Messen und Prüfen
|
Wartung und Instandhaltung
|
Veranstaltung
|
Elektrotechnik
Symposium "Sichere Pflegebetten?" in Essen
ep7/2003, 2 Seiten
Branche aktuell Elektropraktiker, Berlin 57 (2003) 7 512 Unfallgeschehen Seit 1998 werden die im Zusammenhang mit den elektrisch verstellbaren Pflegebetten entstandenen Unfälle erfasst. Im Jahr 2000 wurde begonnen, die als Ursachen erkannten konstruktiven Mängel der Betten durch Änderungen oder Ergänzungen (Wasserschutz, Knickschutz, mechanisch festere Leitungen usw.) zu beseitigen. Vielfach wurden die Betreiber der Pflegebetten aufgefordert, deren Wartung sowie das regelmäßige Prüfen zu verbessern. Offensichtlich ist auch viel getan worden. Ein völlig befriedigendes Ergebnis der Bemühungen konnte auf dieser Veranstaltung jedoch nicht erkannt werden. Im Gegenteil, es kommt weiterhin zu den bekannten tragischen Ereignissen. Und immer wieder wird festgestellt, es handelt sich dabei nicht um ein Versagen der Technik, sondern um fehlerhaften Umgang mit der Technik beim Hersteller sowie beim Betreiber der Betten. Besonderheiten des Pflegebetts Ein elektrisch verstellbares Pflegebett ist einerseits ein simples elektrisches Gerät, andererseits wird es unter sonst für elektrische Geräte nicht üblichen schwierigen Bedingungen eingesetzt. Die elektrische Ausrüstung ist nicht sichtbar, es erfolgt keine Zustandskontrolle durch den Anwender vor, während oder nach dem Benutzen. Schäden, die dem Benutzer bei anderen Geräten sofort ins Auge fallen, werden hier nicht bemerkt. Die Folgen eines Schadens (Einklemmen, Blockieren, Nässe) können nach längerer Zeit aber möglicherweise auch plötzlich auftreten. Dann ist es dem behinderten Benutzer meist nicht möglich, den Ort der Gefährdung schnell genug zu verlassen. Zum Gewährleisten der Sicherheit ist somit nötig, · entweder die Möglichkeit derartiger Fehler oder ihre Auswirkungen durch konstruktive Maßnahmen auszuschließen · oder sie durch ständige Kontrollen rechtzeitig, d. h. nicht erst bei einer nach Wochen oder Monaten stattfindenden Wiederholungsprüfung (zu spät) zu entdecken · oder wenn beides nicht möglich ist, auf die Anwendung der elektrisch verstellbaren Betten zu verzichten. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass die üblicherweise bei elektrischen und medizinischen elektrischen Geräten anzuwendenden Messmethoden bei Wiederholungsprüfungen der Betten der Schutzklasse II praktisch nicht anwendbar sind. Alle, die am Herstellen und Betreiben des Pflegebetts Anteil haben, müssen sich darüber Gedanken machen, ob diese Besonderheiten auch bei ihrer Tätigkeit mehr berücksichtigt werden müssen. Normen für das Prüfen des Pflegebetts Einerseits ist das Bett als elektrisches Möbel von seinem Betreiber entsprechend den Prinzipien der UVV BGV A2 und nach der Norm DIN VDE 0702 zu prüfen. Andererseits wird es von seinem Hersteller als Medizinprodukt ausgewiesen. Es unterliegt somit der Medizinprodukte-Betreiber-Verordnung und bezüglich seiner Prüfung durch den Betreiber DIN VDE 0751 Teil 1. Allerdings bietet keine der beiden Normen die Messverfahren an, mit denen alle möglichen Fehler sicher gefunden werden können [1][2]. Außerdem sind die dort festgelegten Grenzwerte nicht geeignet, um exakt zwischen einwandfrei/ungefährlich und fehlerhaft/gefährlich abzugrenzen (Tafel ). Es darf daher für den Prüfer nicht (nur) das Ziel sein, die Festlegungen der Normen wortwörtlich zu erfüllen. Er muss auch fragen, wie er trotz der unzureichenden Normenvorgaben deren Schutzziel erreichen kann und aus seiner Kenntnis der Sachlage heraus, andere, bessere Verfahren und Maßstäbe anwenden. Um für die prüfenden Fachkollegen eine eindeutige Arbeitsgrundlage zu gewährleisten und auch um allen rechtlichen Anforderungen zu entsprechen, wurde empfohlen, das Prüfen der Pflegebetten grundsätzlich als eine Prüfung nach DIN VDE 0751 zu bezeichnen. Dies ist auch deswegen sinnvoll, weil voraussichtlich eine Norm DIN VDE 0751-Teil-xxx „Prüfen von Pflegebetten“ erarbeitet wird, in der wohl auch die im nächsten Abschnitt genannten Prüfverfahren vorgeben werden. Zusätzliche Prüfungen Mit einer praktischen Demonstration der nach den Normen vorgegebenen Prüfverfahren wurde nachgewiesen, dass die vorgeschriebenen Messungen des Isolationswiderstands sowie des Ableitstroms bei den Pflegebetten der Schutzklasse II fast völlig wirkungslos sind [1]. Es wurde dabei die alte Prüferweisheit bestätigt, nach der das Besichtigen der wichtigste Prüfgang einer Wiederholungsprüfung ist. Dies hat bei Geräten der Schutzklasse II besondere und bei den Pflegebetten mit ihrer vor den Blicken der Benutzer verborgenen elektrischen Ausrüstung nochmals erhöhte Bedeutung. Hier kommt es darauf an, dass die den zu pflegenden Personen verloren gegangene Fähigkeit, den Zustand ihrer Umwelt im Blick zu haben und damit auch das Bett zu kontrollieren, durch das Pflegepersonal ausreichend wahrgenommen wird. In diesem Zusammenhang wurde das Anwenden zusätzlicher Messverfahren vorgeschlagen, mit denen ergänzende Informationen über den Zustand des Prüflings gewonnen werden können. Dies ist das Messen · des Isolationswiderstands und des Ableitstroms auch an konstruktiv bedingten Spalten im Isolierkörper, in denen Feuchtigkeit auftreten kann, und · des Leerlaufstroms (Trafo-Leerlaufstrom) sowie · der Betriebsströme bei den verschiedenen Funktionen der Stellvorrichtung. Die Messwerte sind mit den bei der Eingangsprüfung bzw. bei der vorherigen Wiederholungsprüfung gemessenen Werten zu vergleichen, um damit soweit wie möglich Mängel an den Bau-Symposium „Sichere Pflegebetten?“ am 8. Mai in Essen Elektrisch verstellbare Pflegebetten in der Diskussion Im Rahmen des Symposium „Sichere Pflegebetten?“ wurde darüber diskutiert, was noch zu tun ist, um die elektrische Sicherheit dieser Geräte zu verbessern. Trotz der erheblichen Bemühungen aller Beteiligten, mit dem bisher Erreichten kann keiner zufrieden sein (Tafel ). Welche Gründe es dafür gibt, und was noch immer zu tun ist, darüber wird nachstehend berichtet. Jahr 1999 2000 2001 2002 2003 Anzahl der Meldungen 3 7 7 5 5 Tödlicher Ausgang 2 4 2 2 2 Keine Schädigung 1 3 5 3 4 · 27 Brandmeldungen, 12 Tödesfälle, in denen nicht von einer externen Brandquelle ausgegangen werden kann. · Für 2003 liegt ein Fall vor, dessen Untersuchung noch nicht abgeschlossen wurde. Tafel Vergleich der Normenvorgaben und der tatsächlich wichtigen Bewertungsmaßstäbe beim Messen an der elektrischen Ausrüstung der Pflegebetten Zu messender Vorgabe für den Wert, der Bewertungsmaßstab Kennwert/ nicht überschritten werden bei Pflegebetten: Eigenschaft darf in Keine Veränderung DIN VDE gegenüber der Erst-0702 0751-1 messung und Anzeige Isolations- 2 M (7 M) Unendlich/Skalenwiderstand nicht gefordert endwert Berührungsstrom/ 0,5 mA 0,1 mA 0,00 mA Gehäuseableitstrom Leerlaufstrom nicht gefordert Keine Veränderung Betriebsstrom gegenüber der bei den ver- Erstmessung schiedenen Funktionen Tafel Anzahl der Meldungen über Vorkommnisse bei Pflegebetten [1] Branche aktuell Elektropraktiker, Berlin 57 (2003) 7 513 elementen oder entstehende Fehler in den Isolierungen zu entdecken (Tafel ). Aus dem vorstehenden Sachverhalt leitet sich ab, dass die bisher bei der Wiederholungsprüfung an den Pflegebetten vorgenommenen Messungen zu 95 % sinnlos waren. Außerdem wird zurzeit in den Pflegeeinrichtungen noch falsch geprüft, und die Betreiber werden im Rahmen von Messseminaren vielfach falsch informiert. Somit besteht keine Gewähr dafür, dass Betten mit einem positiven Messprotokoll auch tatsächlich fehlerfrei sind. Dringend ist geboten, dass alle, die für das Prüfen der Pflegebetten verantwortlich oder bei der Vorbereitung der Prüfungen aktiv sind (Hersteller, Bildungsstätten, Arbeitsschutzbehörden), diesem Sachverhalt Rechnung tragen und entsprechend reagieren. Anzuwendende Prüfgeräte Aus den als notwendig erkannten Prüfverfahren leitet sich ab, dass die oben genannten Messungen mit ganz normalen nach DIN VDE 0404 hergestellten Prüfgeräten vorgenommen werden können. Diese müssen weder die für das Prüfen medizinischer elektrischer Geräte notwendigen Eigenschaften besitzen (Patientenableitstrom) noch speziell für die Pflegebetten entwickelt worden sein. Es ist allerdings nicht möglich, besser gesagt sogar gefährlich, die sogenannten Ja/Nein-Prüfgeräte zu verwenden. Da diese Geräte nicht den exakten Messwert, sondern nur das Unter-/Überschreiten der Grenzwerte anzeigen, · werden Fehler (z. B. Ableitströme knapp unter oder Isolationswiderstände knapp über dem jeweiligen Grenzwert) nicht bemerkt und somit · der für das Entdecken der Fehler wichtige Vergleich der Messwerte mit denen vorangegangener Messungen nicht vorgenommen werden kann. Wer diese Ja/Nein-Prüfgeräte besitzt, sollte sie bei der Prüfung von Pflegebetten keinesfalls verwenden. Deren Verwendbarkeit ist auch in anderen Fällen kritisch zu betrachten, um Prüfmängel zu vermeiden. Ausbildung /Qualifikation Der für die Pflegebetten Verantwortliche muss nach der Betriebssicherheitsverordnung einer befähigten Person die Fachverantwortung für das Auswählen/Beurteilen/Warten/Prüfen der Pflegebetten übertragen. Fast übereinstimmend ergab sich daraus die Meinung der Vortragenden, dass diese Arbeiten in Anbetracht der hier zu erkennenden Sachlage nur von oder unter der Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft als befähigte Person sachgerecht vorgenommen werden können. Widersprochen wurde dieser Ansicht vom Vertreter einer BG mit der Bemerkung, dass · es nach dem Wortlaut der UVV BGV A2 auch zulässig sei, Wiederholungsprüfungen ohne Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft von einer elektrotechnisch unterwiesenen Person vorzunehmen zu lassen und · nur auf diese Weise eine bezahlbare Lösung für das Prüfen erreicht werden könne. Die Konsequenzen aus dieser Verfahrensweise - da bestand Übereinstimmung - führen zwangsläufig zu einer erheblich verminderten Qualität der fachlichen Betreuung und somit zu einem Verzicht auf Sicherheit. Der damit entstandene Widerspruch muss durch die Berufsgenossenschaften aus der Welt geschafft werden, um die Betreiber der Pflegebetten nicht zu irritieren. Organisation der Prüfung Letztlich ist der für ein Pflegebett Verantwortliche vor Ort immer derjenige, der für die Sicherheit aller Mitarbeiter und aller zu pflegenden Personen zu sorgen hat. Egal, was beim Erarbeiten der Normen, dem Herstellen der Betten und dann beim Warten/Prüfen im Heim versäumt wurde, er hat den „Schwarzen Peter“ in der Tasche (Tafel ). Dies kann er nur dann verhindern, wenn er alles, was seine Pflegebetten betrifft - von der Kontrolle des Angebots bis zum Festlegen und Durchführen der erforderlichen Prüfungen - straff und vollständig organisiert. Wie dringend nötig das ist, wurde von mehreren Referenten an Hand ihrer praktischen Erfahrungen nachgewiesen. Was der Verantwortliche zu tun hat, kann den Tagungsunterlagen [1] und auch [2] entnommen werden. Zu organisieren ist in diesem Zusammenhang auch das Warten/Prüfen der anderen im Heim vorhandenen technischen Geräte. Wesentlich ist vor allem, dass vom Verantwortlichen eine dazu wirklich befähigte Person mit dem Festlegen und Durchsetzen der organisatorischen und technischen Maßnahmen, d. h. hier auch mit dem Wahrnehmen der Fachverantwortung für die Auswahl, Begutachtung, Wartung, Prüfung usw. der Betten zu beauftragen ist. Weitere Verbesserung der Sicherheit Die Notwendigkeit des Nachrüstens zeigt, beim Entwickeln der Pflegebetten wurde nicht ausreichend an die am Einsatzort vorhandenen Einsatzbedingungen und die begrenzten Möglichkeiten der Wartung/Prüfung gedacht. Ob die jetzt angebotenen Betten allen Anforderungen der Sicherheit gerecht werden, ob sie für diesen Einsatzfall die nötige Gebrauchstauglichkeit aufweisen, ist unter Beachtung der Schadensentwicklung (Tafel ) noch zu bedenken. Wichtig ist in jedem Fall, dass auch weiterhin über zusätzliche oder bessere Voraussetzungen nachgedacht wird. Auf der Veranstaltung wurden drei Möglichkeiten vorgestellt: · Power-Monitor, Überwachung der Anschlussleitung auf Isolationsfehler durch ein im Anschlussstecker angeordnetes Überwachungsgerät - klein, unempfindlich (Bild) · Antriebssysteme mit aktiver Erstfehlersicherheit, Entdecken und Melden von bestimmten Schwerpunkt-Fehlern durch Selbstdiagnose der elektrischen Ausrüstung (Bild ). · Anordnung eines Überwachungsleiters im Antrieb und der Anschlussleitung (Prinzip Schutzklasse I), der durch einen FI-Schutzschalter oder ein Isolationsüberwachungsgerät überwacht und auch für das Entdecken der Isolationsfehler durch Messen (Isolationswiderstand, Ableitstrom) bei der Prüfung verwendet werden kann. Unabhängig von diesen ja erst in der Zukunft wirksam werdenden technischen Maßnahmen ist als wichtigste und vordringlichste Aufgabe das oben angesprochene Organisieren der Sicherheit und in diesem Zusammenhang die Sichtprüfung/-kontrolle durch den Prüfer und das Pflegepersonal anzusehen. Abschließende Bemerkung Das Symposium hat deutlich gezeigt, dass für eine zufriedenstellende Sicherheit beim Einsatz des elektrischen Geräts „Pflegebett“ noch allerhand getan werden muss. Es sind auch viele Bemühungen zu erkennen, leider aber gibt es kein sinnvolles Zusammenwirken der Beteiligten. Ist das der Grund für die Tendenz der Zahlen in Tafel ? Warum z. B. hat sich das zuständige Normenkomitee der DKE trotz ausdrücklicher und mehrfacher Einladung einer Teilnahme verweigert, und warum hat der Industrieverband für Krankenhaus- und Pflegeeinrichtungen abgelehnt, sich vor den Teilnehmern zum Thema zu äußern? Deutlich wurde vor allem eins, wo viele verantwortlich sind, da fühlt sich keiner wirklich verantwortlich. Literatur [1] Tagungsunterlagen des Symposiums „Sichere Pflegebetten?“ des HDT (Hollestraße 1, 45127 Essen) am 8.5.2003. [2] Bödeker, K.; Neumann, T.: Organisation der Wiederholungsprüfung von Pflegebetten. Elektropraktiker 57(2003)3, S. 195-198. K. Bödeker Im Anschlussstecker angeordnetes Überwachungsgerät (Linak) Antriebssystem mit einer hohen Erstfehlersicherheit (dewert)
Autor
- K. Bödeker
Downloads
Laden Sie diesen Artikel herunterTop Fachartikel
In den letzten 7 Tagen:
Sie haben eine Fachfrage?