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Arbeiten unter Spannung (AuS) | Elektrotechnik

Arbeiten unter Spannung in Frankreich

ep6/1999, 1 Seite

Umfangreichere Schaltaufgaben und steigender Kostendruck erfordern eine optimale, platzsparende Ausnutzung von Schaltschränken. Daraus resultiert die Forderung nach Komponenten, die den jeweiligen Aufgaben optimal angepaßt sind und die Arbeit vereinfachen. Dies gilt auch für Reihenklemmen, die eine unkomplizierte und wirtschaftliche Rangierung im Schaltschrank ermöglichen.


1 Nutzen des AuS Durch das Arbeiten unter Spannung (AuS) ergeben sich folgende Vorteile: · Verbesserung der Versorgungsqualität · Erhöhung der Arbeitssicherheit - auch wenn dies auf den ersten Blick paradox erscheinen mag · erhebliche finanzielle Vorteile · zahlreiche Arbeitsabläufe können einfacher gestaltet werden. 1.1 Versorgungsqualität Durch Ausführung von AuS kann die Zahl von Stromabschaltungen beträchtlich gesenkt werden. Selbst wenn von einer Abschaltung im Hochspannungsbereich direkt keine Kunden betroffen sind, kann auch dort eine Abschaltung das Netz schwächen. Dadurch steigt das Risiko weitreichender Stromausfälle. Im Bereich der Mittelspannung wurde die durchschnittliche Dauer von Unterbrechungen deutlich verringert. Schon in den ersten fünf Jahren der Bildung von AuS-Monteurgruppen konnte die durchschnittliche jährliche Stromausfalldauer pro Niederspannungskunde von 2 auf 1 Stunde gesenkt werden. Im Jahre 1997 waren es nur noch 6 Minuten. In allen Spannungsebenen können aber nicht nur Abschaltungen verhindert werden, die durch geplante Arbeiten verursacht worden wären. Auch die Anzahl der Stromausfälle aufgrund von unvorhergesehenen Ereignissen, z. B. Fremdschichtüberschläge an Isolatoren oder Leiterseilriß, kann verringert werden. 1.2 Arbeitssicherheit Bei EDF gilt folgender Leitsatz: „Lieber unter Spannung arbeiten und es zu wissen, als freigeschaltet zu arbeiten und es zu glauben!“ Ein Blick in die Unfallstatistik der EDF läßt den Schluß zu, daß sich das AuS positiv auf die Arbeitssicherheit auswirkt. Abzulesen ist, parallel zur Einführung des AuS verringerte sich die Gesamtzahl der elektrischen Unfälle. Mögliche Erklärungen bestehen darin, daß · beim AuS das Problem der nur vermeintlich freigeschalteten Anlage gar nicht erst auftritt, · allen Arbeiten unter Spannung eine sehr gründliche Vorbereitung vorausgeht, · die AuS-Monteure im allgemeinen eine bessere Ausbildung genossen haben, · die beim AuS verwendeten Werkzeuge hohen Sicherheitsanforderungen genügen und · regelmäßig kontrolliert werden. 1.3 Finanzielle Vorteile Durch das Freischalten von Anlagen entstehen direkte Kosten: · Brennstoffmehrkosten bei der Energieerzeugung, · Ausfallkosten durch nicht gelieferte Energie und/oder · Kosten durch Entschädigungszahlungen. Weiterhin entsteht ein - schwer in Zahlen auszudrückender - Schaden, weil die abgeschalteten Kunden unzufrieden mit der Dienstleistung ihres EVU sind. Schließlich entsteht auch volkswirtschaftlich betrachtet ein Schaden, wenn die Abschaltung Produktionsminderungen oder gar -ausfälle bei Kunden verursacht. Bei Anwendung der AuS-Methode entstehen natürlich auch Ausgaben durch: · Ausbildung der Monteure · Anschaffung und Unterhaltung der Spezialwerkzeuge. Bei EDF wird davon ausgegangen, daß sich die erforderlichen Investitionen für das AuS in ein bis zwei Jahren amortisieren. 1.4 Vereinfachung des Arbeitsablaufs Die Arbeit kann mit AuS-Techniken schneller als mit herkömmlichen Methoden durchgeführt werden - zeitaufwendiges Freischalten in der Schaltstation sowie Erden und Kurzschließen am Arbeitsort sind nicht notwendig. Ebenso die entsprechenden Tätigkeiten nach Beendigung der Arbeit. Außerdem müssen die Arbeiten nicht in lastarmen Nachtstunden durchgeführt werden. 2 Vorschriften und Regeln 2.1 Regelwerk In Frankreich gilt ein von EDF ausgearbeitetes Regelwerk, das von den zuständigen staatlichen Behörden genehmigt wurde und für jeden AuS-Monteur verbindlich ist. Festgelegt sind darin unter anderem Arbeitsabstände für jede Spannungsebene. Diese beinhalten den erforderlichen, physikalisch begründeten Mindestabstand zuzüglich einer sogenannten ergonomischen Komponente, welche je nach Spannungsebene 30 bis 50 cm beträgt. Damit wird eine eventuelle, unbeabsichtigte Armbewegung des Monteurs berücksichtigt. Die durch die Arbeitsabstände festgelegten Zonen werden markiert. In dem Regelwerk sind nur allgemeine Anweisungen enthalten. 2.2 Arbeitsmethoden Bei der Ausführung von AuS muß jederzeit Schutz vor gefährlicher Körperdurchströmung und Schutz vor einem Kurzschluß gewährleistet sein. Dazu stehen drei Methoden zur Verfügung: Arbeiten auf Abstand. Der Monteur befindet sich auf Erdpotential und hält zu allen unter Spannung stehenden Teilen einen Sicherheitsabstand ein. Er arbeitet mit isolierenden Stangen. Gegebenenfalls werden Anlagenteile mit besonderen Vorrichtungen abgedeckt. Diese Methode wird in allen Spannungsebenen angewandt. Arbeiten mit isolierenden Handschuhen. Eine Phase der unter Spannung stehenden Anlage kann mit isolierenden Handschuhen berührt werden. Zu anderen Potentialen hält der Monteur einen Sicherheitsabstand ein. Gegebenenfalls werden Anlagenteile abgedeckt. Diese Methode wird in der Nieder- und Mittelspannung angewandt (Bild ). Arbeiten auf gleichem Potential. Der Monteur befindet sich auf Phasenpotential und hält zu den anderen Phasen und zu Teilen auf Erdpotential einen Sicherheitsabstand ein. Gegebenenfalls werden Anlagenteile abgedeckt. Diese Methode wird in der Mittel- und Hochspannung angewandt. Im Hochspannungsbereich ist der Monteur durch einen leitfähigen Schutzanzug vor starken elektrischen Feldern geschützt. Kombi-Methode. Für die Mittelspannung hat sich eine Kombination dieser Methoden als besonders erfolgreich erwiesen. Dabei werden alle drei Methoden nacheinander angewandt. 2.3 Werkzeuge AuS-Werkzeuge müssen von den zuständigen Behörden zugelassen sein (Bauartprüfung und Stückprüfung erforderlich) und speziell gekennzeichnet sein. Sie entsprechen den gültigen europäischen bzw. IEC-Normen. Falls diese nicht existieren, müssen die Werkzeuge französischen Normen oder Technischen Spezifikationen entsprechen. Für jedes Werkzeug wird ein Technisches Datenblatt gefordert, das auch auf der Baustelle vorhanden sein muß. Darin Elektropraktiker, Berlin 53 (1999) 6 570 Report Arbeiten unter Spannung in Frankreich Anlagen der elektrischen Energieversorgung müssen gewartet und geändert werden. Um diese Arbeiten durchzuführen, wird heute vielfach noch der betroffene Anlagenteil freigeschaltet. Beim französischen Energieversorger Electricité de France (EDF) werden diese Arbeiten seit Anfang der sechziger Jahre unter Spannung durchgeführt. Aufpressen eines Abspannverbinders (20 kV) nach der Handschuhmethode - Der Monteur ist durch isolierende Handschuhe und Ärmel geschützt. Zum Schutz der isolierenden Handschuhe trägt der Monteur zusätzlich Lederhandschuhe.

Autor
  • J. Becker
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