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LED-Scheinwerfer des Mercedes-Benz E-Klasse (Foto: A. Bailey, Lizenz: CC BY-SA 3.0)
Betriebsausstattung | Sonstige Bereiche

Privat- und Nutzfahrzeuge: Unfallrisiko LED-Scheinwerfer

Traum für Autodesigner, Albtraum für Autofahrer

24.01.2017

Sie sehen stylisch aus, halten länger und geben dem Auto ein Gesicht: LED- und Xenon-Scheinwerfer sind der Traum der Autodesigner. Sie entwickeln sich aber immer mehr zur Gefahr im Straßenverkehr.

Die Dunkelheit wird zur Gefahr

Herbst und Winter sind für viele Autofahrer ungemütliche Jahreszeiten. Regen, Nebel, Eis und Schnee machen den Ritt über den Asphalt zu einer Nervenprobe. 71 Prozent der deutschen Autofahrer setzen sich bei schlechtem Wetter nur ungern ans Steuer. Doch nicht nur das Wetter macht immer mehr Autofahrern zu schaffen. Knapp 80 Prozent fühlen sich von den Scheinwerfern entgegenkommender Verkehrsteilnehmer geblendet. Mehr als jeder Zweite kritisiert dabei vor allem die moderne Technik der LED- und Xenon-Scheinwerfer, so das Ergebnis einer Umfrage im Auftrag von Zeiss. Die grellen Lichter an neueren Modellen leuchten doppelt so stark wie Halogenscheinwerfer. Nachts blenden die gleißenden LED-Lampen den entgegenkommenden Verkehr. Vor allem auf regennasser Fahrbahn wird die Fahrt zum Blindflug, wenn sich zwei Autos in der Dunkelheit begegnen. Auch Radfahrer und Fußgänger können den Überblick im Straßenverkehr verlieren, wenn sie direkt in die hellen Scheinwerfer blicken.

Veraltete Vorschriften für moderne Technik

Es gibt zwar Vorschriften, doch die stammen aus den 1960er-Jahren und bestimmen lediglich die Mindestleuchtkraft der Frontscheinwerfer. Damals dachte man nicht daran, dass LED- und Xenon-Leuchten mit einer Lichtstärke in Autos verbaut werden, die den entgegenkommenden Verkehr in diesem Ausmaß blenden – es gab noch keine LED-Scheinwerfer. Vor 30 bis 40 Jahren verbaute man Glühlampen mit einer großen Linsenoptik. Diese Technik gilt heute als veraltet. Die Gesetze sind es auch.

Das menschliche Auge reagiert langsamer

Maßgebend für den Blendeffekt ist die hohe Leuchtdichte moderner Dioden. Das Problem lässt sich wie folgt erklären: In der Dunkelheit fährt man mit gut adaptierten Augen, die sich auf die Dunkelheit einstellen. Die Pupille ist weit geöffnet, und die Stoffwechselprozesse in der Netzhaut laufen langsamer ab als am Tag. Trifft plötzlich ein grelles Licht auf die weit geöffnete Pupille und die lichtempfindlichen Sehzellen, ist man für einen kurzen Moment blind. Dem Blindflug folgt ein sogenanntes Nachglühen im Blickfeld, bis sich das Auge an die neuen Verhältnisse gewöhnt hat. Der Prozess kann bis zu einer Minute dauern, bei dem es im Straßenverkehr zu gefährlichen Situationen kommt – im schlimmsten Fall kracht es.

Gesetzgeber sieht keinen Anlass zur Handlung

Bisher ist nicht bekannt, in welchem Maß der Blindflug zu Unfällen führt. Auch Versicherer führen die Blendung durch andere Verkehrsteilnehmer bisher nicht als Unfallursache. Die Autohersteller sehen keine Veranlassung, etwas an der Helligkeit moderner Scheinwerfer zu ändern, schließlich halten sie sich an die Vorschriften. Und die Autoindustrie verdient gut an den Aufpreisen für die Designer-Lampen. Experten raten daher, die Normen bzw. die Werte in den Normen schnellstmöglich anzupassen. Doch der Gesetzgeber sieht bisher keinen Anlass zu handeln. Die Blendgefahr auf nächtlichen Straßen bleibt bestehen.

Autor
Name: Antje Schubert