Messen und Prüfen
|
Elektrotechnik
Interview mit Michael Lochthofen: "Wer keine Fehler findet, hat auch nicht geprüft"
ep8/2015, 1 Seite
607 Ganz Vorne Elektropraktiker, Berlin 69 (2015) 8 | www.elektropraktiker.de Wer keine Fehler findet, hat auch nicht geprüft Auch die novellierte Betriebssicherheitsverordnung 2015, die seit dem 1. Juni in Kraft ist, regelt grundlegend die Prüfpflicht. Somit bleibt das Prüfen ortsfester und ortsveränderlicher Geräte, u. a. nach DIN VDE 0701-0702, ein zentrales Thema in der Elektrotechnik. Als Elektrotechniker-Meister, Autor und Fachdozent hat sich Michael Lochthofen dem Thema ganz verschrieben. Er greift vor allem Praxisprobleme auf, zum Beispiel ganz aktuell das unter Experten viel diskutierte Ersatz-Ableitstrom-Messverfahren. Der ep fragte daher bei ihm nach. Herr Lochthofen: Warum haben Sie gerade zu diesem Zeitpunkt das Ersatz-Ableitstrom-Messverfahren in Ihrem ep-Beitrag thematisiert? M. Lochthofen: Das war eher Zufall. Meinen Kollegen und mir sind in der jüngeren Vergangenheit sehr viele Prüfdienstleister begegnet, die grundsätzlich mit dem Ersatz-Ableitstrom-Messverfahren prüfen. Und das leider häufig aus Unwissenheit - vor allem aufgrund der geringeren Prüfzeit. Im ep habe ich zu den Vor- und Nachteilen des Verfahrens bisher keinen passenden Artikel gefunden. Ist der Begriff Ersatz-Ableitstrom nicht etwas unglücklich gewählt, denn in den Normen ist er so nicht enthalten? M. Lochthofen: Das stimmt schon, es gibt keinen „Ersatz-Ableitstrom“, sondern nur ein Ersatz-Ableitstrom-Messverfahren. Dabei wird ein Schutzleiterstrom oder ein Berührungsstrom ermittelt. Diese beiden Ströme können in Deutschland normgerecht mit drei mög lichen Verfahren ermittelt werden. Das hört sich nicht nur kompliziert an, ist es leider auch. Sie sagen, das Ersatz-Ableitstrom-Messverfahren ist nicht mehr Stand der Technik. Was sind Ihre Argumente dafür? M. Lochthofen: Als man das Messverfahren erfand und einführte, waren die ortsveränderlichen Geräte noch ziemlich einfach gebaut. Der Prüfer konnte noch wissen, wie die Prüflinge im Detail von innen aussehen und wie sie ungefähr funktionieren. Das ist ja auch die Grundlage für das Anwenden dieses Messverfahrens: Eine Isolationsmessung muss vorher erfolgreich durchgeführt werden. Das geht jedoch nur, wenn keine netzspannungsabhängigen Schaltelemente vorhanden sind und wenn durch Überspannungsschutzelemente, Entstörfilter oder ähnliches die Isolations messung nicht gänzlich unmöglich geworden ist. Heute ist es kaum noch möglich zu wissen, wie eine Kaffeemaschine oder die vollelek tronische Handbohrmaschine genau in Hin blick auf Schaltelemente und Entstör filter funktionieren. Selbst das Netzteil für den Laptop ist da einfach nur noch eine „Blackbox“ mit unbekannter Schutzmaßnahme. Wie sieht die Praxis aus? Sind sich die Unternehmer ihrer Verantwortung auf dem Gebiet der Geräteprüfung auch bewusst? M. Lochthofen: Oftmals nicht. Nur ganz wenige Kleinbetriebe kennen überhaupt die Betr Sich V. Umgesetzt haben sie oft nur größere Unternehmen. Entsprechend rar gesät sind derzeit gute Prüfer auf dem Arbeitsmarkt. Ich denke, dass sich in Zukunft deshalb hier noch sehr viel ändern muss und auch bewegen wird. Was empfehlen Sie unseren Lesern für die tägliche Prüfpraxis? M. Lochthofen: Wichtig ist nicht das absolut buchstabengetreue Umsetzen der Regelwerke, sondern der Schutzziel-Gedanke. Ein Prüfdienstleister, der nur Plaketten klebt und inhaltslose Prüfprotokolle produziert, bringt keinen Sicherheitsgewinn für die Benutzer. Saubere Prüfungen kosten aber gutes Geld und decken häufig auch unangenehme Fehler auf. Doch damit können Arbeitsunfälle und Sachschäden vermieden werden. Wer keine Fehler findet, hat auch nicht geprüft. Als Mitautor des ep-Fachbuchs: „Prüfung ortsfester und ortsver änderlicher Geräte“ planen Sie bereits eine weitere Überarbeitung. Schon im Frühjahr 2016 soll dann die 9. Auflage vorliegen. Welche neuen Aspekte werden darin eine Rolle spielen? M. Lochthofen: Vorgenommen habe ich mir auf jeden Fall, die geänderte Situation mit der Betr Sich V 2015 angemessen aufzuarbeiten. Auch haben sich seit dem Redaktionsschluss der 8. Auflage einige Praxisprobleme angesammelt, die ich dort gern mit einbringen möchte - also keine trockene Normen-Rezen sion, sondern wirklich aus dem „wahren Leben“ einer befähigten Person. Dann würde ich gern das Thema PRCD weiter ausbauen, denn gerade diesen Geräten vertraut man oft sein Leben an. Dabei soll man sich nach aktueller Normlage auf den Hersteller verlassen. Doch nicht immer erhält man hier vollständige und aktuelle Hinweise zur Prüfung. Lesen Sie dazu den Beitrag von Michael Lochthofen zum Thema: „Geräteprüfung nach DIN VDE 0701-0702“ ab Seite 650 Autor Michael Lochthofen im Gespräch mit ep-Redakteurin Marion Buchheister
Downloads
Laden Sie diesen Artikel herunterTop Fachartikel
In den letzten 7 Tagen:
Sie haben eine Fachfrage?