Grundwissen
Berechnen magnetischer Kreise
luk7/2009, 3 Seiten
Magnetische Kreise Die Tatsache, dass es keinen Stoff gibt (auch nicht das Vakuum) der die magnetischen Feldlinien nicht leitet, erschwert die Berechnung magnetischer Felder. Genau betrachtet gibt es keine räumliche Begrenzung des magnetischen Feldes. Erinnert sein an die induktiven Bauelemente, deren magnetische Streufelder die elektromagnetische Verträglichkeit dieser Bauelemente bestimmt. Hinreichende Genauigkeit wird erreicht, wenn 1. ein stromdurchflossenes Leitergebilde so geformt ist, dass sich die magnetischen Feldlinien in ihm schließen und 2. zusätzlich der Feldlinienweg in Stoffen mit hoher magnetischer Durchlässigkeit verläuft. Eine Ringspule mit Eisenkern erfüllt diese Bedingungen optimal. Sie stellt einen unverzweigten magnetischen Kreis dar, dessen Gesetzmäßigkeiten anschaulich mit denen eines einfachen unverzweigten Stromkreises verglichen werden können. Grundlage von Berechnungen sind Formeln als Ausdrücke physikalisch-technischer Sachverhalte unter ausschließlicher Verwendung mathematischer Zeichen und Zeichen physikalischer Größen. Da die zu bestimmenden Größen und die Vorgaben eines Objektes sehr unterschiedlich sein können, sind meist mehrere Einzelberechnungen notwendig. Für die zu berechnende Endgröße eine Gesamtformel zu fordern, ist nicht sinnvoll. Formelsammlungen enthalten deshalb überwiegend Formeln für Einzelberechnungen, um den unterschiedlichen Zielvorgaben gerecht zu werden. Für die notwendigen Einzelberechnungen einer komplexen Aufgabe ist eine sinnvolle Reihenfolge zu finden. Diese soll als Lösungsstruktur einer komplexen Aufgabe bezeichnet werden. Die Vorteile, magnetische Kreise nach Lösungsstrukturen zu berechnen, sollen im Folgenden nachgewiesen werden. Lösungsstrukturen Die Lösungsstrukturen zur Berechnung magnetischer Kreise unterscheiden sich nach der Zielvorgabe, das heißt nach der zu berechnenden Größe und nach den Stoffen, die von den magnetischen Feldlinien durchsetzt werden. Prinzipiell sind drei Lösungswege zu unterscheiden: 1. Magnetisches Feld in Stoffen mit konstanter Permeabilität. 2. Magnetisches Feld im geschlossenen ferromagnetischen Kern. 3. Magnetisches Feld im ferromagnetischen Kern mit Luftspalt. Magnetische Kreise sind nicht nur funktionsbestimmende Bestandteile elektrischer Maschinen sondern auch die einer Vielzahl elektrischer Geräte und Schaltelemente. Für die Mehrheit der Elektropraktiker ist es ausreichend, wenn sie mit den Grundprinzipien für die Berechnung einfacher magnetischer Kreise vertraut sind. Magnetismus Berechnen magnetischer Kreise G r u n d w i s s e n L e r n f e l d e r 1 - 5 2 LERNEN KÖNNEN 7/09 Vorgabe: Zielgröße: Stromstärke stofflich-konstruktive Größen = I · N = B · A elektrische Durchflutung Windungszahl N magnetische Feldstärke mittlere Feldlinienlänge l H = -- magnetische Flussdichte Permeabilität magnetischer Fluss Querschnittsfläche A B = 0 · r · H (1) (2) (3) (4) Vorgabe: Zielgröße: Stromstärke stofflich-konstruktive Größen = I · N elektrische Durchflutung Windungszahl N magnetischer Fluss magnetischer Widerstand Rm = ---- (5) (6) Vorgabe: Zielgröße: Stromstärke stofflich-konstruktive Größen = I · N = B · A elektrische Durchflutung Windungszahl N magnetische Feldstärke mittlere Feldlinienlänge l H = -- magnetische Flussdichte B magnetischer Fluss Magnetisierungskurve Querschnittsfläche A Lösungsstruktur zur Berechnung einer Ringspule ohne Kern Vereinfachte Lösungsstruktur zur Berechnung einer Ringspule ohne Kern Lösungsstruktur zur Berechnung einer Ringspule mit geschlossenem ferromagnetischem Kern 1. Stoffe mit konstanter Permeabilität Das zugehörige Bauelement ist eine Ringspule ohne Kern. Die „Luftspule“ ist lediglich auf einen ringförmigen Spulenkörper gewickelt oder ihre mechanische Festigkeit wird durch ausgehärtete Tränklacke erreicht. Die relative Permeabilität der Luft ist mit r = 1 konstant. Theoretisch denkbar, aber ohne praktische Bedeutung, wären auch Spulenkerne aus diamagnetischen oder paramagnetischen Werkstoffen [1]. Vorgegebene Parameter der Ringspule sind ihre konstruktiven Größen und die Stromstärke I. Die zu berechnende Größe ist der magnetische Fluss im Spuleninneren. Im Bild sind die einzelnen Lösungsschritte in ihrer logischen Folge angegeben. Die für die Einzelergebnisse notwendigen Berechnungsgleichungen sind wie die Lösungsschritte gekennzeichnet. Anmerkungen zur Lösungsstruktur des Bildes : · Für die stofflich-konstruktiven Größen mittlere Feldlinienlänge l, Permeabilität = 0 und Querschnittsfläche A kann auch der magnetische Widerstand Rm des Feldlinienweges gesetzt werden . (5) Damit vereinfacht sich deutlich die Lösungsstruktur (Bild ). Mit dem magnetischen Widerstand kann auch die Induktivität L der Ringspule berechnet werden: (7) · Der Lösungsweg kann an jeder beliebigen Stelle abgebrochen werden, wenn die Zielgröße nicht die Endgröße sondern eine Zwischengröße ist - zum Beispiel B, H oder . · Der Lösungsweg kann auch in umgekehrter Folge durchlaufen werden, wenn zum Beispiel der magnetische Fluss vorgegeben ist und die Stromstärke I oder eine der konstruktiven Größen berechnet werden soll. 2. Geschlossener ferromagnetischer Kern Die Lösungsstruktur des Bildes kann nur mit Änderungen übernommen werden, da zwischen der magnetischen Feldstärke H und der magnetischen Flussdichte B von ferromagnetischen Stoffen kein rechnerischer Zusammenhang besteht. Die Ursache ist die Permeabilität , deren Betrag von der magnetischen Feldstärke abhängt und nicht konstant ist. Zur Berechnung des magnetischen Kreises ist deshalb als Hilfsmittel die Magnetisierungskurve des entsprechenden ferromagnetischen Werkstoffes notwendig. Die Magnetisierungskurve ist das Bild der Funktionsgleichung (3) als B = f(H). Mit den Koordinaten der Kennlinienpunkte kann entweder bei gegebener magnetischer Feldstärke der Betrag der magnetischen Flussdichte oder umgekehrt bei gegebenem Ordinatenwert der zugehörige Abszissenwert abgelesen werden. Die Lösungsstruktur für die Berechnung einer Ringspule mit geschlossenem Eisenkern (Bild ) unterscheidet sich nur durch das Einbeziehen der Magnetisierungskurve. Wie bereits zuvor als Möglichkeit angemerkt, soll jetzt der magnetische Fluss vorgegeben und die Stromstärke I als Zielgröße der Rechnung bestimmt werden. Anmerkungen zur Lösungsstruktur des Bildes : · Der Lösungsweg kann ebenfalls in umgekehrter Folge durchlaufen werden, das heißt, bei gegebener Stromstärke I kann der Betrag des magnetischen Flusses bestimmt werden. · Der Lösungsweg verkürzt sich durch die Berechnung des magnetischen Widerstandes Rm nicht, da der Betrag der Permeabilität zusätzlich aus den Koordinatenwerten H und B berechnet werden muss. 3. Ferromagnetischer Kern mit Luftspalt Die Besonderheit des Bauelementes besteht jetzt darin, dass der Feldlinienweg aus zwei unterschiedlichen magnetischen Widerständen besteht. Zu deren Überwindung sind entsprechende elektrische Durchflutungen erforderlich: eine Teildurchflutung L für den magnetischen Widerstand des Luftspaltes und eine Fe für den magnetischen Widerstand des restlichen Eisenkerns. Verfolgt man den Weg der magnetischen Feldlinien wird deutlich, dass beide magnetische Widerstände einer Reihenschaltung entsprechen. Damit muss die durch die Stromstärke I entstehende Gesamtdurchflutung gleich der Summe beider Teildurchflutungen sein: = L + Fe (8). Grundlage der Lösungsstruktur ist die des Bildes . Wenn die Streuung der magnetischen Feldlinien im Luftspalt vernachlässigt wird, müssen die magnetischen Flussdichten in Luft und im Eisen mit gleichem Betrag angesetzt werden. BL = BFe . Da die relative Permeabilität für Luft r = 1 ist, können die zugehörige magnetische Flussdichte HL nach Gleichung (3) und nach Gleichung (2) die Teildurchflutung L mit der Luftspaltbreite lL berechnet werden. Der Betrag der magnetischen Feldstärke des Eisenkerns HFe muss dagegen der Magnetisierungskurve entnommen werden. Die Teildurchflutung Fe wird nach Gleichung (2) durch den Feldlinienweg lFe im Eisenkern bestimmt. Nach Gleichung (8) ergibt sich dann die Gesamtdurchflutung . Mit der Windungszahl N der Spule ist die Stromstärke I zu berechnen, die im magnetischen Kreis den geforderten Be- Magnetismus LERNEN KÖNNEN 7/09 Vorgabe: Zielgröße: Stromstärke stofflich-konstruktive Größen = I · N = L + Fe Windungszahl N magnetische Feldstärken elektrische Einzeldurchflutungen elektrische Gesamtdurchflutung H = -- = B · A magnetischer Fluss B = 0 · r · H Querschnittsfläche A magnetische Flussdichte im Luftspalt Eisenkern BL BFe L Fe HFe Magnetisierungskurve Luftspaltbreite lL Feldlinienlänge im Eisenkern lFe Lösungsstruktur zur Berechnung eines ferromagnetischen Kerns mit Luftspalt G r u n d w i s s e n L e r n f e l d e r 1 - 5 Magnetismus 4 LERNEN KÖNNEN 7/09 trag des magnetischen Flusses bestimmt (Bild ). Anmerkungen zur Lösungsstruktur des Bildes : · Der Lösungsweg ist nicht umkehrbar, da die Aufteilung der durch die Stromstärke I festgelegten elektrischen Gesamtdurchflutung in die elektrischen Einzeldurchflutungen L und Fe nicht bestimmbar ist. Der Grund besteht in der Abhängigkeit der Permeabilität ferromagnetischer Stoffe von der magnetischen Feldstärke HFe · Bei gegebener Stromstärke und zu berechnendem magnetischen Fluss ist analog der Reihenschaltung eines linearen mit einem nichtlinearen Widerstand grafisch der Arbeitspunkt als Schnittpunkt der Luftspaltgeraden mit der Magnetisierungskurve festzulegen. Magnetische Durchlässigkeit des Feldraumes Der Einfluss der Durchlässigkeit des Raumes, der von den magnetischen Feldlinien durchsetzt wird, soll durch Berechnen der Stromstärkewerte in den Tafeln bis nachgewiesen werden. In einer Ringspule (Bild ) soll trotz unterschiedlicher Spulenkerne stets der vorgegebene Betrag des magnetischen Flusses erreicht werden. Es sind vorgegeben die konstruktiven Größen der Ringspule · Außendurchmesser: da = 70 mm · Innendurchmesser: di = 50 mm · von den Feldlinien durchsetzte Fläche: A = 314,2 mm2 · Windungszahl: N = 1200 · der Betrag des magnetischen Flusses : = 125,7·10-6 Fazit Bei den gegebenen konstruktiven Größen der Ringspule wird im geschlossenen Kern aus Elektroblech durch eine sehr kleine Stromstärke eine magnetische Flussdichte erreicht, die weit unterhalb des Sättigungsbereichs des ferromagnetischen Stoffes liegt (vgl. Magnetisierungskurve, Bild ). Bereits bei einem relativ schmalen Luftspalt muss die Stromstärke auf über das 30fache erhöht werden, um denselben Betrag der magnetischen Flussdichte zu erreichen. Ohne Eisenkern (Luftspule) ist ein Betrag der Stromstärke erforderlich, der nicht nur einen großen Querschnitt des Spulendrahtes erfordert, sondern auch die einspeisende Stromquelle stark belastet. Ferromagnetische Werkstoffe sind deshalb für induktive Schaltelemente und insbesondere für elektrische Maschinen unverzichtbar. Literatur [1] Spanneberg, H.: Magnetische Größen und ihre Einheiten. Elektropraktiker Berlin 63(2009)6, Lernen und Können S. 1-4. H. Spanneberg Ringspule mit Kern Magnetisierungskennlinien nach (4) B = 0,40 T nach (3) H = 0,3185 106 A/m nach (2) lm = 188,5 mm mittlere Feldlinienlänge = 0,3185 106 A/m 188,5 10-3 m = 60,0 103 nach (1) l = 50 A = l Tafel Ringspule ohne Kern (r = 1) nach (4) vgl. Ringspule ohne Kern B = 0,40 T Magnetisierungskurve Betrag des Abszissenabschnitts H = 110 A/m (Bild ) nach (2) = H · Im = 110 A/m = 20,735 A 188,5 10-3 nach (1) I = 17,28 mA Tafel Ringspule mit geschlossenem Kern aus Elektroblech nach (4) vgl. Ringspule ohne und mit Kern = BFe = B B = 0,40 T nach (3) vgl. Ringspule ohne Kern H = 0,3185 106 A/m nach (2) L = 637,0 A nach (2) Fe = 20,52 A nach (8) = L + Fe = 637,0 A + 20,52 A = 657,52 A nach (1) I = 548 mA = = - l l - = = l Tafel Ringspule - Kern aus Elektroblech mit Luftspalt (Breite lL = 2 mm) 2,2 1,8 1,6 1,4 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400 2800 A/m kornorientiertes Blech Elektroblech, Stahlguss hochlegiertes Elektroblech Ferrit Gusseisen G r u n d w i s s e n L e r n f e l d e r 1 - 5
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Autor
- H. Spanneberg
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