Elektrotechnik
Ursachen mangelnder Netzqualität auf der Spur
ep4/2005, 1 Seite
Auswirkungen auf Haushaltsgeräte In dem Ortsnetz in Weischau im Landkreis Coburg beschwerten sich viele Bürger, dass ihre Radiowecker eine falsche Uhrzeit zeigten oder Waschmaschinen das Waschprogramm zu früh beendeten. Daraufhin wurde mit einer Memobox 800 eine Standardanalyse der Spannungsqualität nach DIN EN 50160 „Merkmale der Spannung in öffentlichen Elektrizitätsversorgungsnetzen“ durchgeführt, siehe auch [1]. Die Messergebnisse zeigten lediglich einen erhöhten Flickerpegel (Bild ). Symptome analysieren und Fehlerquellen eingrenzen Das Auftreten der Störungen zu ganz bestimmten Zeiten ließ auf ein kleineres Maschinenbau-Unternehmen schließen, das eine Drehmaschine mit einem 21,8-kW-Synchronmotor betreibt, dessen Drehzahl über einen Frequenzumrichter geregelt wird. Der Arbeitsablauf erfordert ein häufiges Wechseln zwischen Rechts- und Linkslauf sowie das Herunterschalten von einer hohen auf eine niedrige Drehzahl (4700...540 min-1). Die hierbei entstehende Bremsenergie wird in das Netz gespeist. Ergebnisse durch Messungen belegen Aufgrund dieses Profils wurde mit einem Transienten-Rekorder vom Typ Topas 1000 eine eintägige Netzanalyse am Anschlußpunkt des Unternehmens durchgeführt. Der Analysator wurde entsprechend den Grundlagen der EN 50160, VDE 0839 Teil 2-2, VDE 0160 Teil 100, VDE 0558 Teil 1 und VDE 0110 Teil 1 eingestellt. Die Messung nach EN 50160 wurde ebenfalls durchgeführt, in Anbetracht der Messdauer von einer Woche jedoch nicht statistisch ausgewertet. Die Oszillogramme zeigten, dass bei Betrieb eines B-6-Stromrichterantriebs die Sinusformabweichung die Grenze von 20 % des Scheitels der Spannungs-Grundschwingung deutlich überschritt, also um mindestens 65 V zwischen Leiter und Erde. Je nach Steuerwinkel des Stromrichters reichten die Spannungseinbrüche von nahe dem natürlichen Nulldurchgang der Versorgungsspannung bis nahe dem Scheitelpunkt. Während die Kommutierungseinbrüche nahe dem Scheitelpunkt der Spannung von einem transienten Überschwingen der Netzspannung begleitet wurden, verursachten die Spannungseinbrüche in der Flanke der Versorgungsspannung mitunter zusätzliche Nulldurchgänge (Bilder und ). Einige Uhren nutzen Nulldurchgänge des Sinus Somit stand fest: Die Ursache ist ein B-6-Stromrichterantrieb mit unzulässig hohen Kommutierungseinbrüchen, der im Netz zusätzliche Nulldurchgänge erzeugt. Dadurch ist es möglich, dass Uhren und Zeiterfassungssysteme, die zur Synchronisation Nulldurchgänge des Spannungssinus verwenden, beeinflusst oder Waschmaschinen beeinträchtigt werden, deren Steuerungen Schaltbefehle über Impulse absetzen. Der Betreiber der Anlage musste eine Drossel in die Einspeisung der Anlage installieren. Dadurch wurden die Kommutierungseinbrüche etwas reduziert, die Grenzwerte jedoch immer noch weit überschritten. Die Ursache hierfür ist vermutlich in der Auslegung des Filters durch den Hersteller zu finden. Das Frequenzband des Filters lag etwas oberhalb der vom Stromrichter erzeugten Netzrückwirkungen. Um den Mangel gänzlich zu beheben, kamen der Hersteller der Zerspanungsmaschine, der Betreiber und der Betriebselektriker in der Absicht zusammen, einen geeigneten Filter zu installieren und abzustimmen. Literatur [1] Blum, J.; Meyer, H.-D.; Trefzer, G.: Analyse mysteriöser Störungen, Elektropraktiker Berlin 56 (2002) 11, S. 932. J. Blum, B. Kübrich Elektropraktiker, Berlin 59 (2005) 4 306 AUS DER PRAXIS 350 250 200 150 100 -50 -100 -150 -200 -250 -300 -350 UL1 110 -10 -30 -50 -70 -90 -110 IL1 0 40 80 120 160 200 240 ms 320 Zeit Spannung und Strom für L1 am Anschlusspunkt der Maschine 400 300 250 200 150 100 -50 -100 -150 -200 -250 -300 -350 -400 100 110 120 130 140 150 160 170 180 ms 200 UL1 Zeit Kommutierungseinbrüche der Spannung L1 nahe dem Nulldurchgang Quelle: Fa. Lem Spannungsänderungen Ereignis Unterbrechungen Oberschwingungen Unsymmetrie Signalspannungen Netzfrequenz Flicker Grenzwert Default GWD max. 95 % 99,5 % 0 % Außer dem Flicker-Pegel liegen die Messergebnisse innerhalb der Norm Ursachen mangelnder Netzqualität auf der Spur Die moderne Messtechnik liefert einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Spannungsqualität im Niederspannungsnetz. Es können Aussagen über die einzelnen Merkmale der Spannung getroffen und Ursachen mangelnder Qualität aufgedeckt werden. Anhand einer Störung im Ortsnetz Weischau wird die Komplexität der Thematik deutlich.
Autoren
- J. Blum
- B. Kübrich
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