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Elektrotechnik | Schutzmaßnahmen

Selektivität von Schutzeinrichtungen

ep6/2010, 2 Seiten

In der DIN VDE 0100-718 wird in dem Abschnitt 718.473.2.1 die Selektivität für Schutzeinrichtungen gefordert. Bezieht sich diese Forderung nur auf Schutzeinrichtungen für Sicherheitszwecke oder auf die gesamte elektrische Anlage?


Allgemeines. Das Thema „Selektivität von Schutzeinrichtungen“ (d. h. Überstrombzw. Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs)) führt immer wieder zu Diskussionen. Fakt ist, dass es in den allgemeinen Teilen (den allgemein immer gültigen Teilen 100 bis 600) eine zwingende Forderung nach Selektivität nicht gibt, auch wenn sie in elektrischen Anlagen angestrebt werden sollte, soweit das möglich ist.
Festlegungen gibt es nur im Abschnitt 563.4 von DIN VDE 0100-560 (VDE 0100-560) [1], die aber nur Festlegungen für elektrische Anlagen für Sicherheitszwecke enthält, also nicht allgemein anzuwenden ist. Darin ist jedoch sinngemäß festgelegt, dass bei der Auswahl sowie bei dem Einbau von Überstrom-Schutzeinrichtungen beachtet werden muss, dass das Ansprechen einer Überstrom-Schutzeinrichtung die anderen Stromkreise der elektrischen Anlage für Sicherheitszwecke nicht beeinträchtigen darf.
Aussagen zur Selektivität sind auch in den Abschnitten 535.1.3 und 535.2.2 von DIN VDE 0100-530 (VDE 0100-530) [2] enthalten. Jedoch wird dort nur angeführt, wie Selektivität bei in Reihe geschalteten Schutzeinrichtungen erreicht werden kann. Aus genau diesen Festlegungen wird aber häufig abgeleitet, dass es sich dabei um eine Forderung nach Selektivität handelt, was nicht stimmt. Auch aus der neuen DIN VDE 0100-100 (VDE 0100) [3] könnte man diesbezüglich eine gewisse Forderung ableiten. Im Abschnitt 314.1 von [3] ist u. a. in etwa folgende Festlegung enthalten:
„Soweit erforderlich muss jede elektrische Anlage in mehrere Stromkreise aufgeteilt werden, um:
  • die Gefahren und die Folgen von Fehlern möglichst klein zu halten;
  • eine sichere Besichtigung, Prüfung und Instandhaltung zu erleichtern;
  • Gefahren zu berücksichtigen, die durch einen Fehler in einem einzelnen Stromkreis entstehen können …“
Wenn also durch einen Fehler in einem Stromkreis auch eine übergeordnete gemeinsame Schutzeinrichtung ansprechen wird, könnten formal diese Forderungen nicht erfüllt werden. Abgeschwächt wird aber diese Festlegung durch die Worte „soweit erforderlich“. Außerdem ist die Selektivität als solches nicht explizit gefordert. Gäbe es eine solche Forderung, dann müssten unter diesem Gesichtspunkt Sicherungen mit nachgeschalteten Leitungsschutzschaltern verboten werden, da in solchen Fällen nur sehr bedingt Selektivität erreicht werden kann. Nach meiner Sicht ist es deswegen in den meisten Fällen ausreichend, mehrere Stromkreise mit getrennten Schutzeinrichtungen zu bilden und soweit notwendig eine wesentlich nennstromgrößere Schutzeinrichtung vorzusehen (mit der meist Selektivität erreicht werden kann). Damit lassen sich die Anforderungen von [3] erfüllen. Soweit die allgemeinen Anforderungen.
Zur Frage: Bezüglich der Anfrage gilt, dass es nur in dem Abschnitt 718.611 von DIN VDE 0100-718 (VDE 0100-718) [4] Festlegungen zur Selektivität gibt. Und das auch nur bei den Anforderungen für (spezielle) Prüfungen, obwohl es in der eigentlichen Norm eine solche Forderung weder für die normale elektrische Anlage gibt, noch für Anlagen, die Sicherheitszwecken dienen. Jedoch sind entsprechende Anforderungen für Sicherheitszwecke aus [1] mit zu berücksichtigen, sodass für die Stromkreise, die Sicherheitszwecken dienen, auch Selektivität erreicht werden muss. Für alle anderen Fällen sind mir zwingende Forderungen nicht bekannt.

Quellen

DIN VDE 0100-560 (VDE 0100-560):1995-07 Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen bis 1000 V. Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel; Elektrische Anlagen für Sicherheitszwecke.

DIN VDE 0100-530 (VDE 0100-530):2005-06 Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 530: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Schalt- und Steuergeräte.


Autor
  • W. Hörmann
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