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Elektrotechnik | Brand- und Explosionsschutz

Ex-Mobiltelefone auf Baustellen einsetzen

ep11/2010, 2 Seiten

Ex-Anlagen müssen regelmäßig durch Sachverständige geprüft werden. Wie aber sieht es mit explosionsgeschützten Mobiltelefonen aus? Diese Mobiltelefone (II 2G EEx ib IIc T4, ZELM 02 ATEX 0107) werden bei uns täglich sowohl in Zone 2 als auch in Zone 1 GAS eingesetzt. Sie werden in unserem Unternehmen u. a. von Instandhaltern auf den Baustellen genutzt und sind dabei teilweise rauen Bedingungen ausgesetzt. Der Hersteller empfiehlt auf Rückfrage lediglich, die Telefone alle zwei Jahre überprüfen zu lassen und weißt darauf hin, dass bei eventuellen Beschädigungen der Ex-Schutz erlischt. Letztlich überlässt er uns die Entscheidung, ob und wann wir das Handy zur Überprüfung schicken. Ist das Verhalten des Herstellers vertretbar? Was ist bezüglich der Prüfung zu empfehlen?


Wie der Anfragende wohl selbst bereits festgestellt hat, ist seinem Problem mit den allgemeingültigen Normativen – also BGV A3, BGI 608, Normenreihen VDE 0165 und VDE 0170 usw. – allein nicht beizukommen. Vor allem bezüglich der Aussagekraft der Gerätedokumentationen bezogen auf die in der Frage geschilderten Einsatzfälle gibt es m. E. Klärungsbedarf.
Persönliche Meinung des Autors zu dem beschriebenen Einsatzfall:
1. Der § 4 (2), BetrSichV [1] legt als Anforderung für die Bereitstellung und Nutzung der Arbeitsmittel u. a. fest, dass die Maßnahmen dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 von [1] und dem Stand der Technik entsprechen müssen. Der Betreiber hat demzufolge seine Arbeitsmittel
  • so auszuwählen, dass sie den konkreten betrieblichen Anforderungen und dem Stand der Technik entsprechen, und
  • so zu betreiben, dass die vorschriftsmäßige Gerätebeschaffenheit gewährleistet bleibt.
Das gilt immer, nicht nur für Ex-Geräte.
2. Der Hersteller darf gemäß 11. GPSGV [2] (Explosionsschutzverordnung) nur ATEX-gerechte Geräte in Verkehr bringen. Dazu muss er dem Kunden (Betreiber) darüber informieren, welche Maßnahmen er für notwendig erachtet, um die Gerätesicherheit auf Dauer zu gewährleisten.
3. Maßgebend für den Betreiber sind die Festlegungen in der EG-Betriebsanleitung des Gerätes (Sicherheitshinweise). Enthält die Betriebsanleitung zu einsatzwesentlichen Fakten keine oder unzureichende Angaben, dann ergeben sich zwei mögliche Schlüsse:
  • Das Gerät entspricht den konkreten betrieblichen Erfordernissen nicht oder nur teilweise. In diesem Fall ist ein anderes Gerät erforderlich oder die Einsatzbedingung sind anzupassen.
  • Die Betriebsanleitung entspricht nicht den Erfordernissen gemäß RL 94/9/EG [3], Anhang II, Abschn. 1.0.6. Dann muss der Hersteller die Lücken schließen.
4. Übermittelt der Hersteller auf konkrete Anfrage keine ergänzenden Sicherheitshinweise (z. B. zum Turnus der Wiederholungsprüfung), dann bestätigt er damit, dass er die Gerätesicherheit unter den konkret angefragten Betriebsbedingungen für ausreichend erachtet. Nach dem Studium der Dokumente, die zu dem in der Frage beschriebenen, schon etwas älteren Ex-Mobiltelefon (Version 04) im Internet abrufbar sind, habe ich bei den Punkten 3 und 4 einige Zweifel – besonders, wenn man sich die entsprechenden Dokumente zu dem aktuellen Ex-Mobiltelefon (Version 06) des gleichen Herstellers zum Vergleich heranzieht. Gemäß BetrSichV [1] ist die Wiederholungsprüfung von einer „befähigten Person“ (TRBS 1203 [4]) vorzunehmen. Allerdings scheint es solche „befähigten Personen“ leider nur bei dem Hersteller dieses Mobiltelefons zu geben – jedenfalls konnte ich sonst Niemanden ermitteln.
Ratschlag des Autors: Dem Anfragenden empfehle ich, die etwas älteren Mobiltelefone (Version 04) auch wegen des alten Standes der Technik (Ex-Normenreihe 50000) beiseite zu legen oder sie nur in weniger kritischen Bereichen zu verwenden, wenn der Bestandsschutz vom Gerätezustand her noch greift.

Quellen

Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) vom 27. September 2002 (BGBl. I S. 3777), zuletzt geändert durch Artikel 8 der Verordnung vom 18. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2768).

11. GPSGV – Elfte Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (Explosionsschutzverordnung) vom 12. Dezember 1996 (BGBl. I S. 1914); zuletzt geändert durch Artikel 18 des Gesetzes vom 6. Januar 2004 (BGBl. I S. 2).

Richtlinie 94/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. März 1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten fu?r Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen.

TRBS 1203 Befähigte Personen vom 12. Mai 2010.


Autor
  • J. Pester
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