Interview mit Fred Zack
Elektrosicherheit - Prävention ist am wichtigsten
ep12/2015, 1 Seite
943 Ganz Vorne Elektropraktiker, Berlin 69 (2015) 12 | www.elektropraktiker.de Elektrosicherheit: Prävention ist am wichtigsten Die Untersuchung von Elektro- und Blitzunfällen mit schweren Folgen bis hin zum Tod sowie insbesondere die Analyse und Verbesserung von Rettungsmaßnahmen sind von großer Bedeutung für eine größere Sicherheit auf diesem Gebiet. Der Schutz von Menschenleben hat oberste Priorität. Der ep sprach dazu mit Priv.-Doz. Dr. med. Fred Zack, Oberarzt am Institut für Rechtsmedizin der Universität Rostock und Mitautor des VDE-Merkblatts „Unfälle durch Blitzeinwirkungen“. Herr Zack, Sie sind seit 1987 als Arzt und seit 2006 als Oberarzt am Institut für Rechtsmedizin der Universität Rostock tätig. Sind Sie eher mit Arbeits-oder mit Freizeitunfällen konfrontiert? F. Zack: Sowohl als auch. Bei den Elektro unfällen sind es mehr Arbeitsunfälle, bei den Blitzunfällen nahezu immer Freizeitunfälle. Was beinhaltet Ihre Arbeit hinsichtlich des Elektro- und Blitz unfalls? F. Zack: Im Rahmen der Untersuchungen von Verstorbenen kommen in der Routine relativ selten Elektro- oder Blitzunfälle vor. Da mein erster Fall eines Todes durch Blitzschlag gleich mehrere Besonderheiten aufwies, habe ich ihn in einer wissenschaftlichen Zeitschrift (Int J Legal Med) publiziert und bin seitdem bei dieser hochinteressanten Thematik geblieben. Was ist Ihrer Erfahrung nach besonders gefährlich? F. Zack: Aus meiner Sicht ist das übermütige Klettern von Kindern und Jugendlichen auf Waggons in der Nähe von 15 kV-Leitungen besonders gefährlich. Aber auch das Besu chen von Großveranstaltungen im Freien bei Gewitterlagen halte ich für sehr bedenklich. Ich glaube auch, dass in diesem Punkt der Veranstalter in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen sollte. Welche Empfehlung für den Schutz vor einem Elektro- oder Blitzunfall halten Sie für besonders wichtig? F. Zack: Ich plädiere für eine noch bessere Prävention, beim Blitzunfall z. B. so, wie es gerade bei den Golfvereinen läuft nach dem schweren Unfall von 2012 in Waldeck, bei dem es vier Tote gab. Die Schiedsrichter bei allen Sportdisziplinen, die im Freien stattfinden, sollten besser hin sichtlich der Abbruchkriterien bei Gewitter geschult werden. Das Wissen z. B. der Fuß ballschiedsrichter über die Gefahr durch Ge witter und darüber, wann man ein Spiel unter brechen oder gar nicht erst anpfeifen sollte, ist definitiv zu gering. Hier ist auch der DFB in der Pflicht. Ich befürchte, es muss in Deutschland erst so etwas Furchtbares wie in Afrika (11 Ver storbene bei einem Spiel durch Blitzschlag) oder in Mexiko (6 verstorbene Kinder beim Training durch Blitzschlag) passieren, bevor das Problem der unzureichenden Prävention erkannt wird. Zum Glück sind die Unfälle im Niederspan nungsbereich, mit denen wir Rechtsmediziner uns zu beschäftigen haben, seltener gewor den. Trotzdem empfehle ich allein schon wegen der Gefahr eines Herzkammerflim merns, dass Laien die Finger von der Repa ratur elektrischer Geräte oder der eigenmäch tigen Installation von neuen Leitungen, z. B. im Garten, lassen und für sämtliche entspre chende Arbeiten einen Fachmann beauftra gen. Sie konnten bei Ihren Untersuchungen einige neue Erkenntnisse erlangen, insbesondere zu den Energieübertragungsmechanismen beim Blitzunfall, darunter der „side splash“, der in der deutschsprachigen Fachliteratur noch nicht beschrieben war. Was hat es damit auf sich? F. Zack: Der „side splash“ ist einer von bisher fünf entdeckten Energieübertragungsmecha nismen. Dabei schlägt der Blitz auf ein in der Nähe des Opfers befindliches Objekt ein, wie z. B. einen Baum, und ein Teil der Energie überträgt sich auf das Opfer. Auch das kann tödlich enden. Es gibt Unfälle, nach denen das Opfer von außen betrachtet unverletzt ist - aber unter der Haut finden sich schwere thermische Schädigungen wie beispielsweise Verkochungen der Muskulatur. Wollen Sie unseren Lesern sonst noch etwas Wichtiges mit auf den Weg geben? F. Zack: Bitte handeln Sie bei Gewitterlagen nach der 30/30-Regel und sagen sie diese weiter: Wenn zwischen sichtbarem Blitz und hörbarem Donner weniger als 30 Sekunden vergehen, hat die Gewitterfront bereits die gefährliche 10-km-Grenze unterschritten (Schallgeschwindigkeit etwa 330 m/s) und alle Menschen sollten sich in Sicherheit be geben. Erst 30 Minuten nach dem letzten Blitz oder Donner kann Entwarnung gegeben werden. Lesen Sie dazu auch den Teil 6 der Beitragsreihe „Elektrosicher heit - wichtige Grundlagen“ zum Thema „Was passiert beim Elektro-oder Blitzunfall“ ab S. 981. Autor Dr. med. Fred Zack plädiert für eine noch bessere Prävention als Schutz vor Elektro-und Blitzunfällen, hier im Gespräch mit ep-Redakteur Stefan Winterfeldt
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