Elektrotechnik
Eigenerzeugungs- und Notstromanlagen am VNB-Netz
ep4/2006, 6 Seiten
Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 4 306 FÜR DIE PRAXIS Energieversorgung Einleitung Neben der Stromentnahme aus dem öffentlichen Netz haben Kunden von Energieversorgungsunternehmen die Möglichkeit, Energie selbst zu erzeugen. Die Technischen Anschlussbedingungen TAB 2000 (Bundesmusterwortlaut) unterscheiden dabei zwischen „Eigenerzeugungsanlagen im Parallelbetrieb mit dem Niederspannungsnetz des Verteilungsnetzbetreibers (VNB)“ und „Notstromaggregaten zur Sicherstellung des Elektrizitätsbedarfs bei Aussetzung der öffentlichen Versorgung“. Diese zwei Betriebsarten basieren auf unterschiedlichen gesetzlichen Vorgaben. 1.1 Eigenerzeugungsanlagen Tarifkunden von Energieversorgungsunternehmen sind verpflichtet, ihren gesamten Elektrizitätsbedarf aus dem öffentlichen Stromnetz zu decken. Es gibt jedoch Sonderfälle, die in der „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden (AVBElt V)“ in § 3 Abs. 1 eindeutig benannt sind: „Ausgenommen ist die Bedarfsdeckung durch Eigenanlagen zur Nutzung regenerativer Energiequellen.“ Einen beträchtlichen Bedeutungszuwachs bekamen Eigenerzeugungsanlagen im Juli 2004 mit dem In-Kraft-Treten des EEG (Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien). Es regelt „den vorrangigen Anschluss von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien und aus Grubengas“ sowie „die vorrangige Abnahme, Übertragung und Vergütung des Stroms durch die Netzbetreiber“. Diese Auflagen gelten für Netzbetreiber auch dann, wenn sie dafür ihr Netz ausbauen müssen, allerdings nur, soweit solche Ausbauten „wirtschaftlich zumutbar“ sind. Der Gesetzgeber verpflichtet die Netzbetreiber außerdem, den eingespeisten Strom in festgelegter Höhe über einen festgelegten Zeitraum zu vergüten. Höhe und Dauer der Vergütung sind je nach Leistung und Energieträger unterschiedlich hoch. Erneuerbare Energien nach dem EEG vom 21. Juli 2004 sind: · Wasserkraft einschließlich der Wellen-, Gezeiten-, Salzgradienten- und Strömungsenergie · Windenergie · Solare Strahlungsenergie · Geothermie · Energie aus Biomasse einschließlich Biogas, Deponiegas und Klärgas sowie aus dem biologisch abbaubaren Anteil von Abfällen aus Haushalten und Industrie. 1.2 Notstromaggregate Die AVBElt V erlaubt Eigenanlagen zur Stromerzeugung nicht nur beim Einsatz Erneuerbarer Energien, sondern auch bei „Eigenanlagen (Notstromaggregate), die ausschließlich der Sicherstellung des Elektrizitätsbedarfs bei Aussetzen der öffentlichen Versorgung dienen.“ Gefordert werden Notstromaggregate beispielsweise in Krankenhäusern. Grundlagen sind die Bauverordnungen der Länder und Normen wie beispielsweise DIN VDE 0100-710 (für medizinisch genutzte Räume). 1.3 Technische Anschlussbedingungen Die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Energieversorgungsunternehmen beziehungsweise dem Verteilungsnetzbetreiber (VNB) und seinen Tarifkunden sind in den Technischen Anschlussbedingungen (TAB 2000) geregelt. Ihnen liegt die ministerielle „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Eigenerzeugungs- und Notstromanlagen am VNB-Netz Die Einspeisung und Vergütung von Strom aus Erneuerbaren Energien hat dazu geführt, dass Elektroinstallateure sich immer häufiger mit so genannten Eigenerzeugungsanlagen befassen müssen. Sie sind nicht zu verwechseln mit Notstromaggregaten. Für beide haben der VDEW und der VDN je eine Richtlinie herausgegeben, die für den Anschluss und Betrieb dieser Anlagen von großer Bedeutung sind. Tafel Erforderliche Schutzeinrichtungen bei Anlagen mit ,,Schaltstelle mit Trennfunktion“ einphasige dreiphasige Einspeisung Einspeisung Nennscheinleistung Nennscheinleistung 30 kVA 4,6 kVA bei Nennscheinleistung > 30 kVA ist keine ENS zugelassen Wechselrichter Wechselrichter Synchrongenerator Asynchrongenerator einphasige ENS dreiphasige ENS dreiphasige ENS dreiphasige ENS oder oder oder oder einphasiger dreiphasiger einphasiger dreiphasiger Spannungs- Spannungssteigerungs- Spannungssteigerungs- Spannungssteigerungssteigerungs- und -rückgangsschutz, schutz, dreiphasiger und -rückgangsschutz, und -rückgangs- gemessen zwischen Spannungsrückgangs- gemessen zwischen schutz, gemessen Außen- und Neutral- schutz, gemessen Außen- und Neutralleiter, zwischen leiter, ggf. Vektor- zwischen Außen- und einphasiger Frequenz-Außen- und oder Lastsprung- Neutralleiter, steigerungs- und -rück-Neutralleiter relais ergänzen einphasiger Frequenz- gangsschutz, ggf. Vektorsteigerungs- und -rück- oder Lastsprungrelais gangsschutz, ggf. ergänzen Vektor- oder Lastsprungrelais ergänzen Anmerkung: Schutzeinrichtungen nach 2.1.2, 2.4.2, 2.4.2.1 und 2.4.2.2 Tafel Erforderliche Schutzeinrichtungen bei Anlagen ohne „Schaltstelle mit Trennfunktion“ einphasige Einspeisung dreiphasige Einspeisung Nennscheinleistung Nennscheinleistung 30 kVA 4,6 kVA Nennscheinleistung > 30 kVA nicht zulässig Wechselrichter, Wechselrichter, Synchron- und Wechselrichter Synchron- und nicht insel- insel- Asynchron- Asynchronbetriebsfähig betriebsfähig generator generator einphasige einphasige einphasige dreiphasige dreiphasige ENS ENS ENS ENS ENS oder dreiphasiger Spannungsrückgangsschutz, gemessen Außenleiter gegen Außenleiter, einphasiger Spannungssteigerungsschutz, gemessen zwischen Außen-und Neutralleiter Anmerkung: Schutzeinrichtungen nach 2.1.2, 2.4.2, 2.4.2.1 und 2.4.2.2 EP0406-306-311 21.03.2006 16:07 Uhr Seite 306 Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden" (AVBElt V) zugrunde. Die TAB definieren insbesondere die Handlungspflichten des VNB, des Errichters, des Planers sowie des Anschlussnehmers und Betreibers. Teil der TAB sind - wie schon angedeutet - die VDEW-Richtlinien „Eigenerzeugungsanlagen im Parallelbetrieb mit dem Niederspannungsnetz des Verteilungsnetzbetreibers (VNB), 4. Ausgabe 2001“ und „Notstromaggregate zur Sicherstellung des Elektrizitätsbedarfs bei Aussetzung der öffentlichen Versorgung, Ausgabe August 2004“. Eigenerzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz 2.1 Ausführung Oberste Verpflichtung des VNB ist es, unzulässige Rückwirkungen von Eigenerzeugungsanlagen auf das Netz oder auf andere Kundenanlagen sicher auszuschließen. Deshalb verlangt er von seinen Tarifkunden - neben der Einhaltung aller gesetzlichen und behördlichen Vorschriften, aller Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften und aller relevanten DIN- und DIN-VDE-Normen - die Beachtung einiger zusätzlicher technischer Anschlussbedingungen. Will der Kunde eine Eigenerzeugungsanlage betreiben, ist eine vorherige Absprache mit dem VNB zwingend erforderlich. Er legt den Einspeisepunkt fest. Bei kleineren Leistungen wird in das Niederspannungsnetz eingespeist, wobei Erzeugungsanlagen bis zu einer Nennscheinleistung von 4,6 kVA einphasig und darüber hinaus dreiphasig anzuschließen sind. Die maximal zulässige Einspeiseleistung hängt in hohem Maße von den elektrischen Daten des Verknüpfungspunktes ab. Der Anschluss hat über eine dem Personal des VNB „jederzeit zugänglichen Schaltstelle“ mit Trennerfunktion zu erfolgen (Tafel ). Der VNB kann auf eine solche Schaltstelle verzichten, wenn stattdessen eine „Einrichtung zur Netzüberwachung mit jeweils zugeordnetem Schaltorgan in Reihe“ (ENS) mit Prüfzertifikat als Sicherheitseinrichtung installiert wird (Tafel ). Sie kann auch entfallen, wenn der Hausanschlusskasten uneingeschränkt zugänglich ist (Abschnitt 2.1.2 der genannten VDEW-Richtlinie). Ein weiterer Punkt sind die erforderlichen Messgeräte. Art und Anzahl richten sich nach den Vertragsverhältnissen. Eine enge Zusammenarbeit mit dem VNB ist also auch hier unumgänglich. Eine wichtige Komponente einer Eigenerzeugungsanlage ist der Kuppelschalter. Er verbindet die Eigenerzeugungsanlage mit dem Niederspannungsnetz oder mit der übrigen Kundenanlage. Er muss für den am Einbauort auftretenden maximalen Kurzschlussstrom ausgelegt sein und bei Spannungsabweichungen sowie Frequenzänderungen die Anlage si- Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 4 307 Energieversorgung FÜR DIE PRAXIS Tafel Schutzfunktionen, die auf den Kuppelschalter wirken, und Einstellbereiche (VDEW-Richtlinie für Anschluss und Parallelbetrieb von Eigenerzeugungsanlagen in Niederspannungsnetzen, 4. Ausgabe 2001) Funktion Einstellbereich Spannungsrückgangsschutz bis 70 % der Nennspannung (gemessen Außenleiter gegen Neutralleiter) Spannungssteigerungsschutz bis 115 % der Nennspannung (gemessen Außenleiter gegen Neutralleiter) Frequenzrückgangsschutz 50 bis 47 Hz Frequenzsteigerungsschutz 50 bis 52 Hz EP0406-306-311 21.03.2006 16:07 Uhr Seite 307 cher abschalten können. Die Richtlinie sagt dazu: „Art und Umfang der Entkopplungsschutzeinrichtungen und die Schutzparameter sind mit dem VNB abzustimmen“ (Abschnitt 2.4.2.1). Dabei kann der VNB zulassen, dass die Schutzeinrichtungen für Spannungsrückgang und -steigerung sowie für den Frequenzrückgang bis zu 3 s zeitverzögert auslösen (Tafel ). Die VDEW-Richtlinie fordert für Eigenerzeugungsanlagen einen cos , der im Bereich von 0,9 kapazitiv und 0,8 induktiv liegt. Induktive Blindleistung belastet das Netz und muss mithilfe einer Kompensationsanlage auf ein zulässiges Maß begrenzt werden. Für die Bemessung der Kondensatoren sind einige wichtige Punkte zu berücksichtigen (Abschnitt 2.6): · Bei stark schwankender Antriebsleistung, wie sie häufig bei Windkraftanlagen mit ungeregelten Asynchrongeneratoren vorkommen, sollte die Blindleistungskompensation automatisch geregelt sein. · Die Schaltung für die Kompensationsanlage muss so auslegt sein, dass die Kondensatoren erst nach dem Generator zugeschaltet, aber gleichzeitig mit dem Generator abgeschaltet werden. · Da der Betrieb einer Kompensationsanlage Oberschwingungsspannungen verursachen und Tonfrequenzsteuerungen stören kann, Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 4 308 FÜR DIE PRAXIS Energieversorgung Eigenerzeugungsanlagen mit Einspeisung in das VNB-Netz Die folgenden Verfahrensschritte (aus dem Genehmigungsverfahren der EON Avacon) zeigen die notwendigen Schritte, die auf dem Weg von der Beantragung des Netzanschlusses bis zur Vergütung des eingespeisten Stromes zu gehen sind. Am Anfang steht die Kontaktaufnahme mit Fachunternehmen: Beratung und Beurteilung des Standortes; bei Windenergieanlagen: Windgutachten; erste Festlegung auf eine technisch machbare Lösung. Dann folgt der Gang zum Bauordnungsamt wegen eines Antrags auf Bau- und Betriebsgenehmigung: Photovoltaikanlagen, die als Freiflächenanlagen ausgeführt werden, benötigen grundsätzlich eine Baugenehmigung, Anlagen auf Dächern in der Regel jedoch nicht. Erst wenn alle Antragsunterlagen vorliegen, kann der VNB eine verbindliche Aussage zum geeigneten Anschlusspunkt im Netz machen. Ein beim VNB konzessionierter Installateur meldet die Eigenerzeugungsanlage unter Beachtung des üblichen Anmeldeverfahrens zum Anschluss an das Niederspannungsnetz an. Der VNB überprüft die eingereichten Planungsunterlagen, bestehend aus folgenden Dokumenten: · Formloses Antragschreiben · Anmeldung zum Anschluss an das Niederspannungsnetz (AAN) · Vollständig ausgefülltes Datenblatt für eine Eigenerzeugungsanlage · Positiver Bauvorbescheid oder Baugenehmigung des zuständigen Bauordnungsamtes oder Genehmigung nach Bim Sch G (Bundesimmissionsschutzgesetz) · Vollständig ausgefülltes VNB-Datenerfassungsblatt · Flurkarte, vorzugsweise im Maßstab 1:500 mit eingetragenem Standort der Erzeugungsanlage und Grundstück mit Angabe von Gemarkung, Flur und Flurstücksnummer Nach Prüfung der Netz- und Einspeisebedingungen (Netzverträglichkeitsprüfung) erhält der Antragsteller vom VNB eine verbindliche Aussage. Hinweis: Bei Photovoltaikanlagen bis 30 kW ist ein Anschluss in der Regel über den vorhandenen Hausanschluss möglich. Im Falle der Erstellung eines neuen Hausanschlusses bzw. bei Verstärkung des vorhandenen enthält die Zustimmung auch ein Anschlussangebot, eine Anschlusskonzeption und den Anschlusspreis. Erst jetzt vergibt der Kunde die Bauausführung an eine geeignete Fachfirma, die die Anlage nach geltenden DIN/VDE-Bestimmungen und den Richtlinien des VNB errichtet. Nach Fertigstellung werden die Messeinrichtungen eingebaut und die Anlage vom Errichter und dem VNB in Betrieb genommen. Vor der Inbetriebnahme sind folgende Unterlagen einzureichen: · Bescheinigung über die Erstinbetriebnahme · Fertigmeldung der Anlage durch den Installateur · Inbetriebsetzungsprotokoll · Bei Blockheizkraftwerken (BHKW): Unbedenklichkeitserklärung des Anlagenherstellers · Bei Windenergieanlagen (WEA): Nachweis über die Einspeisung von mindestens 60 % des Referenzertrages Der VNB vergütet den eingespeisten Strom mit einem gesetzlich festgelegten Mindestbetrag in einem vertraglich festgelegten Zahlungszyklus. Quelle: EON Avacon Beantragung des Netzanschlusses für Kleinanlagen (bis 100 kW) EP0406-306-311 21.03.2006 16:07 Uhr Seite 308 sind Leistung, Schaltung und Regelungsart vorher mit dem VNB abzustimmen. · Für Eigenerzeugungsanlagen, die über netzgeführte Wechselrichter betrieben werden, gelten die gleichen Anforderungen wie für Generatoren. · Bei Anlagen mit einer Leistung, die unter 4,6 kVA liegt, verzichtet der VNB in der Regel auf eine Kompensationsanlage. 2.2 Anschluss an das VNB-Netz Laut VDEW-Richtlinie ist eine Eigenerzeugungsanlage „an einem geeigneten Punkt im Netz, dem Netzanschlusspunkt, anzuschließen“ (Abschnitt 3.1). Dieser Punkt wird vom VNB unter Berücksichtigung der gegebenen Netzverhältnisse, der Leistung und Betriebsweise der Anlage sowie der berechtigten Interessen des Betreibers festgelegt (Bild ). Ziel ist es sicherzustellen, „dass die Eigenerzeugungsanlage ohne störende Rückwirkungen betrieben und die Versorgung anderer Kunden nicht beeinträchtigt wird.“ Außerdem muss der VNB Leitungen, Transformatoren und andere Betriebsmittel auf ihre Belastungsfähigkeit überprüfen, da Eigenerzeugungsanlagen eine höhere Belastung verursachen können. Weitere Netzverträglichkeitsprüfungen betreffen folgende Punkte: · Spannungsanhebung: Gemeint ist der Betrag Ua, um den sich die Spannung an einem Punkt des Netzes bei Einspeisung durch eine oder mehrere Eigenerzeugungsanlagen vor der Spannung am gleichen Punkt ohne Einspeisung unterscheidet. Dieser Betrag darf einen Wert von 2 % nicht überschreiten. · Erhöhung des Kurzschlussstroms: Übersteigt der Kurzschlussstrom durch den Betrieb einer Eigenerzeugungsanlage den Bemessungswert (Abschnitt 3.4), sind zwischen dem Betreiber und dem VNB geeignete Maßnahmen zu seiner Begrenzung zu vereinbaren. · Schaltbedingte Spannungsänderungen dürfen einen Wert von 3 % am Verknüpfungspunkt nicht überschreiten und nicht häufiger als einmal in fünf Minuten auftreten. · Langzeitflicker: Flicker sind definiert als Spannungsschwankungen, die über die Wirkungskette Lampe - Auge - Gehirn einen subjektiven Eindruck von Schwankungen der Leuchtdichte der beleuchteten Objekte hervorrufen. Für Langzeitflicker ist ein Wert von Plt 0,1 einzuhalten (zur Berechnung siehe Abschnitt 1.2-12). · Oberschwingungen und Zwischenharmonische (Werte siehe Tabelle 3.7-1 in Abschnitt 3.7) · Unsymmetrische Ströme lassen sich weitgehend vermeiden, wenn bei einphasigem Anschluss von Eigenerzeugungsanlagen die Leistung des Aggregats den Wert von 4,6 kVA nicht überschreitet. · Rückwirkungen auf Tonfrequenz-Rundsteueranlagen: Bei einer Störung und Beeinträchtigung des Betriebs von Rundsteueranlagen durch eine Eigenerzeugungsanlage muss der Betreiber in Abstimmung mit dem VNB Maßnahmen zur Beseitigung treffen, und zwar auch dann, wenn die Beeinträchtigungen zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt werden. 2.3 Betrieb der Anlage Die VDEW-Richtlinie verlangt ein Protokoll, das die Inbetriebnahme und insbesondere die Funktionsprüfung der Schutzeinrichtungen dokumentiert. Es empfiehlt sich, dafür das Formular „Inbetriebsetzungsprotokoll für eine Eigenerzeugungsanlage“ des VDEW-Verlags zu verwenden. Mit diesem Vordruck lassen sich leicht die einzelnen Schritte der Inbetriebsetzung abarbeiten. Zunächst geht es darum zu überprüfen, in welchem Allgemeinzustand sich die Anlage befin-Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 4 309 Energieversorgung FÜR DIE PRAXIS EP0406-306-311 21.03.2006 16:07 Uhr Seite 309 det (Sichtkontrolle), ob der Anlagenaufbau mit der Planungsvorgabe übereinstimmt, ob die „Schaltstelle mit Trennfunktion“ zugänglich ist und ob der Aufbau der Abrechnungsmesseinrichtung den vertraglichen und technischen Bestimmungen entspricht. Als Nächstes ist die ordnungsgemäße Funktion der Entkopplungsschutzeinrichtung festzustellen. Dabei ist nachzuweisen, dass die Schutzeinrichtungen bei den vorgegebenen Einstellwerten auslösen und dass die vorgegebenen Schaltzeiten eingehalten werden. Liegt ein Prüfbericht über eine standardisierte Typprüfung vor, genügt eine einfache Funktionskontrolle und die Kontrolle der Einstellwerte. Im letzten Schritt sind die Funktion der Messeinrichtung (durch Sichtkontrolle), der einwandfreie Betrieb der Kompensationsanlage (Funktionskontrolle) und die Einhaltung der Zuschaltbedingungen zu überprüfen. Die VDEW-Richtlinie macht für die Zuschaltung von Synchrongeneratoren folgende Vorgaben: · Spannungsdifferenz U < ± 10 % Un · Frequenzdifferenz f < ± 0,5 Hz · Phasenwinkeldifferenz < ± 10° Es kann notwendig sein, engere Grenzen festzulegen, um unzulässige Netzrückwirkungen bei der Zuschaltung zu vermeiden. Asynchrongeneratoren müssen mit einer Drehzahl zwischen 95 % und 105 % der Synchrondrehzahl unerregt zugeschaltet werden. Eigenerzeugungsanlagen mit Wechselrichtern oder Frequenzumrichtern sind wie ein Synchrongenerator zu behandeln, wenn sie unter Spannung zugeschaltet werden. Mit dem ausgefüllten und unterschriebenen Protokoll erklärt der Anlageerrichter, dass die Bedingungen der VDEW-Richtlinie für Eigenerzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz erfüllt sind. Das Protokoll verbleibt beim Betreiber und ist zum Nachweis aufzubewahren. Notstromaggregate Notstromaggregate (Bild ) dienen der Sicherstellung des Elektrizitätsbedarfes bei Ausfall der öffentlichen Versorgung (§ 3 Abs. 1 der „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden (AVBElt V) und TAB 2000, Abschnitt 13). Für den Anschluss und den Betrieb gilt - neben gesetzlichen und behördlichen Vorschriften, Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften sowie den einschlägigen DIN- und DIN-VDE-Normen - die VDN-Richtlinie ,,Notstromaggregate zur Sicherstellung des Elektrizitätsbedarfs bei Aussetzung der öffentlichen Versorgung“. 3.1 Auswahl, Aufstellung und Schutz Kriterien zur Auswahl eines Notstromaggregats sind Art, Leistung und Betriebsweise der zu versorgenden elektrischen Anlagen und Geräte. Zu berücksichtigen sind vor allem mögliche Laststöße, Anlaufströme von Motoren (Aufzüge!), Oberschwingungsströme, Blindleistungsbedarf und Schieflast. Notstromaggregate mit Verbrennungskraftmaschinen, auch mobile, sollten immer in eigens dafür hergerichteten Räumen aufgestellt werden. Die Räume sollten trocken, belüftbar, frostfrei und gut zugänglich sein. Für Batterieräume ist DIN VDE 0510 zu beachten. Für die Aufstellung sind die Herstellerangaben zu berücksichtigen. Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 4 Energieversorgung Notstromanlage Die Hauptverteilung versorgt notstromberechtigte und nicht notstromberechtigte Verbraucher. Der notstromberechtigte Teil wird während des Generatorbetriebs als TN-S-System mit Schutz durch automatische Abschaltung betrieben. EP0406-306-311 21.03.2006 16:08 Uhr Seite 310 Notstromaggregate müssen vor Überlast und Kurzschluss geschützt werden. Kabel und Leitungen zwischen dem Generator und der zugeordneten Überstromschutzeinrichtung sind kurz- und erdschlusssicher zu verlegen. Um die von der AVBElt V in § 3 Abs. 1 erlaubte Probelaufzeit von 15 Stunden im Monat nachweisen zu können, muss das Aggregat mit einem Betriebsstundenzähler ausgestattet sein. 3.2 Installation der Kundenanlage Der spätere Nutzer der Anlage muss schon vor der Installation festlegen, welche Geräte das Notstromaggregat versorgen soll. Nach diesen Angaben kann der Planer dann die Hauptverteilung in einen notstromberechtigten und einen nicht notstromberechtigten Teil auftrennen. Planer und Installateur müssen außerdem · die Betätigungselemente der Schaltanlagen für Notstromaggregate durch Beschriftung oder Bildzeichen eindeutig kennzeichnen, · in der Nähe des Aggregats zum Schutz gegen fernbetätigtes oder automatisches Starten der Anlage eine Sicherungseinrichtung vorsehen, · eine einwandfreie Trennung zwischen der vom Notstromaggregat versorgten Installationsanlage und dem VNB-Netz sicherstellen, · Möglichkeiten der Rückspeisung in das VNB-Netz oder der Potentialanhebung des Neutralleiters (N) beziehungsweise des PEN-Leiters des VNB-Netzes ausschließen, · sicherstellen, dass ein Parallelbetrieb von VNB-Netz und Notstromaggregat nur für eine kurze Zeit nach einer Synchronisierung (Überlappungssynchronisation) möglich ist, · dafür Sorge tragen, dass auch nach dem Umschalten auf das Notstromaggregat eine vom VNB-Netz unabhängige Schutzmaßnahme bei indirektem Berühren und die Spannungsbegrenzung bei Erdschluss eines Außenleiters nach DIN VDE 0100-410 gewährleistet sind. 3.3 Schalten der Anlage Die VDN-Richtlinie verlangt bei der Umschaltung der Kundenanlage auf das Notstromaggregat ohne Kurzzeitparallelbetrieb eine zwangsläufige Trennung der Außenleiter und des Neutralleiters vom VNB-Netz. Die Richtlinie erlaubt auch einen kurzzeitigen Parallelbetrieb. Die Dauer umfasst nur die Umschaltzeit nach erfolgreicher Synchronisierung und soll 100 ms nicht überschreiten. Dabei dürfen Synchronisierung und Umschaltung nur automatisch erfolgen. Die kurzzeitige Parallelschaltung darf nur möglich sein, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: · Spannungsdifferenz: U ± 10 % UN · Frequenzdifferenz: f ± 0,5 Hz · Phasenwinkeldifferenz: ± 10° 3.4 Prüfung und Inbetriebnahme Die erste Inbetriebnahme der Anlage ist mit dem VNB abzustimmen. Der eingetragene Elektroinstallateur muss dabei dem VNB bestätigen, dass er die Notstromanlage nach den geltenden Vorschriften, Normen und Bestimmungen sowie nach der vorliegenden Richtlinie ausgeführt und geprüft hat. Er hat außerdem die Ergebnisse der Prüfung in einem Prüfbericht zu dokumentieren. 3.5 Mobile Notstromaggregate Bei den ortsveränderlichen Notstromaggregaten unterscheidet die VDN-Richtlinie zwischen Aggregaten mit und ohne geerdetem Sternpunkt. Erstere dürfen „unter Beachtung der angewendeten Schutzmaßnahmen in eine Installationsanlage einspeisen“. Aggregate ohne geerdeten Sternpunkt dagegen sind „ausschließlich für den Betrieb im IT-System oder für die Schutzmaßnahme Schutztrennung geeignet“. An diese Aggregate sollten keine kompletten Anlagen, sondern nur einzelne elektrische Verbraucher direkt angeschlossen werden. 3.6 USV-Anlagen Die VDN-Richtlinie behandelt auch USV-Anlagen, womit statische elektronische unterbrechungsfreie Stromversorgungssysteme gemeint sind. Sie sollen „eine definierte Beständigkeit und Güte der Energieversorgung von Kundenanlagen beziehungsweise bestimmter bevorrechtigter Verbraucher sicherstellen“. Darüber hinaus können sie für die Einhaltung der festgelegten Spannungsqualität sorgen. Für den Anschluss und den Betrieb von USV-Anlagen gilt - neben gesetzlichen und behördlichen Vorschriften, Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften sowie den einschlägigen DIN- und DIN-VDE-Normen - ebenfalls die VDN-Richtlinie „Notstromaggregate zur Sicherstellung des Elektrizitätsbedarfs bei Aussetzung der öffentlichen Versorgung“. Sie gibt zusätzlich noch folgende Hinweise: · Eine USV muss mit einer Trennvorrichtung versehen sein. · Das Risiko eines elektrischen Schlages muss durch einen Rückspeiseschutz nach der Normenreihe DIN VDE 0558 ausgeschlossen werden. Die Richtlinie verweist zum Schluss ausdrücklich auf die TAB, auf die DIN VDE 558-520 sowie die „Technische Richtlinie für den Anschluss von USV-Anlagen in Drehstromtechnik im Leistungsbereich von 10 kVA bis 1 MVA an das öffentliche Netz“, 1. Ausgabe 1995, herausgegeben von VDEW und ZVEI. Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 4 311 Energieversorgung FÜR DIE PRAXIS EP0406-306-311 21.03.2006 16:08 Uhr Seite 311
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