Elektrotechnik
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Kabel und Leitungen
Umgang mit Häufungen von Mantelleitungen
ep2/2008, 2 Seiten
! Nutzung als Erder. In Deutschland ist es nicht erlaubt, Gas- oder Wasserrohre als Erder zu benutzen ([1], Abschnitt 542.2.3, nationaler Zusatz). Rohrleitungen aus Metall für brennbare Gase oder Flüssigkeiten dürfen als Erder nicht verwendet werden ([1], Abschnitt 542.2.6). Über die Nutzung metallener Heizungsrohre als Erder ist keine Festlegung in den Normen enthalten. Sie ist jedoch unzweckmäßig, da Heizungsrohre mit wärmedämmenden Umhüllungen versehen sind, wodurch die Erderwirkung entweder verhindert oder zumindest stark beeinträchtigt wird. Nutzung als Schutzleiter. Metallene Wasserleitungen und Rohre, die brennbare Flüssigkeiten oder Gase enthalten, dürfen nicht als Schutzleiter verwendet werden ([1], Abschn. 543.2.3). Eine Nutzung metallener Heizungsrohre als Schutzleiter ist nicht ausdrücklich untersagt. Sie müssen aber in unmittelbarer Nähe zu den aktiven Leitern (Außenleiter und Neutralleiter) verlegt sein, wenn Überstrom-Schutzeinrichtungen für den Schutz gegen elektrischen Schlag verwendet werden ([1], Abschn. 543.6). Unabhängig davon halte ich die Benutzung von Heizungsrohren als Schutzleiter für gefährlich und damit für unsachgemäß, weil durch den Ausbau von Teilen der Heizungsanlage, z. B. bei Reparaturarbeiten, möglicherweise der Schutz gegen elektrischen Schlag unbewusst aufgehoben wird. Schließlich kann nicht vorausgesetzt werden, dass sich Heizungsmonteure dieser Gefahr bewusst sind und ihnen gegebenenfalls die Nutzung der Rohre als Schutzleiter bekannt ist. Ferner ist es für die Vermeidung magnetischer Felder sowie auch für die elektromagnetische Verträglichkeit besser, wenn sich der Schutzleiter in einer gemeinsamen Umhüllung mit den aktiven Leitern befindet. Literatur [1] DIN VDE 0100-540 (VDE 0100-540):2007-06 Errichten von Niederspannungsanlagen; Teil 5-54: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel - Erdungsanlagen, Schutzleiter und Potentialausgleichsleiter. E. Hering Umgang mit Häufungen von Mantelleitungen ? In einem Installationskanal sind in der Verlegeart B2 drei vorhandene Drehstromleitungen mit einem Querschnitt von jeweils 4 · 1,5 mm² (Häufungsfaktor 0,7) installiert und über B 10 A LS-Schalter abgesichert. Nun werden dort noch drei weitere Drehstromleitungen mit einem Querschnitt von je 4 · 1,5 mm² installiert, wodurch sich dann ein Häufungsfaktor von 0,57 ergibt. Wie müssen nun die drei ursprünglich vorhandenen Drehstromleitungen hinsichtlich der Häufung/Bündelung ausgelegt werden? Müssen sie in diesem Fall neu berechnet oder neu dimensioniert werden? Müssen alte, vorhandene Leitungen generell nach der Änderung einer Installation, im Bezug auf Häufung/Bündelung erneuert bzw. ersetzt werden? ! Beim Lesen dieser Anfrage fällt auf, dass sowohl die vorhandenen als auch die neu zu verlegenden Stromkreise mit mehraderigen Leitungen 4 · 1,5 mm2 ausgeführt sind oder damit errichtet werden sollen. Dies ist sehr ungewöhnlich, weil Schutzleiter bei einem Einsatz von Überstromschutzeinrichtungen in der Regel gemeinsam mit den Außenleitern in der gleichen Leitung mitgeführt werden, wie dem Abschnitt 543.6 in DIN VDE 0100-540 [1] zu entnehmen ist. Vielleicht liegt hier ein auch Schreibfehler vor. Doch nun zur Beantwortung der eigentlichen Fragen. Umrechnungsfaktoren bei Häufung. Wie mit Umrechnungsfaktoren für andere Umgebungstemperaturen soll mit den Häufungfaktoren erreicht werden, dass Kabel und Leitungen zu keiner Zeit infolge unzulässiger Erwärmung Schaden nehmen können. In DIN VDE 0298-4 [2] sind die in Betracht kommenden Werte für Häufung auf der Wand, in Rohr und Kanal, auf dem Fußboden sowie unter der Decke in der Tabelle 21 ausgewiesen. Dazu gehören auch die in der Frage genannten Mehraderleitungen nach Referenzverlegeart B 2. Dabei ist unter anderem Folgendes zu beachten: Die Umrechnungsfaktoren gelten für Dauerbetrieb mit einem Belastungsstrom von 100 % für alle aktiven Leiter. Liegt die Belastung unter 100 %, so darf der Umrechnungsfaktor größer sein. Jeder Stromkreis muss gesondert betrachtet werden, wenn unterschiedliche Bedingungen vorliegen. Ein Leiter, dessen Belastung unter 30 % liegt, muss bei der Zahl der Leitungen nicht berücksichtigt werden, weil sein Wärmeanteil nur maximal 9 % beträgt. Der Gleichzeitigkeitsfaktor ist zu beachten. Für dessen Größe gibt es keine Vorgaben in den Normen. Klar ist jedoch, dass mit einer Begrenzung der Gesamtleistung auf z. B. 75 % auch die Belastung der Leitungen in gleichem Maße sinkt. Der daraus ermittelte Umrechnungsfaktor für Häufung ist gegebenenfalls mit dem Umrechnungsfaktor für andere Umgebungstemperaturen zu multiplizieren und auf die tabellierten Belastbarkeitswerte anzuwenden. Weitere Hinweise zur Ermittlung von Umrechnungsfaktoren für Häufung können Abschnitt 5 in [2] entnommen werden. Ermittlung der zulässigen Strombelastbarkeit und des Bemessungsstroms der Überstromschutzeinrichtungen. Bei dem nachträglichen Installieren der neuen Stromkreise müssen alle sechs Stromkreise gemeinsam betrachtet werden. Wie schon in der Anfrage dargelegt wurde, muss bei Häufung von einem Häufungsfaktor 0,57 ausgegangen werden, der aus Tabelle 21 in [2] zu entnehmen ist. Da die Leitungen in einem Installationskanal vermutlich dicht nebeneinander liegen, dürfte eine räumliche Trennung und ein Abstand von zweifachem Leitungsdurchmesser nicht anwendbar sein (4. Anstrich in der Anmerkung zu Tabelle 21 in [2]). Ein Umrechnungsfaktor für abweichende Umgebungstemperaturen ist nicht erforderlich. Die Strombelastbarkeit Iz für eine Leitung vom Typ NYM 5 · 1,5 mm2 mit drei belasteten Adern wird in der Tabelle 1 im Beiblatt 2 zu DIN VDE 0100-520 [3] bei 25 °C Umgebungstemperatur und 70 °C Betriebstemperatur am Leiter mit 16 A angegeben. Der gleiche Wert kann auch aus Tabelle A.1 im Anhang A entnommen werden. Mit einem Umrechnungsfaktor für Häufung von 0,57 ergibt sich somit bei sechs Leitungen eine zulässige Strombelastbarkeit Iz = 16 A · 0,57 = 9,12 A. Der Bemessungsstrom der Überstromschutzeinrichtung müsste entsprechend In < Iz auf 6 A reduziert werden. Bei der vorhandenen Installation mit drei verlegten Leitern gleicher Ausführung beträgt die zulässige Strombelastbarkeit Iz = 16 A · 0,7 = 11,2 A, sodass damit der Bemessungsstrom In = 10 gerechtfertigt ist. Sollte dieser Bemessungsstrom In = 10 A auch bei sechs verlegten Leitungen erforderlich sein, müssen sowohl die drei vorhandenen als auch die drei neuen Leitungen im Querschnitt auf 5 · 2,5 mm2 ausgeführt werden. Die zulässige Strombelastbarkeit Iz erhöht sich auf 25 A · 0,57 = 14,25 A, sodass In = 10 A oder In = 13 A gewährleistet wird. Beibehalten des Querschnitts durch Gleichzeitigkeitsfaktor und/oder Änderung der Strombelastbarkeit. Auf die Querschnittserhöhung kann verzichtet werden, wenn man davon ausgeht, dass nicht alle Stromkreise gleichzeitig voll belastet werden und die Belastung zudem geringer ist, als angenommen wird. Im vorliegenden Fall können die sechs Leitungen im Querschnitt 5 · 1,5 mm2 beibehalten werden, wenn das Produkt aus Gleichzeitigkeitsfaktor und Strombelastungsfaktor den für sechs Leitungen festgelegten Umrechnungsfaktor 0,57 überschreitet. Diese Bedingung wäre beispielsweise erfüllt, wenn dafür der Wert 0,75 angenommen wird. Bei einem Gleichzeitigkeits- und Belastungsfaktor von 0,75 erhöht sich die zulässige Strombelastbarkeit Iz aus dem vorherigen Abschnitt von 9,12 A auf Iz = 9,12 A : 0,75 = 12,6 A, sodass also der Bemessungsstrom In = 10 A beibehalten werden kann. Die Entscheidung liegt natürlich in der Hand des dafür Verantwortlichen. Dazu müssen Art, Anzahl und auch Anschlussleistung der Verbraucher bekannt sein. Übersichtsschaltpläne dürften hier weiterhelfen. Möglicherweise ist für den Anfragenden auch die Information hilfreich, dass die Gleichzeitigkeitsfaktoren oft zu hoch bemessen werden, sodass die Leitungen dann nicht voll ausgelastet sind. Literatur [1] DIN VDE 0100-540 (VDE 0100-540):2007-06 Errichten von Niederspannungsanlagen; Teil 5-54: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel - Erdungsanlagen, Schutzleiter und Schutzpotentialausgleichsleiter. [2] DIN VDE 0298-4 (VDE 0298-4):2003-08 Verwendung von Kabeln und isolierten Leitungen für Starkstromanlagen; Teil 4: Empfohlene Werte für die Strombelastbarkeit von Kabeln und Leitun-108 LESERANFRAGEN Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 gen für feste Verlegung in und an Gebäuden und von flexiblen Leitungen. [3] Beiblatt 2 zu DIN VDE 0100-520 (VDE 0100-520):2002-11 Errichten von Niederspannungsanlagen; Zulässige Strombelastbarkeit, Schutz bei Überlast, maximal zulässige Kabel- und Leitungslängen zur Einhaltung des zulässigen Spannungsfalls und der Abschaltbedingungen. H. Senkbeil Ex-Dokument trotz beseitigter Ex-Gefahr ? Als Elektrofachbetrieb arbeiten wir im Rahmen eines Wartungsvertrages für eine Tischlerei. Dort sollen nun die Leuchten einer Farbspritzkabine gewechselt werden. Uns ist bekannt, dass dort bisher mit Nitrofarben umgegangen wurde. Auf unsere Anfrage nach der Ex-Einstufung sagt der Auftraggeber nun, es würden nur noch Wasserlacke gespritzt, wofür ein Ex-Dokument nicht notwendig sei. Unser Widerspruch wurde mit dem Argument abgewiesen, dass Wasser ja nicht brennt, sondern löscht und für ein Löschwasserbecken würde ja auch kein Ex-Dokument verlangt. Müssen wir uns damit zufrieden geben? ! Dass ein Auftraggeber den Elektrofachbetrieben eine Gefährdungsbeurteilung verweigert, kommt leider öfter vor. Kaum jemand will sich freiwillig mühsame Schreibarbeit aufladen, ohne überzeugt zu sein, wofür sie gut ist. Daher heißt es dann oft, dass wirksamer Explosionsschutz doch nicht am Schreibtisch zustande käme, sondern durch das Anwenden wirksamer Schutzmaßnahmen. Entschließt sich ein Unternehmen dazu, leichtentzündliche Beschichtungsstoffe durch nicht brennbare zu ersetzen, dann beseitigt es so die primäre Ursache möglicher Explosionsgefährdungen. Eine bessere Maßnahme gibt es nicht - weder in diesen Fall noch sonst. Wenn sich keine explosionsgefährdenden Gemische bilden können, muss man nicht mehr darüber nachdenken, ob, wo und wie oft sich „gefahrdrohende Mengen“ bilden, wie weit sich der Ex-Bereich ausdehnt und welche Zündschutzmaßnahmen in Frage kommen. Also fragen sich viele, wozu sie aufschreiben sollten, dass es weder brennen noch explodieren kann. Prinzipiell ist das natürlich richtig, birgt jedoch einen gedanklichen Kurzschluss, denn · der Vergleich mit dem Löschwasserbecken hinkt. Im Unterschied zum Wasser gibt es bei Wasserlacken auch solche, bei denen Zündgefahren auftreten können, weil sie organische Lösemittel enthalten [1]. · ergänzend zum Arbeitsschutzgesetz verpflichten die Gef Stoff V [2] und Betr Sich V [3] dazu, die Gefährdungssituation einer brand-und explosionsgefährdenden Anlage nach technologischen Änderungen erneut zu beurteilen und sicherheitstechnisch zu bewerten - unabhängig davon, welcher Art diese Änderung ist. Weiteres dazu regelt die TRBS 1111 [4]. · gemäß GPSG [5] und Betr Sich V [3] gilt die Spritzkabine wegen ihrer explosionsgeschützten Beleuchtung als überwachungsbedürftige Anlage, d. h. nach sicherheitsbeeinflussenden technologischen Änderungen darf sie ohne Prüfung nicht wieder in Betrieb genommen werden. Demzufolge muss der Sachverhalt, weswegen die besonderen Anforderungen an die Beschaffenheit und das Betreiben einer überwachungsbedürftigen Anlage nicht mehr zutreffen, plausibel nachgewiesen und dokumentiert werden. Eine vermeintliche Zeitersparnis durch Verzicht auf die Schriftfassung verkehrt sich ins Gegenteil, weil diese nachgeholt werden muss oder wenn die Ansprechpersonen gewechselt haben. Ein wesentlicher Effekt des Sicherheitserfolges durch gefahrbeseitigende Maßnahmen wäre nutzlos verschenkt, wenn man in derartigen Fällen den neuen Sachverhalt nicht dokumentiert. Sollte es sich hier tatsächlich nur um absolut unbrennbare Wasserlacke handeln, dann wäre eine Dokumentation mit wenigen Zeilen auch schon ausreichend. Literatur: [1] v. Pidoll, U.: Brand- und Explosionsgefahren beim Auftragen von Anstrichstoffen. Vortragssammlung der IV. Fachtagung „Maßnahmen des Brand-und Explosionsschutzes - Mittel zu Störfallvorsorge“, Merseburg, 10.März 1999 [2] Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gef-Stoff V); Artikel 1 der Verordnung zur Anpassung der Gefahrstoffverordnung an die EG-Richtlinie 98/24 EG und andere EG-Richtlinien vom 23. Dezember 2004, BGBl. Teil I Nr. 74 S. 3758 [3] Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes (Betriebssicherheitsverordnung - Betr Sich V), BGBl. 2002 Teil 1 Nr. 70 S. 3777, zuletzt geändert am 11. Juli 2006, BGBl. Teil I S. 1575 [4] TRBS 1111 - Technische Regeln für Betriebssicherheit - Gefährdungsbeurteilung und sicherheitstechnische Bewertung. [5] Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG); Artikel 1 des Gesetzes zur Neuordnung der Sicherheit von technischen Arbeitsmitteln und Verbraucherprodukten vom 6. Januar 2004, BGBl. I S. 2 J. Pester Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 BUCHTIPP Zum Thema Explosionsschutz ist im Januar 2008 die 3. aktualisierte Auflage des zur Elektropraktiker-Bibliothek gehörenden Fachbuchs „Explosionsschutz elektrischer Anlagen - Fragen und Antworten“ von Autor Johannes Pester erschienen. Dieses Fachbuch kann unter anderem im Huss-Shop bezogen werden. www.huss-shop.de ISBN 987-3-341-01526-1
Autor
- H. Senkbeil
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