Grundwissen
Was versteht man unter ...
luk11/2009, 2 Seiten
Bestandsschutz Aufrechterhaltung des bestehenden Zustands einer schutzwürdigen Einrichtung. Allgemeines „Bestandsschutz“ ist kein elektrotechnischer Fachbegriff, denn er ist weder in dem vielbändigen Internationalen Elektrotechnischen Wörterbuch (IEV) noch in einer deutschen Norm, z. B. in DIN VDE 0100-200 [1], erklärt. Vielmehr handelt es sich hierbei um einen Begriff aus dem Baurecht. Die in den staatlichen Verordnungen getroffenen Festlegungen zum Rechtsschutz von Eigentümern einer Baulichkeit lassen sich sinngemäß wie folgt auf elektrische Anlagen und Betriebsmittel anwenden: „Bestandsschutz“ für elektrische Anlagen und Betriebsmittel besteht zeitlich unbefristet, wenn a) die Anlagen und Betriebsmittel den zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bzw. Herstellung geltenden Rechtsvorschriften oder Normen, z. B. den DIN-VDE-Bestimmungen, entsprochen haben, b) die zum Errichtungszeitpunkt vorhandenen Umgebungs- und Betriebsbedingungen, für die die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel ausgelegt (bemessen) worden sind, noch immer zutreffen, und c) Mängel für Leib und Leben sowie Schäden an Sachen ausgeschlossen werden können. Aufhebung Anpassungsforderungen können den Bestandsschutz zeitlich begrenzen oder gar aufheben, Beispiele s. [2], Anhang C. Das gilt auch bei Veränderungen oder Erweiterungen von bestandsgeschützten Anlageteilen, z. B. im Falle einer regelwidrigen Erweiterung von Steckdosenstromkreisen ohne Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs)1) . Instandsetzungsmaßnahmen, z. B. das Auswechseln einer defekten Wandsteckdose gegen eine gleichartige neue Steckdose, auch gegen eine Mehrfachsteckdose, eine Rasiersteckdose mit Trenntransformator oder eine FI-Steckdose (s. Bild ), führen hingegen grundsätzlich nicht zur Aufhebung des Bestandsschutzes. Hierbei handelt es sich quasi um einen Austausch „Gleiches gegen Gleiches“ oder um eine sinnvolle Maßnahme, die der Erhöhung der Sicherheit dient. vulnerable Herzphase Zeitabschnitt eines Herzzyklus, währenddessen sich das Herz in einem vergleichsweise empfindlichen (inhomogenen) Erregungszustand befindet. In dieser relativ kurzen Phase von etwa einer Zehntelsekunde ist der Herzmuskel für äußere elektrische Reize (Stromschläge) besonders sensibilisiert. Die vulnerable (verwundbare) Herzphase ist identisch mit dem Anstieg der T-Welle (T-Zacke) im Elektrokardiogramm, s. Bild . Wird das Herz eines Menschen oder Tieres in dieser heiklen Phase durch einen externen Stromreiz erregt, so kommt es häufig zur Auslösung des sog. Herzkammerflimmerns (engl. ventricular fibrillation) - ein irregulärer Kammerautomatismus des Herzens ohne spontane Rückbildung. Das kardiale Flimmern der Kammern entspricht in seiner Wirkung einer hochfrequenten Herzerregung ohne eine effektive Blutzirkulation (Blutdruckabfall). Der Herzmuskel stellt schließlich die rhythmische Pumpwirkung und damit die lebensnotwendige Sauerstoffversorgung des Gehirns ein, s. Bild . Ohne eine sofortige qualifizierte Erste Hilfe und notärztliche Versorgung (Defibrilation) ist Herzkammerflimmern tödlich. Herzstromfaktor Faktor zur groben Abschätzung der relativen Gefahr für das Auftreten von Herzkammerflimmern infolge eines elektrischen Schlags bei verschiedenen Stromwegen im Vergleich zu dem Referenz-Fachbegriffe Was versteht man unter... 4 LERNEN KÖNNEN 11/09 Schutzkontaktsteckdose mit eingebautem FI-Schutzschalter (FI-Steckdose) Herzzyklus Aktionsbereich der Kammern a b a Erregungsausbreitung b Erregungsrückbildung (T-Welle) c vulnerable Phase Elektrokardiogramm mit Darstellung der vulnerablen Phase während eines Herzzyklus (unmaßstäblich) [3] Blutdruck EKG 400 ms 120 mm Hg Herzkammerflimmern Stromreiz Elektrokardiogramm (EKG) und Blutdruck - Auslösung von Herzkammerflimmern durch einen Stromreiz in der vulnerablen Phase [3] Nr. Stromweg Herz stromfaktor F 1 Linke Hand zu einem Fuß 1,0 oder beiden Füßen; beide Hände zu den Füßen (Referenzstromweg) 2 Rechte Hand zu einem 0,8 Fuß oder beiden Füßen 3 Linke Hand zu rechter 0,4 Hand 4 Linke Hand zum Rücken 0,7 5 Rechte Hand zum Rücken 0,3 6 Linke Hand zur Brust 1,5 7 Rechte Hand zur Brust 1,3 8 Eine Hand oder beide 0,7 Hände zum Gesäß 9 Linker Fuß zum rechten 0,04 Fuß Tafel Herzstromfaktoren F für verschiedene Stromwege im menschlichen Körper [3] G r u n d w i s s e n L e r n f e l d e r 1 - 5 stromweg: linke Hand oder beide Hände zu den Füßen. Der Herzstromfaktor F berechnet sich nach GI. (1). Er gilt für Gleichstrom ebenso wie für Wechselstrom. F = Iref /Ih (1) Iref Körperstrom im Referenzstromweg: linke Hand oder beide Hände zu den Füßen, bei dem Herzkammerflimmern auftreten kann; Körperstrom in den Stromwegen Nr. 2 bis 9 nach Tafel , bei dem mit der gleichen Wahrscheinlichkeit Herzkammerflimmern auftreten kann, wie bei dem Strom Iref im Referenzstromweg. Tritt im Falle einer Körperlängsdurchströmung: linke oder rechte Hand - beide Füße (Referenzstromweg, F = 1) mit einem Körperstrom z. B. von 80 mA Herzkammerflimmern auf, so besteht die gleiche Gefährdung bei einem Körperstrom von 200 mA im Falle einer Körperquerdurchströmung: linke Hand - rechte Hand (F = 0,4). = Iref / F = 80 mA / 0,4 = 200 mA Bei elektrischen Durchströmungen zwischen einer Hand und der Brust ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Herzkammerflimmern vergleichsweise hoch. Wenn ein elektrischer Strom z. B. von 80 mA bei einer Körperlängsdurchströmung Herzkammerflimmern erzeugen kann, so besteht die gleiche Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer solchen Herzirregularität bei den äußerst prekären Stromwegen Nr. 6 und 7 (linke oder rechte Hand - Brust) bereits bei einem Körperstrom von: = Iref /F = 80 mA/1,5 50 mA bzw. = 80 mA/1,3 60 mA. Crimpverbindung Unlösbare elektrische und mechanische Verbindung von Leitern nach DIN EN 60352-2. Zu diesem Zweck wird der elektrische Leiter auf der gesamten Presslänge in eine offene oder geschlossene Crimphülse eingelegt und sodann die Hülse mit einem handbetätigten Presswerkzeug (Crimpzange) oder einer pneumatischen Crimpmaschine unter hohem Druck zu einer dauerhaften, gasdichten Verbindung verformt. Crimpverbindungen (engl. crimped connections) sind für Leiternennquerschnitte ab 0,05 mm2 bis zu mehreren 100 mm2 möglich. Bei fein- und feinstdrähtigen Leitern ist das (lötfreie) Crimpen unter Verwendung von Aderendhülsen dem Verzinnen der Leiter zum Schutz vor dem Abspleißen der Drähte vorzuziehen. Abschaltstrom Elektrischer Strom, der zum Schutz gegen elektrischen Schlag die automatische Abschaltung der Stromversorgung innerhalb der geforderten Abschaltzeit bewirkt. Allgemeines Der Abschaltstrom Ia (engl. breaking current) zur Einhaltung der in Normen festgelegten Abschaltzeit2) beträgt bei Verwendung von Überstrom-Schutzeinrichtungen, z. B. Sicherungen oder Leitungsschutzschaltern, ein Mehrfaches des Bemessungsstroms (Nennstrom) der Schutzeinrichtung. Er lässt sich abhängig von der höchstzulässigen Abschaltzeit zum Schutz gegen elektrischen Schlag, z. B. 5 s für Verteilungsstromkreise und 0,2 s für Endstromkreise [5], aus dem Zeit-Strom-Diagramm (Auslösecharakteristik) der jeweiligen Schutzeinrichtung ermitteln. Sollen im Fehlerfall z. B. Schmelzsicherungen mit einer Bemessungsstromstärke von 16 A nach 5 oder 0,2 s ausschalten, so beträgt der Abschaltstrom gemäß Bild mithin 70 bzw. 160 A. Bei Verwendung von Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) entspricht der Abschaltstrom Ia i. Allg. dem Bemessungsdifferenzstrom IN der betreffenden Schutzeinrichtung. Dabei sind die diesbezüglichen Hinweise in DIN VDE 0100-410 [5] zur zuverlässigen Auslösung der RCDs, insbesondere in Wechselstromsystemen mit Spannungen über 230 V gegen Erde, in TT-Systemen sowie bei Verwendung selektiver, abschaltzeitverzögerter RCDs, zu beachten. Synonyme Zuweilen wird statt „Abschaltstrom“ auch der sinnverwandte Terminus „Ausschaltstrom“ verwendet. Das ist zumindest in Deutschland nicht normgerecht und somit unkorrekt. Mit „Ausschaltstrom“ bezeichnet man hierzulande i. Allg. jenen Strom, der beim Ausschalten z. B. eines Leistungsschalters infolge eines Kurzschlusses während der Ausschaltdauer3) über den erstlöschenden Pol des Schalters fließt. „Ausschaltstrom“ (Ausschaltvermögen) ist in Deutschland - anders als z. B. in Österreich, wo elektrische Anlagen und Systeme im Fehlerfall nicht abgeschaltet, sondern seit jeher ausgeschaltet werden - mithin kein Synonym für „Abschaltstrom“. R. Müller Literatur [1] DIN VDE 0100-200:2006-06 Errichten von Niederspannungsanlagen; Begriffe. [2] DIN VDE 0100 Beiblatt 2:2001-05 -; Verzeichnis der einschlägigen Normen und Übergangsfestlegungen. [3] Vornorm DIN IEC/TS 60479-1 (VDE V 0140-479-1):2007-05 Wirkungen des elektrischen Stromes auf Menschen und Nutztiere; Allgemeine Aspekte. [4] DIN VDE 0100:1973-05 Bestimmungen für das Errichten von Starkstromanlagen bis 1000 V (ungültig). [5] DIN VDE 0100-410:2007-06 Errichten von Niederspannungsanlagen; Schutzmaßnahmen; Schutz gegen elektrischen Schlag. Nach DIN VDE 0100-410:2007-06 Abschn. 411.3.3 wird in Wechselstromsystemen ein zusätzlicher Schutz durch Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs), IN 30 mA, für Steckdosen mit einem Bemessungsstrom bis 20 A gefordert. Anstelle der höchstzulässigen Abschaltzeit war früher in Deutschland der Abschaltfaktor k festgelegt. Dieser Faktor errechnete sich aus dem Verhältnis von Abschaltstrom Ia zum Nennstrom In der jeweiligen Überstrom-Schutzeinrichtung (k = Ia /In ). Er durfte z. B. am Speisepunkt einer Verbraucheranlage (Hausanschlusssicherungen) den Wert k = 2,5 nicht unterschreiten. Für Schmelzsicherungen in Endstromkreisen galt k = 3,5 und bei Verwendung träger Sicherungseinsätze ab 63 A galt k = 5 [4]. Ausschaltdauer (Ausschaltzeit, engl. break time) ist die Zeit von der Einleitung des Öffnungsvorgangs (Ausschaltverzugszeit) bis zum Ende der Lichtbogenlöschzeit. Danach ist der elektrische Stromkreis getrennt und der Stromfluss endgültig unterbunden. Fachbegriffe G r u n d w i s s e n L e r n f e l d e r 1 - 5 LERNEN KÖNNEN 11/09 0,2 70 160 Strom I Abschaltzeit 2 6 16 25 50 80 125 Zeit-Strom-Diagramm von Sicherungen
Autor
- R. Müller
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