Gebäudesystemtechnik
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Elektrotechnik
Umweltentlastend schalten
ep12/2007, 2 Seiten
Kabellos ist nahezu selbstverständlich Mehrere Beiträge beschrieben in den letzten Jahren die Anwendungen der Funktechnik und deren Grundlagen [1][2][3][4]. Der Wireless Technologies Kongress am 18. und 19. September 2007 in Stuttgart bot einen umfassenden Überblick über kabellose Kommunikation, technologische Grundlagen sowie Entwicklungen und belegte, dass der Einsatz kabelloser Technologien in den letzten 10 Jahren nahezu selbstverständlich geworden ist und ein dynamisches Wachstum erreicht hat. Die Menge der eingesetzten Lösungen ist vielfältig und teilweise sehr einsatzspezifisch. Zusammengefasst besteht der Ansatz darin, Funksender bereitzustellen, die bei minimaler Eingangsenergie mit Sicherheit ein verwertbares Signal zu einem mehr oder weniger entfernt angeordneten Leistungsverstärker senden können. Prozessenergie liefert Eingangsenergie Üblicherweise wird die Eingangsenergie zum Erzeugen des Funksignals durch Batterien bereitgestellt. Bei den im Folgenden dargestellten Anwendungen mit der Technik von Enocean wird die Eingangsenergie nicht mit Batterien bereitgestellt, sondern mit unterschiedlichen Prozessenergien, die im einfachsten Fall durch Drücken eines Tasters gewonnen werden können - Funktionsprinzip in Bild . Aber auch Solarenergie, Wärmeenergie und Schwingungsenergie werden heute angewandt oder könnten zukünftig genutzt werden. In Studien werden sogar die Energiegewinnung aus Haut- oder Maschinentemperaturen, täglichen Temperaturänderungen, Luftdruckschwankungen, Muskelkontraktionen, Blutzucker oder organischem Material (z. B. einer Fliege) diskutiert. Die so genannte ultra-low-power-Technologie ermöglicht es derzeit, ein in Luft 300 m reichendes Signal mit einer Sendeleistung von lediglich 10 mW oder sogar weniger zu übertragen. Der beachtliche Übertragungsweg lässt sich erreichen, weil der gesamte Signalübertragungs-Prozess von Auslösung, Durchführung und Abschluss in nur 1 ms erfolgt. Da die durchschnittliche Feldstärke gering ist, steht auch dem Einsatz in weiteren Ländern, insbesondere den USA und Kanada nichts im Wege. Anpassungen an andere Frequenzbänder sind in Vorbereitung. Zur Erhöhung der Übertragungssicherheit wird ein Datentelegramm mit Checksumme zur Fehlerkontrolle zufallsgesteuert zweimal wiederholt gesendet. Die ultrakurzen Telegramme der Funkmodule oben genannten Herstellers gewährleisten den Betrieb einer großen Anzahl von benachbarten Sendern, wobei die Fehlerrate durch Telegrammkollisionen sehr niedrig bleibt. Durch diese Grundprinzipien können hunderte Funkschalter und Funksensoren auf engstem Raum installiert und parallel betrieben werden. Die Technik dieses Herstellers ist (zum Teil weltweit) durch Patente geschützt - von 1997 bis 2004 wurden 18 Patente erteilt. Integrationspartner in vielen Ländern haben diese Technologie übernommen und entwickeln hiermit Geräte für unterschiedliche Einsatzbereiche. Schwerpunkt war anfangs die Gebäudetechnik und Gebäudeautomation. Zunehmende Bedeutung erlangen die industrielle Produktion und die Automobiltechnik. Die Technologie ist derzeit einmalig und das Verfahren quasi zum internationalen Standard geworden. Unabhängig von kommerziellen und technologischen Vorteilen führt der Einsatz von batterielosen Schaltern zu einer geringeren Umweltbelastung. Nachstehend werden die wesentlichen Vorteile erläutert [5]: · Reduzierung von Hochfrequenzemissionen, · Reduzierung von Leitungs- und Installationsmaterial · Reduzierung von Stemmarbeiten und · Vermeidung von Batterien. Umweltschutz durch batterielose Schalter Seit Juni 2003 liegt ein Gutachten vom Institut für ökologische Forschung und Bildung (ECOLOG) zu den Hochfrequenzemissionen der Funkschalter von Enocean vor [6]. Bei dieser Untersuchung wurden Messungen an zwei Doppel-Funkschaltereinheiten durchge- Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 12 1106 FÜR DIE PRAXIS Gebäudetechnik Umweltentlastend schalten W.-D. Sieberth, Berlin Die batterielose Funktechnik hat sich rasant entwickelt. So produzieren beispielsweise derzeit über 60 Hersteller über 200 Produkte, die eine der lizenzierten Grundtechniken des Herstellers Enocean verwenden. Nachfolgend wird gezeigt, wie sich durch den Einsatz batterieloser Schalter und Sensoren Ressourcen schonen lassen und die Umwelt entlasten lässt. Autor Dipl.-Ing. Wulf-Dietrich Sieberth ist freier Fachautor, Berlin. Sensorik Energiewandler Prozessor (Signalvorverarbeitung) HF-Transmitter Funksender Prozessor (Signalauswertung) HF-Receiver Funkempfänger Leistungsteil AC 230 V Information Energie Energiemanagement Funktionsprinzip der Funkübertragung Tafel Leistungsflussdichten von Anlagen, Geräten und Schaltern, jedoch ohne Berücksichtigung der Dauer, mit der das Signal anliegt. Quelle: ECOLOG/Enocean Gerät/Anlage Frequenz max. (-bereich) Leistungsflussdichte* in MHz in W/m2 Funkschalter 868 1,3 10-5 konventionelle Schalter bei 8681) 5,3 10-7 DECT-Basisstation 1880 bis 1900 0,02 DECT-Telefon 1880 bis 1900 0,02 Mobilfunkanlagen 935 bis 960 1805 bis 1880 0,00001 bis 0,12) * In einem Abstand von 1 m 1) Beim Betätigen eines konventionellen Schalters entstehen durch Funkenabriss neben einem niederfrequenten magnetischem Impuls zusätzlich Emissionen hochfrequenter magnetischer Felder. Der Frequenzbereich überdeckt Frequenzen im kHz-Bereich bis in den Bereich des sichtbaren Lichtes (THz). Für die Messung wurde der Wert im Frequenzbereich des Funkschalters ermittelt. 2) Typische Leistungsflussdichten (W/m2) führt und mit den Messungen an konventionellen Schaltern verglichen (Tafel ). Der Vergleich zeigt, dass die Spitzenwerte der Emissionen von Funkschaltern dieses Herstellers um das 25-fache über den Werten von konventionellen Schaltern, aber 1000-fach unter den Werten anderer Emissionen liegen. Bei diesem Vergleich wurde jedoch nicht berücksichtigt, dass die Spitzenwerte der Funkschalter maximal 50 s, die Spitzenwerte konventioneller Schalter aber breitbandig anliegen. Aus diesem Grunde ermittelte ECOLOG einen Vergleichswert für konventionelle Schalter. Dieser beträgt 1,5 10-3 W/m2. Das ECOLOG-Institut empfiehlt aus Vorsorgegründen für die Gesundheit Belastungen durch elektromagnetische Strahlung generell so niedrig wie möglich zu halten und gibt als Mindeststandard für Dauerexpositionen im Außenbereich einen Vorsorgewert von 0,01 W/m2 an. Für den Innenbereich gibt das Institut einen reduzierten Wert von 0,001 W/m2 vor, da hier durch Reflexionen und Absorption Dämpfungen um 3 bis 10 dB auftreten. Die untersuchten Funkschalter liegen demnach im Innenbereich um das 76-fache unter dem empfohlenen Vorsorgewert. Dabei ist zu beachten, dass, wie oben bereits erwähnt, für die Funkschalter keine Dauerexposition vorliegt. Ein weiterer positiver Effekt tritt dadurch auf, dass bei Funkschaltern keine Leitungen zwischen Schaltern und Empfängern erforderlich sind und somit hierüber keine Abstrahlung erfolgen kann. Zusätzliche Messungen der magnetischen Flussdichte in 1 m Abstand von Leitungen zu einer 100-W-Glühlampen ergaben Werte zwischen 0,2 und 0,4 nT. Dieser Wert erhöht sich proportional mit der Leistung sowie der Anzahl der Leuchten und ist abhängig von der Art der Leitungsführung und des Leitungsmaterials. Ressourcen schonen und Umwelt entlasten Beim Einsatz von Funkschaltern sind nur Leitungen zu den Empfängern der Funksignale erforderlich, die zugleich Geräte oder Leuchten mit Spannung versorgen. So lassen sich Stemmarbeiten sowohl für die Leitungsverlegung als auch für die Schalterinstallation sparen, da Sendemodule direkt auf die Wand oder auch auf Glas geklebt werden können. Zudem entfällt das Leitungs- und Installationsmaterial, das bei konventionellen Schaltern zwischen diesen und den Geräten geführt werden muss, sodass sich zum einen Rohstoffe wie Kupfer einsparen und zum anderen die Brandlast reduzieren lassen. Eine Installation ohne Schalterdosen bietet auch für Bauvorhaben deutliche Vorteile, bei denen der Denkmalschutz oder die Luftdichtheit zu beachten ist. Dem Unternehmen Enocean nach lassen sich beim Verwenden funkgebundener Schalter und Sensoren rund 30 % Installationsmaterial oder etwa 1 km Leitung pro 450 m2 Nutzfläche einsparen [5]. Bei einem Bedarf von schätzungsweise durchschnittlich rund 40 kg Kupfer pro km Leitung ergäben sich allein in Deutschland bei etwa 100 Mio m2 möglicher Nutzfläche in Neubau und Renovierung Einsparungen von rund 10000 t Kupfer im Jahr. Batterien haben eine begrenzte Haltbarkeit und werden deshalb in der Industrie in festgelegten Intervallen schon vor Ausfall ausgewechselt. In Europa wurden im Jahr 2006 etwa 5 Millionen batteriegebundene Funksender für die Gebäudetechnik installiert, deren Entsorgung in den nächsten Jahren bevorsteht. Annahmen zufolge soll sich in den nächsten Jahren der Einsatz von Funksendern jährlich verdoppelt. Würden diese Funksender jeweils mit Batterien betrieben, würde dieses einen enormen Bedarf an nachher zu entsorgenden Batterien bedeuten. Nach Angaben von Enocean wird durch den Einsatz batterieloser Funktechnik das Anfallen von Schadstoffen vermindert und die Umweltbilanz verbessert. Energie sparen durch Regelung und Steuerung 5.1 Raumtemperatur Über eine Einzelraumtemperaturregelung lässt sich der Energieverbrauch stark reduzieren. Prognostiziert werden hier 20 bis 30 %. Konkrete Werte werden in einer aktuellen Studie der Hochschule Bremen nachgewiesen. Prof. Dr.-Ing. Mevenkamp berichtet in [7] über eine Untersuchung, bei der ein Seminarraum mit konventionellen Heizkörper-Thermostaten verglichen wurde mit einem benachbarten Seminarraum, der über ein Gebäudebussystem mit Raumtemperaturreglern, gesteuerten Heizungsventilen und leitungsgebundenen Fensterkontakten verfügt. Die seit 2002 aufgezeichneten Messwerte zeigen, dass nun nach fünf Jahren die gemessene erforderliche Wärmemenge für den modernisierten Seminarraum sogar nur 60 % der Wärmemenge für den konventionell ausgestatteten Seminarraum beträgt. Funkthermosensoren. Auch zur Realisierung einer Einzelraumtemperaturregelung gibt es batterielose Funkthermosensoren und Bedieneinheiten. Fensterkontakte. Beim Kippen oder Öffnen der Fenster entsteht Fallluft, die bereits bei kurzzeitigem Lüften herkömmliche Thermostatventile öffnet und somit die Heizung hochfahren lässt. Fensterkontakte können hier beim Öffnen der Fenster ein Abschalten der Heizung ermöglichen. Ähnlich lassen sich auch Klimaanlagen abschalten, wenn z. B. Fenster im Hochsommer geöffnet werden. Zum Überwachen von Fenstern und Türen gibt es auch hier batterielose Funksensoren. 5.2 Beleuchtung Enocean gibt an, dass bei Bürogebäuden durchschnittlich ein Drittel des Stromverbrauchs für die Beleuchtung benötigt wird. Vielfach bleibt in Gängen und Treppenhäusern durchgehend, teilweise auch außerhalb der Arbeitszeit das Licht eingeschaltet. Durch Einsatz geeigneter Leuchtmittel verbunden mit einer intelligenten Lichtsteuerung können der persönliche Komfort gesteigert und der Energieverbrauch deutlich reduziert werden. Auch hierzu gibt es aus der oben beschriebenen Studie der Hochschule Bremen Ergebnisse. Mittels Präsenzmeldern, Helligkeitssensoren und tageslichtabhängiger Beleuchtung wurden Energieeinsparungen von fast 25 % ermittelt. Weitere Reduzierungen könnten in Bremen erreicht werden, wenn die Stand-by-Verluste der dimmbaren Vorschaltgeräte (EVG) deutlich reduziert würden. Für die direkte Leuchtensteuerung und Einbindung in Systeme gibt es batterielose Funk-Empfängermodule, -Präsenzmelder und Schnittstellen. Ausblick Die Zahl der Anwendungen der Enocean-Technik in der Gebäudesystemtechnik ist in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen. Konzerne haben ihre Neubauten mit dieser Technik ausrüsten lassen. Auch wurde vor allem im Land Brandenburg beim Modernisieren von Wohnbauten diese Technik in Plattenbauten erfolgreich eingesetzt. Das Handwerk steht dem Einsatz gegenwärtig noch skeptisch gegenüber und könnte in diesem auch eine Gefahr für bisherige Tätigkeiten sehen. Mit einem zu erwartenden Preisverfall durch Massenproduktion der Bauteile wird sich dieser Sektor vermutlich der batterielosen Technik nicht verschließen können. Das BTZ- Bildungs-und Technologiezentrum der Handwerkskammer Berlin hat reagiert und den Einsatz batterieloser Schalter und Sensoren in seine Meister-Vorbereitungslehrgänge für Elektrotechniker/-in aufgenommen. Literatur [1] Sieberth, W.-D.: Batterielose Schalter. Elektropraktiker 59(2005) 8, S. 612-615 [2] Witzsch, M.: Flexible Gebäudeautomation mit Funk. Elektropraktiker Berlin 60(2006)9, S. 760-761 [3] Feix, K.: Flexibel mit Funktechnik. Elektropraktiker Berlin 61(2007)7. S. 619 [4] Möbus, H.: Enocean - batterielose Funksensorik. Elektropraktiker Berlin 61(2007)10, S. 887-889 [5] Anders, A.: Clean Tech- Enocean steht für Intelligente Grüne Gebäude, www.enoceon.de [6] Neitzke, Dr. H.-P.: u. a.: Hochfrequenzemissionen von Funkschaltern der Fa. Enocean, ECO-LOG, Hannover, Juni 2003 [7] Mevenkamp, Prof. Dr.-Ing. M.: Ohne Baumaßnahmen bis zu 50 % Energie-Einsparung - Gebäudetechnik in Schul- und Hochschulgebäuden. www.iia.hs-bremen.de oder perpetuum Nr. 11, Oktober 2007, Enocean Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 12 1107 Gebäudetechnik FÜR DIE PRAXIS
Autor
- W.-D. Sieberth
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