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Schutzmaßnahmen | Kabel und Leitungen | Elektrotechnik

In der Praxis nicht bestanden - Drahtbrücke als Prüfmittel

ep4/2001, 1 Seite

Wie sagte der für die Ausbildung zuständige Geselle unserem

Leser (ep 11/2000, Seite 998)? An Stelle eines Prüfgeräts könne man die Wirksamkeit der Schutzmaßnahme und die Funktion des FI-Schutzschalters schneller und ebenso sicher mit einer Drahtbrücke prüfen. Gesagt getan, zwei Anschlüsse wurden überbrückt (Bild ) und schon war die Prüfung beendet.


Gedankenlose und oberflächliche Prüfung Es gibt manchen „Strippenzieher“, der meint, eine Prüfung einsparen oder durch eigene Schnellkontrollen ersetzen zu können. Als Elektrofachkraft kann er nicht gelten, denn er verfügt weder über „ ... ausreichende Kenntnisse ... “ noch ist er in der Lage „ ...mögliche Gefahren zu erkennen ...“. Bedenkenswert ist auch, dass diese Pfuscher von ihren Vorgesetzten offensichtlich nicht ausreichend kontrolliert werden. Vielleicht ist auch der Chef - die letztlich auch für derartige mangelhafte Prüfung zuständige verantwortliche Elektrofachkraft - nicht ausreichend informiert und/oder toleriert derartige Abweichungen von den Normen ganz bewusst. Eine möglicherweise verhängnisvolle Unterlassungsünde. Es wird auf diese Weise dem Auftraggeber eine ungeprüfte und vielleicht fehlerhafte Anlage übergeben. Tafel zeigt, welche Unterschiede zwischen den Ergebnissen · der Prüfung der Schutzmaßnahme und des FI-Schutzschalters mit einem vorgeschriebenen normgerechten Prüfgerät und · der nicht fachgerechten und gefährlichen Auslösung des FI-Schutzschalters mit dieser „Drahtbrücke“ liegen. Mängel und Fehler Mit etwas nachdenken kann jeder schnell feststellen, dass es völlig sinnlos, dumm und leichtsinnig ist, auf diese Weise zu „prüfen“. · Die Prüfung mit einem normgerechten Prüfgerät, das an eine Steckdose angesteckt wird, dauert auch nicht länger, als das Anlegen der Drahtbrücke. Allerdings muss es mitgebracht werden, während ein Stückchen Draht überall herumliegt. · Weder die Wirksamkeit der Schutzmaßnahme (Fehler- bzw. Zusatzschutz) noch die ordnungsgemäße Schutzfunktion des FI-Schutzschalters werden mit diesem „Drahtbrückentest“ nachgewiesen (Tafel ). · Es wird auf wesentliche Informationen über den Zustand der Anlage verzichtet (Ableit- oder Fehlerströme, Isolationsfehler, Zustand Schutzleiter), sodass eine gesicherte Beurteilung gar nicht möglich wird. Die Unterschrift unter ein Prüfprotokoll mit der Aussage „Prüfung nach DIN VDE 0100 Teil 610 bestanden“ wäre eine glatte Lüge. · Erfährt der Auftraggeber von dieser Art der Prüfung, kann er den Errichter wegen nicht normgerechter Arbeit die Zahlung verweigern und gegebenenfalls Schadenersatz verlangen. · Es kommt zwangsläufig zu Personengefährdungen aufgrund der folgenden Ursachen. Prüfmittel ohne ausreichenden Berührungsschutz. Das Hantieren mit der Drahtbrücke, die ja nur die Basisisolierung aufweist, ist ein Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile. Eigentlich ist es schon ein Arbeiten unter Spannung. Große Fehlerströme (auf dem Schutzleiter und/oder den PA-Leitern). Sie können zu Funken, Bränden sowie zu Störungen an elektronischen Geräten führen. Mit der Folge, dass Sach- und Personenschäden, der Ausfall von Sicherheitseinrichtungen usw. auftreten können. Berührungsspannung über 50 V. Sie können die Durchströmungen von Personen und Nutztieren sowie ein Erschrecken mit Folgeunfällen bewirken. Lichtbogen. Er entsteht besonders dann, wenn der FI-Schutzschalter oder die vorgeordnete Überstrom-Schutzeinrichtung defekt ist. · Schließlich muss man den Benutzer einer Drahtbrücke fragen, warum er nicht lieber die Prüftaste des FI-Schutzschalters betätigt. Damit wird der gleiche Effekt erzielt wie mit dem Prüfmonster, nur schneller, sicherer und aussagekräftiger (Tafel ). Bei einer „Prüfung mit der Drahtbrücke“ ist das Verbinden der einzelnen Pole nicht geregelt. So kann beispielsweise nach dem Auslösen des FI-Schutzschalters die Drahtbrücke und der gesamte Stromkreis hinter dem FI-Schutzschalter das Potential des Außenleiters führen und zur Gefahrenquelle werden (Bild ). Wurden auf Grund der oberflächlichen Prüfung Fehler im nachgeschalteten Stromkreis übersehen, so kann das zu Folgeunfällen führen. Beispielsweise wären in einem Großrinderstall oder - eine Schreckensvision - im Waschraum eines Kindergartens zu große Berührungsspannungen möglich. Fazit Solche „Vereinfachungen“ der vorgegebenen und weitgehend sicheren Arbeitsmethoden, wie sie hier mit der Drahtbrücke praktiziert werden, sind eigentlich schon kriminell. Wer Derartiges nutzt, und nicht darüber nachdenkt, welchen fachlichen Unsinn er propagiert und welche bösen Folgen möglich sind, der ist entweder wirklich dumm oder handelt bewusst fahrlässig. Den Herren mit der Drahtbrücke müssen wir Prüfverbot erteilen. Wer das Errichten und Prüfen von elektrische Anlagen zu verantworten hat, also auch jeder Chef eines Elektrofachbetriebs, muss dafür sorgen, dass seine Prüfer in dieser Hinsicht informiert und kontrolliert werden. Eine Unterweisung zu diesem Thema sollte überall auf der Tagesordnung stehen. K. Bödeker Elektropraktiker, Berlin 55 (2001) 4 330 Report Antworten auf Lesermeinungen zum Beitrag im ep 7/2000, S. 615 In der Praxis nicht bestanden - Drahtbrücke als Prüfmittel Wie sagte der für die Ausbildung zuständige Geselle unserem Leser (ep 11/2000, Seite 998)? An Stelle eines Prüfgeräts könne man die Wirksamkeit der Schutzmaßnahme und die Funktion des FI-Schutzschalters schneller und ebenso sicher mit einer Drahtbrücke prüfen. Gesagt getan, zwei Anschlüsse wurden überbrückt (Bild ) und schon war die Prüfung beendet. Geprüfte Funktion des FI-Schutzschalters: Angewandte Auslösen bei Wert des Auslösen bei Vorhandensein Prüfmethode/ widerstandslosen hochohmigen Nenn- Auslöse- von Isolations- des Prüfgerät Isolationsfehlers Isolationsfehlers fehler- stroms fehlern in der Schutzstroms Anlage leiters ja ja ja ja ja ja Prüfgerät nach DIN VDE 0404 ja ja bedingt nein nein nein Prüftaste des FI-Schutzschalter ja nein nein nein nein ja Drahtbrücke 1 L-PE ja nein nein nein nein nein Drahtbrücke 2 L-PA ja nein nein nein nein nein Drahtbrücke 3 L-N nicht sicher nein nein nein nein nicht sicher Drahtbrücke 4 N-PE Gefährdungen durch den Einsatz einer Drahtbrücke Einsatzorte 1, 2, 3: widerstandsloser Kurzschluss, Auslösestrom etwa 200 A; Einsatzort 4: Auslösung durch die Stromdifferenz, die durch den teilweise über den PE abfließenden Laststrom entsteht Einsatzort 2: Stromfluss über das PA-System der Anlage; Einsatzort 3: Drahtbrücke und der gesamte Stromkreis führen nach dem Auslösen des FI-Schutzschalters das Potential des Außenleiters PEN L N Tafel Vergleich der verschiedenen Prüfmethoden, mit denen die Schutzfunktion eines FI-Schutzschalters festgestellt wird

Autor
  • K. Bödeker
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