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Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) | Elektrotechnik

Permanente Überwachung von Fehler- und Störströmen - Teil 2: Maßnahmen zur Vermeidung von Störungen

ep3/2010, 3 Seiten

Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) ist eine wesentliche Voraussetzung für störungsfreien und zuverlässigen Betrieb elektrischer Geräte und Anlagen. Wesentlich hierfür ist es, Fehler- und Störströme frühzeitig zu erkennen und zu lokalisieren. Ergänzend zum Beitrag im ep 2/2010 werden Lösungsmöglichkeiten einer innovativen Differenzstrom-Überwachung aufgezeigt. Dadurch wird in Elektroinstallationen und hochsensiblen Bereichen eine hohe Betriebssicherheit durch vorbeugende Instandhaltung gewährleistet.


Einsparpotentiale durch angepasste Prüffristen Die Vorgaben der Betriebssicherheitsverordnung (Betr Sich V) [2] und der Unfallverhütungsvorschrift BGV A3 [3] hinsichtlich der durchzuführenden Wiederholungsprüfungen in ortsfesten Anlagen sind immer dann erfüllt, wenn sichergestellt ist, dass die elektrischen Betriebsmittel keine Mängel aufweisen. Der Arbeitgeber hat durch eine Gefährdungsbeurteilung die notwendigen Maßnahmen für die sichere Bereitstellung und Benutzung der Arbeitsmittel zu ermitteln. Für Arbeitsmittel sind insbesondere Art, Umfang und gefährdungsbezogene Prüffristen zu ermitteln und festzulegen. Dabei ist zwingend zu berücksichtigen, dass die erforderlichen Prüffristen von befähigten Personen im Sinne der Betr Sich V ermittelt werden. Der Arbeitgeber hat die Ergebnisse der Prüfungen aufzuzeichnen. Die Wiederholungsprüfung umfasst in der Regel drei Schritte: Sichtprüfung, Messung und Funktionsprüfung. Die Messung des Isolationswiderstands ist in Anlagen der Informationstechnik kaum möglich, da hier eine Abschaltung erforderlich ist. Zudem stellt diese Messung nur eine Momentaufnahme dar. Kurze Zeit später kann sich der Isolationswiderstand verschlechtern, ohne dass dies sofort bemerkt wird. Die Folgen sind hohe Fehler- und Störströme auf Erdungsanlagen. Da der Differenzstrom ein Abbild des Isolationswiderstands ist, können innerhalb ortsfester elektrischer Anlagen und Betriebsmittel Differenzstrom-Überwachungssysteme (RCMS) permanent eine selektive Isolationsverschlechterung erkennen und eine Meldung an eine ständig besetzte Stelle weiterleiten. Die gemessenen Differenzströme lassen sich eindeutig den jeweiligen Stromkreisen und einzelnen Verbrauchern zuordnen. Die Elektrofachkraft kann nun · den fehlerhaften Stromkreis oder das Arbeitsmittel vom Netz trennen, · reparieren und · vor der Wiederinbetriebnahme einer Isolationsprüfung unterziehen. Mit den Differenzstrom-Überwachungssystemen wird es für die Elektrofachkraft möglich, eindeutige und zielgerichtete Prüffristen zu ermitteln und praxisbezogen festzulegen. Diese Festlegung kann sowohl eine Reduzierung als auch eine Erweiterung der Prüfintervalle bei der Isolationsmessung beinhalten. In Abhängigkeit vom Beanspruchungsgrad der Arbeitsmittel ist somit eine sicherheitstechnisch und betriebswirtschaftlich angepasste Fristenfestlegung der Wiederholungsprüfung bei Isolationsmessungen möglich. Abschaltungen für herkömmliche Isolationsmessungen, auch nur für kurze Zeiten, gehören durch den gezielten Einsatz von Differenzstrom-Überwachungssystemen (RCMS) der Vergangenheit an. Die Verfügbarkeit einer elektrischen Anlage wird erhöht, Störströme werden in der Entstehungsphase lokalisiert und der Kostenaufwand für die Isolationsmessung bei der Wiederholungsprüfung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel wird minimiert. Aufbau und Installation eines RCMS Den Grundaufbau einer Differenzstrom-Überwachung zeigt (Bild ). Bild zeigt die Stromkreisüberwachung einer Stromversorgung mit bis zu 12 Abgängen (Stromkreise). Dargestellt wird auch der jeweils bevorzugte Einbauort der benötigten Messstromwandler zur Ermittlung des Fehlerstroms. Der Einbauort dient gleichzeitig zur Fehlerorterkennung (Stromkreiszuordnung). Bild zeigt eine Übersicht mit Versorgungsstromkreisen, deren maximale Anzahl auf 1080 Stromkreise begrenzt ist. Die Auswahl der Messstromwandler erfolgt nach den Leitungsquerschnitten des zu überwachenden Stromkreises. Anwendungsbeispiel (Bild ) Dargestellt ist das Differenzstrom-Überwachungssystem RCMS460 in einer EMV-gerechten TN-S-Stromversorgung (im zentralen Erdungspunkt und in wichtigen Unterverteilungen). Einzelne Messwerte von den Differenzstrom- Überwachungssystemen können problemlos vom Arbeitsplatz der Elektrofachkraft beobachtet werden. Veränderungen oder auftretende Fehler- und Störströme in der zu über- Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 3 224 FÜR DIE PRAXIS Elektromagnetische Verträglichkeit Permanente Überwachung von Fehler- und Störströmen Teil 2: Maßnahmen zur Vermeidung von Störungen H. Muhm, Grünberg Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) ist eine wesentliche Voraussetzung für störungsfreien und zuverlässigen Betrieb elektrischer Geräte und Anlagen. Wesentlich hierfür ist es, Fehler- und Störströme frühzeitig zu erkennen und zu lokalisieren. Ergänzend zum Beitrag [1] werden Lösungsmöglichkeiten einer innovativen Differenzstrom-Überwachung aufgezeigt. Dadurch wird in Elektroinstallationen und hochsensiblen Bereichen eine hohe Betriebssicherheit durch vorbeugende Instandhaltung gewährleistet. Autor Dipl.-Ing. Helmut Muhm ist Bereichsleiter Monitoring Grounded Systems der Dipl.- Ing. W. Bender Gmb H & Co. KG, Grünberg. Differenzstrom- Überwachungssystem in einer Anlage bestehend aus RCMS460 und Messstromwandler D Differenzstrom- Überwachungsgerät Typ RCMS460 M Messstromwandler Schematische Darstellung einer Überwachung der Stromversorgung von bis zu 12 Einzel-Stromkreisen wachenden Stromversorgung werden graphisch visualisiert und dokumentiert (Bild ). Somit kann der betreffende Fehlerort/ Endstromkreis ermittelt werden. Sichere und EMV-gerechte Elektroinstallation Für Gebäude mit moderner Informationstechnik muss sich die Elektrotechnik an den herrschenden EMV-Bedingungen orientieren und anpassen. Es ist die Aufgabe eines Anlagenplaners, die Anforderungen hinsichtlich des Blitz- und Überspannungsschutzes sowie des Schutzes bei Überstrom und gegen elektrischen Schlag mit der EMV in Einklang zu bringen. 11.1 Grundlegende Forderungen · Schaffung und Erhaltung eines stromtragfähigen, niederohmigen und fremdspannungsarmen Potentialausgleichs. · Umrüstung vom TN-C- bzw. TN-C-S-System auf durchgängiges 5-Leiter-TN-S-System ab einspeisendem Transformator. · Nachweislich keine Nenn- und Störströme auf dem PE-/PA-System. · Keine Mehrfacherdung des PEN-Leiters bei Mehrfacheinspeisung. · Keine reduzierten Kabelquerschnitte für N-und PE-Leiter. · Leitungsquerschnitte für Oberschwingungslasten auslegen. · Keine Einleiterkabel vom Transformator zur NSHV (Mehrleiterkabel verwenden). · Verlegung von Kabeln und Leitungen in geschirmten Bereichen (metallenen Rohren/ Schächten). · Kurze Kabel- und Leitungslängen (keine Reserve). · Keine PEN-Leiter im gesamten Gebäude. · Verdrosselte Kompensationsanlagen verwenden. · Differenzstrom-Überwachungssysteme verwenden. · Permanentes Energiemonitoring wichtiger Parameter. · Anlagen prüffähig aufbauen - Messpunkte für EMV-Messungen zugänglich ausführen. · Dokumentation und Beschriftung von Leitungen und Erdungspunkten. · Verringerung der induktiven Kopplung durch größeren Abstand zwischen N- und PE-Leiter (etwa 20 ... 30 cm) und Reduzierung der Leiterschleifenfläche. · Verwendung von Stromversorgungsleitungen mit konzentrischer Anordnung des PE als Kabelschirm (NYCW, NYCWY). · Verringerung der Oberschwingungsanteile des Nennstroms. · Verwendung nichttransformierender Kabel und Leitungen. 11.2 Spezielle Hinweise Die konsequente Anwendung des TN-S-Systems ist die Grundvoraussetzung für eine EMV-gerechte Elektroinstallation. Trotzdem können hohe Erdungsströme entstehen und empfindliche informationstechnische Anlagen stören. Durch die heutige hohe Oberschwingungsbelastung der Systeme ist ein stromfreies PE-Leitersystem nur dann erreichbar, wenn PE-Leiterschleifen konsequent vermieden werden. Wesentlich ist weiterhin, nur Versorgungsleitungen zu verwenden, die eine geringe transformatorische Wirkung auf den in der Leitung mitgeführten PE-Leiter haben. Besonders hohe Einkopplungen sind bei Stromschienensystemen oder bei nebeneinander liegenden Einzelleitern zu erwarten. Diese Versorgungsart sollte vermieden werden. Um einen optimalen Potentialausgleich zu erreichen, kann die getrennte Verwendung eines Funktionsschutzleiters (FPE) und eines sicherheitstechnischen Schutzleiters (PE) sinnvoll sein. Der FPE darf nur einmal am zentralen Erdungspunkt (ZEP) mit dem PE verbunden werden. Eine permanente EMV-Überwachung ist notwendig, um die Stromfreiheit des FPE und des PE zu überwachen. Moderne Differenzstrom-Überwachungssysteme (RCMS) erfüllen diese permanente EMV- Überwachung und gewährleisten eine hohe Störunempfindlichkeit elektronischer Systeme. Innerhalb ortsfester elektrischer Anlagen und Betriebsmittel bieten Differenzstrom-Überwachungssysteme zusätzlich eine optimale Möglichkeit zur Beurteilung von Isolationsverschlechterungen sowie von zusätzlich eingebauten N-PE-Brücken und Störströmen auf Erdungs- und Schirmleitungen. Die gemessenen Fehlerströme lassen sich eindeutig den jeweiligen Stromkreisen und Verbrauchern zuordnen. Somit ist eine anlagenbezogene sicherheitstechnische Zustandsbewertung möglich. Dabei ist das Messverfahren der anzuwendenden Differenzstrom-Überwachungssysteme und die Messstromwandlerinstallation anlagenspezifisch auszuwählen. Im Rahmen der ständigen Überwachung können solche Überwachungseinrichtungen die geforderte „kontinuierliche“ messtechnische Prüfung sicherstellen. Elektromagnetische Verträglichkeit FÜR DIE PRAXIS Schematische Darstellung einer Überwachung der Stromversorgung von bis zu 1080 Einzel-Stromkreisen Switching on the future Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 3 226 FÜR DIE PRAXIS Elektromagnetische Verträglichkeit Über die zeitliche Dokumentation und graphische Darstellung des Anlagenverhaltens, z. B. Senkung oder Erhöhung der Differenz- und Störströme ist es möglich, angepasste wiederkehrende Prüffristen für die elektrischen Arbeitsmittel festzulegen. Die bisherigen praktischen Erfahrungen zeigen eindeutig, dass mit Differenzstrom-Überwachungssystemen eine Erhöhung der Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit sensibler informationstechnischer Anlagen erreicht wird. Vorteile durch die Anwendung von RCMS Die Vorteile lassen sich zusammenfassen: Optimierte Instandhaltung · Permanente Überwachung anstatt kosten-und personalintensiver Anlagenprüfung nach BGV A3 und Betr Sich V in längeren Zeitabständen. · Instandhaltungsmaßnahmen können anlagenspezifisch durchgeführt werden. · Zentrale Information über Veränderungen des Anlagenzustands. · Modernes Facility Management durch Ferndiagnose über Internet/Ethernet. Höhere Betriebs-/Anlagensicherheit · Präventive Sicherheit zum Schutz von Menschen vor Gefährdungen durch elektrischen Strom. · Störungen und unerwartete Betriebsunterbrechungen sensibler Einrichtungen werden minimiert. · Isolationsfehler bei neu installierten Anlagen und Geräten werden sofort lokalisiert. · TN-S-Systeme werden auf unerwünschte zusätzliche N-PE-Brücken überwacht. · Störströme auf Schirmleitungen werden permanent überwacht. Höhere Wirtschaftlichkeit · Keine teuren und ungeplanten Anlagenstillstände. · Weniger Zeit-/Personalaufwand für die Instandhaltung. · Mögliche Kosteneinsparung durch niedrigere Versicherungsprämien. Höhere Brandsicherheit · Fehler- und Störströme werden schon in der Entstehungsphase erkannt. · Überlastung von N-Leitern wird erkannt. · Brandgefahren in elektrischen Anlagen werden reduziert. Literatur [1] Muhm, H.: Permanente Überwachung von Fehler-und Störströmen - Teil 1: Störungen verursachende Gegebenheiten. Elektropraktiker, Berlin 64(2010)2, S. 126-130. [2] Betriebssicherheitsverordnung (Betr Sich V) - BGBl. Nr. 70 vom 27. September 2002, S. 3777, zuletzt geändert durch Artikel 9 der Verordnung vom 23. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3758). [3] Unfallverhütungsvorschrift BGV A3 (vorherige VBG 4) Elektrische Anlagen und Betriebsmittel. In der Fassung vom 1. Januar 1997. Schematische Darstellung einer Überwachung der Stromversorgung I Überwachung Differenz-, Fehler-, Störströme; IN Überwachung N-Leiter (Unterbrechung/ Überstrom); IPE Überwachung PE-Leiter (Unterbrechung/Überstrom); IPEN - PE Überwachung Brücke PEN-PE; IPE - PAS Überwachung Brücke PE - PAS Anmerkung: Im normalen Betrieb des TN-Systems mit Mehrfacheinspeisung wird der PEN-Leiter nur mit seiner Funktion als Neutralleiter verwendet. Zeitlicher Verlauf des Fehler- oder Störstroms eines überwachten Stromkreises

Autor
  • H. Muhm
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