Regenerative/Alternative Energien
Einstieg in die Photovoltaik
ep10/2004, 3 Seiten
Entwicklung des EEGs Herr Fischer lässt sich durch Elektromeister Ohm über das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und dessen Einspeisevergütungen beraten. Das erste EEG trat am 1.4.2000 in Kraft und regelte seither Abnahme und Vergütung von ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen gewonnenem Strom. Nach dem Ende des 100 000-Dächer-Solarstrom-Programm, wurde zum Jahresbeginn 2004 ein Photovoltaik-Vorschaltgesetz in Kraft gesetzt, welches bis zur Novelle des EEGs erhöhte Einspeisevergütung als Ausgleich für das 100 000-Dächer-Solarstrom-Programm gewährleistete. Seit dem 1. August 2004 ist das fortentwickelte EEG mit der Verkündung im Bundesgesetzblatt (BGBl. I, S. 1918 ff) in Kraft. Herr Fischer zieht eine PV-Anlage für seine Firma in Erwägung. Nach dem neuen EEG kann er hier eine Einspeisevergütung von 54,6 ct/kWh (für Anlagen von 30 bis 100 kWp) erzielen. Oskar projektiert die PV-Anlage mit der neuerschienenen Software „Insolar 3“ und ermittelt eine Anlagenleistung von 35 kWp. Aufgrund der großen Nachfrage gibt es zzt. Lieferengpässe und erhöhte Anlagenpreise. Konnte man Anfang 2004 zum Teil noch Anlagen für weniger als 3 800 Euro pro Kilowatt Spitzenleistung (/kWp) einschließlich Montage erwerben, sind heute Preise von rund 4 700 bis 5 000 /kWp keine Seltenheit mehr, je nach Anlagengröße und Ausstattung. Verkaufsgespräch vorbereiten Es stellt sich die Frage, ob der Einstieg in die Photovoltaik lohnt und inwieweit sich die Senkung der Einspeisevergütung um 5 % im Jahr 2005 (Degression nach dem EEG) auf die Wirtschaftlichkeit der Anlage auswirkt. So kann sich beispielsweise eine spätere Inbetriebnahme bei günstigerem Kaufpreis mehr lohnen, als ein überhasteter Kauf zu hohen Preisen. Andererseits kann auch ein schneller Entschluss bei passenden Konditionen Vorteile bringen. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung muss immer auf den Einzelfall abheben und diesen im Kontext der Rahmenbedingungen analysieren. Oskar hat sich auf diese Frage vorbereitet und schildert Herrn Fischer seine Überlegungen zur Preisentwicklung und zum optimalen Termin der Inbetriebnahme. Mit einem Berechnungstool kann er dem Kunden verdeutlichen, wie sich der Netzanschluss im laufenden und im kommenden Jahr auswirken kann und welche Renditen zu erwarten sind. Richtigen Zeitpunkt wählen Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme wirkt sich deutlich auf die Wirtschaftlichkeit der Anlagen aus. Nach dem EEG profitieren Solarstromanlagen über einen Zeitraum von 20 vollen Jahren zuzüglich dem Jahr der Inbetriebnahme (EEG vom 1.8.2004). Je länger die Anlage im Jahr der Inbetriebnahme läuft, um so rentabler ist daher die Investition. Es gilt, die sonnenstarken Monate auszunutzen (Bild ). Neben dem sonnenreichen Sommer bringen auch die lichtintensiven Monate im Frühjahr hohe Erträge, da sich bei niedriger Umgebungstemperatur ein höherer Wirkungsgrad erzielen lässt. Die tendenziell zunehmende Sonnenscheindauer kommt noch hinzu. Oskar versteht die Sorgen seiner Kundschaft, aber an den Lieferzeiten und hohen PV-Modul-Preisen kann er jedoch nichts ändern. Zudem wird Elektropraktiker, Berlin 58 (2004) 10 Einstieg in die Photovoltaik In dieser Beitragsserie werden die Kompetenzen eines modernen Elektrobetriebes dargestellt. Am Beispiel einer Badsanierung bei Familie Fischer löste der „EP-Serienheld“ - Oskar Ohm - vielfältige Aufgaben. Die Meldungen in den Medien über die neue Photovoltaik-Einspeisevergütung machten Herrn Fischer neugierig, ob sich der Einbau einer PV-Anlage auch auf dem Dach seiner Firma lohnt? ELEKTRO PRAKTIKER MEISTERWISSEN Autoren Rainer Weng ist Geschäftsführer der RWC Wirtschaftsberatung mit Sitz in Augsburg und Autor der PV-Wirtschaftlichkeitsberechnung „PV-Kalk“. Jörg Veit ist Unternehmensbereichsleiter des etz-Stuttgart und Leiter des Solarenergie Zentrums der Region Stuttgart. vielfach angenommen, eine im Spätherbst installierte Anlage rechne sich aufgrund der höheren Vergütung und der fehlenden Degression deutlich besser als eine Anlage, die erst im Januar an das Netz geht. Künftige Preisentwicklung Der wesentliche Gesichtspunkt für eine Kaufentscheidung bei den aktuell hohen Preisen ist die Unsicherheit des Marktes hinsichtlich der Preisentwicklung im Herbst und Winter. Während die Preise in den letzten Jahren in den Wintermonaten deutlich unter den Frühjahrspreisen lagen, ist eine Aussage für den Jahreswechsel 2004/05 aufgrund der hohen Nachfrage sehr spekulativ. Einerseits hörte Oskar, dass sich Modulhersteller eine Preissenkung für Anlagen mit Liefertermin im Jahr 2005 gut vorstellen könnten. Von anderer Seite wird jedoch entgegnet, dass zwar der Ansturm auf Module in Deutschland leicht zurückgehen werde, die Nachfrage in weiteren europäischen Staaten wie Spanien oder Italien jedoch aufgrund neuer Bestimmungen anziehen würde, so dass sich die gesamteuropäische Nachfrage auf hohem Niveau einpendeln wird. Dies lässt vermuten, dass die Preise auch auf Dauer hoch bleiben könnten. Anlagenqualität ist entscheidend Neben den finanziellen Aspekten wird die Technik oft vernachlässigt. Vielfach wird nur über den Preis verhandelt, die Qualität der installierten Module, Wechselrichter und Montagegestelle bleibt nicht selten außer Acht. Eine hochwertige Anlage ist jedoch die Grundvoraussetzung für einen möglichst effizienten Betrieb über die Vertragslaufzeit von 20 beziehungsweise 21 Jahren. Zeitpunkt der Inbetriebnahme Die Auswirkungen des Zeitpunkts der Inbetriebnahme werden von Oskar exakt analysiert. Er gibt in sein Berechnungsprogramm die entsprechenden Parameter ein (siehe Infokasten). Die Rechnung, die Oskar mit Hilfe der PV-Kalkulationssoftware „PV-Kalk“ erstellt, zeigt, dass die addierten Rückflüsse für Mitte Januar 2005 installierte Anlagen rund 150 bis 190 unter jenen der Mitte November 2004 an das Netz angeschlossenen Anlagen liegen würden. Grenzkosten für frühere Inbetriebnahme. Die genannte Differenz bei einer früheren Inbetriebnahme darf jedoch keinesfalls als der Betrag angesehen werden, welcher eine Mitte November 2004 in Betrieb genommene Anlage mehr kosten dürfte als eine Anlage, die im Januar 2005 an das Netz geht, warnt Oskar. Die Differenz stellt lediglich die Summe der im Lauf der Vergütungsdauer von 20 Jahren generierten Mehrzahlungen dar. Für die jährliche Verzinsung des eigenen Kapitals, und somit auch für die möglichen höheren Entnahmen, muss ein angemessener Zinssatz unterstellt werden. Im Beispiel wurde ein Marktzins von 4 % über die Laufzeit angesetzt. Der sich ergebende Barwertvorteil (Summe der abgezinsten Mehrerträge) stellt somit die Grenzkosten dar, die eine Anlage bei früherer Elektropraktiker, Berlin 58 (2004) 10 806 BETRIEBSFÜHRUNG Zeitpunkt der Inbetriebnahme 01/04 04/04 07/04 08/04 01/05 04/05 07/05 10/05 4500 3500 3000 2500 2000 1500 3800 /kWp 4000 /kWp 4200 /kWp 4400 /kWp 4600 /kWp 4800 /kWp 5000 /kWp 5200 /kWp Liquiditätsüberschuss pro kWp nach Abzug Eigenkapital Ausgangsdaten für das Beispiel Eine Beispielkalkulation kann mit der kostenlosen Demoversion von PV-Kalk 4.15 durchgeführt werden: www.rw-c.de/downloads.htm Berechnungsbasis: 35-kWp-Anlage Baukosten: Abhängig von der Ausführung, je kWp Liquiditätsüberschuss: Vergleichsgröße: Liquiditätsüberschuss pro Kilowatt installierter Anlagenleistung (kWp). Der Überschuss umfasst die gesamten möglichen Entnahmen aus der Investition während der vollen zugesicherten Vergütungsdauer. Dieser Liquiditätsüberschuss stellt damit den Stand des Kapitalkontos dar, wenn keine Entnahmen erfolgen und das Konto nicht verzinst würde. Vergütungsdauer: 20 bis 21 Jahre Eigenkapital: 30 % der Baukosten Darlehen: 70 % der Baukosten Zinsen: 3,85 % Nominalzins des KfW-Umweltprogramms (Stand 5.9.2004) bei 10-jähriger Laufzeit und zwei tilgungsfreien Jahren bei 96%-iger Auszahlung. Jahresstromertrag: 920 kWh pro installiertem Kilowatt Leistung (kWh/kWp) Vergütung: 54,6 ct/ kWh (für Anlagen von 30 bis 100 kWp) Leistungsminderung: 0,75 % Weitere Kosten: Versicherung, Wartung, Zählermiete, sonstige Kosten und Reparaturen wurden im üblichen Rahmen und vor dem Hintergrund einer jährlichen Inflationsrate von 1,5 % einbezogen. Rendite von PV-Anlagen in Abhängigkeit von Installationszeitpunkten und Kosten Leistung Monat 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 Verteilung der Jahresstromerträge Interner Zins Baukosten /kW Interner Zins bei Inbetriebnahme im November 2004 Inbetriebnahme mehr kosten darf als bei späterer Inbetriebnahme (Tafel ). Anzumerken ist, dass die Unterschiede zu einer früheren Inbetriebnahme bei Betrachtung der gesamten Liquiditätsüberschüsse und bei steigenden Baukosten deutlich steigen, während der Barwertvorteil bei höherem Kaufpreis stark rückläufig ist. Dies ist darin begründet, dass sich bei höheren Kosten die gesamte Kapitalverzinsung stark dem Marktzins annähert (im Beispiel 4 %). Der Barwert der gesamten Anlage geht also gegen Null. Es wird zwar ein Kapitalüberschuss erzielt, jedoch muss bei der unterstellten Finanzierung über 10 Jahre in diesen Jahren viel Geld zugeschossen werden, um die Tilgung bis zum zehnten Jahr zu finanzieren. Diese anfänglichen Zuzahlungen müssen finanziert werden und belasten den Barwert. Kapitalverzinsung Der zu erzielende Liquiditätsrückfluss lässt zwar erste Hinweise auf einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlage zu, erlaubt aber noch keine konkrete Aussage über die Rendite des eingesetzten Kapitals. Herrn Fischer stellt sich momentan die Frage, ob bei den gestiegenen Anlagenpreisen noch ausreichend hohe Renditen erzielt werden. Diese Frage kann Oskar nicht generell mit ja beantworten. Doch die meisten Investitionen sind in Lagen wie bei den Fischers wirtschaftlich sinnvoll - auch wenn sich nicht mehr die hohen Renditen vom Anfang des Jahres erwirtschaften lassen. Die Wahl der Finanzierung und damit die Zeitpunkte von Tilgungen und Entnahmen sind wesentliche Treiber für die eigentliche Eigenkapitalverzinsung. Entnahmen am Ende des Zeitraums sind dabei in der Regel weniger vorteilhaft als zu Beginn. Die Kennzahl des „internen Zinsfußes“ wird meist für die Rentabilität langfristiger Investitionen verwendet. Sie lässt Rückschlüsse auf die gesamte Kapitalverzinsung zu. Bei einer Inbetriebnahme vor dem Jahreswechsel und Baukosten von 4600 /kWp sowie der unterstellten Finanzierung mit 30 % Eigenkapital ergibt sich beispielsweise bei einem durchschnittlichen Jahresertrag von 920 kWh/ kWp ein interner Zins auf das eingesetzte Eigenkapital von etwa 10 % (Bild ). Beratungsgespräch abschließen Elektromeister Ohm veranschaulicht mit seiner Software, dass eine exakt auf die Situation abgestimmte Investitionsentscheidung schon bei relativ kleinen Anlagen einige tausend Euro mehr erwirtschaften kann. Zum Ende der Beratung weist Oskar noch auf den bisher unterbewerteten Umweltaspekt hin (Erhalt der Umwelt und nachhaltiger Umgang mit Energie). Ein Aspekt, der sich auch in den Unternehmensleitlinien der Fa. Fischer wiederfindet. Herr Fischer ist beeindruckt von dieser professionellen Beratungsdienstleistung und der hohen Kompetenz des Fachbetriebs für Gebäudetechnik von Oskar Ohm. Fazit Eine individuelle Kalkulation, die genau auf den Standort, die Kosten, die Finanzierung und die Beschaffung der PV-Anlage ausgerichtet ist, optimiert die Wirtschaftlichkeit. Eine generelle Aussage, ob und wann investiert werden sollte, ist nicht möglich. BETRIEBSFÜHRUNG Tafel Barwertvorteile und Liquiditätsrückflüsse in Abhängigkeit der Baukosten und im Unterschied zum Inbetriebnahmetermin November 2004 November 2004 Januar 2005 März 2005 Baukosten Liquiditäts Barwert- Liquiditäts- Barwertrückflüsse vorteile rückflüsse vorteile in Euro/kWp in Euro in Euro in Euro in Euro 3 800 155 83 191 102 4 000 160 82 194 99 4 200 165 80 199 97 4 400 170 78 203 93 4 600 176 74 207 88 4 800 180 69 211 81 5 000 186 62 215 72 5 200 190 52 219 60
Autor
- R. Wenig
Downloads
Laden Sie diesen Artikel herunterTop Fachartikel
In den letzten 7 Tagen:
Sie haben eine Fachfrage?