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Energietechnik | Energieverteilung

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EMV-Anforderungen bei drehzahlveränderbaren elektrischen Antrieben
ep12/2019, 3 Seiten

Aufgrund der wachsenden Zahl von Frequenzumrichtern und der daraus folglich steigenden Oberschwingungsbelastung in elektrischen Versorgungsnetzen werden die Normen, die sich mit der sogenannten Power Quality befassen, regelmäßig überarbeitet und den Netzbedürfnissen angepasst. Die VDE 0160-103:2019-04 [1] ist die aktuelle EMV-Produktnorm für Antriebssysteme mit einem Effektivwert der Wechselspannung bis zu 35 kV zwischen den Außenleitern.


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Aktive und passive Filter

Auszüge aus der Norm. Für den typischen Fall, dass in einem Netz mehrere PDS betrieben werden, wird darauf hingewiesen:

3. „Die Filterung jedes PDS vervielfacht die Gefahr von Resonanzen… warum eine gemeinsame Kompensation (Anm.: gemeint ist ein passives Filter) bevorzugt werden sollte.“ (Abschnitt C.1.5.2 in [1])

4. „Das Filtern jedes PDS kann erhöhte Gefahren mehrerer Resonanzfrequenzen verursachen. ... Daher sollte eine globale Näherung zur Filterung der gesamten Anlage verwendet werden.“ (Abschnitt B.3.1 in [1])

Folgen für das Netz und den Industrienetzkunden:

Zu 3 und 4: Wird jedem PDS ein eigenes handelsübliches Durchgangsfilter vorgeschaltet (wie auch z. B. EMV-Filter) erhöht sich im Vergleich zu einer zentralen Filtermaßnahme nicht nur die kapazitive Gesamtlast (Gesamtleistung ausgehend von dem jeweiligen Filterkonzept) des Netzes, sondern es entstehen auch mehrere Resonanzstellen (bei verschiedenen Frequenzen) im Netz, womit eine massive Gefahr von unkontrollierten Resonanzschwingungen einhergeht, die in weiterer Folge zu erheblichen Produktionsstörungen führen.

Um Industrienetze zielführend und effektiv zu befiltern, sollten heutzutage hauptsächlich leistungsstarke passive Filter (bestehend aus Serienschaltung von Kondensatoren, Induktivitäten und ggf. Widerständen) und aktive Filtersysteme zum Einsatz kommen.

Weitere Maßnahmen.Aktive Filter (Bild 1)kompensieren vorhandene OS-Ströme, indem sie betragsmäßig gleiche, aber um 180° verschobene OS-Ströme einspeisen und folglich keine OS-Spannungen zusätzlich entstehen können. Neben den relativ hohen Investitions- und Betriebskosten von aktiven Filtern ist im Normalfall im Netz noch die Installation von Stromwandlern erforderlich, um die Regelgröße Strom den Aktivfiltern zuzuführen. „Letztlich erhöhen aktive Lösungen die Anzahl der kommutierten elektronischen Leistungsbauelemente und sind für eine Erhöhung der Hochfrequenzstöraussendungen verantwortlich“ (Abschnitt C.2.2.4 in [4]).

Bild 1: Aufbau und Arbeitsweise eines aktiven Oberschwingungs-Filters (Quelle: Condensator Dominit)

Passive Filter (Bild 2) haben bei ihrer Abstimmfrequenz eine niedrige Impedanz. Deshalb nimmt das Filter OS-Ströme in der Umgebung der Abstimmfrequenz auf. Die können dann nicht mehr über die Netzimpedanz abfließen und folglich keine OS-Spannungen erzeugen. Bezüglich passiver Filter werden in [1] eine Reihe von Problemen genannt, die die Bemessung derartiger Filter als einen „ziemlich komplexen Vorgang“ bezeichnen (Abschnitt C1.5.1 in [1]). Darüber hinaus ist die Wirksamkeit von der Stabilität der Netzfrequenz abhängig (Abschnitt C1.5.2 in [1]). „Der Hauptnachteil passiver Filter liegt häufig in ihrer Unfähigkeit, sich an die Netzänderungen und Änderung der Filterbauteile (Alterung, Temperatur usw.) anzupassen“ (Abschnitt C.2.2.1 in [1]).

Bild 2: Aufbau und Arbeitsweise eines passiven Oberschwingungs-Filters (Quelle: Condensator Dominit)

Mögliche Lösungen

Sofia-Filter nutzen die Vorteile beider Filter-Systeme. Sie sind, rein physikalisch gesehen, passive Oberschwingungsfilter (Frequenzbereich < 2 kHz) mit einer aktiven intelligenten Steuerung, die sich durch das Zu- und Abschalten von Kapazitäten (Kondensatoren) und einer Induktion (Drossel) automatisch den aktuellen Netzbedürfnissen anpasst. Technisch gesehen verfügt es über eine automatische Impedanzregelung, mit der das Filter die auf das Netz ausgeübte Saugwirkung selbstständig einstellt (Bilder 3 und 4). Merkmale dieses Filtersystems sind:

Bild 3: Prinzip der intelligenten Impedanzregelung. In Abh
Bild 4: Impedanzverlauf eines Sofia-Filtersystems f

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Literatur

DIN EN IEC 61 800-3 VDE 0160-103:2019-04 Drehzahlveränderbare elektrische Antriebssysteme. Teil 3: EMV-Anforderungen einschließlich spezieller Prüfverfahren.

DIN EN 61 000-3-2 VDE 0838-2:2015-03 Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Teil 3-2: Grenzwerte - Grenzwerte für Oberschwingungsströme (Geräte-Eingangsstrom ? 16 A je Leiter).

DIN EN 61 000-3-12 VDE 0838-12:2012-06 Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Teil 3-12: Grenzwerte – Grenzwerte für Oberschwingungsströme, verursacht von Geräten und Einrichtungen mit einem Eingangsstrom > 16 A und ? 75 A je Leiter, die zum Anschluss an öffentliche Niederspannungsnetze vorgesehen sind.

DIN EN 61 000-2-2 VDE 0839-2-2:2019-06 Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Teil 2-2: Umgebungsbedingungen – Verträglichkeitspegel für niederfrequente leitungsgeführte Störgrößen und Signalübertragung in öffentlichen Nieder-spannungsnetzen.

DIN EN 61 000-2-4 VDE 0839-2-4:2003-05 Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Teil 2-4: Umgebungsbedingungen – Verträglichkeitspegel für niederfrequente leitungsgeführte Störgrößen in Industrieanlagen.

DIN EN 61 000-2-12 VDE 0839-2-12:2004-01 Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Teil 2-12: Umgebungsbedingungen – Verträglichkeitspegel für niederfrequente leitungsgeführte Störgrößen und Signalübertragung in öffentlichen Mittelspannungsnetzen.


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