen. Aktuelle Entscheidung des K 224 Untersuchungen ergaben, dass bisher eine rechtssichere und anwendbare Formulierung in der Norm fehlt. Aus diesem Grund wird ein neuer Absatz in den Abschnitt 6.4.3 aufgenommen, der das Durchführen von Rasenmäharbeiten und Arbeiten zur Oberflächenbearbeitung in sicherer Weise ermöglicht. Auch der Widerspruch zwischen Errichternorm DIN VDE 0101 (vertikale und horizontale Abstände) und Betreibernorm DIN VDE 0105-100 wird mit diesem neuen Absatz ausgeräumt. Abschnitt 6.4.3.109 lautet neu: „In abgeschlossenen elektrischen Betriebsstätten mit Nennspannungen über 1 kV dürfen Rasenmäharbeiten oder andere Tätigkeiten zur Bodenbearbeitung nur dann durchgeführt werden, wenn die max. Arbeitshöhe von 2 m für Arbeitsgeräte nicht überschritten wird (Bild Durch Schutzvorrichtungen - z. B. Geländer, Ketten - dürfen vorgegebene Schutzabstände nicht unterschritten werden. Diese Arbeiten müssen von Elektrofachkräften oder elektrotechnisch unterwiesenen Personen durchgeführt werden. Die notwendige aufgabenspezifische Zusatzqualifikation ist vom Anlagenbetreiber durchzuführen. ANMERKUNG: Der Anlagenbetreiber ist eine vom Unternehmer beauftragte natürliche oder juristische Person, die die Unternehmerpflicht für den sicheren Betrieb und den ordnungsgemäßen Zustand der elektrischen Anlage wahrnimmt. Vor Beginn der Tätigkeit hat eine örtliche Einweisung durch den Anlagenverantwortlichen in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsverantwortlichen zu erfolgen.“ Abschnitt 6.4.4.101 lautet neu: „Folgende nicht elektrotechnische Arbeiten sind in 6.4.3 geregelt: · Anstrich- und Ausbesserungsarbeiten an Freileitungen in 6.4.3.106 und 6.4.3.107 · Rasenmäharbeiten mit Fahrzeugen in abgeschlossenen elektrischen Betriebsstätten in 6.4.3.102 · Rasenmäharbeiten von Hand und andere Tätigkeiten zur Bodenbearbeitung in abgeschlossenen elektrischen Betriebsstätten in 6.4.3.109.“ Diese Änderungen sind vom K 224 beschlossen worden, das Einspruchsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Aus drucktechnischen Gründen wird mit der Veröffentlichung jedoch noch gewartet. Der Fachausschuss „Elektrotechnik“ hat ebenfalls zugestimmt. Diese Regelungen können in der Praxis angewendet werden. Kommentar zur DIN VDE 105-100 Der Kommentar [3] zur DIN VDE 105-100 wird wie folgt geändert bzw. ergänzt. Kommentar zu 6.4.3.102: Ein versehentliches Erreichen oder Unterschreiten der Gefahrenzone (Tabelle 101) bei Spannungen über 45 kV bis 380 kV bzw. des Mindestabstands von 500 mm bei Spannungen bis zu 45 kV wird dadurch ausgeschlossen, dass das vertikale Maß von der befahrbaren Fläche bis zur Oberkante des Fahrzeugs oder Geräts unveränderlich ist. Bei Fahrerkabinen muss nach oben eine feste Begrenzung vorhanden sein. Bei umfangreichen Transporten mit Fahrzeugen hat sich bewährt, an der Einfahrt zum Arbeitsschutz FÜR DIE PRAXIS Un DL 1) Uimp in kV in mm in kV Innenraum Freiluft < 1 Keine Berührung 4 3 60 120 40 6 90 120 60 10 120 150 75 15 160 95 20 220 125 30 320 170 36 380 200 45 480 250 66 630 325 70 750 380 110 1100 550 132 1300 650 150 1500 750 220 2100 1050 275 2400 850 380 2900/3400 950/1050 480 4100 1175 700 6400 1550 1) Werte DL sind für die höchste Bemessungs-Stehstoßspannung (Blitz- oder Schaltstoßspannung) angegeben; weitere Werte für niedrigere Bemessungsspannungen siehe pr EN 50 179 (VDE 0101) Tafel Mindestabstände/äußere Grenze der Gefahrenzone nach [2], Tabelle 101 Un Netz-Nennspannung (Effektivwert) DL Äußere Grenze der Gefahrenzone (Abstand in Luft) Uimp Bemessungs-Steh-Blitz-/Schaltstoßspannung (Scheitelwert) Elektropraktiker, Berlin 57 (2003) 10 793 Grundstück oder an der Werkstraße in ausreichendem Abstand vor Beginn der Unterquerung einen nach oben begrenzten, soliden Rahmen als „Lehre“ aufzustellen. Fahrzeuge werden nur einzeln nach entsprechender Kontrolle durchgelassen. Kommentar zu 6.4.3.109: Die neuen Forderungen lassen als Beschäftigte für die Bodenbearbeitung/Rasenmähen nur Elektrofachkräfte und elektrotechnisch unterwiesene Personen zu. Der Auftragnehmer (z. B. Gartenbauunternehmen) hat bei diesen Tätigkeiten in Freiluftanlagen die Unterweisungen, die generell mit der Technik der Bodenbearbeitung/des Rasenmähens zusammenhängen, verantwortlich durchzuführen. Die elektrotechnische Zusatzqualifikation ist notwendig, um diese Arbeiten in den elektrischen Anlagen sicher durchführen zu lassen. Der Unternehmer der auftraggebenden Firma hat dafür zu sorgen, dass seine Mitarbeiter eine aufgabenbezogene elektrotechnische Grundunterweisung erhalten. Der Anlagenbetreiber hat wegen des Aufbaus der Hochspannungsanlagen und der besonderen Risiken bei diesen Arbeiten bezogen auf diese elektrische Gefährdung zu unterweisen. Diese zusätzliche Qualifizierung der mit Rasenmäharbeiten und anderen gärtnerischen Pflegearbeiten Beschäftigten kann nur durch den Anlagenbetreiber erfolgen. Beispielsweise wird eine regelmäßig in den Anlagen tätige Arbeitsgruppe zu Saisonbeginn generell unterwiesen über · sicheres Verhalten in elektr. Anlagen · zulässige Arbeitsbereiche · besondere Gefahrenquellen · notwendige Schutzabstände · Zugangsregelung · Arbeitsablauf und Arbeitsorganisation. Erst die Grundunterweisung und die zusätzliche Qualifizierung macht die Beschäftigten zu elektrotechnisch unterwiesenen Personen. Der Arbeitsverantwortliche ist der Garant dafür, dass nur mindestens elektrotechnisch unterwiesene Personen zum Einsatz kommen. Bei neuen Mitarbeitern hat er die Unterweisung zu veranlassen. Vor Beginn der Arbeiten hat eine Einweisung vor Ort zu erfolgen - durch den Anlagenverantwortlichen in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsverantwortlichen. Diese Einweisung ist die Voraussetzung für die sichere Durchführung dieser Arbeiten. Erst nach Qualifizierung und Einweisung dürfen die Arbeiten durchgeführt werden. Mit der Zusammenarbeit zwischen Arbeits- und Anlagenverantwortlichem bei der Einweisung ist auch § 8 Arb Sch G erfüllt. Sicheres Durchführen der Arbeiten Zu den Rasenmäharbeiten von Hand zählt die Benutzung von motorgetriebenen Handmähern, Sensen, Sicheln usw. Unter den in der Norm beschriebenen anderen Tätigkeiten zur Bodenbearbeitung sind Bodenreinigung, Bearbeiten des Straßenbelags geringen Umfangs, Schneeräumung, usw. zu verstehen. Die für diese Tätigkeiten festgelegte max. Arbeitshöhe von 2 m orientiert sich an den konstruktiven Festlegungen in DIN VDE 101, Abschnitt 6.2.4. Dort ist für den Isolatorfuß eine Mindesthöhe von 2,25 m vorgegeben. Die Art der Tätigkeit und die einfache Einschätzung der Arbeitshöhe lassen eine derartige praxisorientierte Festlegung zu. Die max. Arbeitshöhe ist unabhängig von der Betriebsnennspannung (Bild ). Das Arb Sch G verlangt die Einweisung an der Arbeitsstelle vor Beginn der Arbeiten. Bei ständig wechselnden unterschiedlichen Arbeitsstellen ist bei jeder Arbeitsaufnahme die Einweisung durch den Betreiber erforderlich. Handelt es sich jedoch im Laufe der Saison um wiederholte Arbeitsaufnahme in der gleichen Anlage, genügt eine Einweisung bei der ersten Arbeitsaufnahme und regelmäßige Kontaktaufnahme. Diese Vereinfachung ist jedoch nur dann möglich, wenn immer das gleiche unterwiesene Personal diese Arbeiten durchführt. Das heißt, es darf kein Personenwechsel stattfinden. Der Arbeitsverantwortliche hat, wenn neues Personal eingesetzt wird, die zusätzliche Qualifikation der neuen Mitarbeiter durch den Anlagenbetreiber sicherzustellen. Die Erlaubnis zur Aufnahme der Arbeiten erteilt der Anlagenverantwortliche. Die Freigabe zur Durchführung der Arbeit ist Sache des Arbeitsverantwortlichen. Seine Aufgabe ist es auch, während der Durchführung der Arbeit die festgelegten Sicherheitsmaßnahmen zu überwachen. Damit ist eine klare Abgrenzung der Verantwortungsbereiche gegeben. Fazit Die Neuregelungen der Norm lassen sich darin begründen, dass sowohl Netzbetreibern als auch BGen keine elektrischen Unfälle bei Rasenmäharbeiten bekannt sind, bei denen der zu geringe vertikale Abstand zu den unter Spannung stehenden Anlagenteilen in elektrischen Freiluftanlagen die Unfallursache war. Und dies, obwohl das Rasenmähen auch bisher in der Praxis nach ähnlichen Maßnahmen durchgeführt wurde. Mit den neuen Festlegungen beschreibt die Norm ein in der Praxis seit langem etabliertes Vorgehen. Ein Termin für die Inkraftsetzung kann nicht angegeben werden. Aus diesem Grunde wird wegen des besonderen Interesses der Beschluss vorab veröffentlicht. Nach Absprache mit dem berufsgenossenschaftlichen Fachausschuss „Elektrotechnik“, der dieser Vorgehensweise zustimmt, kann die neue Regelung ab sofort angewendet werden. Zu beachten ist jedoch, dass sich die Schutzmaßnahmen bezüglich der horizontalen Annäherungen nicht geändert haben. Es ist deshalb - und dies bestätigt auch das Unfallgeschehen - unbedingt darauf zu achten, dass die durch die Schutzvorrichtungen, z. B. Geländer, Ketten, usw., vorgegebenen Schutzabstände eingehalten werden [s. „Kennzeichnung von Arbeitsbereichen von elektrischen Anlagen“ (BGI 758-8.99)]. Literatur [1] Unfallverhütungsvorschrift (UVV) VBG A2 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel.“ Hrsg.: Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik, Köln. [2] DIN VDE 0105 Teil 100:1997-10 Betrieb elektrischer Anlagen. [3] Kommentar zur DIN VDE 105-100. VDE-Schriftenreihe, Band 13. Berlin/Offenbach: VDE-Verlag. Elektropraktiker, Berlin 57 (2003) 10 794 FÜR DIE PRAXIS Arbeitsschutz Neue Schutzabstände/Arbeitshöhe bei Bodenbearbeitung von Hand

Autor
  • N. Krause
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