Betriebsführung
Mängellisten - Schriftstücke ohne Ende
ep10/2010, 2 Seiten
Mängellisten Mängellisten sind ein legitimes Mittel, um im Rahmen von Teil-oder Endabnahmen die Differenz zwischen Soll und Ist in der Ausführung eines Auftrags festzuschreiben (Tafel ). Sie werden in der Regel seitens der Auftraggeber bzw. deren Vertretung (Architekt, Planer usw.) erstellt und mit den ausführenden Unternehmen besprochen. Ist eine Mängelliste sachlich korrekt, wird diese auch vom Auftragnehmer akzeptiert. Das ist in der Praxis jedoch nicht immer der Fall, weil die Vertragsparteien ggf. unterschiedliche Interessen verfolgen. Zusatz- und Mehrleistungen Aus der Praxis. In einem Rechenzentrum gab es einen Mitarbeiter, der nach außen hin den Eindruck eines Sicherheitsverantwortlichens erweckte und direkter Ansprechpartner für Planer und Errichter war. Seine Kenntnisse von der Sicherheitstechnik beschränkten sich jedoch auf Hochglanzprospekte, Messe- und Vertreterbesuche. Im Rahmen einer umfangreichen Überarbeitung aller sicherheitstechnischen Anlagen versuchte dieser Mitarbeiter nach der Auftragserteilung durch das zuständige staatliche Baumanagement (StBM) als Auftraggeber seine eigenen z. T. überzogenen Ideen in Form von Änderungen, Ergänzungen bzw. Erweiterungen durchzusetzen. Nachdem dies nicht so recht gelingen wollte, erstellte er wiederholt Mängellisten, deren Umfang regelmäßig über 70 Positionen umfasste (Bild ), und erwartete von dem externen Planer deren Durchsetzung. Kontrolle. Die Mängellisten wurden vom Planer aber Punkt für Punkt mit dem Auftrag und den zwischenzeitlich erstellten Dokumentationen verglichen und dann auf die tatsächlichen Mängel reduziert, die in der Regel bei drei bis fünf Punkten lagen. Von der rechtlichen Seite her ist bei öffentlichen Aufträgen der Planer kein Erfüllungsgehilfe des Betreibers, sondern der Auftragnehmer des staatlichen Baumanagements und damit auch dem Steuerzahler gegenüber verpflichtet. Schreibwut eindämmen. Besagter Mitarbeiter hatte bei der Erstellung seiner Mängellisten etwas mit einfließen lassen, was als unfair zu umschreiben ist. 1. Ein Großteil seiner Mängellisten beinhaltete Punkte, die keine Mängel, sondern lediglich Hinweise auf in der nächsten Baubesprechung zu klärende Fragen waren. 2. Ein weiterer nicht unerheblicher Teil der angeblichen Mängel bestand aus Besprechungspunkten, die bereits in früheren Baubesprechungen abgehandelt wurden bzw. aus Mängeln, die für alle Beteiligten bekannt und bereits seit längerem erledigt waren. Rechtzeitiger Widerspruch. Wer eine Mängelliste erhält, sollte sie zuerst einmal nach den unterschiedlichsten Kriterien prüfen. Wenn vorsätzlich falsche Angaben enthalten sind, sollten diese schriftlich beanstandet werden. Dies ist auch vorausschauend wichtig, denn es kann im Laufe eines längeren Auftrags zu allgemeinen „Unstimmigkeiten“ kommen und Auftraggeber und Auftragnehmer treffen sich vor Gericht. Werden dann etliche Mängellisten mit jeweils über 70 Einzelpositionen vorgelegt, denen nicht sofort widersprochen wurde, ist das im Verfahren für den Errichter nicht gerade förderlich. Insbesondere bei öffentlichen Aufträgen ist die Konstellation der einzelnen Parteien wichtig. Ein Errichter, der (angebliche) Mängel kostenfrei beseitigt, obwohl es sich um Zusatzwünsche des Betreibers handelt, hat keinen Anspruch auf Entlohnung im Rahmen seines Auftrags. Er kann lediglich Kosten gegenüber dem Betreiber in Rechnung stellen. Dies aber auch nur dann, wenn eine separate Beauftragung in schriftlicher Form vorliegt. Protokollieren Protokolle helfen sich gegen unberechtigte Mängel abzusichern und aus Kundenwünschen bezahlte Zusatzaufträge zu generieren. Dies ist natürlich vom Projektumfang abhängig. Dazu sollten Protokolle von Baubesprechungen selber geschrieben und anschließend verteilt werden. Dabei besteht die Möglichkeit, Punkte immer wieder aufzuführen, wie z. B.: · „Die vom Kunden zusätzlich gewünschte Ausführung von...“ oder · „Der vom Auftraggeber im Raum ... geforderte Bewegungsmelder ist nicht Bestandteil des Auftrags.“ Ein vom Auftraggeber erstelltes Protokoll, welches derartige Hinweise „versehentlich“ nicht enthält, muss zeitintensiv angefochten und geändert werden. Demgegenüber ist die Erstellung eines kleinen Protokolls ein geringerer Aufwand, der zudem Sicherheit in Bezug auf die Kostenübernahme bringt. Verschleppte Zahlungsziele Unberechtigte Mängelrüge. Mängellisten werden gerne dazu genutzt, die Qualität der Leistungen eines Errichters in ein schlechtes Licht zu rücken, um Zahlungen hinauszuzögern. Durch unberechtigte Mängelrügen, die darauf folgenden Widersprüche, die nächsten Rügen usw. lassen sich Zahlungsziele deutlich in die Länge ziehen. Insbesondere bei öffentlichen Aufträgen gibt es einzelne Mitarbeiter, die sich besonders gut auf derartige Abläufe verstehen. Verweigerte Teilabnahmen. Ein Verband privater Bauherren startete vor einiger Zeit eine Kampagne, keine Teilabnahmen mehr zu akzeptieren. Dies würde für den Bauherrn als Auftraggeber einen unnötigen Zeit- und Kostenaufwand bedeuten. Doch Teilabnahmen sind eindeutig geregelt. Der Bauherr kann diese nur dann ablehnen, wenn sie nicht zulässig sind, weil z. B. kein in sich abgeschlossener Teilbereich fertig gestellt wurde. Folglich fehlen dem Bauherrn die Argumente, um dem Aufruf des Verbandes nachzukommen. Es BETRIEBSFÜHRUNG Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 10 834 Mängellisten - Schriftstücke ohne Ende A. Kraheck, Troisdorf Jeder Errichter für Sicherheitstechnik - aber auch im Bereich anderer Gewerke - fürchtet Mängellisten. Diese zeigen einerseits die Qualität der eigenen Arbeit und andererseits sind sie ein Instrument unterschiedlicher Zielsetzungen der verschiedenen Parteien. Der Beitrag berücksichtigt nicht das Thema Mängellisten von Generalunternehmern, da diese häufiger als Instrument der Macht und als Basis für zusätzliche Einnahmen missbraucht werden. MEISTERWISSEN Autor Adolf Kraheck, Troisdorf, ist freier Fachautor auf dem Gebiet unabhängiger sicherheitstechnischer Beratung und Planung. Mängellisten auf das Wesentliche reduzieren EP1010-834-835 17.09.10 09:34 Seite 834 ist daher zu befürchten, dass Teilabnahmen künftig mit fingierten Mängellisten so lange hinausgezögert werden, bis die Endabnahme ansteht. Gegenargumente Zug-um-Zug-Mängelliste. Manchmal fehlen nicht nur die passenden Worte sondern auch die richtigen Argumente, wenn eine offensichtlich falsche Mängelliste vorgelegt wird. Insbesondere gegenüber vom Auftraggeber eingesetzten Architekten und bei Mitarbeitern des StBM hat sich als probates Mittel eine Zug-um-Zug-Mängelliste erwiesen. Wer Planer und Errichter durch angebliche Mängel in Misskredit bringen und unberechtigte Leistungen abverlangen will, muss seinerseits absolut einwandfreie Arbeiten abgeliefert haben. Aus der Praxis. In einem Projekt waren Planer und Errichter damit beauftragt, die Sicherheitszentrale von einem Gebäude in ein anderes zu verlegen. Umfangreiche weitere Arbeiten im Hochbaubereich mussten parallel, unter Leitung des staatlichen Baumanagements ausgeführt werden. Dem Errichter für die Sicherheitstechnik wurden Mängel unterstellt, die nicht vorhanden waren bzw. vom StBM verursacht wurden. Jedem falschen Mangel stand ein Vielfaches an z. T. erheblichen Mängeln des StBM gegenüber. Tipp. Wichtig ist nach wie vor, im eigenen Bereich alles Notwendige zu dokumentieren, um sich gegen unberechtigte Mängellisten zur Wehr setzen zu können. Gleichzeitig schadet es nichts, von Anfang an die Augen offen zu halten und allgemeine Auffälligkeiten zu dokumentieren. Praxisbeispiel Einem Errichter wurde als Mangel unterstellt, er sei dafür verantwortlich, dass der Türöffner am Zugang einer Justizvollzugsanstalt zeitweise nicht funktionierte. Er musste wiederholt vor Ort erscheinen und den (angeblichen) Mangel beseitigen. Dieser war - wie allgemein üblich - beim Eintreffen des Technikers nicht mehr vorhanden. Der Hinweis, dass die Türe trotz ihres erheblichen Gewichtes (durchschusshemmend) nur drei statt vier Türbänder hatte, gleichzeitig durch kurzzeitige direkte Sonneneinstrahlung thermisch belastet wurde und zudem alle in dem Bereich neu installierten Türen trotz Abnahme durch das staatliche Baumanagement mechanische Mängel aufwiesen, führte zu einer Verschiebung des Mangelpunktes auf das tatsächlich zuständige Gewerk. Strittig blieb allerdings die Kostenübernahme für die ungerechtfertigte Anforderung des Errichters zur Störungsbeseitigung. Zusammenfassung Qualifizierte Arbeiten sind kein Anlass für Mängellisten. Darauf sollte immer hingewirkt werden. Bevor jedoch eine Mängelliste fälschlicher Weise akzeptiert wird, ist zuerst festzustellen: · Handelt es sich um tatsächliche Mängel, die in Verbindung zu den ausgeführten Leistungen stehen? · Wurde die Mängelliste von einer dazu befugten Person erstellt? · Steckt eventuell eine andere Absicht hinter dieser Mängelliste? Mängellisten sollten in keinem Fall ungeprüft akzeptiert und abgearbeitet werden. Die damit einhergehende Anerkenntnis zieht regelmäßig Kosten nach sich, die bei eingehender Prüfung vermeidbar gewesen wären. BETRIEBSFÜHRUNG Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 10 835 Praxis der kostenlosen Angebote Fortsetzung Mängelliste Datum: 02.06.2010 (Besprechung) Legende: Besprechungspunkt Projekt: Neubau Werkhalle zulässige Abweichung Kundenwunsch Maßnahme: BMA Zusatzleistung fehlende Vorleistung Auftrags-Nr.: 238/02-10 Mangel bereits Erledigt Pos. Beschreibung Aufnahme B A K Z V M E Erledigung Bemerkung von am von bis 01 Brandschott am Übergang zur Halle 1 fehlt AG 25.05. X Errichter sofort 02 Übertragungsgerät noch nicht angeschlossen Planer 01.06. X (Planer) Telekomanschluss fehlt 03 Kabelkanäle im Meisterbüro noch nicht geschlossen AG 26.05. X 04 Melder 3/1 bis 3/5 müssen versetzt werden, Planer 01.06. X Errichter nach Regulierung nachträglich da zu dicht über dem Regal Freigabe durch Kunden 05 Kabel am Melder 7/3 zu stark geknickt Planer 01.06. X Errichter sofort Tafel Sachgerechte Mängelliste (Muster) ZZZKLYROWHFGH 2NWREHU geöffnet jeweils von 10:00 bis 19:00 Uhr FACHMESSE 47495 Rheinberg internationale HOCH- und 0LWWHOVSDQQXQJV-TECHNIK Anzeige EP1010-834-835 17.09.10 09:34 Seite 835
Autor
- A. Kraheck
Downloads
Laden Sie diesen Artikel herunterTop Fachartikel
In den letzten 7 Tagen:
Sie haben eine Fachfrage?