Elektrotechnik
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Schutzmaßnahmen
Trennen des Neutralleiters im TT-System
ep3/2014, 2 Seiten
Notwendigkeit zur Trennung des N-Leiters. Ich kann nur der in [2] getroffenen Aussage von Enno Hering und auch dem Hinweis des Anfragenden zustimmen – der Neutralleiter (bestimmungsgemäß aber nicht der PEN-Leiter, der ja auch als Neutralleiter dient) muss grundsätzlich als aktiver Leiter betrachtet werden. Somit muss der Neutralleiter zum Zweck der (sicheren) Trennung von der Stromversorgung auch mit geschaltet werden.
Da der Neutralleiter für sich alleine nicht geschaltet/getrennt werden darf, bedeutet das, dass allpolige Trenneinrichtungen vorgesehen werden müssen. Diese Forderung gilt aber nur für ein notwendiges Trennen des Stromkreises von der Versorgung. Beim Schalten ist es in der festen elektrischen Anlage üblicherweise nicht notwendig, den Neutralleiter mit zu schalten.
Es ist auch richtig, dass in den Fällen, in denen der Neutralleiter als „wirksam geerdet“ betrachtet werden kann, eine Trennung des Neutralleiters nicht gefordert wird. In Deutschland kann üblicherweise davon ausgegangen werden, dass der Neutralleiter in TN-Systemen aufgrund der Erfüllung der Spannungswaage nicht getrennt werden muss – er darf aber gemeinsam mit den Außenleitern getrennt werden. In einigen europäischen Ländern muss der Neutralleiter auch im TN-System von der Stromversorgung getrennt werden.
Für das TT-System ist die wirksame Erdung allerdings in keinem Fall erfüllbar, da der Neutralleiter im TT-System üblicherweise nur an der Stromquelle (am Transformator oder Generator) geerdet ist. Soweit das „Allgemeine“. Somit stellt sich nur noch die Frage, ob dieses Trennen mit der Einrichtung für den Schutz bei Überstrom (z. B. allpoliger Leitungsschutzschalter, der normativ zum Trennen geeignet ist) zu erfüllen wäre oder auch durch eine andere vorgeschaltete allpolige (zwei- bzw. vierpolige) Einrichtung, die Trennfunktion aufweist, erfüllt werden kann/darf.
Ich muss gestehen, dass ich mir diese Frage auch des Öfteren stelle, da es eine normative Festlegung diesbezüglich nicht gibt.
In der Praxis aber hat sich im Allgemeinen das folgende Vorgehen bewährt:
Üblicherweise wird auf allpolige Leitungsschutzschalter verzichtet, da im TT-System davon ausgegangen werden kann, dass wegen des Schutzes durch automatische Abschaltung der Stromversorgung (fast) immer eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) notwendig ist. Somit wird davon ausgegangen, dass die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) zum Trennen verwendet werden kann. Dagegen ist formal nichts einzuwenden. Aber auch ich bin wie der Anfragende der Meinung, dass dies keine eindeutige Maßnahme darstellt, da niemand – auch eine Elektrofachkraft nicht – beim „Arbeiten“ die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) benutzen wird, um diesen Stromkreis von der Versorgung zu trennen.
Ich persönlich empfehle, in einem TT-System allpolige Leitungsschutzschalter vorzusehen, um absolut sicher zu sein, dass der Neutralleiter nicht eine gefährliche Spannung aufweist, die beim Arbeiten berührt werden könnte. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt, dass im störungsfreien Betrieb – wie in [2] bereits angeführt – eine gefährliche Spannung gegen Schutzleiter/Erde nicht auftritt (maximal der Spannungsfall auf dem Neutralleiter). Selbst im Fall eines Körperschlusses würde durch die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) sehr schnell der Stromkreis allpolig von der Stromversorgung abgetrennt werden, sodass der Neutralleiter keine gefährliche Spannung behalten kann. Bezüglich der Erdschlüsse, die meist nicht sehr schnell abgeschaltet werden können, gilt, dass sie eher selten sind, da es sich dabei um Doppelfehler handelt, die üblicherweise normativ nicht betrachtet werden.
Zumindest aber sollte in jedem Verteiler, bei dem die allpolige Trennung nur durch die vorgeschaltete Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) erfüllt werden kann, ein gut sichtbarer Hinweis im Verteiler vorhanden sein, der auf diese Problematik hinweist. Hierbei bleibt aber das Problem, dass an der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) meist nicht nur ein Stromkreis angeschlossen ist, sondern mehrere.
In Altanlagen sind u. U. alle Stromkreise der Verbraucheranlage noch an einer einzigen Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) angeschlossen, sodass die gesamte elektrische Anlage dann von der Stromversorgung abgeschaltet/getrennt wird, was zum Teil sehr problematisch sein dürfte.
Analog zur allpoligen Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) kann natürlich auch ein allpoliger Schalter vorgesehen werden, der zum Trennen geeignet ist. Dies ist aber aus meiner Sicht nicht sinnvoll. Allpolige Leitungsschutzschalter sind die bessere Lösung, da sie zugleich auch den Schutz des Neutralleiters bei Überlast, die aufgrund von Oberschwingungen auftritt, erfüllen können. Die heutzutage auftretenden Oberschwingungen können auch bei Querschnittsgleichheit zu einer Überlastung des Neutralleiters führen, siehe hierzu auch Abschnitt 431.2.1 von DIN VDE 0100-430 [3].
Es sei noch darauf hingeweisen, dass einpolige Schutz-/Schalteinrichtungen im TT-System (ausgenommen im Neutralleiter) nicht verboten sind, aber wenn in der Haupteinspeisung nur ein dreipoliger NH-Lasttrennschalter vorhanden ist, wie in der Frage beispielhaft zitiert, dann muss zumindest im Neutralleiter eine lösbare Trennstelle vorhanden sein, die von der Elektrofachkraft geöffnet werden kann, um ein Trennen von der Stromversorgung für Arbeiten an/in der nachgeschalteten elektrischen Anlage möglich zu machen. Siehe hierzu auch Abschnitt 537.2.4 von DIN VDE 0100-537 [4].
Fazit. Klare Vorgaben gibt es nicht, wenn man sich auf die sichere Seite begeben will, sollte man allpolige Schutzeinrichtungen empfehlen. Ich würde sogar vorschlagen, grundsätzlich allpolige Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD) mit integriertem Überstromschutz (RCBO auch als FI/LS bezeichnet) vorzusehen.
Da der Neutralleiter für sich alleine nicht geschaltet/getrennt werden darf, bedeutet das, dass allpolige Trenneinrichtungen vorgesehen werden müssen. Diese Forderung gilt aber nur für ein notwendiges Trennen des Stromkreises von der Versorgung. Beim Schalten ist es in der festen elektrischen Anlage üblicherweise nicht notwendig, den Neutralleiter mit zu schalten.
Es ist auch richtig, dass in den Fällen, in denen der Neutralleiter als „wirksam geerdet“ betrachtet werden kann, eine Trennung des Neutralleiters nicht gefordert wird. In Deutschland kann üblicherweise davon ausgegangen werden, dass der Neutralleiter in TN-Systemen aufgrund der Erfüllung der Spannungswaage nicht getrennt werden muss – er darf aber gemeinsam mit den Außenleitern getrennt werden. In einigen europäischen Ländern muss der Neutralleiter auch im TN-System von der Stromversorgung getrennt werden.
Für das TT-System ist die wirksame Erdung allerdings in keinem Fall erfüllbar, da der Neutralleiter im TT-System üblicherweise nur an der Stromquelle (am Transformator oder Generator) geerdet ist. Soweit das „Allgemeine“. Somit stellt sich nur noch die Frage, ob dieses Trennen mit der Einrichtung für den Schutz bei Überstrom (z. B. allpoliger Leitungsschutzschalter, der normativ zum Trennen geeignet ist) zu erfüllen wäre oder auch durch eine andere vorgeschaltete allpolige (zwei- bzw. vierpolige) Einrichtung, die Trennfunktion aufweist, erfüllt werden kann/darf.
Ich muss gestehen, dass ich mir diese Frage auch des Öfteren stelle, da es eine normative Festlegung diesbezüglich nicht gibt.
In der Praxis aber hat sich im Allgemeinen das folgende Vorgehen bewährt:
Üblicherweise wird auf allpolige Leitungsschutzschalter verzichtet, da im TT-System davon ausgegangen werden kann, dass wegen des Schutzes durch automatische Abschaltung der Stromversorgung (fast) immer eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) notwendig ist. Somit wird davon ausgegangen, dass die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) zum Trennen verwendet werden kann. Dagegen ist formal nichts einzuwenden. Aber auch ich bin wie der Anfragende der Meinung, dass dies keine eindeutige Maßnahme darstellt, da niemand – auch eine Elektrofachkraft nicht – beim „Arbeiten“ die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) benutzen wird, um diesen Stromkreis von der Versorgung zu trennen.
Ich persönlich empfehle, in einem TT-System allpolige Leitungsschutzschalter vorzusehen, um absolut sicher zu sein, dass der Neutralleiter nicht eine gefährliche Spannung aufweist, die beim Arbeiten berührt werden könnte. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt, dass im störungsfreien Betrieb – wie in [2] bereits angeführt – eine gefährliche Spannung gegen Schutzleiter/Erde nicht auftritt (maximal der Spannungsfall auf dem Neutralleiter). Selbst im Fall eines Körperschlusses würde durch die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) sehr schnell der Stromkreis allpolig von der Stromversorgung abgetrennt werden, sodass der Neutralleiter keine gefährliche Spannung behalten kann. Bezüglich der Erdschlüsse, die meist nicht sehr schnell abgeschaltet werden können, gilt, dass sie eher selten sind, da es sich dabei um Doppelfehler handelt, die üblicherweise normativ nicht betrachtet werden.
Zumindest aber sollte in jedem Verteiler, bei dem die allpolige Trennung nur durch die vorgeschaltete Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) erfüllt werden kann, ein gut sichtbarer Hinweis im Verteiler vorhanden sein, der auf diese Problematik hinweist. Hierbei bleibt aber das Problem, dass an der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) meist nicht nur ein Stromkreis angeschlossen ist, sondern mehrere.
In Altanlagen sind u. U. alle Stromkreise der Verbraucheranlage noch an einer einzigen Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) angeschlossen, sodass die gesamte elektrische Anlage dann von der Stromversorgung abgeschaltet/getrennt wird, was zum Teil sehr problematisch sein dürfte.
Analog zur allpoligen Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) kann natürlich auch ein allpoliger Schalter vorgesehen werden, der zum Trennen geeignet ist. Dies ist aber aus meiner Sicht nicht sinnvoll. Allpolige Leitungsschutzschalter sind die bessere Lösung, da sie zugleich auch den Schutz des Neutralleiters bei Überlast, die aufgrund von Oberschwingungen auftritt, erfüllen können. Die heutzutage auftretenden Oberschwingungen können auch bei Querschnittsgleichheit zu einer Überlastung des Neutralleiters führen, siehe hierzu auch Abschnitt 431.2.1 von DIN VDE 0100-430 [3].
Es sei noch darauf hingeweisen, dass einpolige Schutz-/Schalteinrichtungen im TT-System (ausgenommen im Neutralleiter) nicht verboten sind, aber wenn in der Haupteinspeisung nur ein dreipoliger NH-Lasttrennschalter vorhanden ist, wie in der Frage beispielhaft zitiert, dann muss zumindest im Neutralleiter eine lösbare Trennstelle vorhanden sein, die von der Elektrofachkraft geöffnet werden kann, um ein Trennen von der Stromversorgung für Arbeiten an/in der nachgeschalteten elektrischen Anlage möglich zu machen. Siehe hierzu auch Abschnitt 537.2.4 von DIN VDE 0100-537 [4].
Fazit. Klare Vorgaben gibt es nicht, wenn man sich auf die sichere Seite begeben will, sollte man allpolige Schutzeinrichtungen empfehlen. Ich würde sogar vorschlagen, grundsätzlich allpolige Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD) mit integriertem Überstromschutz (RCBO auch als FI/LS bezeichnet) vorzusehen.
Quellen
DIN VDE 0100-460 (VDE 0100-460):2002-08 Errichten von Niederspannungsanlagen Schutzmaßnahmen Trennen und Schalten.
Hering, E.: Trennen des Neutralleiters im TT- System. Elektropraktiker, Berlin 58 (2004) 12; S. 952.
DIN VDE 0100-430 (VDE 0100-430):2010-10 Errichten von Niederspannungsanlagen Teil 4-43: Schutzmaßnahmen Schutz bei Überstrom.
DIN VDE 0100-537 (VDE 0100-537):1999-06 Elektrische Anlagen von Gebäuden Teil 5: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel; Kapitel 53: Schaltgeräte und Steuergeräte; Abschnitt 537: Geräte zum Trennen und Schalten.
Autor
- W. Hörmann
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