Grundwissen
Verlustbehaftete Spulen und Kondensatoren
luk10/2009, 4 Seiten
LERNEN KÖNNEN 10/09 Reale und ideale Elemente Die elektrischen Erscheinungen sowohl im Gleichstrom- als auch im Wechselstromkreis können prinzipiell auf · elektrische Erscheinungen im Leiter · elektrische Erscheinungen im Nichtleiter und auf · elektromagnetische Erscheinungen zurückgeführt werden. Diese Erscheinungen werden in den Schaltelementen durch die typischen Bau-und Konstruktionsgrößen · Widerstand R, · Kapazität C und · Induktivität L repräsentiert. Die oben genannten Erscheinungen treten stets gleichzeitig, jedoch mit unterschiedlicher Intensität auf. Zum besseren Verständnis des Verhaltens der realen Spulen und realen Kondensatoren im Wechselstromkreis werden die für diese Bauelemente nicht typischen Erscheinungen vernachlässigt. Dadurch werden die ideale Spule im Sprachgebrauch zur Induktivität und der ideale Kondensator zur Kapazität. Im Wechselstromkreis wirken sie in Abhängigkeit von der Frequenz der Spannung und des Stromes als induktive bzw. kapazitive Blindwiderstände XL oder . Bei der · idealen Spule wird der Stromkreis mit induktiver Blindleistung QL und bei dem · idealen Kondensator mit kapazitiver Blindleistung QC belastet. Blindleistung bedeutet, dass die zeitbezogene Energie von der Wechselstromquelle zum Blindwiderstand strömt, in ihm kurzzeitig im magnetischen bzw. im elektrischen Feld gespeichert wird und bei Abbau des Feldes zur Stromquelle zurückströmt. In beiden Fällen sind Wechselspannung und -strom gegenseitig um 90° phasenverschoben. Ersatzschaltungen Ideale Spulen und Kondensatoren sind technisch nicht oder nur annähernd realisierbar, da insbesondere jeder elektrische Leiter widerstandsbehaftet ist und sich bei Stromdurchgang erwärmt. Technische Spulen und Kondensatoren weisen Verluste auf. Neben der Blindleistung wird der Wechselstromkreis deshalb auch mit Wirkleistung belastet, die als Wärmeenergie aus dem Stromkreis austritt (Tafel ). Das Verhältnis der den Stromkreis belastenden Wirk- und Blindleistungen ist sowohl von der Frequenz der Wechselspannung als auch von den Konstruktionsparametern L, R und C der Schaltelemente abhängig. Um solche in ihrem Verhalten analysieren zu können, stellt man sie ersatzweise als mehr oder weniger komplizierte Schaltungen idealer Schaltelemen-LERNEN KÖNNEN 10 · 2009 In der Montageanweisung eines Anlagenherstellers heißt es: „Beachten Sie bei der Realisierung des Berührungsschutzes durch die Abdeckung der Spulen und Kondensatoren, dass Wärmestau entstehen kann“. Nicht nur Kapazität und Induktivität der realen Schaltelemente bestimmen ihr Verhalten im Wechselstromkreis, ebenso wichtig sind ihre Verlustgrößen. INHALT Wechselstrom Verlustbehaftete Spulen und Kondensatoren ........................1 Fachbegriffe Was versteht man unter ... .............5 Software Programmentwurf mit Struktogrammen ......................7 Antennentechnik Satellitenempfang (4) ....................9 Arbeitssicherheit Beleuchtung am Arbeitsplatz (2) ..11 Fremdsprache Technisches Englisch ...................13 WISO Wirtschafts-, Sozial- und Gemeinschaftskunde....................13 Fachtest Lernfeld 4 ....................................14 Lernfeld 8 ....................................15 Lösungen.....................................16 Grundwissen Lernfelder 1-5 Fachwissen Lernfelder 6-13 Prüfung Lernfelder 1-13 Verlustbehaftete Spulen und Kondensatoren ELEKTROPRAKTIKER-Magazin für die Aus- und Weiterbildung Belastung des reale Schaltelemente Wechselstrom- ideale Schaltelemente kreises mit als mit als den Konstruktions- Grundschaltelemente parametern verlustbehaftete induktiver induktiver L Spulen Blindleistung QL Blindwiderstand XL R Wirkleistung P Wirkwiderstand R C Kondensatoren kapazitiver kapazitiver Blindleistung QC Blindwiderstand XC Tafel Wechselstromkreis belastet mit Blindleistung und Wirkleistung, die als Wärmeenergie aus dem Stromkreis austritt te dar. Die Ersatzschaltungen können dann mit wenig Aufwand berechnet werden, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: 1. Induktivität L, Wirkwiderstand R und Kapazität C sind frequenzunabhängig. 2. Der Betrag des Scheinwiderstandes Z ist unabhängig von Spannung oder Stromstärke, damit linear. Ersatzschaltung der Spule Durch den ohmschen Widerstand der Spulenwicklung, abhängig von Drahtquerschnitt, -länge (Windungszahl) und Werkstoff, erwärmt sich bei Stromdurchgang die Wicklung. Mit einem Eisenkern entstehen zusätzlich Ummagnetisierungs- und Wirbelstromverluste. Wenn nur im linearen Teil der Magnetisierungskurve aufmagnetisiert wird, können die Eisenverluste wie die Wicklungsverluste einem linearen Verlustwiderstand, dem Wirkwiderstand R zugeordnet werden. Vergleicht man das Verhalten einer Spule an Gleichspannung mit dem an Wechselspannung, wird deutlich, dass bei gleichen Spannungsbeträgen die Stromstärke bei Wechselspannung wesentlich kleiner ist. Neben dem ohmschen Widerstand der Spulenwicklung ist zusätzlich der induktive Blindwiderstand wirksam, der den Gesetzmäßigkeiten des Stromkreises entsprechend in Reihe geschaltet sein muss. Die Ersatzschaltung einer verlustbehafteten Spule ist eine Reihenschaltung aus Wirkwiderstand R und frequenzabhängigem Blindwiderstand XL (Bild ). Die in der Ersatzschaltung der Spule eingezeichneten Spannungsfälle UR und UL können messtechnisch nicht bestimmt werden, denn die Trennung der Widerstände R und XL ist nur eine gedankliche Abstraktion. Ersatzschaltung des Kondensators Im Gegensatz zur Gleichspannung kann bei Wechselspannung im Kondensatorkreis ein Strom gemessen werden. Dieser zur Spannung um 90° phasenverschobene Strom kennzeichnet die den Wechselstromkreis belastende Blindleistung. Bei einer genauen Analyse ist nachweisbar, dass zusätzlich ein geringer Betrag elektrische Energie zur periodischen Elektronenverschiebung im Dielektrikum aufgewendet werden muss. Dieser Betrag erwärmt das Dielektrikum und tritt damit als zeitbezogene Wirkenergie aus dem Stromkreis aus. Das Ersatzschaltbild eines verlustbehafteten Kondensators besteht somit aus dem kapazitiven Blindwiderstand und dem Wirkwiderstand R. Dieser ist nicht messbar, sondern ein als physikalische Größe angegebener Rechenwert, der die Verluste widerspiegelt und parallel zu liegt (Bild ). Die im Ersatzschaltbild eingezeichneten Teilströme IC und IR sind analog den Spannungsfällen der verlustbehafteten Spule nicht messbar. Verlustgrößen Die Verluste realer Spulen und realer Kondensatoren können zu unerwünschten Erwärmungen von Schaltkreisteilen führen. Entsprechende Größen müssen deshalb diese Verluste kennzeichnen. Sie durch den Betrag der Wirkleistung P des Spulen- oder Kondensatorkreises anzugeben, lässt einen Vergleich unterschiedlicher Schaltelemente nicht zu. Ähnlich wie der Wirkungsgrad bei Energieumwandlungen ist eine Bezugsgröße zu finden. Dazu werden drei Schaltelemente verglichen, deren Leistungszeiger im Bild dargestellt sind. Aus den Größenbeziehungen der Tafel können die nachstehenden Schlussfolgerungen gezogen werden: · Die Verluste des 2. und 3. Schaltelementes sind größer als die des 1. · Der relative Bindleistungsunterschied zwischen dem 2. und dem 1. Schaltelement ist gleich dem relativen Wirkleistungsunterschied beider Schaltelemente. Hinsichtlich ihrer Verluste sind damit beide Schaltelemente gleichwertig. · Da die Blindleistungsaufnahme des 3. Schaltelementes gleich die des 1. ist, sind die relativen Verluste des 3. größer als die des 1. Zusammenfassend wird durch Bild bestätigt, dass der Verlustwinkel die Größe ist, durch die die Verluste der Schaltelemente bewertet werden können. Auch in den Zeigerbildern der Ersatzschaltungen (Bild ) findet sich der Verlustwinkel wieder. Der Verlustwinkel ist der Winkel, um den sich der Phasenverschiebungswinkel = 90° der idealen Schaltelemente durch die Verluste der realen Schaltelemente verringert. Der Verlustwinkel und der Phasenverschiebungswinkel zwischen Strom und Spannung sind Komplementwinkel, deren Summe 90° beträgt: + = 90°. Wechselstrom G r u n d w i s s e n L e r n f e l d e r 1 - 5 2 LERNEN KÖNNEN 10/09 UR UL Ersatzschaltung der verlustbehafteten Spule Ersatzschaltung des verlustbehafteten Kondensators S1 S3 1 = 2 P1 P1 P3 Schaltelemente 1 und 2 Schaltelemente 1 und 3 Zeigerdiagramme zur Bewertung der Verluste I IC Schaltelement 1 und 2 Schaltelement 1 und 3 > P1 Wirkleistung P3 > P1 (Verluste) > Q1 Blindleistung Q3 = Q1 = 1 Phasenverschiebungs- 3 < 1 winkel = 1 Verlustwinkel 3 > 1 Tafel Größenbeziehungen unterschiedlicher Schaltelemente Verlustwinkel in den Zeigerdiagrammen der Ersatzschaltungen Häufiger wird der Tangens des Verlustwinkels angegeben als Verlustfaktor: . (1) Mit den Spannungs- bzw. Stromgrößen des Bildes gelten: Verlustfaktor für Spulen (2) Verlustfaktor für Kondensatoren (3) Die Verlustfaktoren von Spulen sind wesentlich größer als die der Kondensatoren. Die Hersteller von Bauelementen geben bevorzugt die Güte als Kehrwert des Verlustfaktors an, speziell als Spulengüte (4) und als Kondensatorgüte . (5) Alle Verlustgrößen der realen Spulen und Kondensatoren sind frequenzabhängig. Äquivalente Ersatzschaltungen In der Darstellung von Strom und Spannung als ruhende Zeiger sind durch entsprechende Maßstäbe die Effektivwerte als Zeigerlängen und die gegenseitige Phasenverschiebung durch den Winkel zwischen den Zeigern festgelegt. Da vereinbarungsgemäß die Bezugsgröße frei wählbar und waagerecht nach rechts zeigend in die Zeichenebene darzustellen ist, ergeben sich zwei gleichbedeutende Aussagen für Spannung und Stromstärke (Tafel ). Da beide Schaltungen aus der allgemeinen Darstellung der Spannungs- und Stromzeiger entwickelt wurden, müssen sie äquivalent (gleichwertig) sein, das heißt die Beträge der Scheinwiderstände Z und der Scheinleistungen S, wie auch die der Wirkleistungen P und Blindleistungen Q müssen gleich sein. Mit den Gesetzmäßigkeiten der Gleichstromtechnik ist leicht nachweisbar, dass die Gesamtwiderstände von Reihen- und Parallelschaltung nur dann gleich sind, wenn die Einzelwiderstände der Parallelschaltung andere Beträge als die der Reihenschaltung haben. Wird der Scheinwiderstand als Gesamtwiderstand betrachtet, sind die Ersatzwiderstände Rr und Xr der Reihenersatzschaltung in die der Parallelersatzschaltung umzurechnen. Umrechnen der Ersatzwiderstände Der Phasenverschiebungswinkel zwischen Strom und Spannung ist in beiden Ersatzschaltungen gleich. Sein Kosinus ist für die Reihenersatzschaltung gleich dem Widerstandsverhältnis und für die Parallelersatzschaltung gleich dem Leitwertverhältnis Index r für Größen der Reihenersatzschaltung Index p für Größen der Parallelersatzschaltung Mit Gp = 1/Rp und Yp = 1/Zp sowie = Zp = Z ist Rr /Z = Z/Rp , das Produkt der Wirkwiderstände der Ersatzschaltungen gleich dem Quadrat des Scheinwiderstandes · Rp = Z2 . (6) Entsprechend ergibt sich mit dem Sinus des Phasenverschiebungswinkels für die Blindwiderstände und , dass das Produkt der Blindwiderstände der Ersatzschaltungen gleich ist dem Quadrat des Scheinwiderstandes: · Xp = Z2 . (7) Führen wir in Gleichung (6) für Z2 = Rr ein, ist und mit dem Quadrat der Gütegröße der Wirkwiderstand der Parallelersatzschaltung = Rr · (1 + Q2 ). (8) = = = + + + = = = = = = = = = = = = = = = = = = Wechselstrom LERNEN KÖNNEN 10/09 G r u n d w i s s e n L e r n f e l d e r 1 - 5 allgemeine Darstellung Bezugsgröße I Bezugsgröße U Darstellung unter Beachtung der Bezugsgröße Die Spannung U eilt Der Strom I eilt der dem Strom I um den Spannung U um den Phasenwinkel Phasenwinkel voraus. nach Zerlegung der lageabhängigen Größe in eine mit der Bezugsgröße phasengleiche Komponente und eine um 90 ° verschobene Die geometrische Addition (^ +) der Spannungs- bzw. Stromkomponenten ergibt den entsprechenden Effektivwert der Gesamtgröße. Nach dem Gesetz der Spannungs- Gesetz der Stromteilung ist teilung ist Diese kirchhoffschen Gesetze sind wirksam in der Reihenschaltung Parallelschaltung von Widerständen von Widerständen. = + = + U I Tafel Ableitung äquivalenter Ersatzschaltungen Aus der Gleichung (7) entsteht und mit dem Quadrat des Verlustfaktors die Gleichung des Blindwiderstandes der Parallelersatzschaltung: = Xr · (1 + d2 ). (9) Mit den Gleichungen (8) und (9) können auch die Beträge von Rr und Xr berechnet werden, da in beiden Ersatzschaltungen Güte Q und Verlustfaktor d gleich sind. Für Bauelemente mit der Güte Q 10 bzw. mit dem Verlustfaktor d 0,1 können aus den Gleichungen (9) und (10) Näherungsformeln abgeleitet werden: (11) Bei einem Phasenverschiebungswinkel zwischen Strom und Spannung größer als etwa 85° entsteht mit den Näherungsformeln ein relativer Fehler, der kleiner als 1 % und damit vernachlässigbar ist. Auf ein Umrechnen der Blindwiderstände kann verzichtet werden. Anmerkung: Die Zeigerdarstellungen in der Tafel sind Spulen zuzuordnen, da der Strom der Spannung nacheilt. Die aus den Zeigerdarstellungen für äquivalente Reihen- und Parallelersatzschaltungen abgeleiteten Gleichungen (7) bis (11) gelten auch für verlustbehaftete Kondensatoren. Reihen- und Parallelschaltung Werden Spulen und Kondensatoren als ideale Schaltelemente angesehen, gelten für Reihen- und Parallelschaltung die gleichen Gesetzmäßigkeiten wie für ohmsche Widerstände. Die Widerstandsgröße R ist lediglich durch die Blindwiderstände XL oder XC zu ersetzen. Da bei verlustbehafteten Schaltelementen der Scheinwiderstand aus einer Blind-und Wirkgröße mit unterschiedlichen Verlust- bzw. Phasenverschiebungswinkeln besteht, können die Gesamtgrößen der Schaltungen nicht durch arithmetische Berechnungen bestimmt werden. Der Rechenaufwand wird dann minimiert, wenn die Reihenschaltung der realen Schaltelemente als die in Serie geschalteten Reihenersatzschaltungen der einzelnen Schaltelemente angesehen wird (Tafel ). Sind die realen Schaltelemente dagegen parallel geschaltet, müssen zuerst die entsprechenden Größen der äquivalenten Parallelersatzschaltung der einzelnen Schaltelemente berechnet werden (Tafel Fazit Die Verlustgrößen realer Spulen und realer Kondensatoren sind für den Elektropraktiker ebenso wichtig wie die typischen Größen Induktivität und Kapazität. In Steuerschränken und Kondensatoranlagen muss bei der Anordnung dieser Schaltelemente auf engem Raum die Verlustwärme sicher abgeführt werden. Die resultierenden Größen von Reihen-und Parallelschaltungen der Schaltelemente können dann mit relativ minimalem Aufwand bestimmt werden, wenn die aus den äquivalenten Ersatzschaltungen abgeleiteten Widerstandsgrößen der einzelnen Schaltelemente den entsprechenden Schaltungen zugeordnet werden. H. Spanneberg = + = = ( ) ( ) + + Wechselstrom G r u n d w i s s e n L e r n f e l d e r 1 - 5 4 LERNEN KÖNNEN 10/09 Schaltelement 1 in Reihe zu Schaltelement 2 in Reihe zu Schaltelement 3 Größen der Gesamtschaltung Rr1 Rr2 Rr3 = R = Rri + + Xr1 Xr2 Xr3 = X = Xri Index i = 1; 2; 3; ... Scheinwiderstand Stromstärke I = U/Z Verlustfaktor = = = + Tafel In Serie geschaltete Reihenersatzschaltung einzelner Schaltelemente Schaltelement 1 || zu Schaltelement 2 || zu Schaltelement 3 Größen der Gesamtschaltung + + Index i = 1; 2; 3; ... Scheinleitwert Stromstärke I = U · Y Verlustfaktor = = = + = + Tafel Äquivalenten Parallelersatzschaltung einzelner Schaltelemente
Autor
- H. Spanneberg
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