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Elektrotechnik | Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)

Oberschwingungen - die 3. Harmonische

ep11/2004, 2 Seiten

Wie groß kann der Strom der 3. Harmonischen bezogen auf den Nennstrom von Halbleitergeräten (Schaltnetzteile, Dimmer, Umrichter usw.) sein?


Oberschwingungen - die 3. Harmonische ? Wie groß kann der Strom der 3. Harmonischen bezogen auf den Nennstrom von Halbleitergeräten (Schaltnetzteile, Dimmer, Umrichter usw.) sein?" ! Schlimmster Fall in der Theorie Die dritte Oberschwingung hat einen umso größeren Anteil am Gesamtstrom, je geringer die anderen Anteile sind. Extremfall: Der Strom besteht ausschließlich aus der dritten Oberschwingung. Dieser Fall ist jedoch so nicht vorstellbar. Dann wäre die Schwingung von 150 Hz keine dritte Oberschwingung mehr, sondern die Grundschwingung eines Stroms von dann 150 Hz. Ein bestimmter Anteil 50-Hz-Schwingung muss also auch vorhanden sein, aber wie viel? Mit einem geeigneten Simulationsprogramm wurde ein ausschließlich aus Grund- und dritter Oberschwingung bestehender Strom dargestellt und der Gehalt an dritter Oberschwingung langsam gesteigert. Wenn dieser Gehalt die Größe der Grundschwingung überschreitet, treten zusätzliche Nulldurchgänge auf (Bild ). Spätestens dann - bei anderen Phasenwinkeln zwischen Grund- und Oberschwingung auch schon eher - bekommt die Summenkurve zusätzliche Nulldurchgänge. Sie stellt damit für die mathematischen Algorithmen üblicher digitaler Frequenz-Messgeräte keine 50-Hz-Schwingung mehr dar, denn diese Geräte ermitteln die Frequenz, indem sie die Nulldurchgänge zählen. Die in einem Strom enthaltene dritte Oberschwingung kann also höchstens gleich groß sein wie die Grundschwingung. Diese Antwort nutzt Ihnen vermutlich nichts, denn solch ein Strom kommt in der Praxis nicht vor. Schlimmster Fall in der Praxis Was der schlimmste Fall in der Praxis ist, das ist nicht so leicht zu beantworten, denn hier kommt es zu einer gegenseitigen Beeinflussung dreier Faktoren: · Parameter des Geräts, · Beschaffenheit des Netzes, · Anzahl der Geräte, die gleichzeitig am selben Netz das Gleiche tun [1]. Damit Sie für Abschätzungen in Zukunft auf der sicheren Seite liegen, wird nochmals ein ziemlich extremer Fall betrachtet - aber eben kein theoretisch errechneter, sondern einen in der Praxis gemessener. Beispiel. Im Bild wurde der Eingangsstrom eines voll ausgelasteten Netzteils für einen tragbaren Computer aufgezeichnet. · Solche Netzgeräte müssen, anders als z. B. Kompakt-Leuchtstofflampen, mit reichlicher Elektropraktiker, Berlin 58 (2004) 11 PC-Netzteil bei gleicher Ausgangslast oben: auf gewöhnliche Art einphasig unten: über Transformator zweiphasig eingespeist I1 = 100% I3 = 90% I = 134,5% I1 = 100% I3 = 100% I = 141,4% Gehalt der dritten Oberschwingung nähert sich 100 % des Grundschwingungs-Gehalts Glättungs-Kapazität im eingangsseitigen Gleichrichterkreis ausgestattet sein (stellt einen entscheidenden Faktor für den Verzerrungsgrad dar). · Zudem war dieses Gerät, wie die meisten seiner Art, auch ohne Umschalten zum Betrieb an einer Netzspannung von 115 V geeignet. Dies erzwingt eine Auslegung der Kapazität mit vierfacher Reserve. · Einrichtungen zur Dämpfung der Oberschwingungs-Emission, wie die „aktive“ elektronische Leistungsfaktor-Korrektur bei elektronischen Vorschaltgeräten für Leuchtstofflampen über 25 W, waren nicht eingebaut. Auch keine passiven Mittel wie die in großen PC-Netzteilen neuerdings anzutreffende Drossel [2]. Die Stromverzerrung ist somit entsprechend hoch. Milderungseffekt. Die Stromverzerrung wurde allerdings dadurch gemildert, dass zum Zeitpunkt der Messung gerade viele andere ähnliche Verbraucher (Fernsehgeräte) am Netz waren. Die Netzspannung „dankt“ dieses durch eine verflachte Kurvenform, was die Strom-Anstiegssteilheit der Ladeströme in den vielen, vielen Glättungs-Kondensatoren mindert. So werden beispielsweise 10 gleiche Geräte niemals den zehnfachen Strom der dritten Oberschwingung aufnehmen wie ein einzelnes Gerät, sondern - je nach Beschaffenheit des Netzes und Leistung der Geräte - den 9 ,5-fachen oder auch nur den siebenfachen Strom der dritten Oberschwingung. Umkehrung dieses Milderungseffekts in sein Gegenteil. Der Prüfling wird nicht einphasig aus einem Außen- und dem Neutralleiter gespeist, sondern über einen Transformator wird die Spannung zwischen zwei Außenleitern von 400 V auf 230 V heruntertransformiert. Die so gewonnene Spannung ist um gerade so viel zu spitz, wie die „echte“ 230-V-Versorgung zwischen Außen- und Neutralleiter zu flach ist. Das Oberschwingungsspektrum des Eingangsstroms reagiert entsprechend. In Tafel sind die Messwerte zusammengefasst. Der Betrieb des Prüflings an einer sauberen Sinusspannung wird also Messwerte zwischen diesen beiden Messreihen liefern. Die relativen Werte der dritten Harmonischen beziehen sich dabei auf die jeweiligen Gesamt-Eingangsströme (Echt-Effektiv-Werte), nicht nur auf deren Grundschwingungen. Sie sollten zur Sicherheit von den höheren Messwerten ausgehen, denn die Spannung im Netz kann auch einmal diese überspitzte Form aufweisen. Beispielsweise dann, wenn alle Verteil-Transformatoren in der Schaltgruppe Dyn5 ausgeführt sind, Ihr Verteilnetz jedoch an einen Transformator der Gruppe Dzn6 angeschlossen ist [3]. Situation in der Praxis Die einphasigen Gleichrichtergeräte mit kapazitiver Glättung (ohne Gegen-Maßnahmen) machen die Gruppe der größten „Verzerrer“ und in Bürobauten auch die größte Gruppe aus. Bei Dimmern ist die Verzerrung etwas geringer. Nur im sehr weit herab gedimmten Zustand nehmen die Stromkurven ähnliche Formen an und weisen also ähnliche Oberschwingungsspektren auf wie die Gleichrichtergeräte - dann allerdings nur relativ zum aktuellen Strom gesehen. Der absolute Strom liegt in diesem Betriebspunkt entsprechend weit unter dem Nennstrom des jeweiligen Geräts. Bei dreiphasig angeschlossenen, gewöhnlich mindestens sechspulsigen Umrichtern ist die Verzerrung ebenfalls geringer - umso geringer, je höher die Pulszahl ist. Für den Neutralleiter besteht meist keine Gefahr, da er gar nicht angeschlossen ist, anders als bei den einphasigen, zweipulsigen Gleichrichtergeräten, um die es Ihnen vermutlich ging. Neutralleiter. Verzerrte Außenleiterströme „neutralisieren“ sich jedoch nicht unbedingt im Neutralleiter. Die Anteile der Oberschwingungen durch drei teilbarer Ordnung addieren sich im Neutralleiter statt sich auszulöschen - also die dritte, die neunte, die fünfzehnte usw. Auch die sechste und zwölfte zählen im Prinzip dazu, doch geradzahlige Oberschwingungen sind in den meisten technisch vorkommenden Strömen nicht enthalten (eine Ausnahme stellen z. B. Einweg- bzw. M3-Gleichrichterschaltungen dar.) Zum Abschätzen der Neutralleiter-Belastung ist aber die Betrachtung der Gesamt-Effektivwerte angebrachter. Hier gibt es eine exakte theoretische Regel, die sich 1:1 auf die Praxis anwenden lässt: Der Neutralleiterstrom kann höchstenfalls 33-mal so groß werden wie der Außenleiterstrom. Dies gilt für symmetrische Belastung (während Ihr Lehrling in der Berufsschule möglicherweise immer noch lernt, bei symmetrischer Last träte kein Betriebsstrom im Neutralleiter auf). Für unsymmetrische Belastung mit linearen (oberschwingungsfreien) Lasten ist ein wiederum sehr theoretischer Fall denkbar, der es noch weiter bringt: Werden zwei Außenleiter voll belastet - der eine 60° induktiv und der andere 60° kapazitiv - und der dritte überhaupt nicht, so liegen die beiden Lastströme zueinander in Phase. Sie addieren sich im Neutralleiter linear auf das Doppelte des Außenleiterstroms. Im Gegensatz zu diesem theoretischen Fall kommt aber die (weit gehend) symmetrische und ausschließliche Belastung mit Einphasen-Gleichrichterlasten mit ihrem Faktor 33 5 1,73 in der Praxis wirklich vor, z. B. bei der Versorgung eines Rechenzentrums. Dieses ist für den oftmals auf die Hälfte reduzierten Neutralleiterquerschnitt eine ganze Menge! Kein Trost ist in diesem Fall der Ausspruch eines Zynikers: „Na und? Macht doch nichts! Der Neutralleiter ist ja nicht gesichert.“ Literatur [1] Faßbinder, S.: Netzstörungen durch passive und aktive Bauelemente. Offenbach/Berlin: VDE Verlag 2002. [2] Faßbinder, S.: Blick in die Praxis: DIN EN 61000-3-2 (VDE 0838) ist in Kraft. etz 21 (2003) S. 86. [3] Fender, M.: Vergleichende Untersuchungen der Netzrückwirkungen von Umrichtern mit Zwischenkreis bei Beachtung realer industrieller Anschlussstrukturen. Wiesbaden: Fachhochschule Promotionsschrift 1997. S. Faßbinder Wechseln einer Unterverteilung ? Beim Auswechsln einer Unterverteilung wurde auf Wunsch des Kunden an den bestehenden „alten“ Leitungen eine Isolationsmessung nach VDE 0100 Teil 610 durchgeführt. Alle gemessenen Werte waren größer 20 M1 (ermittelt mit BEHA Unitest 100). Einige Leitungen entsprechen aber nicht mehr den heute geltenden Normen bez. Querschnitt und Leitungsaufbau bei fester Verlegung. Nun möchte der Kunde für den neu installierten Unterverteiler (bestückt mit 125-A-Hauptschalter, LS-Automaten und Motorschutzschaltern) eine Konformitätsbescheinigung von mir haben. Kann und darf ich diese Bescheinigung ausfertigen? ! Zunächst setze ich voraus, dass Sie bzw. der mit der Arbeit beauftragte Elektrofach-Elektropraktiker, Berlin 58 (2004) 11 876 LESERANFRAGEN Tafel Messwerte Normale Zweiphasige einphasige Speisung über Speisung Transformator 400 V/230 V Eingangs-Wirkleistung 49 W 52 W Eingangs-Scheinleistung 74 VA 127 VA Eingangsstrom gesamt effektiv 321 mA 545 mA 3. Harmonische Eingangsstrom absolut 177 mA 216 mA 3. Harmonische Eingangsstrom relativ 55,3 % 39,7 % NORMENAUSZÜGE Auszüge aus DIN-VDE-Normen sind für die angemeldete limitierte Auflage wiedergegeben mit Genehmigung 042.002 des DIN und des VDE. Für weitere Wiedergaben oder Auflagen ist eine gesonderte Genehmigung erforderlich. Maßgebend für das Anwenden der Normen sind deren Fassungen mit dem neuesten Ausgabedatum, die bei der VDE VERLAG GMBH, Bismarkstr. 33, 10625 Berlin und der Beuth Verlag Gmb H, Burggrafenstr. 6, 10787 Berlin erhältlich sind.

Autor
  • S. Fassbinder
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