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Gebäudeautomation | Elektrotechnik

Von der Raum- zur Gebäudeautomation

ep4/2010, 3 Seiten

Die rasante technologische Entwicklung im Bereich der Raum- und Gebäudeautomation hat dazu geführt, dass dort die Grenzen zwischen den ehemals deutlich voneinander getrennten Funktionsebenen hinter der Technik verblassen. Sie sind aber nicht verschwunden, wie die Regelwerke VDI 3813 und 3814 oder die ISO 16484 zeigen.


Gebäudeautomation mit drei Funktionsebenen Was genau ist mit dem Begriff Gebäudeautomation gemeint? Eine allgemein anerkannte Definition dazu besagt, dass eine Gebäudeautomation (GA) alle Einrichtungen zur selbsttätigen Steuerung, Regelung und Überwachung von gebäudetechnischen Anlagen sowie zur Erfassung von Betriebsdaten umfasst. Weitere wesentliche Kennzeichen sind die dezentrale Anordnung der Steuerungseinheiten (DDC) sowie die durchgängige Vernetzung mit Hilfe eines Bussystems. Die Komponenten eines GA-Systems sind in der Regel auf drei Funktionsebenen verteilt: in der Feldebene, in der Automationsebene und in der Managementebene. Die großen Fortschritte in der digitalen Steuerungs- und Regelungstechnik sowie die wachsende Komplexität der Objekte führten in jüngster Zeit jedoch dazu, dass die Grenzen zwischen den Ebenen immer undeutlicher werden. 1.1 Sensoren und Aktoren für die Feldebene Die unterste Ebene der GA, die Feldebene, wird im Wesentlichen von Sensoren und Aktoren bestimmt. Zu den Sensoren zählen beispielsweise Bewegungsmelder sowie Druck-, Temperatur-, Licht- und Feuchtefühler, zu den Aktoren unter anderem Pumpen, Lüfter und Stellantriebe (Bild ). Hinzuzurechnen sind diverse Bediengeräte. Sie alle kommunizieren über Bussysteme, von denen KNX/EIB und LON die wohl bekanntesten sind. Der Anteil der Komponenten in der Feldebene steigt in letzter Zeit, da immer häufiger Funktionen der Automationsebene mit immer leistungsfähigeren digitalen Systemen hierhin verschoben werden. 1.2 Integration auf der Automationsebene Die tragenden Komponenten der Automationsebene sind die „Direct Digital Control“- Geräte (DDC-Geräte), die in größeren Anlagen zu komplexen Automationsstationen zusammengefasst sind. Sie ähneln speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) und regeln die gebäudetechnischen Anlagen, und zwar auf der Basis der Informationen, die die Feldebene und die übergeordnete Managementebene liefern. Als Übertragungswege werden unterschiedliche Bussysteme eingesetzt. So regelt beispielsweise das System DDC4000 von Kieback&Peter (Bild ) die gebäudetechnischen Anlagen mit Hilfe der internationalen Kommunikationsstandards BACnet und LON; es kann aber auch über Ethernet kommunizieren und bietet insofern fast unbegrenzte zukunftsorientierte Möglichkeiten. Alle Systeme und Anlagen mit diesen Protokollen lassen sich nahtlos einbinden. Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 4 316 FÜR DIE PRAXIS Regelungstechnik Von der Raum- zur Gebäudeautomation W. Wilming, Ahaus Die rasante technologische Entwicklung im Bereich der Raum- und Gebäudeautomation hat dazu geführt, dass dort die Grenzen zwischen den ehemals deutlich voneinander getrennten Funktionsebenen hinter der Technik verblassen. Sie sind aber nicht verschwunden, wie die Regelwerke VDI 3813 und 3814 oder die ISO 16484 zeigen. Autor Wilhelm Wilming ist freier Fachjournalist, Ahaus. Übersicht Automationssystem DDC4000 Quelle: Kieback&Peter Typisches Gerät für die Feldebene - Stellantrieb MD 15 Foto: Kieback&Peter Die Zusammenfassung aller Komponenten zu einem Gesamtsystem vereinfacht die Überwachung und Bedienung, verbessert die Wartung, ermöglicht es, Einsparpotentiale durch Synergien zu nutzen und ist die Basis dafür, dass jederzeit umfangreiche aktuelle und historische Daten über den Anlagenbetrieb zur Verfügung stehen. Das Automationssystem kann alle Anlagen selbstständig überwachen und steuern. 1.3 GLT-System für die Managementebene Die Managementebene besteht in der Minimalausführung aus einem Bildschirm-Arbeitsplatz mit einem marktgängigen PC und einem Protokolldrucker. Hinzu kommt in der Regel ein System zur Datensicherung und redundanten Datenhaltung. In vielen Fällen gehört auch eine unterbrechungsfreie Stromversorgung zur Ausstattung. In dieser zentralen Leitwarte werden Informationen gesammelt und bei Bedarf ausgedruckt; von hier erfolgt das übergeordnete Bedienen und Beobachten der Abläufe und die Alarmierung bei Störungen. Es besteht die Möglichkeit, die Zentrale auf der Basis einer Client-Server-Architektur in mehrere Bedienstationen aufzuteilen. Als Software schieben sich mehr und mehr unabhängige Programme wie OPC und BACnet in den Vordergrund. Es gibt aber auch immer noch einige herstellerabhängige Systeme, die vielfach nicht ohne Weiteres mit anderen Programmen zusammenarbeiten können. Zum Glück bietet die Managementebene für solche Fälle in der Regel die Möglichkeit, bestehende Anlagen mit proprietären Bussystemen über Gateways in das Gesamtsystem einzubinden. Dazu ist jedoch bei den meisten Anlagen die Kooperation des Herstellers notwendig. Der Berliner Anbieter Kieback&Peter hat für die Managementebene das System „Neutrino-GLT“ im Programm (Bild ). Von dieser Leitzentrale aus kann der Nutzer alle betriebtechnischen Anlagen bedienen und überprüfen. Sie besteht, wie auch bei anderen Herstellern üblich, aus einem PC mit Bildschirm, Tastatur und Maus. Anschließen lassen sich zudem Geräte aus dem Office-Bereich wie Drucker, Modem und weitere Technik. Das System kann um zusätzliche Rechner ergänzt werden, die dann als Bedienplätze zur Fernbedienung fungieren. Die Version Neutrino-GLT 9 präsentiert sich mit ansehnlichem Bedienkomfort und einigen nützlichen Werkzeugen zur Anlagenoptimierung, Verbrauchskontrolle und Energieeinsparung. Die Oberfläche ist der Windows-Bedienoberfläche nachempfunden. Jeder Nutzer kann sein individuelles Menü mit Programmleiste als Liste oder Baum anlegen. Ein integrierter Systemmonitor informiert ständig über die eingesetzten Hardware-Komponenten, über die Netzwerkauslastung, über die Festplattenaktionen und über verfügbare Speicher. Des Weiteren lässt sich beispielsweise mit einem Mausklick die Störmeldestatistik für ein Anlagebild anzeigen - ohne vorherige Projektierung. Die Analyse von Trendkurven ist einfacher und ihre Gestaltung übersichtlicher geworden. Optionen wie Farbe und Form lassen sich direkt ändern. Dass Störmeldestatistiken Anlagen sicherer machen können, ist nicht neu. So besteht die Möglichkeit festzustellen, wann ein Fehler erstmalig aufgetreten ist und wie oft er sich wiederholt hat. Die aufgelaufenen Störmeldungen sind in einer Datenbank gespeichert, sodass die Statistik für jeden Zeitraum rückwirkend erstellt werden kann. Mit der Funktion „Intervalldruck“ liefert die GLT auf Wunsch automatisch zyklische Dokumentationen. Alle Statistiken lassen sich auch in CSV-Tabellen darstellen, sodass sie direkt für Office-Programme zur Verfügung stehen. Eine weitere technische Finesse: Wichtige Meldungen können übers Telefon oder über Lautsprecher ausgegeben werden. Regelungstechnik FÜR DIE PRAXIS S5/S7 für Windows® mit Oszilloskop-Funktion t Frei konfigurierbare Bedienoberfläche t STEP® 5- und STEP® 7-Projekte können direkt (ohne Im-/Export) bearbeitet werden t Onlinezugriffe über alle S5/S7 Schnittstellen t Integrierte S5- und S7-Simulation t Baugruppenbezogener Querverweis t Automatische Störungsdiagnose t Archivierungs- und Wiederherstellungsfunktionen für SPS-Steuerungen t Archivierung/Dearchivierung von STEP®7-Projekten t Rückverfolgung von Signalen (Operanden) Turmstraße 77 | D-64743 Beerfelden | Hotline (06068) 3001 | Verkauf (06068) 3002 | Fax (06068) 3074 | info@IBHsoftec.de | www.IBHsoftec.de Windows ist eine eingetragene Marke der Microsoft Corporation. Step5, Step7 sind eingetragene Warenzeichen der Siemens AG. Neutrino-GLT für das umfassende Gebäudemanagement Quelle: Kieback&Peter Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 4 318 FÜR DIE PRAXIS Regelungstechnik VDI-Richtlinie 3814 Für den Planer und Installateur einer Gebäudeautomation wird es hilfreich sein, sich eingehend mit der VDI-Richtlinie 3814 zu beschäftigen. Sie gilt, so die Mitteilung des VDI, für Einrichtungen, Software und Dienstleistungen zur automatischen Steuerung und Regelung, Überwachung, Optimierung und Bedienung sowie für das Management zum energieeffizienten und sicheren Betrieb der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA). Sie wird in sechs Blättern herausgegeben. Blatt 1 (Ausgabe 2009-11) legt die Systemgrundlagen der GA fest. Blatt 2 will Fachplanern, Bauherren, Behördenvertretern und ausführenden Firmen in allen Phasen der Planung und Errichtung von Gebäuden die Möglichkeit geben, sich einen Überblick über die jeweils zu beachtenden Regelwerke mit Bezug auf die Gebäudeautomation zu verschaffen. Zu diesem Zweck listet es die geltenden Gesetze, Verordnungen und technischen Regeln zur Gebäudeautomation auf. Die weiteren Blätter geben Hinweise für die Planung, den Betrieb und die Instandhaltung (3), Hinweise zur Anbindung von Fremdsystemen mit Hilfe von Kommunikationsprotokollen (4) und Hinweise zur Systemintegration (5). Blatt 6 schließlich behandelt die grafische Darstellung von Steuerungsaufgaben. Energie sparen mit Raumautomation Etwa 40 % des weltweiten Energieverbrauchs entfällt auf die Beheizung, Belüftung, Kühlung und Beleuchtung von Gebäuden; der Großteil davon wiederum wird in Räumen verbraucht. So ist es kein Wunder, dass sich die Raumautomation, eine Teildisziplin der Gebäudeautomation, als Ansatz zum Energiesparen erfolgreich in den Vordergrund geschoben hat. Mit ihrer Hilfe lassen sich gewerkeübergreifende Automationsfunktionen und -aufgaben innerhalb von Räumen ausführen (Bild ). Sie stellt ein integriertes System dar, das die einst getrennten Anlagen zur Beleuchtungs-und Sonnenschutzsteuerung sowie Raumklimaregelung zusammenfasst. Ein kurzer Überblick über mögliche Regelungsvorgänge: Sensoren erfassen Temperatur, Luftqualität und Lichtverhältnisse im Raum; sie registrieren die Anwesenheit von Personen und kontrollieren den Status von Fenstern. Aktoren lösen auf der Basis dieser gesammelten Daten diverse Raumautomationsfunktionen aus. Sie dimmen das Licht oder schalten es je nach Bedarf ein oder aus; sie regeln Heizung und Lüftung nach voreingestellten Sollwerten oder nach individuellen Vorgaben; sie halten die Raumautomation über die integrierte Anwesenheitskontrolle in Funktion oder schalten sie in Stand-by-Betrieb; bei geöffnetem Fenster stellt die Heizung ihre Arbeit ein. Die Raumautomation beherrscht aber nicht nur bedarfsgerechte Regelung, sondern hilft auch, die natürliche Energie der Sonne zu nutzen: So kann eine intelligente Ansteuerung der Jalousien und deren Lamellen einen optimal hohen Anteil an Tageslicht in den Raum leiten und auf diese Weise Kosten für künstliche Beleuchtung, Heizung und Klimatisierung reduzieren. Generell lässt sich sagen: Raumautomation dient dem Ziel, Energie zu sparen - und zwar ohne Komforteinbuße. Die Voraussetzung für eine energieeffiziente Raumautomation ist, dass die benötigten Komponenten störungsfrei miteinander kommunizieren können. Der Markt bietet hier unterschiedliche Lösungen; grundsätzlich lässt sich eine Unterscheidung treffen zwischen kabelgebundenen und funkbasierten Automationen. Die Produkte der Technolon-Familie von Kieback&Peter beispielsweise arbeiten auf der Basis des Bussystems LON, benötigen also eine Verkabelung. Zur Produktfamilie gehören unter anderem Raumbedienmodule, Raumregler mit Bedienfunktion und Regler für Jalousien- und Lichtsteuerung. Das System kommuniziert problemlos mit allen anderen LON-Komponenten. Die funkbasierte Technolink-Lösung wird bevorzugt dort eingesetzt, wo Kabel zur Datenübertragung oder zur Stromversorgung stören würden oder wo flexible Raumautomationslösungen realisiert werden sollen. Die Technolink-Messwertgeber nutzen die Enocean-Funktechnologie und beziehen ihre Energie aus dem Umgebungslicht. Das System eignet sich sowohl für die Nachrüstung von Altbauten als auch für neue Gebäude mit viel Glas- und Sichtbetonflächen oder flexiblen Grundrissen. VDI-Richtlinie 3813 Selbstverständlich gibt es auch für die Raumautomation eine Richtlinie, die dem Planer bei seiner Arbeit helfen kann: die VDI-Richtlinie 3813. Sie legt gewerkeübergreifend alle verfügbaren Funktionen fest - als Grundlage für eine einheitliche Planung und Ausführung auf Basis einer durchgängigen Beschreibungssystematik. Es sei davon auszugehen, so die verantwortliche VDI-Gesellschaft Technische Gebäudeausrüstung, dass bei konsequenter Anwendung der Richtlinie durch die Standardisierung von Prozessen, Software und Tools die Wertschöpfung der beteiligten Unternehmen steigen und die Investitions- als auch die Betriebskosten der Bauherren sinken werden. Die Richtlinie, so heißt es im Begleittext, gilt ausschließlich für Anwendungen der Raumautomation im Bereich der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) und dient zur Bedarfsplanung im Sinne der DIN 18205. Die VDI 3813 wird in zwei Blättern herausgegeben. Blatt 1 dient zum Einstieg in das Thema Raumautomation. Besonders der neue Denkansatz, die Funktionalität eines Gebäudes vom Raum her zu definieren, habe die Akzeptanz der Gebäudeautomation bei Bauherren und Betreibern deutlich steigern können, teilte die VDI-Gesellschaft mit. Dieser erste Teil der Richtlinie soll den Dialog zwischen den Beteiligten fördern, um unabhängig von der technischen Umsetzung die Basis für ein Qualitätsmanagement zu schaffen. Blatt 2 der Richtlinie VDI 3813 legt gewerkeübergreifend die Funktionen der Raumautomation in der TGA fest. So schaffe die Richtlinie die Grundlage für eine einheitliche Planung und Ausführung auf Basis einer durchgängigen Beschreibungssystematik, heißt es bei der VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik. Die Beschreibung der Raumautomations-Funktionen erfolgt dabei unabhängig von Technologien. Die technologische Umsetzung kann nach wirtschaftlichen, technischen oder strategischen Kriterien erfolgen. Fazit Weltweit wird 40 % aller Energie in Gebäuden verbraucht. Hier setzt die Raum- und Gebäudeautomation an. Mit ihr gelingen Energieeinsparungen von bis zu 30 % - ohne Komfortverlust. Erforderlich sind dazu offene Automationssysteme, die miteinander kommunizieren können. Leider gibt es aber immer noch proprietäre Systemarchitekturen und -programme, die eine Kommunikation zu anderen Automationsgeräten behindern. Die VDI-Richtlinien 3813 und 3814 sowie die „Weltnorm“ ISO enthalten Spezifikationen, die in Zukunft solch herstellerabhängige Regelungsprogramme überflüssig machen können. Mit dem Einzelraumregler Desigo RX von Siemens lässt sich nach Unternehmensangaben bis zu 14 % Energie einsparen Foto: Siemens

Autor
  • W. Wilming
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