Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)
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Elektrotechnik
Planen und Installieren von IT-Anlagen - DIN EN 50174-2 (VDE 0800-174-2) und DIN EN 50310 (VDE 0800-2-310)
ep3/2007, 3 Seiten
Normeninhalte Behandelt werden Festlegungen zur Installationspraxis innerhalb von Gebäuden, zur elektrischen Sicherheit, der EMV und zu funktionalen Problemen, die sich aus der Anwendung unterschiedlicher Systeme von Wechselstromverteilungsanlagen ergeben können. Während der Planungsphase sind zusätzlich die Normen DIN EN 50173 „Anwendungsneutrale Kommunikationsverkabelungen“, DIN EN 50174-1 „Installation von Kommunikationsverkabelungen“ und DIN EN 50098 Teil 1 und 2 „Informationstechnische Verkabelung von Gebäudekomplexen“ zu berücksichtigen. 1.1 Anschlusspunkte Anschlusspunkte müssen unter Berücksichtigung der Arbeitsplätze (Anschluss von Endeinrichtungen) und im Hinblick auf das Leistungsvermögen der Verkabelung wie z. B. die zulässige Längen zwischen den Anschlusspunkten und den Verteilern nach DIN EN 50173 festgelegt werden. Die Anordnung der Anschlusspunkte muss während · der Installation und dem Anschluss der Kabel, · der Installation von aktiven Übertragungseinrichtungen und · beim Betrieb zum Trennen, Wiederanschließen und Prüfen von Kabeln für Übertragungs- und Endeinrichtungen einen sicheren Zugang erlauben und ausreichend Platz zur Verfügung stellen. Ebenso sollte bei der Anordnung die spätere Installation von zusätzlichen Anschlusspunkten berücksichtigt werden. Weiter ist deren physikalische, klimatische und elektromagnetische Umgebung bei der Anordnung zu berücksichtigen. 1.2 Rahmen und Schränke Rahmen und Schränke müssen jederzeit zugänglich sein und unter Berücksichtigung einer ausreichenden Etagenbelastbarkeit und des sicheren Transports von Komponenten aufgestellt werden. Eine Montage in Toiletten und Küchen, im Bereich von Fluchtwegen, in abgehängten Decken oder Doppelböden und dergleichen ist nicht zulässig. Bei der Auswahl und Aufstellung ist zu beachten, dass: · an allen zugänglichen Seiten der Rahmen und Schränke eine Arbeitsfläche von mindestens 1,2 m Breite als Zugangsraum zur Verfügung stehen muss, · alle Verbindungspunkte in einer sicheren Arbeitshöhe angebracht werden müssen, in der das Eindringen von Staub, Wasser oder anderer Verunreinigungen verhindert wird, · die Anforderungen an die Kabelinstallation einschließlich Biegeradien, Zugbeanspruchungen, Quetschungen und ausreichendem Platz für die Kabelwege und Montageeinheiten eingehalten werden, · eine ausreichende Beleuchtung vorhanden ist, um die Installation, den Betrieb und die Instandhaltung der Verkabelung und Geräte zu erlauben. 1.3 Kabel- und Leitungswege Bei der Festlegung der Kabel- und Leitungswege sollten Quellen für Wärme, Feuchtigkeit und Schwingungen gemieden werden, wenn diese eine Gefahr für Beschädigungen oder Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit der Verkabelung mit sich bringen. Die Kabelwege müssen: · zugänglich sein, · die Installation, Instandsetzung und Instandhaltung ohne Gefahren für das Personal ermöglichen und · die Kabelinstallation unter Einhaltung der kleinsten zulässigen Biegeradien erlauben. Kabel- und Leitungswege, die innerhalb von Gebäuden unter Verwendung von geschlossenen Kabelkanälen oder Elektroinstallationsrohren erstellt werden, sollten in einem Abstand von maximal 12 m durch ausreichend große Zugdosen zugänglich sein. Die Systeme sind so auszuwählen und zu installieren, dass sich darin kein Wasser ansammeln kann. Bei den Abmessungen der Kabelwegsysteme ist zu beachten: der nutzbare Platz muss etwa doppelt so groß sein wie der Platzbedarf der ursprünglich vorgesehenen Menge an Kabeln und Leitungen. 1.4 Installation unter EMV-Gesichtspunkten Die Norm DIN EN 50174-2 (VDE 0800-174-2):2001-09 „Installation von Kommunikationsverkabelung - Installationsplanung und -praktiken in Gebäuden“ enthält detaillierte Anforderungen und Leitlinien bezüglich der Planung und Installation und legt u. a. fest: · die Planung in Abhängigkeit von der Anwendung, der elektromagnetischen Umgebung, der Infrastruktur des Gebäudes und den notwendigen Einrichtungen, · die Installationsregeln für Kupfer- und Lichtwellenleiter-Verkabelungen unter den vorstehenden Abhängigkeiten, · die Anforderungen an einen zufriedenstellenden Betrieb der Verkabelung und · die Praktiken und Prozeduren, die sicher- Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 3 232 FÜR DIE PRAXIS Elektromagnetische Verträglichkeit Planen und Installieren von IT-Anlagen DIN EN 50174-2 (VDE 0800-174-2) und DIN EN 50310 (VDE 0800-2-310) W. Baade, Oldenburg Mit den Normen DIN EN 50174-2 (VDE 0800-174-2) und DIN EN 50310 (VDE 0800-2-310) steht dem Anwender ein Normenwerk zur Verfügung, das die wesentlichen Gesichtspunkte bei der Planung, Errichtung und beim Betrieb von informationstechnischen (IT-) Anlagen und deren Verkabelung unter Beachtung der Elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) beinhaltet. Autor Elektroinstallationsmeister Werner Baade ist Dozent beim bfe Oldenburg. Tafel Trennung von Stromversorgungsanlagen und informationstechnischen Verkabelungen unter EMV-Gesichtspunkten Art der Installation Mindestabstand ohne Trennsteg Trennsteg Trennsteg oder nicht-metallener aus Aluminium aus Stahl Trennsteg Ungeschirmte 200 mm 100 mm 50 mm Stromversorgungsleitungen und ungeschirmte informationstechnische Kabel und Leitungen Ungeschirmte 50 mm 20 mm 5 mm Stromversorgungsleitungen und geschirmte informationstechnische Kabel und Leitungen Geschirmte Stromversorgungs- 30 mm 10 mm 2 mm leitungen und ungeschirmte informationstechnische Kabel und Leitungen Geschirmte Stromversorgungs- 0 mm 0 mm 0 mm leitungen und geschirmte informationstechnische Kabel und Leitungen EP0307-232-234 20.02.2007 11:10 Uhr Seite 232 stellen, dass die Verkabelung den gestellten Spezifikationen entspricht. 1.5 Installation von geschirmten Kabeln und Leitungen Geschirmte Kabel und Leitungen können die EMV durch Reduzierung der auf die Leitungsadern wirkenden Störeinflüsse erheblich verbessern. Voraussetzungen: · Der Schirm muss in ganzer Länge durchgängig sein und an beiden Enden angeschlossen werden. · Der Schirm muss einen möglichst geringen Kopplungswiderstand aufweisen. · Der Schirmkontakt an den Anschlüssen muss niederohmig und nach dem Prinzip eines durchgehenden Faradayschen Käfigs möglichst auf 360° vollflächig wirksam sein. Schirmanschlüsse mittels eines einzelnen Drahtes (Beilaufdrahtes) oder so genannten Kabelschwänzchen sind nur bei Niederfrequenz wirksam. Weitere Verbesserungen können durch metallische, geschlossene Kabelführungssysteme erreicht werden, die mit niedriger Impedanz untereinander und mit dem Potentialausgleich verbunden werden: · Die Trassen sind beidseitig mit dem Potentialausgleichs-System zu verbinden und dazwischen, wo machbar, zusätzlich mit der Erdung, metallenen Gebäudekonstruktionen und dem Potentialausgleichssystem. · Unterbrochene Verlegesysteme sind an den Stoßstellen mit mindestens zwei Leitern, möglichst leitenden Bändern mit geringer Impedanz zu verbinden. Vorzugsweise werden die Teilstücke der Systeme über ihren gesamten Umfang miteinander verschweißt (Bild ). · Parallel geführte Verlegesysteme sind untereinander in Abständen von 10 m bis maximal 20 m zu verbinden (Bild ). 1.6 Trennung der Systeme Neben den Anforderungen an die Sicherstellung der elektrischen Trennung der Systeme nach DIN VDE 0100-520 (VDE 0100-520) „Kabel und Leitungsanlagen“ ist die elektromagnetische Beeinflussung zu beachten. Der aus EMV-Gründen notwendige Mindestabstand ist von vielen Faktoren abhängig, die in der Praxis meist nur unzureichend ermittelt und festgelegt werden können. Andererseits sollen die Stromversorgungsleitungen und informationstechnischen Systeme zur Vermeidung von großen Leiterschleifen möglichst parallel und in geringem Abstand zueinander geführt werden (Bild ). Große Leiterschleifen führen z. B. zu hohen Überspannungen durch elektromagnetische Einkopplungen in die Leitungssysteme, z. B. bei Blitzeinschlägen. In der Praxis sind deshalb in der Regel die in der Norm festgelegten Mindestabstände (Tafel ) anzuwenden, wobei in besonderen Fällen durchaus andere Abstände erforderlich oder zweckmäßig sein können. Ausnahmen von Tafel gelten für parallele Leitungsführungen auf einer Länge von bis zu 35 m, für die in der Regel kein Abstand gefordert wird. Ähnliches gilt bei größeren Längen als 35 m, bei denen für die restlichen 15 m kein Abstand erforderlich ist. Maßnahmen zur Erdung und zum Potentialausgleich Diese Maßnahmen werden in der DIN EN 50310 (VDE 0800-2-310):2006-11 „Anwendung von Maßnahmen für Erdung und Potentialausgleich in Gebäuden mit Einrichtungen der Informationstechnik“ beschrieben. Behandelt werden die grundsätzlichen und detaillierten Anforderungen an Erdungs- und Potentialausgleichsanlagen für Einrichtungen der Informationstechnik, um deren Sicherheit, Funktion und EMV auf bestmögliche Weise zu gwährleisten. Die Norm richtet sich an Architekten, Planer und Errichter von elektrischen Anlagen sowie Erdungs- und Potentialausgleichsanlagen in Gebäuden mit Informationstechnik. Sie enthält mögliche Installationskonzepte zur Begrenzung von elektromagnetischen Einflüssen und zur Sicherstellung einer ausreichenden EMV der elektrischen und IT-Anlagen. 2.1 Gemeinsamer Potentialausgleich Der gemeinsame Potentialausgleich (CBN = common bonding network) muss - neben seiner Funktion zum Schutz vor elektrischen Gefahren - in IT-Anlagen insbesondere ein einwandfreies Signal-Bezugspotential zwischen verschiedenen Anlagen, Anlageteilen, Gebäudeteilen und Ähnlichem sicherstellen. Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 3 233 Unzureichende Verbindung an den Stoßstellen von Leitungsführungssystemen Vorbildliches System mit getrennter Verlegung der Kabel und Leitungen für die Energieversorgung und informationstechnischen Systeme EP0307-232-234 20.02.2007 11:10 Uhr Seite 233 Am besten dafür geeignet sind untereinander vermaschte Potentialausgleichsanlagen (MESH-BN = meshed bonding network) in Verbindung mit einem TN-S-System, mit denen sowohl die Starkstromanlagen als auch die IT- Anlagen mit möglichst niedriger Impedanz verbunden sind. Jedes Gebäude ist mit einer eigenen Haupterdungsklemme oder Potentialausgleichsschiene (MET = main earthing terminal or bar) zu versehen, die so nah wie möglich an den Kabeleinführungen für das Gebäude montiert wird und an die der Schutzleiter des Wechselstrom-Versorgungskabels, die Erdungsanlage sowie die Schirme der informationstechnischen Kabel mit möglichst kurzen Verbindungen anzuschließen sind. Bei größeren IT-Anlagen kann die Potentialausgleichsschiene zu einem Potentialausgleichsringleiter erweitert werden, der entlang dem inneren Umfang von Räumen oder Gebäuden verlegt wird. Durch die Fortführung der Potentialausgleichsleiter durch das Gebäude, deren Verbindung mit allen anderen metallenen Installationen sowie mit den installierten IT-Anlagen kann die Potentialausgleichsanlage bis zu einer kompletten Gebäudeschirmung erweitert werden. Solche Anlagen stellen je nach Konstruktion und möglichen Einbeziehung von Bewehrungen in Decken, Wänden und Fußböden einen mehr oder weniger guten Faradayschen Käfig dar, der zu einer weiteren Reduzierung von möglichen Störeinflüssen führt. Die Schirme der informationstechnischen Verkabelung sind mindestens auf beiden Enden mit den Anlagen und Geräten, in die sie eingeführt werden, sowie mit dem Systembezugspotential leitend zu verbinden. Alle metallischen Schränke, Gestellreihen, Kabelpritschen, Kabelwannen u. ä. sind in den Potentialausgleich einzubeziehen. Auf Grund der vielfachen Verbindungen mit niedriger Impedanz wird damit die Wirksamkeit der Potentialausgleichsanlage bezüglich der EMV-Bedingungen entscheidend verbessert. Alle Potentialausgleichs- und Schutzerdungserdungsleiter müssen die Sicherheitsanforderungen, z. B. bezüglich des Mindestquerschnittes, nach DIN VDE 0100-540 (VDE 0100-540) „Erdung, Schutzleiter, Potentialausgleichsleiter“ erfüllen. Sie sind durch die Zweifarbenkombination grün-gelb zu kennzeichnen. 2.2 Stromverteilungsanlage und Schutzleiteranschluss Ideal in Bezug auf die EMV-Bedingungen in und außerhalb von Gebäuden ist die Anwendung eines TN-S-Systems für die Wechselstromverteilungsanlage (Bild ). Entscheidend ist, dass der Neutralpunkt nur an einer einzigen Stelle des Versorgungssystems durch Verbinden des Sternpunktanschlusses bzw. eines Außenleiters hergestellt werden darf. Damit wird sichergestellt, dass die Netzströme in der ansonsten fehlerfreien Anlage nur in den Außenleitern und dem Neutralleiter des Systems fließen und nicht unkontrolliert über den Potentialausgleich oder über sonstige leitfähige Verbindungen wie Stahlarmierungen, Rohrleitungen usw. Der Schutzleiter wird an der Haupterdungsklemme und an möglichst vielen weiteren Anschlusspunkten, wie den Wechselstromverteilern sowie den Gestellen und Geräten der informationstechnischen Einrichtungen mit der Potentialausgleichsanlage verbunden. Die Anwendung eines TT-Systems innerhalb von Gebäuden ist ebenfalls für IT-Anlagen geeignet, außerhalb von Gebäuden sind teilweise jedoch zusätzliche Maßnahmen, wie Entlastungs-Potentialausgleichsleiter, erforderlich. Keinesfalls sollte in Gebäuden mit IT-Anlagen wegen der unkontrollierbaren Ströme über den Potentialausgleich, die Kabelschirme oder sonstige leitfähige Verbindungen, das TN-C-System angewendet werden. Bei IT-Systemen gelten bezüglich der EMV-Bedingungen ähnliche Anforderungen wie bei Anwendung des TT-Systems. Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 3 234 TN-S-System - aufgebaut nach EMV-Gesichtspunkten EP0307-232-234 20.02.2007 11:10 Uhr Seite 234
Autor
- W. Baade
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