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Netzwerktechnik

Parameter von Cu-Datenkabeln - Teil 2: Messung, Anordnung und ausgewählte Kenngrößen

luk3/2007, 3 Seiten

Mit der Messung einer Kommunikationskabelanlage wird der Nachweis der ordnungsgemäßen Errichtung erbracht. Messprotokolle sind – wie anderswo auch – ein wichtiger Bestandteil der Dokumentation. Für die Elektrofachkraft ist diese Aufgabe nicht nur mit Handhabung anspruchsvoller Messtechnik verbunden, sondern sie wird zugleich mit einer Vielzahl von Akronymen englischer Begriffe als Mess- und Rechengrößen konfrontiert.


Messanordnung Die Handhabung der Messtechnik für Datenkabel stellt an den Praktiker deutlich höhere Anforderungen als die in der Niederspannungstechnik ansonsten üblichen Geräte zur Durchführung der Erst- und Wiederholungsprüfungen. Ursache dafür ist die stürmische technische Entwicklung bezüglich der Anforderungen an Datennetze und der daraus resultierenden Konsequenzen für die Messtechnik. Diese Messgeräte sind ohne gründliches Studium der dazugehörigen Gebrauchsanleitung nicht zu beherrschen. Dazu wird ein solides Wissen um die Grundzusammenhänge der Verkabelung einschließlich der in den Standards (DIN EN 50173 und DIN EN 50174) getroffenen Festlegungen vorausgesetzt. Fachgroßhändler und Messgerätehersteller bieten daher entsprechende Lehrgänge an. Bezüglich des Messobjektes (Bild ) wird zwischen der Installations- (Permanent Link) und der Übertragungsstrecke (Channel) unterschieden. Messgeräte zur Messung von Kommunikationskabelanlagen (Bild ) bestehen grundsätzlich aus zwei Komponenten, einer Haupt- und einer Remoteeinheit. Je nach Messgerätehersteller sind für diese Komponenten auch andere Begriffe (z. B. Sender und Empfänger) gebräuchlich. Die Notwendigkeit für diese Aufteilung ergibt sich schon mit Blick auf die Messung der Dämpfung einer Doppelader. Für die Messung der Installations-bzw. der Übertragungsstrecke werden verschiedene Adapter (Verbindung zwischen Messgerät und Patchpanel/Datendose oder dem Messkabel) verwendet. Beim Permanent Link wird nur der fest verlegte Teil der Verkabelung gemessen, während beim Channel das Patch-Kabel und das Anschlusskabel mit einbezogen werden. Die Qualität einer Kommunikationskabelanlage wird sowohl anhand direkt messbarer Größen, als auch anhand von Größen beurteilt, die aus mehreren Messungen auf rechnerischem Wege ermittelt werden. Hier können sich Messgeräte bezüglich der Handhabung unterscheiden. Darüber hinaus gibt es neben Größen, die sowohl für Installations- als auch Übertragungsstrecken von Bedeutung sind, auch solche die nur für Übertragungsstrecken von Interesse sind. Von Ausnahmen (z. B. DC-Schleifenwiderstand) abgesehen, sind die das Übertragungsverhalten eines Datenkabels charakterisierenden Größen frequenzabhängig. Die Messungen müssen also mit einer bestimmten Frequenz oder für einen bestimmten Frequenzbereich erfolgen. Mit der Messung einer Kommunikationskabelanlage wird der Nachweis der ordnungsgemäßen Errichtung erbracht. Messprotokolle sind - wie anderswo auch - ein wichtiger Bestandteil der Dokumentation. Für die Elektrofachkraft ist diese Aufgabe nicht nur mit Handhabung anspruchsvoller Messtechnik verbunden, sondern sie wird zugleich mit einer Vielzahl von Akronymen englischer Begriffe als Mess-und Rechengrößen konfrontiert. Netzwerktechnik Parameter von Cu-Datenkabeln Messung - Anordnung und ausgewählte Kenngrößen F a c h w i s s e n L e r n f e l d e r 6 - 1 3 6 LERNEN KÖNNEN 3/07 Channel und Permanent Link Quelle E-volution-CD, Fa. Hager Installationsstrecke Rangierfeld TA Haupteinheit Remoteeinheit Anschluss von Haupt- und Remoteeinheit Sender nahes Ende fernes Ende Empfänger Nahes und fernes Ende - Sender und Empfänger UN UF Dämpfung Dämpfung Mehrere Kabel - Alien Crosstalk Bei den Betrachtungen ist immer nur ein Kabel - wenn auch mit unterschiedlicher Anzahl von Aderpaaren - Gegenstand der Betrachtung. Mit zunehmender Frequenz, mit denen die Datenkabel betrieben werden, tritt ein weiteres Problem auf, das Übersprechen aus fremden Kabeln (engl. Alien Crosstalk, Abk A XT). Praktisch kann diese Erscheinung ähnlich wie beim leistungssummierten Nebensprechen behandelt werden. Derzeit gibt es dafür noch keine Festlegungen in Normen, aber in der Fachliteratur wird dieses Problem schon intensiv diskutiert. INFO LuK-0307 16.02.2007 8:53 Uhr Seite 6 Netzwerktechnik LERNEN KÖNNEN 3/07 Nahes und fernes Ende Jedes Kabel hat letztlich zwei Enden, wobei vielfach zur Unterscheidung von einem Anfang und einem Ende gesprochen wird. Diese Verfahrensweise ist in der Energietechnik gebräuchlich. In der Nachrichtentechnik ist es üblich, von Sender (senderseitig) und Empfänger (empfängerseitig) oder einem nahen und einem fernen Ende zu sprechen. Die Zuordnung nahes oder fernes Ende wird dabei durch die Einspeisung des Signals bestimmt (Bild ). Da für die Beurteilung der Qualität eines Übertragungsweges nicht nur die einzelne Doppelader, sondern auch benachbarte Leitungswege von Bedeutung sind, werden zunächst Situationen mit ein und zwei Doppeladern betrachtet und anschließend auf die bei vier genutzten Doppeladern vorliegende Situation eingegangen. Diese Einteilung wird mit Blick auf die zu berücksichtigende physikalischen und technischen Aspekte vorgenommen. Ein und zwei Doppeladern Signaldämpfung und Signalreflexion sind Erscheinungen, die bei einer Doppelader auftreten. Das Phänomen des Nebensprechens ist bereits an das Vorhandensein einer zweiten Doppelader gebunden. Dämpfung Die Dämpfung (engl. Attentuation, Abk. ATT) ist die grundlegende Größe zur Beurteilung der Qualität eines Übertragungsmediums. Physikalische Zusammenhänge und Definition dieser Größe sind in [1] ausführlich dargestellt. Dämpfung ist letztlich die Schwächung eines Signals (Bild ) entlang einer Übertragungsstrecke. Da sich diese Schwächung längs der Strecke vollzieht, spricht man auch von Längsdämpfung oder Kabeldämpfung. Die Kabeldämpfung wird vom Hersteller angegeben und soll möglichst gering sein. Um Längsdämpfung handelt es sich auch bei der Einfügedämpfung (engl. Insert Loss, Abk. IL). Dieser Begriff wird genutzt, um die Signalabschwächung durch die in den Übertragungsweg eingefügten Bauteile (z. B. Steckverbinder) zu beschreiben. Rückflussdämpfung Bedingt durch Inhomogenitäten eines Kabels bzw. eines Übertragungsweges werden Teile des ausgesandten Signals reflektiert. Diese Eigenschaft wird mittels der Rückflussdämpfung (engl. Return Loss, Abk. RL) quantitativ erfasst. Da reflektierte Signale zu Fehlinterpretationen führen können, soll die Rückflussdämpfung möglichst groß sein. Ausbreitungsgeschwindigkeit Im Unterschied zur Energietechnik ist in der Nachrichtentechnik die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Signals auf dem Übertragungsmedium von Interesse. Zur Angabe dieses Wertes (Bild ) bezieht man sich auf die Lichtgeschwindigkeit c (rund 300.000 km/s). Diese Größe wird auch als Nennausbreitungsgeschwindigkeit (engl. Normal Velocity of Propagation, Abk. NVP) bezeichnet und beträgt bei Datenkabeln etwa 0,6 ...0,8 c. Hier ist auch die Angabe in Prozent üblich. Der NVP-Wert wird von den Kabelherstellern im Datenblatt angegeben. Anhand einer bekannten Strecke kann dieser Wert auch mit den Messgeräten ermittelt werden. Dieser Wert wird zum Nachweis (Aufmaß) der Länge (engl. Length) verlegter Kabel genutzt. Im Zusammenhang mit der Nennausbreitungsgeschwindigkeit stehen noch Größen, wie die Signallaufzeit oder auch nur Laufzeit (engl. Propagation Delay oder nur Delay) genannt, und die Laufzeitdifferenz (engl. Delay Skew oder nur Skew). Die Laufzeitdifferenz interessiert insbesondere dann, wenn mehr als ein Adernpaar zur Übertragung in eine Richtung genutzt wird und soll möglichst gering sein. Nah- und Fernnebensprechdämpfung Die Nahnebensprechdämpfung (engl. Near End Crosstalk1) Abk. NEXT) ist ein Maß dafür, wie gut der Effekt des Nebensprechens (Bild ) am nahen (sendenden) Ende gedämpft wird. Da die Nebensprechdämpfung in der Modellvorstellung „quer zum Kabel“ auftritt, wird auch von Querdämpfung gesprochen. Im Unterschied zur Nahnebensprechdämpfung bezieht sich die Fernnebensprechdämpfung (engl. Far End Crosstalk, Abk. FEXT) auf das ferne Ende des gestörten Adernpaares. Weil der Effekt des Nebensprechens unerwünscht ist, soll die Nebensprechdämpfung (nah und fern) möglichst groß sein. Leiterpaar 1 Leiterpaar 2 NVP Laufzeitdifferenz Nennausbreitungsgeschwindigkeit, Laufzeit und Laufzeitdifferenz NEXT und FEXT U1N U2N U2F U1F ELFEXT ELFEXT U3N U4N U4F U3F U2N U2F U1N U1F PSNEXT PSFEXT Summierung der Nebensprecheffekte U1N U2N U2F U1F NEXT FEXT F a c h w i s s e n L e r n f e l d e r 6 - 1 3 Eigentlich müsste es korrekt Near End Crosstalk Attentuation also NEXTA heißen, aber üblicherweise nutzt man das Akronym für den englischen Begriff des Nahnebensprechens auch zur Kennzeichnung für die Nahnebensprechdämpfung. Dies trifft auch auf andere Parameter zu. Das Kürzel XT steht für Crosstalk also Neben-/Übersprechen („über Kreuz“). LuK-0307 16.02.2007 8:53 Uhr Seite 7 Dämpfung-Nebensprech-Verhältnis Als Dämpfung-Nebensprech-Verhältnis (engl. Attenuation to Crosstalk Ratio, Abk. ACR) wird die Differenz zwischen der Nahnebensprechdämpfung und der Kabeldämpfung bezeichnet. Für ACR gilt ACR = NEXT - Kabeldämpfung Zur Ermittlung des ACR-Wertes bedarf es also zweier Messungen. Da der ACR-Wert sowohl die Längsdämpfung der Doppelader 2 als auch die Querdämpfung zwischen beiden Doppeladern erfasst, ist diese Größe besonders gut zur Quantifizierung der Kabelqualität geeignet. ACR wird auch als Signal-Rausch-Abstand bezeichnet. Je höher der ACR-Wert ist, umso höher ist die Qualität des Übertragungsweges. Niveaugleiche Fernnebensprechdämpfung Während bei der Fernnebensprechdämpfung (FEXT) das eingespeiste Signal zu dem am fernen Ende der gestörten Leitung gemessenen Signal in Beziehung gesetzt wird, setzt man bei der niveaugleichen Fernnebensprechdämpfung (engl. Equal Level Far End Crosstalk, Abk. ELFEXT) die am fernen Ende gemessenen Werte ins Verhältnis zueinander (Bild ). Da hier in beide Größen die Kabeldämpfung (Längsdämpfung) gleichermaßen eingeht, spricht man zudem von einer „längenbereinigten“ Fernnebensprechdämpfung; zuweilen wird auch von einem Far End ACR gesprochen. Auch hier ist ein hoher Wert Ausdruck für die Kabelqualität. Vier Doppeladern Im Unterschied zum Ethernet (10Base T) und Fast Ethernet (100Base T) nutzt das Gigabit-Ethernet gleichzeitig vier Adernpaare. Daher sind für diese Situation - neben den bereits besprochenen Größen - weitere Parameter zur Beurteilung der Qualität eines Übertragungsweges von Bedeutung. Leistungssummiertes Nebensprechen Werden mehr als zwei Adernpaare genutzt, dann kann es zu einer Überlagerung der Nebensprecheffekte kommen. Bei einem vierpaarigen Kabel können also im ungünstigsten Fall drei Adernpaare als störend auf das vierte Paar (Bild ) einwirken. Dieser Effekt wird über leistungssummierte Werte (engl. Power Sum, Abk. PS) berücksichtigt. Für derartige Kabel lassen sich also neben NEXT, FEXT, ELFEXT und ACR Werte für PS NEXT, PS FEXT, PS ACR und PS ELFEXT ermitteln. Verdrahtungstest Die Abnahmemessungen für Kommunikationskabelanlagen bestehen aber nicht nur aus der Ermittlung von Kenngrößen wie NEXT, ACR usw., sondern dabei geht es auch um ganz simple Verdrahtungsfehler (Bild ), wie · vertauschte Paare · versetzte (engl. crossed) Paare · geteilte (engl. split) Paare, aber auch um Kurzschlüsse zwischen Paaren oder Leitungsunterbrechungen. Diese Fehler werden durch die Messgeräte beim Test des Verdrahtungsplanes (Wire Map) meist in grafischer Form angezeigt. Schlussbemerkungen Die Errichtung von Datennetzen ist - nicht zuletzt wegen der schnellen technischen Entwicklung auf diesem Gebiet - noch auf Jahre hinaus eine fachliche Herausforderung für die Elektrofachkraft und ohne ständiges Lernen nicht zu meistern. Im Unterschied zu anderen Gebieten ist hier aktuelle, methodisch gut aufbereitete und auf die Bedürfnisse des Praktikers ausgerichtete Fachliteratur nach wie vor Mangelware. Der Besuch der von Großhändlern und Herstellern angebotenen Seminare ist ein möglicher Weg, um sich das nötige Wissen zu erwerben. Wer eigene Mühe nicht scheut und über abrufbereites elektrotechnisches Grundwissen verfügt, kann manche Wissenslücke mit diversen Online-Lexika, sowie den Produktkatalogen und Handbüchern von Hersteller und Großhändlern schließen. Dazu gehört nicht zuletzt die Aneignung der in diesem Zusammenhang wichtigen Begriffe und Akronyme (Tafel ). Das ist kein Ersatz für das Studium der einschlägigen Standards, aber eine gute Vorbereitung darauf. Literatur [1] Lochmann: Digitale Nachrichtentechnik; Signale, Codierung, Übertragungssysteme, Netze. Verlag Technik Berlin 1997. [2] Freie Enzyklopädie Wikipedia; www.wikipedia.de [3] Siemens: Communications Lexicon; www.siemens.com [4] IT-Lexikon; www.it-wissen.de [5] Fa. Hager: E-volution-CD; Infos und Planungshilfen Datennetzwerktechnik. [6] Design, Planung und Installationen für Unternehmensnetzwerke. Handbuch 3M; Telekommunikations-Produkte. [7] Harting-Firmenschrift: Lösungen für Industrial Ethernet. [8] Cobinet-Produktkatalog 2006/20007: Aktive und passive Fernmelde- und Datennetzkomponenten. [9] Prof. Plate, FH München: www.netzmafia.de [10] Unilan-Handbuch: www.daetwyler.net H. Möbus Netzwerktechnik 8 LERNEN KÖNNEN 3/07 a) b) c) d) Verdrahtungsfehler a) Vertauschtes Paar; b) Versetztes Paar; c) Geteiltes Paar; d) Unterbrechung und Schluss Akronym Bezeichnung englisch deutsch ATT Attentuation Dämpfung IL Insert Loss Einfügedämpfung RL Return Loss Rückflussdämpfung NVP Normal Velocity of Nennausbreitungs-Propagation geschwindigkeit - Propagation Delay Laufzeit - Delay Skew Laufzeitdifferenz NEXT Near End Crosstalk Nahnebensprechdämpfung FEXT Fear End Crosstalk Fernnebensprechdämpfung ACR Attentuation Dämpfung-Nebensprech-Crosstalk Ratio Verhältnis ELFEXT Equal Fear End Niveaugleiche/längenbereinigte Crosstalk Fernnebensprechdämpfung Tafel Abkürzungen und ausgewählte Kenngrößen F a c h w i s s e n L e r n f e l d e r 6 - 1 3 LuK-0307 16.02.2007 8:53 Uhr Seite 8

Autor
  • H. Möbus
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