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Arbeits- und Gesundheitsschutz

Reparaturen auf durch Brand zerstörten Arbeitsstellen (2)

luk8/2009, 3 Seiten

Im ersten Teil standen Brandprodukte und Gefahrstoffe sowie ein Leitfaden zur Gefährdungseinschätzung im Fokus der Betrachtungen. Nun werden entsprechende Schutzmaßnamen und Verhaltensregeln aufgezeigt.


Gefährdungen Arbeitsverfahren. Eine Gefährdung durch Gefahrstoffe kann nach aller Erfahrung in erster Linie nur auftreten, wenn es zum unmittelbaren Hautkontakt mit Brandrückständen oder Rauchgasniederschlägen oder zum Einatmen von Stäuben aus diesen kommt. Hierauf sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen in erster Linie abzustimmen. Stäube können durch Aufwirbelung oder Staub erzeugende Arbeitsverfahren, z. B. Bohren, Schleifen, Trennen, entstehen. Zusätzliche Gefahrstoffe. Zu beachten ist, dass es außerdem noch zu einer Gefährdung durch andere, durch den Brand freigesetzte oder entstandene Gefahrstoffe kommen kann. Austritt von Gefahrstoffen infolge des Aufplatzens von Behältern oder auch die Freisetzung von Asbestfasern aus zerstörten Bauteilen oder Dämmstoffen zählen zu diesen Möglichkeiten. Daraus ergibt sich, dass im Einzelfall weitere Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung der Eigenschaften dieser Gefahrstoffe durchgeführt werden müssen. Gebäudestatik. Weitere Gefährdungen können ganz konventioneller Art sein. In Bild erkennt man, dass auch die Ausdehnung von Bauelementen infolge der Temperaturerhöhungen bei Bränden zahlreiche Festigkeitsprobleme verursachen kann. Ein 10 m langer Eisenträger dehnt sich bei 700 °C um etwa 10 cm und ist dadurch in der Lage, die Statik einer Mauer zu beeinträchtigen. Was hier im Großen gezeigt wird, gilt auch für andere konstruktiv eingesetzte Teile, z. B. armierte Betonträger, deren Festigkeit durch den Brand gelitten haben kann. Eine klare Festlegung der Arbeitsbereiche und der gesperrten Zonen durch einen Statiker ist in solchen Fällen unbedingt erforderlich. Brandschadensanierung. Die Gefährdung hängt auch davon ab, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß bereits vor den Instandsetzungsarbeiten eine Brandschadensanierung durchgeführt wurde. Gefährdungsbeurteilung Zur Ermittlung der Gefährdung empfiehlt es sich, die Brandstelle (Baustelle) vor Arbeitsaufnahme zu begehen und vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte Unterlagen (z. B. Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan bzw. Arbeits- und Sicherheitsplan, Ermittlungsergebnisse, Sachverständigengutachten) zu berücksichtigen. Im Vordergrund der Gefährdungsbeurteilung steht die Gefährdung der Beschäftigten durch Gefahrstoffe in Brandrückständen und Rauchgasniederschlägen. In Rauchgasniederschlägen können Gefahrstoffe, die meist adsorptiv an Ruß und Brandrückstände gebunden sind, vorkommen. Bei der Gefährdungsbeurteilung und der Auswahl der Schutzmaßnahmen sind · der Zustand der Brandstelle (Baustelle) (z. B. Vorhandensein von Brandschutt oder Löschwasserrückständen, bereits erfolgte Reinigung), · der Zustand der elektrischen Anlagen (z. B. Vorhandensein verbrannter/pyrolysierter Anlagenteile, bereits erfolgte Reinigung) und · Art und Umfang der durchzuführenden Instandsetzungsarbeiten (z. B. Funktionsprüfung, Art und Umfang der Demontage) zu berücksichtigen. Bei Instandsetzungsarbeiten auf einer vollständig gereinigten Brandstelle - einschließlich der elektrischen Anlagen - sind keine Schutzmaßnahmen im Hinblick auf brandbedingte Gefahrstoffe erforderlich, sofern keine verbrannten/ pyrolisierten Anlagenteile demontiert werden müssen. Auch kleine, räumlich begrenzte Brände, bei denen nur wenig Material verbrannt ist und sich die Brandverschmutzung auf den Brandbereich beschränkt, erfordern keine besonderen Schutzmaßnahmen. Schutzmaßnahmen bei fehlender Reinigung Schutzmaßnahmen unterschiedlichen Ausmaßes müssen bei Instandsetzungsarbeiten an einer noch nicht gereinigten elektrischen Anlage oder einer noch nicht gereinigten Brandstelle ergriffen werden. Bei Instandsetzungsarbeiten auf einer noch nicht aufgeräumten Brandstelle kommen noch Gefahren aus dem Brandschutt (z. B. Eintreten von Nägeln), durch Einsturzgefahr oder unzureichende Absturzsicherung hinzu. Betriebsanweisung. Für Instandsetzungsarbeiten dieser Art ist eine Betriebsanweisung zu erstellen. Darin wird in der auf die durch den Umgang mit Gefahrstoffen verbundenen Gefahren, die erforderlichen Schutzmaßnahmen, das Verhalten im Gefahrfall, die Erste Hilfe und die sachgerechte Entsorgung hingewiesen. Die Betriebsanweisung ist Im ersten Teil standen Brandprodukte und Gefahrstoffe sowie ein Leitfaden zur Gefährdungseinschätzung im Fokus der Betrachtungen. Nun werden entsprechende Schutzmaßnamen und Verhaltensregeln aufgezeigt. Arbeitssicherheit Reparaturen auf durch Brand zerstörten Arbeitsstellen (2) F a c h w i s s e n L e r n f e l d e r 6 - 1 3 10 LERNEN KÖNNEN 8/09 Metallteile gefährden aufgrund ihres großen thermischen Ausdehnungskoeffizienten beim Brand die Stabilität von Baukonstruktionen LuK-0809 03.08.2009 13:40 Uhr Seite 10 an geeigneter Stelle bekanntzumachen. Eine Musterbetriebsanweisung, die als Grundlage für die spezielle Betriebsanweisung des Einzelfalls dienen kann, zeigt Tafel . Unterweisung. Beschäftigte, die Instandsetzungsarbeiten durchführen, sind vor Aufnahme ihrer Tätigkeit an Hand der Betriebsanweisung über mögliche Gefahren und erforderliche Schutzmaßnahmen zu unterweisen. Inhalt und Zeitpunkt der Unterweisung sind zu dokumentieren und von den Unterwiesenen durch Unterschrift zu bestätigen. Der Nachweis der Unterweisung ist zwei Jahre aufzubewahren. Die Unterweisung ist erforderlichenfalls auf jeder neuen Brandstelle zu wiederholen. Verhaltensregeln Baustellenfreigabe. Instandsetzungsarbeiten dürfen erst begonnen werden, wenn die Brandstelle von der Feuerwehr und die elektrische Anlage vom Anlagenverantwortlichen des Auftraggebers freigegeben wurden. Dies schließt ein, dass die Brandstelle erkaltet und ausreichend gelüftet worden ist und der bauliche Zustand des Gebäudes eine ausreichende Sicherheit gewährleistet (z. B. im Hinblick auf Einsturzgefahr). Absperrungen. Erforderlichenfalls ist dafür zu sorgen, dass der Arbeitsbereich nicht von Unbefugten betreten wird. Auf das Zutrittsverbot kann z. B. mit dem Verbotszeichen P006 „Zutritt für Unbefugte verboten“ (Bild ) oder mit rot-weiß gestreiften Absperrbändern oder -ketten hingewiesen werden. „Sauberes Arbeiten“. Alle Arbeiten sind so durchzuführen, dass möglichst kein Staub entsteht oder aufgewirbelt wird und Brandrückstände oder Rauchgasniederschläge möglichst nicht in saubere Bereiche verschleppt werden. Die Verbreitung von Staub und Gefahrstoffen ist durch zusätzliche Maßnahmen zu verhindern. Hierzu zählen · Bereitstellung und Verwendung von Persönlichen Schutzausrüstungen, · Schaffen einer Möglichkeit zur Schuhreinigung am Zugang zur Brandstelle (z. B. feuchte Lappen), · Abdecken des Fußbodens und der Einrichtung im Arbeitsbereich mit Kunststofffolie zur Vereinfachung einer u. U. notwendigen abschließenden Reinigung, · Absaugen losen Staubes auf den Anlagenteilen, · Reinigen der Anlagenteile mit Nassverfahren (z. B. Abwischen mit feuchtem Lappen) oder durch Abbürsten und gleichzeitiges Absaugen, · möglichst behutsame Demontage verbrannter/pyrolisierter Anlagenteile (Werfen und Abreißen vermeiden), · staubdichtes Verpacken verbrannter/ pyrolisierter Anlagenteile noch im Arbeitsbereich (z. B. in staubdichten Behältern oder Kunststoffsäcken), · gegebenenfalls Entfernen und Entsorgen der Abdeckfolie (z. B. in Müllbeutel), · Reinigen des Arbeitsbereiches nach Beendigung der Instandsetzungsarbeiten (z. B. durch Absaugen). Industriestaubsauger. Zur Beseitigung von Brandrückständen sind Industriestaubsauger einzusetzen, die zum Aufsaugen eines Wasser-Luft-Gemisches geeignet sind. Diese Industriestaubsauger müssen über ein Prüfzertifikat der Staubklasse H (bisher Verwendungskategorie K 1) verfügen. Dabei soll Staubaufwirbelung durch den Sauger durch geeignete Aufstellung möglichst vermieden werden. Reinigung. Verunreinigte Geräte, Werkzeuge und Hilfsmittel sind nach Gebrauch, bevor sie in saubere Bereiche verbracht werden, auf der Baustelle zu reinigen. Auf der Baustelle muss eine leicht zu erreichende Wascheinrichtung vorhanden sein, damit sich die Beschäftigten vor Pausen und nach der Arbeit gründlich reinigen können. Verbote. Das Rauchen, Trinken und Essen sowie das Aufbewahren von Nahrungs-und Genussmitteln auf der Brandstelle sind verboten. Auf die Verbote ist erforderlichenfalls mit den Verbotszeichen P001 „Rauchen verboten“ (Bild ) und Arbeitssicherheit LERNEN KÖNNEN 8/09 Tafel Muster einer Betriebsanweisung gem. § 20 Abs. 1 Gef Stoff V Musterbetriebsanweisung Betrieb/Abteilung: Betriebsanweisung gem. § 20 Abs. 1 Gef Stoff V Datum: Unterschrift: Anwendungsbereich: Instandsetzungsarbeiten an elektrischen Anlagen auf erkalteten Brandstellen Gefahrstoffbezeichnung: Gefahrstoffe in Brandrückständen und Rauchgasniederschlägen Vorkommen können z. B. Halogenwasserstoffe (z. B. Chlorwasserstoff/ Salzsäure), polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH, z. B. Benzo(a)pyren), polychlorierte Biphenyle (PCB), polyhalogenierte Dibenzo-pdioxine und Dibenzofurane (PHDD, PHDF) sowie andere, durch den Brand freigesetzte Gefahrstoffe (z. B. infolge Aufplatzens von Behältern). Gefahren für Mensch und Umwelt: Gefahrstoffe in Brandrückständen und Rauchgasniederschlägen können reizend, gesundheitsschädlich oder Krebs erzeugend sein, wenn es zu unmittelbarem Hautkontakt oder zum Einatmen von Stäuben kommt. Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln: Instandsetzungsarbeiten nur in Abstimmung mit dem Anlagenverantwortlichen und nach Freigabe der Brandstelle durch die Feuerwehr beginnen. Persönliche Schutzausrüstungen benutzen: Schutzhandschuhe Schutzbrille Einwegschutzanzug Schutzschuhe Atemschutzgerät Nach Gebrauch Persönliche Schutzausrüstungen ordnungsgemäß reinigen und aufbewahren oder entsorgen. Hautschutzpräparate benutzen: Hautschutzmittel (vor/während der Arbeit) _________ Hautreinigungsmittel __________ Hautpflegemittel (nach der Arbeit) ____________ Instandsetzungsarbeiten so durchführen, dass möglichst kein Staub entsteht oder aufgewirbelt wird und Brandrückstände oder Rauchgasniederschläge nicht in saubere Bereiche verschleppt werden. Staub auf Anlagenteilen absaugen, Anlagenteile durch Abwischen mit feuchtem Lappen oder Abbürsten und gleichzeitigem Absaugen reinigen. Verbrannte/pyrolysierte Anlagenteile möglichst behutsam demontieren (nicht abreißen, nicht werfen) und noch im Arbeitsbereich staubdicht verpacken (z. B. in Behältern oder Kunststoffsäcken). Verunreinigte Geräte, Werkzeuge und Hilfsmittel nach Gebrauch noch im Arbeitsbereich reinigen. Ggf. bei Beendigung der Instandsetzungsarbeiten Arbeitsbereich reinigen (Absaugen des Fußbodens). Zum Absaugen Industriestaubsauger Type _________ benutzen. Beim Verlassen der Brandstelle Schuhe/Stiefel reinigen. Auf der Brandstelle sind das Rauchen, Trinken und Essen und das Aufbewahren von Nahrungs- und Genussmitteln verboten. Vor Pausen und nach der Arbeit Gesicht, Hals, Arme und Hände mit viel Wasser gründlich reinigen. Über Fluchtwege, Notausgänge, Standorte von Feuerlöschern und Notrufeinrichtungen informieren. Verhalten im Gefahrfall Notruf 112 Erste Hilfe Notruf 112 Ersthelfer __________ Augenkontakt: Auge unter Schutz des unverletzten Auges ausgiebig mit Wasser spülen Hautkontakt: Haut mit viel Wasser spülen Verschlucken: Arzt aufsuchen, kein Erbrechen auslösen Sachgerechte Entsorgung: Abfall sortieren und in entsprechend gekennzeichnete Behälter geben Zutritt für Unbefugte verboten - Verbotsschild P006 Rauchen verboten - Verbotsschild P001 Trinken und Essen verboten - Verbotsschild P019 F a c h w i s s e n L e r n f e l d e r 6 - 1 3 LuK-0809 03.08.2009 13:40 Uhr Seite 11 WISO F a c h w i s s e n L e r n f e l d e r 6 - 1 3 12 LERNEN KÖNNEN 8/09 P019 „Trinken und Essen verboten“ (Bild ) hinzuweisen. Hautschutz. Den Beschäftigten sind Hautschutz-, Hautreinigungs- und Hautpflegemittel zur Verfügung zu stellen und von diesen zu benutzen. Zu diesem Zweck empfiehlt sich das Erstellen eines Hautschutzplanes. Persönliche Schutzausrüstung. Der Unternehmer hat den Beschäftigten zusätzlich zu den üblicherweise auf Baustellen erforderlichen persönlichen Schutzausrüstungen (Schutzhelm, Sicherheitsschuhe) noch spezielle persönliche Schutzausrüstungen zum Schutz gegen unmittelbaren Hautkontakt und gegen das Einatmen gesundheitsschädigender Stäube zur Verfügung zu stellen. Hierzu zählen u. a. · Schutzhandschuhe (z. B. in Nitrilkautschuk getränkte Baumwollhandschuhe), · Einwegschutzanzug mit Kapuze, · Atemschutzgerät (nur bei Arbeiten mit Staubentwicklung, z. B. Reinigung durch Abbürsten und Absaugen, Demontage verbrannter/pyrolisierter Anlagenteile); geeignete Atemschutzgeräte sind z. B. partikelfiltrierende Halbmasken FFP2 oder Halbmasken mit Partikelfilter P2, · Schutzbrille (bei Überkopfarbeiten mit Staubentwicklung), · Ferner können Gummi- oder Kunststoffstiefel erforderlich sein. Persönliche Schutzausrüstungen müssen nach Gebrauch ordnungsgemäß gereinigt, gewartet und aufbewahrt oder sachgerecht entsorgt werden. Entsorgung. Durch Brandeinwirkung beschädigte, nicht mehr verwendbare Teile elektrischer Anlagen sowie Reinigungsrückstände sind zu entsorgen. Dabei sind die örtlichen Entsorgungsregelungen zu beachten. Hierzu können Auskünfte z. B. bei Handwerkskammer, Ordnungsamt, Umweltamt, Gewerbeaufsicht angefordert werden. Fazit Der erhöhte Aufwand bei Montagearbeiten in brandbelasteter Umgebung ist aus gutem Grunde erforderlich. Die zunehmende Verwendung neuartiger Baustoffe, nicht zuletzt auch von Kunststoffmaterialien zur Schalldämmung und Wärmeisolierung in Gebäuden, ist unvermeidbar. Dadurch ist bei Bränden mit verstärkter Freisetzung von Gefahrstoffen zur rechnen. Eine sorgfältige Erkundung der Baustelle und erforderlichenfalls Messungen können mithelfen, den zusätzlichen Aufwand zum Schutz vor Gefahrstoffen zu verringern. Am besten ist es, mit den Instandsetzungsarbeiten erst zu beginnen, wenn die Brandspuren beseitigt sind. H.H. Egyptien LuK-0809 03.08.2009 13:40 Uhr Seite 12

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  • H.-H. Egyptien
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