Betriebsführung
Rechtsstreit mit dem Fiskus
ep6/2004, 2 Seiten
Streitpunkt Bauabzugssteuer Im Baubereich ist es vor allem die ab dem 1. Januar 2002 eingeführte Bauabzugssteuer, die nach Erfahrung von Steueranwalt Dr. Herbert Olgemöller vom Büro Streck, Mack und Schwedhelm in Köln häufig zu Auseinandersetzungen mit den Finanzbehörden führt. Oft kann der Werkunternehmer nicht die erforderliche Freistellungsbescheinigung vorweisen: „Die bekommt er wiederum nur, wenn er steuerlich zuverlässig ist und immer pünktlich seine Steuern bezahlt hat“, so Olgemöller. Ein Grund dafür ist oftmals die schlechte wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Die Vorlage dieser Freistellungsbescheinigung kann jedoch u. U. von existenzieller Bedeutung für die Firma werden. Schließlich ist das ein entscheidender Wettbewerbsvorteil bei der Bewerbung um einen Auftrag. „Üblicherweise muss dann das Finanzgericht angerufen werden, um im Eilverfahren zumindest eine vorläufige oder befristete Freistellungsgenehmigung zu bekommen“, schildert Olgemöller den Ablauf. Risiko Betriebsprüfung Ärger steht auch oft ins Haus, wenn sich der Betriebsprüfer ansagt. Im statistischen Durchschnitt müssen kleinere Firmen zwar vergleichsweise selten mit Betriebsprüfungen rechnen. Andererseits können schon kleine Ungereimtheiten in der Steuererklärung das Finanzamt auf den Plan rufen und zu einer Betriebsprüfung veranlassen. Die Mühlen der Finanzbürokratie mahlen langsam, aber unerbittlich. Hohe Nachzahlungen sind häufig an der Tagesordnung. „Die Betriebsprüfung ist nach wie vor die entscheidende Quelle für Steuerstreitigkeiten“, so der Kölner Steuerfachanwalt. Dabei treten immer wieder Probleme bei der Abgrenzung des privaten und betrieblichen Bereichs auf. Umsatzsteuer: Eine ständige Fehlerquelle im Handwerk ist erfahrungsgemäß die Umsatzsteuerproblematik. Vor allem dann, wenn man keine Rechtsabteilung hat, die ständig unter steuerlichem Gesichtspunkt draufschaut, ob die Rechnung die formellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt. „Diese Voraussetzungen - insbesondere an die Eingangsrechnungen - sind jetzt nochmals erhöht worden. Hier sind mittlerweile zusätzliche Angaben nötig. Schon das Fehlen eines Elements kann dazu führen, dass der Betriebsprüfer den Vorsteuerabzug für diesen Veranlagungszeitraum verweigert“, erklärt Rechtsanwalt Olgemöller. Die Betriebsprüfung umfasst normalerweise einen Drei-Jahres-Turnus, kann aber auf fünf Jahre erweitert werden. „Wenn die Betriebsprüfer einmal in ein Nest gestochen haben, d.h. in einen Sachverhalt, der sich weit in die Vergangenheit zurückbewegt, und für diese Vorjahre mit Steuernachforderungen in nicht unerheblichem Umfang zu rechnen ist, dann kann sich die Prüfung im Zweifelsfall über einen längeren Zeitraum erstrecken“, weist Olgemöller auf einen weiteren Fallstrick des Fiskus hin. Verdeckte Gewinnausschüttung: Ein typisches steuerliches Reizthema bei der Betriebsprüfung gerade bei kleinen Gmb H ist die verdeckte Gewinnausschüttung: Das Finanzamt hält das Geschäftsführergehalt für unangemessen hoch. Ein Teil dieses Gehalts wird daher steuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt. Dadurch entstehen für die Gmb H erhebliche Mehrsteuerbelastungen. Wer das nicht akzeptieren will, muss den Rechtsweg gehen. Zunächst gibt es eine Überprüfung beim Finanzamt im Rahmen des Einspruchsverfahrens. Wenn die Finanzbehörde ihre Position aufrechterhält, bleibt nur noch der Klageweg. „Auch mit dem Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren hat sich an der Problematik im Grunde kaum etwas geändert“, meint Steuerfachanwalt Olgemöller. Vorwurf Steuerhinterziehung: Ein beträchtlicher Teil der Steuerstreitigkeiten endet vor dem Finanz- oder Verwaltungsgericht - mit Prozesskosten, die schnell mehrere Tausend Euro ausmachen. Nicht selten wird bei Betriebsprüfungen der Vorwurf leichtfertiger Steuerverkürzung oder gar Steuerhinterziehung laut. Dann drohen zusätzlich Bußgeld-oder Strafverfahren - mit entsprechenden Kosten. Betriebsprüfungen sind daher mehr und mehr zum Firmenrisiko geworden. Vorwurf Schwarzarbeit: „Wenn es dafür Anhaltspunkte gibt - und die können schneller zutage treten als man meint - ist der Betrieb letztlich Gegenstand einer äußerst intensiven Überprüfung, die gleichzeitig mit einem entsprechenden strafrechtlichen Mittel vor sich geht“, stellt Olgemöller fest. Zudem dürfe die so genannte Kettenwirkung nicht unterschätzt werden: A zahlt an B, dieser an C usw. „Dann besteht das Risiko, dass sich der Fahnder die ganze Kette hoch- und herabarbeitet“, erklärt er. Finanzielle Belastung: Um drohende Nachzahlungen zu verhindern oder zumindest zu verringern, wird ein Fachanwalt oder Steuerberater eingeschaltet. Beim Vorwurf der Steuerhinterziehung kann oft nur noch ein Strafverteidiger „die Kastanien aus dem Feuer holen“. Die Honorare der Berater für den gerichtlichen Beistand schlagen kräftig zu Buche. Finanziell absichern Über eine Firmen-Rechtsschutzpolice kann man zumindest einen großen Teil der entstehenden Kosten aus Rechtsstreitigkeiten abwehren. Diese springt auch bei steuerrechtlichen Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt ein sowie ggf. bei Steuerstraf- und Steuerbußgeldverfahren - wenn gegen die Firma ermittelt, sie beschuldigt oder der Versicherte als Zeuge vernommen wird. Eine Steuerrechtsschutzversicherung (Kasten unten) gibt es jedoch nur im Rahmen eines ganzen Rechtsschutzpaketes für das Unternehmen. Nur wenige Versicherer bieten diese spezielle Absicherung für kleine und mittelständische Unternehmen im Firmenrechtsschutzpaket an. Wichtig: Der Risikoschutz greift beim Steuerrechtsschutz frühestens nach einer Wartezeit von drei Monaten, gerechnet ab Vertragsabschluss. Zwei-Elektropraktiker, Berlin 58 (2004) 6 466 BETRIEBSFÜHRUNG Rechtsstreit mit dem Fiskus Finanzamt, Betriebsprüfer, Steuerfahnder - das Risiko, mit dem Fiskus aneinanderzugeraten, ist hoch. Häufiges Szenario: Aus Sicht des Unternehmers hat das Finanzamt die Steuerschuld zu hoch angesetzt. Aufgrund von Sondertatbeständen besteht er auf Ermäßigung, erhebt Einspruch und zieht gegebenenfalls vor Gericht. IM ÜBERBLICK Steuerrechtsschutz - nur im Paket Anbieter und Angebot: · Allianz - Optimal-Privat-Berufs- und Verkehrs-Rechtsschutz · Münchener Auxilia - Spezial-Rechtsschutz für Firmen und Selbstständige und das Jurafirm-Paket · Gerling - Spezialrechtsschutz mit erweitertem Strafrechtsschutz für Firmen und Freie Berufe · Wiesbadener R+V - Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutz für Selbstständige · D.A.S. - Firmenrechtsschutzpaket Was versichert ist: Steuerstreitigkeiten vor Finanz- und Verwaltungsgerichten. Nicht übernommen werden die Kosten für außergerichtlichen Beistand im Vorfeld möglicher Gerichtsverfahren. Das heißt: Für das Einspruchsverfahren gibt es keinen Kostenschutz, wohl aber für ein anschließendes Klageverfahren. Steuerstrafverfahren sind in einigen Paketen nicht von vornherein einbezogen. Risikoschutz hierfür kann aber als Ergänzungsbaustein dazugekauft werden. Welche Kosten werden ersetzt: Die Versicherung bezahlt den Anwalt oder Steuerberater und Sachverständige, die Gerichtskosten und Zeugengebühren. Sollte es allerdings im Steuerstrafverfahren wegen Vorsatz zu einer rechtskräftigen Verurteilung kommen, verfällt der Versicherungsschutz rückwirkend. Die Kosten müssen an den Versicherer zurückgezahlt werden. Was der Versicherer zahlt: Im Schadensfall bis maximal zur vereinbarten Versicherungssumme. Das sind abhängig vom Anbieter zwischen 200 000 , 300 000 , 500 000 oder auch unbegrenzt. Welche Prämien zahlt man: Die Prämie staffelt sich nach der Mitarbeiteranzahl und lässt sich durch Selbstbehalte - je nach Gesellschaft zwischen 150 , 250 und 500 - reduzieren. Die Einstiegsprämie für kleine Betriebe liegt bei den genannten Paketen beispielsweise bei der R+V bei ca. 200 jährlich. Bei 100 Mitarbeitern ergibt sich beim Komplettpaket eine Jahresprämie von ca. 4 000 . Bei der abgespeckten Variante - ohne Verkehrs- und Immobilienbereich sowie Spezialstrafrechtsschutz - und mit einem Selbstbehalt von 150 sind es ca. 2 700 jährlich. Autor Carla Fritz ist freie Fachjournalistin, Berlin. te Bedingung für die Deckungszusage des Versicherers ist hinreichende Aussicht auf Erfolg der Klage. Tipp: Wer über eine Rechtsschutzversicherung inklusive Steuerrechtsschutz nachdenkt, sollte abwägen: Wie hoch ist das Firmenrisiko, mit dem Fiskus aneinanderzugeraten. Welche Erfahrungen im Umgang mit dem Finanzamt und Prüfern liegen vor. Beachten sollte man außerdem die steigenden Anwaltsgebühren und Gerichtskosten ab 1. Juli 2004. Dann wird ein Rechtsstreit noch teurer. Die Rechtsschutzversicherer ziehen bei den Prämien allerdings auch nach. Dass dies zeitlich versetzt, verteilt über mehrere Jahre passiert, dürfte nur ein geringer Trost sein. Rechtsstreit wird richtig teuer Zum 1. Juli werden Anwaltsgebühren und Gerichtskosten drastisch angehoben. Die bislang geltende BRA-GO (Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung) wird abgelöst vom neuen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Dazu wurde ein ganzes Gesetzespaket verabschiedet: Das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz. Ziel der neuen gesetzlichen Regelungen ist eine höhere Anwaltsvergütung. Zugleich sollen die Gerichte entlastet und mehr Kostentransparenz hergestellt werden. Folgende Änderungen sind u. a. geplant: · Die Anwaltsgebühren sollen danach im Schnitt um 14 Prozent steigen, so die Regierungsprognose. Nach Berechnungen der Rechtsschutzversicherer sind es allerdings 21 Prozent, im Einzelfall sogar 70 Prozent. · Es gelten außerdem neue Anrechnungsvorschriften für außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren. Nach bisheriger Gesetzeslage wurden die außergerichtlich verdienten Gebühren voll auf die gerichtlichen Anwaltsgebühren angerechnet. Jetzt nur noch zur Hälfte, höchstens bis zu 75 Prozent. · Bei Straf- und Bußgeldsachen kann der Rechtsanwalt seinem Mandanten künftig bis zu sechs verschiedene Gebühren berechnen, was insbesondere bei Strafsachen zu erheblich höheren Anwaltsgebühren führen wird, wie die Rechtsschutzversicherer befürchten. Bislang gibt es in diesem Bereich lediglich zwei Gebühren. · Außerdem wurde die Vorschusspflicht ausgeweitet. Auch Gerichte in zweiter und dritter Instanz werden künftig erst dann tätig, wenn der Kläger sämtliche Gerichtsgebühren, die in dieser Instanz anfallen, überwiesen hat. Bisher galt diese Vorschusspflicht für die Gerichtskosten nur für Verfahren in erster Instanz. · Abgeschafft wird auch der so genannte zehnprozentige „Ostabschlag“ für Anwälte in den neuen Ländern, die damit in der Vergütung mit den Anwälten der alten Länder gleichziehen. · Durch das neue Gesetz wird der Spielraum für Gebühren im außergerichtlichen Bereich erweitert. Je nach Kompliziertheit des Falls kann der Anwalt künftig zwischen einem halben bis zum zweieinhalbfachen Gebührensatz abrechnen. Für „mittelschwere“ Fälle gilt demnach eine „Regelgebühr“ von 1,3. Bislang bewegen sich diese Gebühren in einem Rahmen von 0,5 bis 1,0. · Ein wichtiger Punkt im Steuerbereich: Bislang konnte die Klage beim Finanzgericht noch bis eine Woche vor Beginn der mündlichen Verhandlung gebührenfrei zurückgezogen werden. Diese Möglichkeit besteht nicht mehr. „Man wird der Kostenfrage in Finanzprozessen künftig also eine größere Bedeutung beimessen müssen. Der Steuerpflichtige muss sich schon früher entscheiden, ob er wirklich gegen eine Einspruchsentscheidung klagen will. Denn klagt er und nimmt die Klage später zurück, hat er zumindest eine Gebühr zu zahlen. Und bei hohen Streitwerten kann auch die Gebühr richtig ins Geld gehen“, sagt Steuerfachanwalt Herbert Olgemöller. Elektropraktiker, Berlin 58 (2004) 6 467 BETRIEBSFÜHRUNG
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