Elektrotechnik
Starkstromanlagen in medizinisch genutzten Räumen
ep12/2002, 4 Seiten
Gebäudetechnik Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 12 990 1 Eingliederung in DIN VDE 0100 Auf Grund der Vielfalt an Gesundheitseinrichtungen in unserem Land musste die Norm auf die Beschreibung wichtiger Schutzziele zurückgeführt werden. Schon durch die neue Normenbezeichnung DIN VDE 0100 Teil 710 wird dabei deutlich, dass die Norm nicht mehr selbständig existieren kann, sondern Bestandteil der - als Basisnorm bezeichneten - DIN VDE 0100 ist. Die neue Norm lässt die DIN VDE 0100 gelten und beschreibt nur noch diejenigen Veränderungen, die nötig sind, um die elektrische Anlage einer medizinisch genutzten Einrichtung sicher zu errichten und zu betreiben. Meist bedeuten diese Veränderungen Einschränkungen in den Möglichkeiten und Varianten, die in der Basisnorm aufgezeigt sind und dadurch auch Verschärfungen im Sinne der erhöhten Sicherheitserfordernisse. 2 Orientierung am Patienten Die Eingliederung der Norm in die Gruppe 700 „Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art“ zeigt eine Strukturübersicht in allen Vorworten der neuen Ausgaben der Basisnorm DIN VDE 0100. Dies macht deutlich, auf welche Personengruppe die Bestimmungen abzielen. Es gilt, die Personen zu schützen, die infolge ihres Zustands nicht in der Lage sind, so zu reagieren, wie das normalerweise möglich ist. Keine gebäudenahe Festlegung. Die neue Norm orientiert sich am Patienten als der hilfsbedürftigen Person und nicht an einem bestimmten Gebäude oder einer bestimmten Räumlichkeit. Die Strukturveränderungen im Gesundheitswesen in den vergangenen Jahren mussten dabei Berücksichtigung finden. So sind jetzt die Begriffe „stationärer medizinischer Bereich“ und „ambulanter medizinischer Bereich“ sowie „Poliklinik und Ärztehaus“ aufgenommen worden. Sie beschreiben, ausgehend von der Begriffswelt der Bauordnung, wie Personen in bestimmten Gebäuden betreut und untergebracht werden. Auf den in DIN VDE 0107:1994-10 noch zu findenden Begriff „Krankenhaus“ wurde in der neuen Norm gänzlich verzichtet. Damit soll dem Missverständnis entgegengewirkt werden, dass in ambulanten medizinischen Einrichtungen weniger Sicherheit nötig sei als in Krankenhäusern. Die Überbetonung des Begriffes „Krankenhaus“ hat oftmals dazu geführt, dass in Krankenhäusern ein höherer Maßstab an die elektrische Infrastruktur gestellt wurde als in ambulanten Einrichtungen mit gleicher medizinischer Nutzung. Distanzierung vom Medizinproduktegesetz. Sämtliche Verwischungen mit Gerätenormen wurden so gut es ging vermieden. Auch Betriebsmittel, die als Geräte Bestandteil der Infrastruktur sind, werden nicht mehr in der neuen Norm behandelt, sondern es findet sich allenfalls ein Verweis auf die entsprechende Gerätenorm. Leider war dies nicht immer konsequent durchhaltbar, dieweil auch die derzeit gültigen Geräte- bzw. Betriebsmittelnormen noch nicht darauf eingestellt sind. Deshalb mussten in der neuen Norm nach wie vor Ergänzungen aufgenommen werden. Ein weiteres Argument, sich weniger auf die unmittelbare Geräteversorgung zu konzentrieren, war die dringende Notwendigkeit, sich von den dem Medizinproduktegesetz unterstehenden Medizingeräten deutlich zu distanzieren. Die feste Versorgungsanlage eines Gebäudes birgt weniger Gefahren in sich, als die ständigem harten Klinikbetrieb ausgesetzten Geräte. Eine Anwendung des Medizinproduktegesetzes auf Komponenten der festen Anlage ist durch diesen klaren Schnitt nicht nötig. Starkstromanlagen in medizinisch genutzten Räumen T. Flügel, Berlin Mit den rasanten Fortschritten auf dem Gebiet der Medizin- und Gebäudetechnik in medizinischen Einrichtungen begannen sich Aussagen aus DIN VDE 0107 (VDE 0107):1994-10 zu überholen. Viele technische Standards, auf die in dieser Norm verwiesen wird, sind inzwischen grundlegend überarbeitet worden, so dass eine Neuausgabe schon aus normungstechnischer Sicht dringend erforderlich wurde. Am 01. November 2002 trat die neue DIN VDE 0100 Teil 710 in Kraft, die im Folgenden beschrieben wird. Medizinischer Bereich Gruppe Unterbrechungszeit 0 1 2 0,5 s > 0,5 15 s 1. Massageraum X X X 2. Bettenraum X Xa 3. Entbindungsraum X X 4. ECG, EEG, EHG-Raum X X 5. Endoskopieraum Xb Xb 6. Untersuchungs- und X X Behandlungsraum 7. Urologieraum Xb Xb 8. radiologischer Diagnostik- X X und Behandlungsraum, außer unter 21 9. Hydrotherapie-Raum X X 10. Physiotherapie-Raum X Xa X 11. Anästhesieraum X Xa X 12. Operationsraum X Xa X 13. Operations-Vorbereitungs- X X Xa X raum 14. Operations-Gipsraum X X Xa X 15. Operations-Aufwachraum X X Xa X 16. Herzkatheterraum X Xa X 17. Intensivpflegeraum X Xa X 18. Angiographieraum X X 19. Hämodialyseraum X X 20. Magnetfeld-Behandlungs- X X raum (MRT) 21. Nuklearmedizin-Raum X Xa X 22. Frühgeborenen-Raum X Xa X Tafel Tabelle E1 im Anhangteil der neuen Norm: Zuordnung von medizinischen Bereichen/Raumarten zu Gruppen und zur Sicherheitsstromversorgung nach zulässigen Unterbrechungszeiten (Beispiele) a Beleuchtung und lebenswichtige medizinische elektrische Einrichtungen, die eine Stromversorgung innerhalb von 0,5 s oder schneller benötigen. b Wenn es kein Operationsraum ist. Dipl.-Ing. Thomas Flügel ist Obmann des DKE-Komitee UK 221.4 „Starkstromanlagen für medizinisch genutzte Bereiche“ und arbeitet als Bereichsleiter am Berliner Universitätsklinikum Charité Autor Einteilung in Gruppen. Die Einteilung in Gruppen ist deutlich weniger vom Einsatz medizinischer elektrischer Geräte, sondern mehr vom allgemeinen Ablauf des gesamten medizinischen Betriebes abhängig (s. Bsp. 1, S. 992). Die neue Norm empfiehlt deshalb, bei der Einteilung alle am Ablauf und der Organisation Beteiligten hinzuzuziehen. In kleineren medizinischen Einrichtungen wird dazu der dort tätige Arzt ausreichen, in größeren jedoch ist es oft sinnvoll, auch z. B. die medizinische Leitung oder die Pflegedienstleitung mit einzubeziehen. Ist die Einteilung festgelegt, so ist die Ausfertigung eines Festlegungsprotokolls dringend empfohlen. Kein unabdingbares Normenraster. Tabelle 1 aus DIN VDE 0107:1994-10 mit Beispielen für die medizinische Anwendung und ihre Zuordnung zu bestimmten Anwendungsgruppen wurde in die neue Norm nicht mehr aufgenommen. Lediglich eine modifizierte Form findet sich als Tabelle E 1 im Anhangteil (Tafel ). So wird die Beispielhaftigkeit dieser Tabelle noch mehr betont. Es besteht die Hoffnung, dass Anwender der neuen Norm die Tabelle nicht weiterhin als normierte Einteilung medizinischer Anwendung missbrauchen. 3 Strukturierte Energieverteilung Hatte die Normenausgabe DIN VDE 0107:1994-10 noch den PEN-Leiter vom Hauptverteiler des Gebäudes ab untersagt (s. Abschnitt 3.3.1), so ist in der neuen Norm der PEN-Leiter bereits ab dem der Stromquelle folgenden Hauptverteiler verboten. Dies gilt natürlich nur für medizinisch genutzte Gebäude mit Hochspannungsanschluss. Verfügt das Gebäude über einen Niederspannungsanschluss, so ist der PEN-Leiter nach wie vor vom Hauptverteiler des Gebäudes an untersagt. Es ist zu beachten, dass die neue Norm nur für Neuanlagen oder für deutliche Nutzungsänderungen gilt. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass die neue Norm den Begriff des „medizinisch genutzten Gebäudes“ kennt. Dies sind alle Gebäude, in denen sich einer oder mehrere medizinisch genutzte Bereiche befinden (s. Bsp. 2, S. 992). Um die Versorgungsanlage besser strukturieren zu können, sind neben dem Hauptverteiler des Gebäudes noch andere Hauptverteiler möglich. Kriterium für solche Hauptverteiler ist, dass sie in abgeschlossenen elektrischen Betriebsräumen - nach Allgemeiner Stromversorgung und Sicherheitsstromversorgung getrennt - aufgestellt werden und über eine Abfrage-und Umschalteinrichtung zwischen Allgemeiner Stromversorgung und Sicherheitsstromversorgung verfügen. Ihnen soll z. B. ein ganz bestimmter Gebäudeabschnitt zugeordnet sein. Diese Begriffsänderung wurde vor allem für medizinisch genutzte Hochhäuser oder größere Gebäudekomplexe mit mehreren Niederspannungshauptverteilungen in einem Gebäude notwendig. Bekanntlich sollen Teile der Stromversorgungsanlage für einen medizinisch genutzten Bereich nur gegen Kurzschluss geschützt werden und ein gewisses Maß an Überlastungsfähigkeit besitzen. Das führt immer wieder zu thermischen Belastungen im Verteilungsbereich, weshalb in medizinisch genutzten Gebäuden nur noch Verteiler zugelassen werden, deren Verkleidungen aus Stahlblech bestehen. 4 Schutzmaßnahmen TN-S-System. Medizinisch genutzte Gebäude sollen über ein TN-S-System verfügen. Es sichert nicht nur ab, dass der Schutzleiter im Normalbetrieb fast unbelastet bleibt, sondern auch dass ein selektiver Aufbau der Schutzmaßnahmen möglich ist und somit im Störungsfall nur der betroffene Anlagenteil abgeschaltet wird. Wird hingegen ein medizinisch genutztes Gebäude mit einem TT-System versorgt, so ist im Fehlerfall durch den Aufbau der Abnehmeranlage wegen der Verwendung von Fehlerstromschutzschaltern eine schnelle Abschaltung der gesamten Versorgung möglich. Diese Tatsache widerspricht dem Versorgungsgrundsatz für medizinisch genutzte Bereiche der Gruppe 2, wonach ein einfacher Fehler nicht sofort zu einer Unterbrechung der Elektroenergieversorgung führen soll. Deshalb ist die Versorgung von medizinisch genutzten Gebäuden mit medizinisch genutzten Bereichen der Gruppe 2 über ein TT-System untersagt (s. Bsp. 3, S. 992). Weitere Neuerungen: · Die Funktionskleinspannung ohne sichere Trennung (FELV) ist in medizinisch genutzten Bereichen künftig eindeutig nicht mehr zugelassen. · Der Schutz durch Hindernisse und Abstände ist in medizinisch genutzten Bereichen unzulässig. Gemeint sind nur die Gebäudetechnik allgemein zugänglichen medizinisch genutzten Bereiche. Technische Betriebsräume sind natürlich ausgenommen. · In der Gruppe 2 sollen Endstromkreise grundsätzlich nur noch mit Leitungsschutzschaltern abgesichert werden, damit auch Laien ausgefallene Stromkreise nach Entfernen eines defekten Gerätes leicht wieder in Betrieb nehmen können. Der selektiven Abstufung zwischen einer Abgangsschmelzsicherung für einen Verteilungsbereich und einem Leitungsschutzschalter im Endstromkreis ist daher mehr Beachtung zu schenken. · Steckdosen in der Gruppe 2, die für den Anschluss von medizinischen elektrischen Geräten vorgesehen sind, sollen mit einer optischen Spannungsanzeige ausgestattet sein. Diese Maßnahme hat sich in der Praxis als sehr vorteilhaft erwiesen, da sie auf einfache Weise die Versorgungssicherheit erhöht. · Wird in der Gruppe 2 an einer Steckdose eine Mehrfach-Steckdosenleiste betrieben, z. B. als Bestandteil eines Gerätewagens, so muss diese Steckdose einzeln abgesichert sein. Obwohl der Hintergrund dieser Forderung, nämlich eine Überlastung zu vermeiden, jedermann einleuchtet, ist die Durchsetzbarkeit in der Praxis möglicherweise fraglich. Zumindest sollten künftig in jedem Raum der Gruppe 2 einige Steckdosen einzeln abgesichert und speziell beschriftet werden. · Nach Abschnitt 412.5 der Basisnorm DIN VDE 0100-410 sind als zusätzlicher Schutz nur Fehlerstromschutzschalter mit IN = 30 mA zugelassen. Es ist strikt darauf zu achten, dass durch das Ansprechen eines FI-Schutzschalters nicht der Betrieb so eingeschränkt wird, dass aus dem zusätzlichen Schutz vor indirektem Berühren ein zusätzliches Problem durch den Ausfall der Energieversorgung wird. Bekanntermaßen werden die FI-Schutzschalter wegen ihres relativ hohen Preises nur sparsam eingesetzt, was in vielen Fällen zur Zusammenfassung von Stromkreisen führt. Künftig wird sich deshalb sehr stark an der Patientenumgebung orientiert. Dies ist der Raumabschnitt, in dem der Patient bestimmungsgemäß behandelt oder gepflegt wird (Bild ; s. Bsp. 4, im Kasten links). · Außerhalb der Patientenumgebung kann ein zusätzlicher Schutz entfallen, wenn die dort installierte elektrische Anlage nicht für die unmittelbare Versorgung des Patienten gedacht ist (insbesondere bei der Allgemeinbeleuchtung). · Aus hygienischen Gründen sind elektrische Betriebsmittel gerade in Bereichen der Gruppe 2 oft sehr schwer zugänglich. Immer gab es deshalb Argumente, diese Anlagen bei Isolationsschäden besonders frühzeitig abzuschalten, um die Brandgefahr zu minimieren. Verantwortliche Planer werden dies auch weiterhin beachten. Die neue Norm bietet jetzt ausdrücklich einen Zusatzschutz durch einen Fehlerstromschutzschalter mit IN = 300 mA. Auch hier ist es wichtig, dass nicht sämtliche Stromkreise durch das Ansprechen eines FI-Schutzschalters außer Betrieb gesetzt werden können. Auf die Möglichkeit der Verwendung von meldenden Fehlerstromgeräten (RCM) wird ausdrücklich verwiesen. Gebäudetechnik Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 12 992 Beispiel 1: In einem Krankenhaus ist eine Rettungsstelle neu zu errichten. Neben Räumen der Erstversorgung soll auch ein Röntgendiagnostikraum eingerichtet werden. Nach DIN VDE 0107:1994-10 Tabelle 1 kann dieser ein Raum der Anwendungsgruppe 1 sein. Durch die Betonung der Anwendung des bildgebenden Verfahrens wird als Kriterium für die medizinische Anwendung das Röntgengerät im Vordergrund stehen, jedoch ist das Röntgengerät für den Erhalt von Lebensfunktionen nicht unmittelbar wichtig. In der Regel werden die im Aufnahme- oder Schockraum verwendeten medizinischen elektrischen Geräte im Röntgendiagnostikraum weiterbetrieben bzw. müssen hier eine Möglichkeit zur Versorgung vorfinden. Dies bedeutet, dass es auf die infrastrukturellen Voraussetzungen in diesem Raum ankommt. Diese sind wichtig, nicht das Röntgengerät. Die neue Norm formuliert deshalb allgemein: Gruppe 2 ist ein medizinisch genutzter Bereich, in dem die elektrische Anlage bei Auftreten eines ersten Körper- oder Erdschlusses oder Ausfall des allgemeinen Netzes nicht abgeschaltet werden darf. Der Röntgendiagnostikraum muss demnach Voraussetzungen bieten, um lebenserhaltende medizinische elektrische Geräte zu betreiben. Es müssen Steckdosen vorhanden sein, die entsprechend weiterbetrieben werden können und auch die Beleuchtung muss so gestaltet werden, dass sie ein angemessenes Weiterarbeiten am Patienten erlaubt. Der Raum gehört also wegen seiner Lage als Bestandteil der Rettungsstelle in Gruppe 2. Das er auch ein Röntgendiagnostikraum ist, ist dabei nebensächlich. Beispiel 2: In einem Kaufhaus soll im oberen Stockwerk eine Arztpraxis etabliert werden. Nach der neuen Norm wird das Kaufhausgebäude damit zu einem medizinisch genutzten Gebäude, in dem bei einem Niederspannungs-Hausanschluss ab dem Hauptverteiler des Gebäudes eine Aufteilung in PE- und N-Leiter vorzunehmen ist. Beispiel 3: In einem Kaufhaus soll im oberen Stockwerk eine Arztpraxis eingerichtet werden, in der ambulante Operationen durchgeführt werden. Es soll einen Operationsraum geben, der den Kriterien der Gruppe 2 entspricht. Das Kaufhausgebäude verfügt über einen Niederspannungs-Hausanschluss. Die zu wählende Schutzmaßnahme ist mit TT-System vorgegeben. In diesem Fall kann ein Operationsraum der Gruppe 2 in diesem Gebäude nicht eingerichtet werden. Ist das Kaufhaus aber größer und verfügt über eine eigene Transformatorenstation, aus der ein TN-S-System gebildet werden kann, so lässt die Infrastruktur des Gebäudes auch einen Operationsraum der Gruppe 2 in diesem Gebäude zu. Beispiel 4: In einer Intensivstation gibt es mehrere Räume, die zu einem medizinisch genutzten Bereich zusammengefasst sind. Die Wände besitzen Oberlichter, so dass immer auch ein Beleuchtungsanteil aus dem Überwachungs-und Schwesternraum in die jeweiligen Bettenräume fällt. Bisher verlangte DIN VDE 0107:1994-10, dass die gesamte Beleuchtungsanlage im medizinisch genutzten Bereich (Intensivstation) zusätzlich über Fehlerstromschutzschalter abgesichert wird. Künftig müssen nur noch die Leuchten in unmittelbarer Patientenumgebung einen Zusatzschutz besitzen, denn hier soll der Patient vorrangig vor indirektem Berühren geschützt werden. Dies betrifft im Beispiel die Beleuchtung in den Krankenbettinstallationseinheiten, wenn diese nicht ohnehin Bestandteil einer anderen Schutzmaßnahme sind. Außerhalb der Patientenumgebung ist die Raumbeleuchtung vom Aspekt des Schutzes her genauso zu bewerten, wie jede andere Allgemeinbeleuchtung. Praxisbeispiele unter Anwendung der neuen Norm Patientenumgebung nach DIN EN 60601-1-1 (VDE 0750 Teil 1-1):2002-08 2,5 1,5 m 1,5 m 5 Sicherheitsstromversorgung Für ein medizinisch genutztes Gebäude, welches einer Sicherheitsstromquelle bedarf, ist ein Generator mit einem Hubkolbenverbrennungsmotor (Dieselnotstromaggregat) immer noch die solideste, leistungsfähigste und in der Regel auch wirtschaftlichste Sicherheitsstromquelle. Die Verfasser der Norm haben sich die Mühe gemacht und in ganz Deutschland Anästhesisten-Teams nach möglichen Unterbrechungszeiten befragt. Ausnahmslos wurde eine Unterbrechungszeit von 15 Sekunden auch am schwerkranken Patienten als nicht unmittelbar lebensbedrohlich eingeschätzt. Nur wenige Ausnahmen in Spezialkliniken rechtfertigten nicht, in der neuen Norm etwas Verschärfendes allgemein festzulegen. Der internationale Normenausschuss hat zu dieser Unterbrechungszeit ebenfalls keinen Widerspruch erfahren. Inzwischen ist als Schutzziel weltweit anerkannt, dass die Sicherheitsstromversorgung in einem medizinisch genutzten Gebäude spätestens 15 Sekunden nach einem Spannungsausfall einsetzen muss. Die Gebäudeinfrastruktur ist also so aufzubauen, dass alle relevanten medizinisch genutzten Bereiche nach 15 Sekunden leistungsfähig versorgt werden können. Keine unterbrechungsfreie Gebäudeversorgung. Die moderne Medizintechnik beruht z. B. auch auf Rechentechnik, die Unterbrechungen kaum toleriert. In der Vergangenheit wurden deshalb Versorgungsanlagen installiert, die bestimmte Medizingeräte unterbrechungsfrei weiterversorgen können. Da es sich bei der neuen Norm um eine Errichternorm für eine bauliche Anlage handelt, können in ihr zu bestimmten Medizingeräten keine Festlegungen getroffen werden. Die Aufstellung einer Anlage zur unterbrechungsfreien Versorgung eines Gebäudeteils, also einer festen Anlage, sollte eine Ausnahme bleiben. Sind neben einer stabilen Sicherheitsstromversorgung noch weitere zusätzliche Maßnahmen notwendig, so ist es zuerst einmal Angelegenheit der Medizingerätehersteller, dafür zu sorgen, dass ihre Geräte in einer weltweit anerkannten Infrastruktur für medizinisch genutzte Gebäude funktionieren. Bei zusätzlichen Sicherheitsstromquellen setzen die Normenverfasser auf kleine dezentral angeordnete Quellen, z. B. Umrichter mit Batterieversorgung. Wenn diese ausschließlich zur Versorgung eines bestimmten Bereiches innerhalb eines Brandabschnitts dienen und in ihrer Leistung auch nur dafür bestimmt sind, so ist ihre Aufstellung sogar innerhalb des örtlichen Betriebsraumes möglich. Sicherheits- und Ersatzstromversorgung. Ein weiterer Aspekt hat in der neuen Norm Aufnahme gefunden, der einen strukturierten Aufbau der Sicherheitsstromversorgung ermöglicht. In der inzwischen überarbeiteten Ausgabe der Basisnorm DIN VDE 0100-200 wird zwischen Sicherheitsstromversorgung und Ersatzstromversorgung unterschieden: - Eine Sicherheitsstromversorgung ist eine Einrichtung, die dazu bestimmt ist, die Funktion von Betriebsmitteln aufrecht zu erhalten, die von wesentlicher Bedeutung sind für die Sicherheit und Gesundheit von Personen und/oder zur Vermeidung von schweren Umweltschäden und Schäden an anderen Betriebsmitteln, falls dies durch Verordnung verlangt wird. - Eine Ersatzstromversorgung ist eine Einrichtung, die dazu bestimmt ist, die Funktion einer Anlage oder von Teilen einer Anlage bei einer Unterbrechung der üblichen Stromversorgung aus anderen Gründen als aus Sicherheitsgründen aufrecht zu erhalten. Diese Unterscheidung nimmt die neue Norm auf und empfiehlt mit Hinweis auf DIN 6280-13, die Sicherheitsstromquelle stufenweise zu belasten, wobei der Anteil der Sicherheitsstromversorgung immer abgedeckt werden muss und der Anteil der Ersatzstromversorgung variabel dem Betrieb entsprechend gestaltet werden sollte. Knapp formuliert bedeutet dies, dass künftig der Zwang, die Notstromversorgung eines ganzen Krankenhauses komplett nach 15 Sekunden in Gang bringen zu müssen, entfällt. Vorrang hat die Sicherheitsstromversorgung. Ausnahme bei Hochspannungsanlagen. Die Norm, die sich stets auf die Basisnorm DIN VDE 0100 „Errichten von Niederspannungsanlagen“ bezieht, kennt in der Sicherheits- und Ersatzstromversorgung eine Ausnahme. In Anbetracht der Tatsache, dass besonders in großen Kliniken auch Hochspannungsanlagen zur Sicherheits-und Ersatzstromversorgung verwendet werden, weist die neue Norm ausdrücklich darauf hin, dass dies möglich ist, wenn sämtliche Anforderungen genauso erfüllt werden, um das gleiche Sicherheitsniveau zu erreichen. Das heißt auch, dass dann entsprechende Umschalteinrichtungen zwischen Allgemeiner Stromversorgung und Sicherheitsstromversorgung notwendig sind. Äußerung zu Prüffristen. Es dürfte besonders interessieren, dass erstmals in dieser Norm darauf hingewiesen wird, dass sich der Errichter einer elektrischen Anlage bei Übergabe an den Nutzer zu Prüffristen äußern soll, wobei vor allem besonders sensible Bereiche ausdrücklich Berücksichtigung finden sollen. Man erhofft sich davon, dass die Sicherheit mit dem Errichtungszeitpunkt erhöht wird. Dies ist auch als ein Hinweis darauf zu verstehen, dass der Errichter einer Anlage verpflichtet ist, die Anlage als Gesamtheit zu konzipieren. Keine Ausnahme für Heimdialyse. In DIN VDE 0107:1994-10 gab es noch einen eigenen Abschnitt zur Heimdialyse, der in der neuen Norm aus zwei Gründen entfällt. Zum einen soll der Heimdialyse als einem medizinischen elektrischen Gerät, das im Wohnbereich verwendet werden kann, keine Sonderstellung zugestanden werden, schon weil sich die Geräte seit 1994 deutlich verändert haben. Zum anderen ist bei dem in der Praxis relativ seltenen Aufbau einer speziellen Infrastruktur bei medizinischer Nutzung des Wohnbereiches genauso zu verfahren wie bei einer ambulanten medizinischen Einrichtung. 6 Fazit Letztlich bestand wie bei jeder Norm die Arbeit des Komitees der DKE (Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE) darin, Kompromisse zwischen den manchmal völlig konträren Meinungen zu finden. Zugleich sollte die Norm aber auch Profil haben und die aktuellen Trends widerspiegeln. Ein nicht ganz leichtes Unterfangen. Das Ziel ist hoffentlich erreicht. Diskussionen wird es dennoch geben, aber sie sind wichtig, damit es auch künftig keinen Stillstand gibt. Vom Autoren werden zu der Thematik Seminare beim VDE Berlin abgehalten. Informationen dazu erhalten Sie per Mail (vde-seminare-berlin@vde.com) oder unter der Telefonnummer 030-34800180 Gebäudetechnik Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 12 993 Leider ist uns im Heft 10/02 auf S. 842 in Tafel ein Fehler unterlaufen. Die aufgeführte Zeit des Funktionserhaltes von 90 Min. für maschinelle und natürliche Rauchabzugsanlagen ist nicht richtig. Die korrekte Dauer für natürliche Rauchabzugsanlagen beträgt 30 Min. gemäß MLAR 2000. Auf den Funktionserhalt kann u. a. völlig verzichtet werden, wenn das Leitungsnetz vollständig über Rauchmelder überwacht wird und die Auslösung eines Rauchmelders zur Aktivierung des natürlichen Rauchabzuges führt. Es zeigt sich bereits heute, dass ein über Rauchmelder automatisch ausgelöstes Rauchabzugssystem dem Brandbekämpfungsszenario äußerst dienlich ist und so im Verbund mit dem reduzierten Kostenaufwand für die Funktionserhaltleistung zwei wichtige Fortschritte erzielt wurden. Berichtigung und Ergänzung
Autor
- T. Flügel
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