Sicherheitstechnik
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Betriebsführung
Sicherheitstechnische Praxis und Auswirkungen - Teil 7: Türüberwachung per Videosprechanlage
ep6/2010, 3 Seiten
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Darum geht es in diesem Beitrag jedoch nicht vornehmlich, sondern um einen weiteren Schritt zu mehr Sicherheit - der Video- (Tür)Sprechanlage (VSA). Zur Begrifflichkeit sei darauf hingewiesen, dass z. B. mit zwei Computern mit eingebauter Kamera per Internet auch eine Video-Sprechanlage aufzubauen ist. Zu den bei einer reinen Sprechanlage zu beachtenden rechtlichen Voraussetzungen kommen bei der Video-Sprechanlage zwei wesentliche Punkte hinzu: 1.das Recht einer Person an ihrem eigenen Bildnis und 2.das Verbot der Überwachung des öffentlichen Raumes. Zwei sehr wichtige Punkte, die trotz eindeutiger Rechtslage häufig nicht beachtet werden. Einzusetzende Technik Der technische Fortschritt in der Videotechnik findet sich auch bei den Video-Türsprechanlagen wieder. Bei den ersten Anlagen war noch eine genaue Justierung der Kamera erforderlich, um eine Person in einer bestimmten Größe und vor allem in einem bestimmten Abstand erkennen zu können. Heute sind Sprechstellenkameras so weit entwickelt, dass i. d. R. nur noch die zu erwartende Darstellungsgröße einer Person ein Faktor ist. Das bedeutete in früheren Zeiten, dass der Tiefenschärfebereich begrenzt und die Person vor der Türe nur dann einwandfrei zu erkennen war, wenn sie sich in einem genau definierten Entfernungsbereich aufhielt. Alles andere - insbesondere der hinter der Person befindliche Bereich - wurde unscharf wiedergegeben. Heute ist der Tiefenschärfebereich technisch ein eher zu vernachlässigendes Kriterium. Somit sind auch weiter entfernte Objekte bzw. Personen zu erkennen, selbst wenn sie nicht die Absicht haben, das Haus zu betreten (Bild ). Mehrfamilienhaus Die Hauptmerkmale einer Video-Sprechanlage bei gesetzeskonformem Einsatz sind: Kamera Neben den allgemeinen Qualitätsansprüchen an eine Kamera in der Sprechstelle ist deren Ausrichtung Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 6 490 Sicherheitstechnische Praxis und Auswirkungen Teil 7: Türüberwachung per Videosprechanlage A. Kraheck, Troisdorf In einer Folge loser Beiträge werden authentische Beispiele aus der Praxis gezeigt. Video-Türsprechanlagen (VSA) sind ein probates Mittel zum Schutz von Personen und Objekten. Rechtsverstöße durch Außenstehende lassen sich damit erschweren. VSA dürfen aber nicht ihrerseits zu einem Instrument unerlaubter Handlungen werden. MEISTERWISSEN Autor Adolf Kraheck, Troisdorf, ist freier Fachautor auf dem Gebiet unabhängiger sicherheitstechnischer Beratung und Planung. das wichtigste Merkmal. Die Kamera soll den „Besucher“ darstellen und - wenn möglich - erkennen lassen, ob weitere Personen zu diesem Besucher gehören. Sie darf dabei weder Bereiche erfassen, die sich außerhalb des betreffenden Grundstücks befinden, noch solche im öffentlichen bzw. öffentlich zugänglichen Raum. Besonders bei Objekten, die unmittelbar an einen öffentlichen Gehweg grenzen, ist dies ein Problem. Eine Universallösung für alle nur erdenklichen Variationen gibt es nicht. Die Montage in der straßenseitigen Außenwand bedeutet eine Ausrichtung zum Gehweg, zur Straße hin. Eine Montage in der Seitenwange eines zurückliegenden Eingangs bedeutet i. d. R. ebenfalls die mögliche Überwachung des öffentlichen Raumes oder des Nachbargrundstücks. Erst bei einer weiter zurückliegenden Eingangstüre, einem vom Gehweg entfernten Eingang oder einem Eingang mit anderen abschirmenden Einrichtungen ist es möglich, die Kamera so auszurichten, dass nur der Besucher zu erkennen ist und keine unbeteiligten Personen. Kameraattrappe. Gerichtlich wurde sogar die Installation einer Kameraattrappe zur Pseudoüberwachung eines Zugangs nicht erlaubt, weil die Mieter ihr Verhalten automatisch ändern würden, wenn sie sich von dieser Attrappe beobachtet fühlten. Monitor/Verbindung Der Monitor darf nur dann ein Videobild vom Eingang darstellen, wenn die entsprechende Wohneinheit angewählt wurde. Eine „vorbeugende“ Kontrolle, ob sich jemand vor dem Haus aufhält, ist ebenso zu verhindern, wie das „Mitsehen“ bei einer Verbindung zu einer anderen Wohneinheit. Das Einschalten des Monitors, ohne Herstellung der Verbindung durch Klingeln, ermöglicht es einem Mieter, dass er seinen Nachbarn und dessen Gesprächspartner vom Balkon aus vor dem Haus hat stehen sehen und dann durch herstellen der Verbindung von seinem Monitor aus die Personen beobachten bzw. belauschen könnte. Einfamilienhaus Im Einfamilienhaus entfallen die Beschränkungen bezüglich der Verbindungswege. Es bleibt die korrekte Installation und Ausrichtung der Kamera. Trotzdem sollte bei der Installation in einem größeren Haus mit mehreren Monitorsprechstellen von vorne herein berücksichtigt werden, dass evtl. später aus einem Teil des Hauses eine Einliegerwohnung werden könnte. Dann gelten wieder die Regeln wie für ein Mehrfamilienhaus, was eine nachträgliche Änderung mit erheblichem Auf-Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 6 491 BETRIEBSFÜHRUNG Der richtige Partner macht es Elektrounternehmen leicht, ihr eigenes Produktportfolio durch Sicherheitssysteme zu erweitern. Von Bosch bekommen Sie alles, was Sie benötigen: eine durchgängige Produktpalette, individuelle Schulungen, Hilfe bei der Planung und nicht zuletzt das ganze Sicherheits-Know-how von Bosch. Mehr Informationen erhalten Sie unter der Telefonnummer 0800 7000 444. www.bosch-elektriker.de Erweitern Sie Ihr Angebot. Problem Tiefenschärfebereich - die Beleuchtung des Kameramoduls verrät die Beobachtung des Eingangsbereiches obwohl sich keine Besucher vor der Türe befinden wand oder sogar einen vollständigen Austausch der Anlage zur Folge hätte (Bild ). Gewerbebereich Im Gewerbebereich sind VSA eben so häufig anzutreffen, wie im Privatbereich. Hier gibt es zwei Varianten: 1. Einzelverbindung. Bei lediglich einer Verbindungsmöglichkeit vom Eingang beispielsweise zum Empfang ist nur auf die Kameraausrichtung zu achten (Bild ). 2. Mehrfachverbindung. Sind mehrere Empfangsstellen eingerichtet, gilt das Prinzip wie im Abschnitt Mehrfamilienhaus. Im Gewerbebereich kommt noch hinzu, dass vermehrt die Türkommunikation in das Netzwerk integriert wird. Hier sind die Zugriffsrechte der einzelnen Teilnehmer in Bezug auf die eigentliche Kommunikation zu berücksichtigen - besonders im Hinblick auf die Speichermöglichkeiten der übertragenen Bilder und des gesprochenen Wortes. Für die Datenspeicherung gelten bei einer VSA die gleichen Bedingungen, wie sie für eine allgemeine Video-Überwachungsanlage (VÜA) gelten. Beratung des Kunden Für ein Elektrounternehmen gibt es zwei Möglichkeiten, Video-Sprechanlagen zu vertreiben, durch - den Verkauf im Ladenlokal und - Installation im Objekt des Kunden. Im Ladenlokal ist der Kunde im Beratungsgespräch darauf hinzuweisen, dass er bei einem Selbsteinbau der VSA auf die Gesetzeslage achten muss und welche Einschränkungen bei der Nutzung der Anlage zu beachten sind. Eine einwandfreie Beratung wird immer mehr auch zu einer Schutzfunktion, denn der Kunde kann später nicht sagen, „Wenn er das vorher gewusst hätte, hätte er die Anlage nicht gekauft“. Die Gerichte prüfen vermehrt den Aspekt der Beratung beim Zustandekommen des Kauf-/Werkvertrages. Außerdem besteht beim reinen Verkaufsgespräch ggf. die Möglichkeit, den Kunden davon zu überzeugen, die Installation durch ein Fachunternehmen einer Heimwerkerlösung vorzuziehen. Für den Auftrag zur Installation einer VSA ist es noch wichtiger, dem Kunden zu erklären, warum bestimmte Funktionen in der Anlage notwendig sind und warum ggf. der vom Kunden ins Auge gefasste Montageort für die Kamera nicht zulässig ist. Bereits eine unzureichende Information des Kunden bedeutet unter Umständen einen Mangel der Werkleistung. Im Beratungsgespräch ist der Kunde darauf hinzuweisen, dass er sich in einem Mehrfamilienhaus von den einzelnen Parteien zur Installation der VSA eine Zustimmung geben lässt. So kann man ausschließen, dass ein Mieter während der Installationsarbeiten einen Baustopp erwirkt. Dies würde in der Folge regelmäßig zu Diskussionen über die bereits erbrachten, zusätzlich erforderlichen und nicht mehr auszuführenden Leistungen sowie deren Vergütung führen (Bild ). Verantwortlichkeiten Nutzt ein Kunde eine funktionell falsche VSA - die zudem gegen rechtliche Bestimmungen verstößt - begeht er eine Ordnungswidrigkeit bzw. strafbare Handlung. Das ist aber nur zum Teil richtig. Der Errichter einer Anlage ermöglicht erst dem Kunden, gegen Bestimmungen zu verstoßen. Dem Kunden könnte die Unrechtmäßigkeit seines Handelns nicht bewusst sein, oder - ein immer wiederkehrendes Problem - er verlangt trotz entsprechender Hinweise die nicht gesetzeskonforme Installation. Dann ist eine juristische Klärung des jeweiligen Einzelfalls im Vorfeld erforderlich, denn der Kunde könnte sich später mit Gedächtnisverlust aus der Verantwortung ziehen. Vor der Nutzung durch den Kunden steht die Inbetriebnahme und Einstellung der Anlage. In dieser Phase handelt der Errichter, nicht der Kunde. Das gilt insbesondere, wenn die VSA im Gewerbebereich bzw. im Einfamilienhaus eine Aufzeichnung der Bild- und Tondaten enthält. Die unerlaubte Datenspeicherung erfolgt zuerst durch den Errichter, der dann ggf. noch die dabei gespeicherten Daten zu Dokumentationszwecken in den eigenen Verfügungsbereich mitnimmt. Zusammenfassung Die Vielzahl der falsch installierten Video-Türsprechanlagen (Heimwerkeranlagen dabei einmal ausgeklammert) zeigt, dass in diesem Bereich noch ein deutlicher Nachholbedarf besteht, was Beratung, Planung und mangelfreie Ausführung anbelangt. Auch bei einer Video-Sprechanlage gilt der Grundsatz, alle Vereinbarungen, Absprachen und Ausführungen sind zu dokumentieren. Insbesondere bei Türstationen mit variabler Kameraposition besteht die Möglichkeit, dass der Errichter die Anlage korrekt aufgebaut hat, der Kunde seinerseits durch die nachträgliche Veränderung der Kameraposition eine unerlaubte Überwachung erst ermöglicht. Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 6 492 BETRIEBSFÜHRUNG Verstellbare Objektive reichen hier nicht aus um den Blick auf den öffentlichen Bereich einzuschränken Negativbeispiele - Überwachung des öffentlichen Raumes: Wer besteigt z. B. wann welchen Bus? Unzulässige Überwachung - andere Firma kann feststellen, wer, wann und womit den Laden im Vordergrund betritt. Man beachte die Nähe zum Blitzableiter!
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Autor
- A. Kraheck
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