Werkzeuge
Zangen und Abisolierwerkzeuge sorgfältig auswählen
ep1/2008, 5 Seiten
Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 1 Zangen und Abisolierwerkzeuge sorgfältig auswählen Schneiden und Abisolieren von elektrischen Leitern gehören zur täglichen Arbeit der Elektrofachkraft. Ausgestattet mit dem notwendigen Basiswissen kann aus dem umfangreichen Angebot das für den Einsatz am besten geeignete Handwerkzeug ausgewählt werden. Wirtschaftliche Betrachtungen zeigen, dass sich Qualitätswerkzeuge gegenüber Billigmodellen am Ende doch auszahlen. chungsbestätigung ist eine Anmeldung zum gewünschten Seminar erfolgt. Informationsangebot von BGFE und TBBG Das erste gemeinsame Informationsmittelverzeichnis (D 17) von BGFE und TBBG ist erschienen. Es kann kostenlos bestellt werden und steht im Internet unter: www.bgfe.de/medien kostenfrei zum Download bereit. Prüfen ortsfester Absauganlagen Damit ortsfeste Absauganlagen sicher und störungsfrei betrieben werden können, sind ihre Funktion und Wirksamkeit in regelmäßigen Zeitabständen zu prüfen. Absauganlagen beeinflussen in hohem Maße die Luftqualität am Arbeitsplatz und damit die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten. Oft wird vergessen, dass Absauganlagen auch für einen sicheren und störungsfreien Betriebsablauf und Arbeitsprozess notwendig sind. Deshalb ist es besonders wichtig, regelmäßig Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten durchzuführen. Als Hilfestellung gibt es eine Broschüre. Sie enthält informationen über die gesetzlichen Grundlagen, Bestandteile der Instandhaltung, die erste Inbetriebnahme (Abnahmeprüfung) und die regelmäßigen Prüfungen. Dieser Handlungshilfe ist eine CD-ROM beigefügt. Darauf befinden sich die Vorlagen (Stammblatt, Protokolle) für die Dokumentation der Prüfergebnisse mit Berechnungs- und Beurteilungshilfen sowie die Musterbetriebsanweisung für die Instandhaltung an Absauganlagen. Die Handlungshilfe kann auch im Internet heruntergeladen werden unter: www.bgfe.de/medien. Aus dem Unfallgeschehen NH-Sicherungen nicht entfernt Arbeitsauftrag. In einer Kleinstadt sollte ein neuer Verkehrskreisel entstehen. Zwei NS-Kabel mussten entfernt, neue gezogen und angeschlossen werden. Mit den Arbeiten wurde ein Elektromonteur beauftragt. Die Arbeiten sollten im frei geschalteten Zustand ausgeführt werden. Unfallhergang. Der Monteur hatte ein altes Kabel entfernt, das neue Kabel ausgemessen und an den zwei Kabelverteilerschränken neu aufgelegt. Nun wollte er das zweite neue Kabel anschließen. Dabei hatte er aber vergessen, die Sicherungen auf der Gegenseite herauszunehmen. Der Fehler fiel ihm nicht auf, da er auch keine Spannungsfreiheit feststellte. Mit einer isolierten Ratsche entfernte er das alte Kabel (Bild ). Beim Herausnehmen des Kabels umfasste er den Kabelschuh einer Ader und erlitt eine Körperdurchströmung. Zusätzlich kam er durch den Schreck auch noch mit einer anderen Phase in Berührung und löste einen Störlichtbogen aus. Unfallanalyse. Offensichtlich war dem Monteur nach dem Anschluss des ersten Kabels nicht mehr bewusst, dass das zweite Kabel weiterhin unter Spannung stand. Ursächlich für den Unfall war, dass der Monteur die fünf Sicherheitsregeln nicht konsequent durchführte gemäß BGV A3 § 6, Abs. 2 - vgl. dazu auch die Arbeitsschutz-Unterweisungen: Nr. 5-2007 „Elektrische Körperdurchströmung“ im ep 06-2007 und Nr. 07-2007 „Störlichtbogen“ im ep 12-2007. J. Jühling BETRIEBSFÜHRUNG Verwendetes Werkzeug am Arbeitsplatz Was eine gute Zange ausmacht Wie alle Handwerkzeuge sind auch die Zangen dazu geschaffen, die Wirksamkeit der menschlichen Hand zu erhöhen. Sie sind nach dem Prinzip des zweiseitigen Hebels gebaut. Mit einer geringen Kraft - Handkraft an den Griffen der Zange - kann eine größere Kraft entstehen. Diese wird bei den Zangen an den Greifbacken oder an den Schneiden wirksam. Andere Zangen wiederum ermöglichen anstelle der Erhöhung der Handkraft ein leichteres Arbeiten an schwer zugänglichen Stellen. Zangen nach ihrem Verwendungszweck. Grundsätzlich unterscheidet man daher in Zangen: · zum Schneiden und Trennen wie Seitenschneider, Kabelscheren, · zum Greifen wie Flachzangen, Wasserpumpenzangen oder in · kombinierte Zangen zum Trennen und Greifen wie Spitzzangen und Kombizangen. Grundaufbau der Zange. Jede Zange besteht aus den drei Grundteilen (Bild ): · den Greifbacken oder Schneiden; Form und Konstruktion muss dem Arbeitsgang angepasst sein; wichtiger Grundsatz für die Schneiden: glatter Schnitt ohne Leiterverformung. · dem Gelenk, dem Drehpunkt der Zange. Das Gelenk muss ohne Spiel leicht zu öffnen und zu schliessen sein. · den Griffen, die so gestaltet sein müssen, dass ein angenehmes und sicheres Arbeiten möglich ist. Um aus dem Marktangebot die geeignete Auswahl zu treffen, ist ein Blick auf genau diese Grundteile notwendig. Wichtige Auswahlkriterien. In die Überlegungen einbezogen werden müssen vor allem auch: 1. Funktionstüchtigkeit und Dauerhaftigkeit 2. Ergonomie 3. Isolation. Wenn Zangen als „Verbrauchsmaterial“ angesehen werden, spielen diese Überlegungen beim Kauf kaum eine Rolle. Da es sich aber bei den Zangen um eines der wichtigsten Handwerkzeuge des Elektrofachmanns handelt, lohnt sich die richtige Auswahl. 1. Funktionstüchtigkeit und Dauerhaftigkeit Werkstoff als wichtiges Auswahlkriterium. Zangen sind aus Werkzeugstahl mit Legierungen aus Chrom oder Vanadium hergestellt. Guter Werkzeugstahl besteht hauptsächlich aus legiertem Chromstahl mit hohem Kohlenstoffanteil und einem Zusatz von Vanadium. Kohlenstoff ist bedeutsam für die Schärfe, Schneidhaltigkeit und das Feinschleifen der Formen. Chrom ist für die Erhöhung der Festigkeit zuständig und eine Verchromung schützt die Oberfläche. Stähle mit hohem Chromanteil sind abriebfest und rostbeständig. Zusatzbezeichnungen wie „rostfrei“ oder „stainless“ deuten darauf Die Teile der Zange Foto: Knipex hin. Vanadium erhöht die Schneidfähigkeit und optimiert die Wärmefestigkeit. Die Schneiden werden für das zu bearbeitende Material zusätzlich gehärtet (Bild ). Beim Versuch, zu hartes Material zu trennen, werden die ungeeigneten Schneiden beschädigt. Daher erfolgt die Auswahl zwingend nach den zu bearbeitenden Materialien. Werkzeughärte. Die Hersteller geben sowohl die Härte des Zangenkörpers als auch die der Schneide als Rockwellhärte (HRC) an, wobei ein höherer Wert für eine grössere Härte steht. Bereits eine Härte von HRC 53 entspricht einer guten Qualität des Zangenkörpers. Mit einer zusätzlich gehärteten Klinge mit dem HRC Wert von 64 können auch Stahldrähte (Pianodraht) geschnitten werden. Schärfe als Winkel der Schneide. Die umgangssprachlich gebrauchte „Schärfe“ ist technisch definiert als Winkel der Schneide. Je kleiner der Winkel der eigentlichen Schneidkante ist, desto schärfer ist die Zange. Das führt zum Nachteil, dass die Schneide instabiler und schneller stumpf wird, wenn zu harte Materialen bearbeitet werden. Eine gerade Schneide kann immer einen massiven Leiter oder kleine Litzen einwandfrei trennen. Sie zerquetscht aber den Aufbau von Leiterseilen und von grossen Litzen. Die sichelförmig geschliffene Klinge einer Kabelschere ist hier die bessere Wahl. Die Weiterverarbeitung des Leiters kann dann ohne Zusatzarbeit erfolgen (Bilder a, b). Schneidfähigkeit der Klinge. Die Schneidfähigkeit jeder Klinge ist auch von der Präzision des Zangengelenkes abhängig. Mit dem Schneiden von Papier kann leicht geprüft werden, ob die Schneiden auf der ganzen Länge genau aufeinander passen. Ein Billigmodell wird bereits hier ein mangelhaftes Resultat liefern. Die Erfahrung und das Know-how renommierter Zangenhersteller ist nicht auf den ersten Blick sichtbar. Billigmodelle aus einem undefinierten Metallguss sehen auf den ersten Blick wie professionelles Werkzeug aus. Sie erfüllen aber häufig nicht die Erwartungen und müssen meistens nach kurzer Gebrauchszeit weggelegt werden. Somit sind sie keine kostengünstige Lösung. Praxistipps für den täglichen Gebrauch: · Ein kleiner Tropfen Öl in das Gelenk hilft mit, dass sich die Zange besser bedienen lässt. · Klemmt die Zange, hat sich im Gelenk Rost gebildet. Flüssiger Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 1 Die richtige Klingenform für einen sauberen Schnitt Zangen - gehärtet für unterschiedliche Materialien a) b) Rostlöser oder Spray macht die Zange wieder arbeitstüchtig. · Zangen nur für den Zweck einsetzen, für den sie gebaut wurden. Sonst wird die Zange oder der bearbeitete Teil beschädigt. 2. Die Ergonomie Verdrahtungsarbeiten erfordern einen längeren Werkzeugeinsatz. Deshalb ist die Bedeutung der Ergonomie nicht zu unterschätzen. Mit der Ergonomie wird die Zange der menschlichen Hand so angepasst, dass ein leichtes und ermüdungsfreies Arbeiten möglich wird. Seitenschneider in einer robusten und kräftigen Variante (Kraftseitenschneider), aber auch Kraft-Kombizangen sind höher übersetzt und schneiden daher leichter. Mithilfe der Hebelarme oder einer Übersetzung bei Kabelscheren können auch grosse Leiterquerschnitte direkt abgetrennt werden. Um mit einer Kombizange - Länge 180 mm - einen harten Draht von 2 mm Durchmesser zu schneiden, werden 486 N benötigt. Um mit einer Kraft-Kombizange der gleichen Länge den gleichen Leiter zu trennen, benötigt man dazu nur die Kraft von 318 N - also 168 N oder 35 % weniger. Der Mehrpreis von etwa 4 Euro für die Kraftausführung ist schon nach kurzer Einsatzzeit laut Aussage des Herstellers Knipex amortisiert. Weitere wichtige Extras Zangenmodelle mit langen, kurzen oder auf verschiedene Arten gekröpften Backen ermöglichen das Arbeiten auch in Apparaten und an schlecht zugänglichen Stellen. Statt mit der Universalzange Zeit und Nerven zu verlieren, ist die geeignete Zange hilfreich. Die Hersteller haben dafür verschiedene Formen im Angebot. Zwei-Komponenten-Griffe haben die Zangenisolationen revolutioniert. Sie sind so gebaut, dass die Reibung dort gering ist, wo die Hand beim Öffnen oder Drehen der Zange gleiten muss (Bild a). Die Stellen, bei denen Druck ausgeübt wird, sind aus weicherem Material. Die im Gegensatz zu alten Zangenmodellen vergrösserte Isolation verteilt die Handkraft auf eine grosse Kontaktfläche (Bild b). Die Handhabung wird leichter. Nach einer kurzen Angewöhnungszeit kann man sich die alten glatten Isolationen kaum mehr vorstellen. Praxistipp: Zum Schneiden soll der Leiter möglichst nahe am Gelenk eingelegt werden. Dadurch entsteht eine hohe Hebelwirkung mit wesentlich kleinerer Handkraft. 3. Die Isolation Alle Arbeiten an oder in der Nähe von spannungsführenden elektrischen Anlagen erfordern isolierte Griffe. Nicht jede farbige Isolation erfüllt aber die Bestimmungen. Das Prüfzeichen zeigt die Übereinstimmung mit EN 60900 und garantiert somit dem Anwender die geforderte Sicherheit. Die geprüften Zangenisolationen sind sowohl am aufgebrachten Prüfzeichen als auch durch die Verdickung des Isolationsendes, dem Handabgleitschutz, erkennbar. Dieser verhindert das Berühren spannungsführender Teile. Die Prüfung nach der Norm erfolgt mit AC 10 kV. Die Isolationen sind bis 1 kV (AC) und 1,5 kV (DC) zugelassen. Die hohe Prüfspannung bietet somit 10-fache Sicherheit. Unter keinen Umständen dürfen aber damit Teile berührt werden, die unter Hochspannung (>1 kV) stehen. Die Zangenisolation bietet aber größtmöglichen Schutz für Spannungen von 230/400 V. Die hohe Prüfspannung bietet somit 10-fache Sicherheit. Zusätzliche Prüfungen der Druckbelastung, des Brennverhaltens, der Haftfähigkeit des Isolierüberzuges und eine Kälteschlagprüfung stellen sicher, dass die Zange allen erwarteten Anforderungen genügt. Der Mehrpreis von ca. 2,5 Euro bei einem Seitenschneider fällt wenig ins Gewicht. Zangen ohne Prüfnachweise müssen für Arbeiten an spannungsführenden Teilen zurückgewiesen werden. Praxistipps für ein sicheres Arbeiten: · Isolierte Werkzeuge so aufbewahren und benutzen, dass die Isolation keinen Schaden erleidet. · Isolierte Werkzeuge sauber und trocken halten. · Nur passende Werkzeuge verwenden, um ein Abrutschen am Werkstück und den ungewollten Kontakt mit nicht isolierten Teilen zu verhindern. · Darauf achten, dass gelöste oder abgeschnittene Teile nicht auf spannungsführende Teile fallen. · Arbeiten an unter Spannung stehenden Anlagen ist nur mit speziellen Sicherheitsmassnahmen und durch speziell ausgebildete Personen gestattet. · Es ist speziell für diese Arbeiten hergestelltes und geprüftes Werkzeug zu verwenden. Abisolierwerkzeuge Alle über die Zangen erwähnten Auswahlkriterien sind uneingeschränkt auch bei den Abisolierwerkzeugen gültig. Ein universelles Abisolierwerkzeug gibt es nicht. Während für Einzelleiter die Handzangen (Bild ) genügen, so ist bei Serienarbeiten eine automatische Abisolierzange die bessere Wahl. Selbsteinstellende Abisolierzangen richten sich selber auf die Leiterdimension und auf die Isolationsdicke ein. Die Isolation wird eingeschnitten und durch Zug getrennt. Die Eindringtiefe der Abisoliermesser lässt sich verstellen. Das Risiko einer Leiterbeschädigung ist somit praktisch ausgeschlossen. Ein Längenanschlag erleichtert Serienabisolierungen (Bild ). Abisolier-Seitenschneider sind für einen oder mehrere definierte Leiterquerschnitte ausgelegt (Bild ). Die kreisförmigen Schneidenlöcher eignen sich ausschliesslich für das Abisolieren der angegebenen Leiterdimensionen. Damit können die beiden sehr häufigen Arbeitsschritte - Schneiden und Abisolieren - der 1000 V Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 1 BETRIEBSFÜHRUNG Die Griffzonen Fotos: Knipex a) Drehen mit geringer Reibung b) Schneiden mit Druck auf weicheres Material Abisolierzange mit Einstellrad Automatische Abisolierzange Foto: Weidmüller Abisolier-Seitenschneider Foto: Knipex in der Installationstechnik am meisten verwendeten Leiter mit der gleichen Zange zeitsparend ausgeführt werden. Zum Schneiden dicker Leiter sind diese Zangen aber nicht geeignet. Auch Abisolierzangen für Schwachstromleiter sind nur für einen Drahtdurchmesser gebaut. In der Regel werden die drei Größen 0,8 mm, 0,6 mm und 0,5 mm, entsprechend den Leiterdimensionen für Schwachstrom und Telefonie benötigt. Da viele Arbeiten immer wieder mit dem gleichen Kabeltyp ausgeführt werden, lohnt sich die Anschaffung eines angepassten Abisolierwerkzeugs. Dieses bleibt immer optimal eingestellt. Ein vielseitig verwendbares Werkzeug liegt weniger gut in der Hand und braucht zusätzlich Ein- und Nachstellzeit. Wenn das richtige Werkzeug zum Arbeitsprozess ausgewählt wird, vor Ort zur Verfügung steht und sich die Mitarbeiter um die Wichtigkeit der fachgerechten Leiterbehandlung bewusst sind, wird die Fehlerquote minimal. Praxistipps für ein sauberes und sicheres Abisolieren: · Die inneren Isolationen bei einer Leitung dürfen beim Abtrennen des Mantels nicht verletzt werden. · Der Kupferdraht muss nach dem Abisolieren unbeschädigt sein. Verletzte Leiter brechen. · Die dünnen Litzendrähte müssen nach dem Abisolieren vollständig vorhanden sein. Fazit Bei der Kaufentscheidung für das benötigte Handwerkzeug lohnt es sich, diese Hinweise in seine Überlegungen mit einzubeziehen. Der Anschaffungspreis sollte vor allem dann nicht das wichtigste Entscheidungskriterium sein, wenn man auf einen sicheren und längerfristigen Gebrauch Wert legt. Wirtschaftliche Betrachtungen, die auch das Werkzeug im ständigen Einsatz einbeziehen, zeigen, dass sich Qualitätswerkzeuge gegenüber Billigmodellen am Ende doch auszahlen. R. De Boni Rückgriff auf den Lieferanten Beispiel aus der Praxis Ein Elektro-Unternehmer (AN) installiert für einen privaten Auftraggeber (AG) bauseits gestelltes Material in dessen Einfamilienhaus. Nach kurzer Zeit kommt es nach einem Kurzschluss zu einem Schwelbrand im Leitungsnetz, bei dem auch mehrere elektrische Geräte beschädigt wurden. Der Brandsachverständige stellte Material- und Produktionsfehler in den Sicherungsautomaten fest. Die Installationsarbeiten des Elektrikers waren nach den geltenden Normen erbracht. Der Privatkunde verlangte danach vom Verkäufer des Installationsmaterials, einem Baumarkt, die Erneuerung der gesamten elektrischen Anlage, die Bezahlung der defekten elektrischen Geräte sowie die Kosten für die Unterkunft während der Bauzeit. Da der Baumarkt die Übernahme der Kosten mit der Begründung der Unverhältnismäßigkeit verweigerte, erhob der Privatkunde Klage. In einem ähnlich gelagerten Fall hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Urteil Az.: 12 U 144/04 dem privaten Verbraucher Recht gegeben. Auch wenn der Elektro-Unternehmer Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB) ist, hat er einen Anspruch gegenüber seinem Vorlieferanten - in der Regel dem Elektrogroßhandel (EGH) auf Übernahme der Mängelbeseitigungskosten. Diese Regelung - seit der Schuldrechtsreform gesetzlich festgeschrieben - wird als großer Regress bezeichnet. Im Klartext. Solange die Nacherfüllung dem Käufer einen deutlichen Vorteil bringt, sind die damit verbundenen, wenn auch erheblichen Kosten vom Verkäufer zu tragen. Diese Regelungen sind ebenfalls für den Bauhandwerker von großem Interesse. Allerdings sind Bauhandwerker häufig Kaufleute im Sinne des HGB, sodass die kaufmännischen Sonderregeln zu beachten sind. Will ein Kaufmann von seinen Gewährleistungsrechten Gebrauch machen, muss er die gelieferte Ware sofort untersuchen und etwaige offensichtliche Mängel unverzüglich rügen (§ 377 HGB). Großer Regress Fordert der Verbraucher Nach-oder Ersatzlieferung der mangelbehafteten Sache, kann der Händler gegenüber seinem Lieferanten einen eigenständigen Aufwendungsersatzanspruch geltend machen (§ 478 Abs.2 BGB). Er kann vom Lieferanten diejenigen Kosten verlangen, die er gegenüber dem Verbraucher zu tragen hat und die im Zusammenhang mit der Pflicht zur Nacherfüllung und aufgrund Ersatzlieferung und Nachbesserung entstanden sind. Um den großen Regress zu beanspruchen, muss der Elektro-Unternehmer nachweisen, dass sowohl die Sache mangelhaft geliefert wurde - so genannte Anfänglichkeit des Mangels - und der Vorlieferant - meist der EGH - sich in der Gewährleistung befindet. Für eine konstruktive Abwicklung dieser Rechtslage trafen der Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie (ZVEI) und der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnische Handwerke (ZVEH) für den großen Regress eine Vereinbarung und stellten ein Abrechnungsformular bereit (Muster). Kleiner Regress Um diese neuen Regelungen gemäß Schuldrechtsreform zu vereinfachen, vereinbarten ZVEI und ZVEH den kleinen Regress: · Für Gewährleistungsansprüche wegen mangelhafter Produkte gilt eine Verjährungsfrist von zwei Jahren ab nachgewiesener Montage beim Endkunden (Abnahmeprotokoll), mindestens jedoch von drei Jahren ab Herstellungsdatum. · Bei Reklamation mangelhafter Produkte innerhalb dieser Fristen verzichtet der Hersteller auf einen Nachweis der Anfänglichkeit des Mangels. · Der Hersteller verzichtet auf den Nachweis, dass der Endkunde Privatverbraucher ist. · Bei Reklamation mangelhafter Produkte liefert der Hersteller über den Großhandel innerhalb kürzester Zeit im Austausch kostenlos Ersatz. · Im Gegenzug dazu verzichtet der Handwerker auf die Erstattung aller weiteren Kosten des Austauschs oder der Reparatur von mangelhaften Produkten und trägt diese selbst. Mit dieser vereinfachten Abwicklung wird die bisher geübte Praxis im Wesentlichen fortgesetzt, ein auftretender Produktmangel schnell, kostengünstig und unbürokratisch beseitigt und damit den Interessen aller Beteiligten entsprochen. Kurzgefasst. Der kleine Regress bedeutet, dass der liefernde EGH sämtliches im Zuge einer Mängelbeseitigung demontiertes defektes Material im kostenfreien Austausch gegen mängelfreies Material zurücknimmt. Anwendung in der Praxis Nach Erhalt einer Mängelrüge hat der AN, bevor er weitere Schritte unternimmt, zuerst zu kontrollieren, ob gegenüber dem AG noch Gewährleistung besteht. Bei abgelaufener Gewährleistung. Sollte dieses zeigen, dass die Gewährleistungszeit abgelaufen ist, hat der AN die Einrede der Verjährung - schriftlicher Hinweis an den AG auf das Ende der Ge-Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 1 BETRIEBSFÜHRUNG Umgang mit Garantie und Gewährleistung (2) Mit der Schuldrechtsreform gibt es seit 2002 den so genannten großen Regress. Solange die Nacherfüllung dem Käufer einen deutlichen Vorteil bringt, sind die damit verbundenen Kosten vom Verkäufer zu tragen. Grundsätzlich bleibt bei der Mängelbearbeitung die dem Kunden obliegende Beweislast im Rahmen seines Gewährleistungsrechts zu beachten.
Autor
- R. de Boni
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