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Elektrotechnik | Technische Gebäudeausrüstung

Inbetriebnahme alter elektrischer Heizgeräte

ep12/2010, 2 Seiten

Unsere Gemeinde hat einige Kirchenbänke von einer anderen Gemeinde geschenkt bekommen. Diese Bänke sind zwar nicht mehr ganz neu, aber von der Holzsubstanz noch ganz in Ordnung – das nur nebenbei. An der Unterseite der Sitzfläche dieser Bänke sind elektrische Heizungen in Rohrform montiert. Diese sollen eigentlich bei uns auch wieder zum Einsatz kommen, das heißt, sie sollen heizen. Ich habe gleich gesagt, dass ich die Heizungen zunächst überprüfen muss, um entscheiden zu können, ob man sie wieder in Betrieb nehmen kann. Nun ist mir aber schon bei der ersten, etwas genaueren Ansicht aufgefallen, dass die Rohre, in denen sich die eigentlichen Heizungen befinden, äußerlich gerostet sind. Außerdem, und das ist mein Hauptproblem, haben diese Heizungen weder einen Temperaturregler noch einen Temperaturbegrenzer und auch keinerlei Überhitzungsschutz eingebaut. Es fehlen auch jegliche Prüfkennzeichen, wie z. B. ein VDE-, GS- oder CE-Kennzeichen. Die Heizrohre haben jeweils in der Mitte der Bank einen "Anschlusskasten", in dem die beiden Heizstäbe mit einem etwa 1 m langen Anschlusskabel verbunden werden und an dessen äußerem Ende ein Schukostecker angebracht ist. Meiner Meinung nach kann ich diese Heizungen so nicht mehr in Betrieb nehmen – zum einen wegen der fehlenden Regelung bzw. dem nicht vorhandenen Überhitzungsschutz usw. aber auch wegen der fehlenden Prüfzeichen. Ist eine Inbetriebnahme dieser beschrieben Heizungen möglich und zulässig? Welche Normen/Vorschriften sind für diesen Anwendungsfall zu beachten?


Die speziellen Anforderungen an Raumheizgeräte, die insbesondere für den Hersteller solcher Betriebsmittel gelten, sind in DIN EN 60335-2-30 (VDE 0700-30) [1] festgelegt. Die Norm ist zusammen mit dem Teil 1 dieser Normenreihe [2] anzuwenden und behandelt die Sicherheit von Raumheizgeräten, deren Bemessungsspannung nicht mehr als 250 V für Einphasengeräte beträgt. Zum Anwendungsbereich gehören unter anderem auch Strahlungsheizgeräte und röhrenförmige Heizgeräte.
Spezielle Anforderungen für Heizgeräte, die unter Bänken bzw. Kirchenbänken befestigt werden, finden sich in den Abschnitten 7.12.1 „Aufschriften und Anweisungen“ und 11.8 „Erwärmung“.
In den Montageanweisungen des Herstellers muss unter anderem Folgendes festgelegt sein:
  • das Heizgerät ist zur Montage unter Bänken bestimmt, die befestigt sind,
  • der kleinste Abstand zwischen der Unterseite des Heizgerätes und dem Fußboden,
  • der kleinste Abstand zwischen den Oberflächen des Heizgerätes und der Vorderund Hinterkante der Bankunterseite, der mindestens 50 mm betragen muss.
Bezüglich der Erwärmung bestehen folgende Anforderungen:
  • Bei Heizgeräten, die zur Montage unter Kirchenbänken bestimmt sind, darf die Temperaturerhöhung von Oberflächen, die mit dem Prüfstab berührbar sind, 70 K nicht überschreiten.
Für die Temperaturbegrenzung ist nicht in allen Fällen ein Temperaturregler oder Überhitzungsschutz notwendig. Bei einer begrenzten Bemessungsleistung der Heizkörper und einer ausreichend großen Oberfläche ergibt sich eine Temperaturbegrenzung durch die Wärmeabgabe über die Oberfläche.
Ob die vorstehenden Bedingungen eingehalten sind und nach welcher Normenausgabe die angesprochenen Heizkörper gefertigt und geprüft wurden, lässt sich wahrscheinlich nur noch schwer nachvollziehen.
Bezüglich nicht vorhandener Konformitäts- und Prüfzeichen ist Folgendes festzustellen:
  • Ein VDE-Prüfzeichen oder ein GS-Zeichen müssen nicht zwingend vorhanden sein. Diese zeigen dem Anwender an, dass eine Prüfung der Heizkörper durch eine unabhängige Prüfstelle erfolgt ist, die mit den genannten Zeichen die Sicherheit der Geräte bestätigen.
  • Das CE-Zeichen bestätigt die Konformität mit den relevanten Europäischen Richtlinien und Normen. Es wird durch den Hersteller oder seinen Bevollmächtigten, z. B. einen Importeur, angebracht oder in einer Konformitätserklärung dokumentiert. Eine CE-Kennzeichnung muss gemäß der Niederspannungsrichtlinie [3] für alle elektrischen Betriebsmittel verwendet werden, die nach einer Übergangsfrist, spätestens aber ab dem 01.01.1997 in den Verkehr gebracht wurden.
Wenn die Heizkörper vor dem 01.01.1997 in den Verkehr gebracht, d. h. verkauft wurden, ist möglicherweise keine CE-Kennzeichnung vorhanden. Trotzdem müssen auch diese Heizgeräte den zum Zeitpunkt ihrer Herstellung geltenden Normen entsprechen.
Allgemeine normative Anforderungen an die Sicherheit. Natürlich sind bei der Errichtung und dem Betrieb von elektrischen Betriebs - mitteln die allgemeinen normativen Anforderungen an die Sicherheit zu beachten:
  • DIN VDE 0100-100 (VDE 0100-100) [4], Abschnitt 131.2 fordert zum Schutz gegen thermische Auswirkungen Folgendes: „Die elektrische Anlage muss so errichtet sein, dass die Gefahr einer Entzündung brennbarer Materialien infolge hoher Temperatur möglichst klein ist. Während des normalen Betriebs der elektrischen Betriebsmittel darf kein Risiko für Verbrennungen für Personen und Nutztiere bestehen.“
  • DIN VDE 0100-420 (VDE 0100-420) [5], Abschnitt 3 enthält die folgenden allgemeinen Anforderungen: „Personen, Nutztiere und Sachen sind gegen zu hohe Erwärmung zu schützen, die durch benachbarte elektrische Betriebsmittel verursacht werden können.“ Weiter heißt es im Abschnitt 5 von [5] zum Schutz gegen Verbrennungen: „Im Handbereich zugängliche elektrische Betriebsmittel dürfen keine Oberflächentemperaturen erreichen, die bei Personen Verbrennungen verursachen können.“
  • DIN VDE 0100-482 (VDE 0100-482) [6], Abschnitt 482.3 empfiehlt für die Räume oder Orte mit unersetzbaren Gütern von hohem Wert: „Für Heizgeräte gilt die Empfehlung, dass diese nicht auf brennbaren Unterlagen befestigt werden sollten.“
Fazit. Eine Wiederinbetriebnahme der beschriebenen Kirchenbankheizungen ist sicherlich als sehr problematisch anzusehen. Aus Sicht des Autors dieser Antwort kann davon nur abgeraten werden. Die Hauptgründe sind insbesondere darin zu sehen, dass nicht klar ist, ob die Heizkörper den zum Zeitpunkt der Herstellung bzw. des Inverkehrbringens geltenden Normen entsprochen haben und sich einem relativ schlechten äußeren Zustand befinden (angerostete Heizrohre). In jedem Fall wäre vor einer Wiederinbetriebnahme eine umfassende Prüfung nach DIN VDE 0701-0702 (VDE 0701-0702) [7] durchzuführen. Diese muss die Messung der maximalen Oberflächentemperatur nach [1] einschließen.
Wegen der verwendeten Steckvorrichtungen sind für die Stromkreise Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen mit einem Bemessungs-Differenzstrom IΔN ≤ 30 mA für den Fehler- und Zusatzschutz vorzusehen.

Quellen

DIN EN 60335-2-30 (VDE 0700-30):2010-08 Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke – Teil 2-30: Besondere Anforderungen für Raumheizgeräte.

DIN EN 60335-1 (VDE 0700-1):2010-11 Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke – Teil 1: Allgemeine Anforderungen.

Richtlinie 2006/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen – Niederspannungsrichtlinie.

DIN VDE 0100-100 (VDE 0100-100):2009-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 1: Allgemeine Grundsätze, Bestimmungen allgemeiner Merkmale, Begriffe.

DIN VDE 0100-420 (VDE 0100-420):1991-11 Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen bis 1000 V; Schutzmaßnahmen; Schutz gegen thermische Einflüsse.

DIN VDE 0100-482 (VDE 0100-482):2003-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4: Schutzmaßnahmen – Kapitel 48: Auswahl von Schutzmaßnahmen – Hauptabschnitt 482: Brandschutz bei besonderen Risiken oder Gefahren.

DIN VDE 0701-0702 (VDE 0701-0702):2008-06 Prüfung nach Instandsetzung, Änderung elektrischer Geräte – Wiederholungsprüfung elektrischer Geräte – Allgemeine Anforderungen für die elektrische Sicherheit.


Autor
  • W. Baade
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