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Schutzmaßnahmen | Netzwerktechnik | Elektrotechnik

Hochgeschwindigkeitsnetzwerke schützen

ep2/2010, 3 Seiten

Hochgeschwindigkeitsnetzwerke sind heute die Lebensadern nahezu jedes Unternehmens und vieler elektronischer Anlagen. Überspannungen, die durch galvanische, kapazitive oder induktive Kopplungen in Datenleitungen auftreten, können innerhalb einer Netzwerkstruktur sogar Netzknoten zerstören. Um solche Ausfälle zu vermeiden, müssen geeignete Schutzmaßnahmen getroffen werden.


Einkopplung von Überspannungen Um ein Netzwerksystem vor Überspannungen zu schützen, muss geklärt werden, welche externen Quellen das Netzwerk beeinträchtigen können. In der Praxis gibt es mehrere Faktoren, die sich in Leistung, Frequenz und Zeit unterscheiden (Bild ) und störend auf Netzwerkleitungen wirken. Ein Beispiel sind transiente Überspannungen, die infolge eines fernen Blitzeinschlages entstehen. Hierbei werden durch den hohen Impulsstrom Magnetfelder mit schnellen Anstiegszeiten erzeugt, die in Installationsschleifen von Energie- und Datentechnik hohe Längs- und Querspannungen induzieren. Übersteigen diese Längs- und Querspannungen die Spannungsfestigkeit eines Endgerätes, kommt es zu deren Zerstörung. Um dies zu vermeiden, ist der Einsatz von Einrichtungen für den Blitz- und Überspannungsschutz notwendig. Datentechnik richtig schützen Oftmals wird der Überspannungsschutz im Bereich der Datentechnik etwas stiefmütterlich behandelt. So kommt es vor, dass selbst Anlagen, deren zuverlässige Funktion von größter Bedeutung ist, aus Kostengründen lediglich von der Energieseite her geschützt werden. Ein funktionelles Blitz- und Überspannungsschutzkonzept kann jedoch nur greifen, wenn Energie- und Datenleitungen mit in das Blitzschutzzonenkonzept nach IEC 62305 Teil 4 eingebunden werden. Aufgrund der Vielzahl gängiger Informations-, Telekommunikations- und Messsysteme ist die Auswahl des geeigneten Überspannungsschutzgerätes in der Praxis häufig schwierig, weshalb nachfolgende Faktoren zu berücksichtigen sind: · Das Anschluss-Stecksystem des Schutzgerätes muss zu dem Gerät passen, das geschützt werden soll. · Parameter wie höchster Signalpegel, höchste Frequenz, maximaler Schutzpegel und Installationsumgebung müssen berücksichtigt werden. · Das Schutzgerät darf hinsichtlich Faktoren wie Dämpfung oder Reflektion nur geringfügige Auswirkungen auf die Übertragungsstrecke haben. Dies ist besonders für strukturierte Gebäudeverkabelungen im 10-GBit-Bereich wichtig. Standardisierung von Verkabelungen Laut ISO/IEC definieren Kategorien die Mindestanforderungen an die Qualität von Kabeln und Stecksystemen wie Buchsen und Stecker. Die festgelegten Grenzwerte beziehen sich dabei nur auf die Einzelkomponenten, nicht auf die Qualität einer gesamten Installationsstrecke. Die Qualität der Einzelkomponenten wird im Labor bzw. bei der Herstellung entsprechend der geltenden Kategorie getestet. Für die gesamte Installationsstrecke sind Klassen definiert. Die Klassen geben die Mindestanforderungen an die Qualität der Datenübertragung an. Als Konsequenz muss z. B. eine Installationsstrecke der Klasse EA mindestens aus Komponenten der Kategorie 6A bestehen. Oftmals werden die Begriffe Kategorie und Klasse mit dem amerikanischen Standard ANSI/TIA verwechselt. Dieser hat jedoch in Europa keine Gültigkeit. Die ISO/IEC stellt speziell in den höheren Kategorien/Klassen schärfere Anforderungen an die Grenzwerte. Im April 2008 wurde die Edition 2.0 der ISO/IEC 11801 veröffentlicht. In diesem neuen Standard werden neue Klassen für Anwendungen bis 10 GBit definiert, wie z. B. die Klasse EA (Class EA) mit einer maximalen Bandbreite von 500 MHz. Die Bandbreite ist jedoch nur ein kleiner Teil der Definition, denn 500 MHz zu übertragen, erscheint im Ansatz zunächst nicht schwer. Die entscheidende Frage ist jedoch, wie gut welche Parameter eingehalten werden müssen, um eine gute Übertragung zu gewährleisten. Methoden zur Bewertung der Netzwerkleistung Um die Leistungsfähigkeit eines Netzwerkes bewerten zu können, kommen zwei unterschiedliche Messaufbauten und -verfahren zum Einsatz: der „Permanent Link“ und der „Channel Link“ (Bild ). Permanent Link. Der Permanent Link spiegelt den festen Teil einer Verkabelungsstrecke wider und definiert die unbeweglichen Teile einer Netzwerkverkabelung vom Pachtfeld bis zur Anschlussdose. Patchkabel werden beim Permanent Link nicht berücksichtigt und sind kein Bestandteil der festen Verkabelung, weil sie je nach Qualität das Messergebnis erheblich verfälschen können. Der Permanent Link kann von der Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 2 150 AUS DER PRAXIS Hochgeschwindigkeitsnetzwerke schützen Hochgeschwindigkeitsnetzwerke sind heute die Lebensadern nahezu jedes Unternehmens und vieler elektronischer Anlagen. Überspannungen, die durch galvanische, kapazitive oder induktive Kopplungen in Datenleitungen auftreten, können innerhalb einer Netzwerkstruktur sogar Netzknoten zerstören. Um solche Ausfälle zu vermeiden, müssen geeignete Schutzmaßnahmen getroffen werden. Beeinflussungsfaktoren von Netzwerkleitungen ESD electrostatic discharge (elektrostatische Entladung); EMI electromagnetic influence (elektromagnetische Beeinflussung); Netzberührung galvanische Verbindung zu einer Stromversorgungsleitung (power crossing) Messprinzip des Permanent Links (grün) und Channel Links (rot) Elektrofachkraft als Abnahmemessung der Verkabelungsstrecke eingesetzt werden. Channel Link. Mithilfe der Channel-Link-Messung kann die Leistungsfähigkeit der gesamten Installationsstrecke inklusive Patchkabel ermittelt werden. Die Channel-Link-Messung beinhaltet den Permanent Link sowie die Patchkabel und Geräteanschlussdosen. Wird ein Überspannungsschutz installiert, so kann die Qualität der gesamten Strecke mit einer Channel-Link-Messung überprüft werden. Grenzwerte Bei der Datenübertragung z. B. über ein Kupferkabel können unterschiedlichste Störquellen das Signal beeinflussen. Viele dieser Störgrößen sind frequenzabhängig und können direkten Einfluss auf die Qualität der Übertragung nehmen. Im Fall einer strukturierten Gebäudeverkabelung ist es wichtig, dass die normativen Grenzwerte nicht überschritten werden, da nur so eine einwandfreie Übertragung möglich ist. Speziell bei der neuen Klasse EA mit einer Bandbreite bis 500 MHz (10 GBase-T) können Störgrößen die Eigenschaften der Übertragung stark mindern. Wird in eine solche Netzwerkstruktur ein Überspannungsschutzgerät installiert, muss das Gerät mindestens den Anforderungen der Klasse EA entsprechen. Nur so ist garantiert, dass die gesamte Netzwerkstruktur dieser Klasse entspricht und eine optimale Übertragungsqualität gewährleistet ist. Dämpfung. Dämpfung, auch als „Insertion loss“ bezeichnet, tritt in jedem Netzwerksystem auf und bezeichnet den Signalverlust eines Datensignals (Bild ). Je höher die Frequenz, desto größer ist die Dämpfung. In Abhängigkeit des verwendeten Kabeltyps, der zwischengeschalteten Buchsen und Dosen und des eingebauten Überspannungsschutzgerätes kann die Dämpfung um ein Vielfaches zunehmen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Überspannungsschutzgeräte eine Tiefpasscharakteristik aufweisen. Mit steigender Frequenz nimmt die Dämpfung innerhalb des Schutzgerätes zu. Hersteller müssen daher besonders darauf achten, die Dämpfung des Überspannungsschutzgerätes und andere Störparameter so zu optimieren, dass die Datenübertragung im Netzwerksystem weiterhin einwandfrei funktioniert. Nahnebensprechen (NEXT). Ein weiterer Effekt ist das so genannte Nahnebensprechen NEXT (Near end cross talk). Durch kapazitive und induktive Kopplungen können Signalanteile von einem Aderpaar auf ein anderes übertragen werden und Störungen verursachen (Bild ). Der zugelassene Grenzwert für das NEXT variiert je nach Klasse, der Einfluss steigt mit höherer Frequenz. Speziell schlechte Buchsen und Steckverbindungen können erheblichen Einfluss auf das NEXT nehmen und unter Umständen dazu führen, dass der Netzknoten nicht mehr funktioniert. Daher ist es notwendig, ausschließlich qualitativ hochwertige Verkabelungen und Komponenten zu verwenden (Bild ). Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 2 151 AUS DER PRAXIS Ein- und Aufbauthermostate Typenreihe JUMO heat THERM www.jumo.net E-Mail: mail@jumo.net Telefon: +49 661 6003-0 60.006-1.1.1.1. „Push-In “-Klemmtechnik: patentierte Anschlusstechnik der Weidmüller Gmb H Co. KG, Detmold. I hohe Prozesssicherheit durch serienmäßige Umgebungstemperaturkompensation I reduzierte Installationszeit von bis zu 50% durch „Push-In®“- Klemmtechnik I nach DIN EN 14 597 zugelassen Einfügedämpfungsmessung (Insertion loss) Prinzip des Nahnebensprechens (NEXT) Anzeige Neben den oben genannten Parametern spielen noch die Rückflussdämpfung (Return loss), das ferne Nebensprechen FEXT (far end cross talk), der Gleichstromwiderstand und weitere Parameter eine Rolle. Auf diese Parameter wird in diesem Beitrag jedoch nicht näher eingegangen. Aufgabe des Überspannungsschutzes Ein Überspannungsschutzgerät soll gefährliche Überspannungen auf ein unkritisches Maß reduzieren. Datentechnische Systeme weisen meist nur eine geringe Stoßspannungsfestigkeit auf. Einige wichtige Voraussetzungen zum Schutz der Komponenten sind: · der Installationsort; · die Spannungsfestigkeit des Endgerätes; · die Ausführung des Potentialausgleichs; · die zu erfüllende Leistungsklasse. Spannungen, die durch ein eingekoppeltes Magnetfeld entstehen, liegen immer an beiden Seiten einer Leitung an. Daher müssen Leitungen immer beidseitig geschützt werden. Im praktischen Beispiel betrifft dies somit einmal den Computer (Netzwerkkarte) sowie den Switch in der Etagenverteilung. Besonders Switches/ Hubs und Netzwerkkarten weisen nur eine niedrige Spannungsfestigkeit auf. Das Schutzgerät sollte daher sowohl einen möglichst geringen symmetrischen Schutzpegel (Ader-Ader) als auch asymmetrischen Schutzpegel (Ader-Erde) aufweisen. Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass Überspannungsschutzgeräte möglichst nah an dem zu schützenden Gerät installiert werden (Feinschutz). Die Ausführung des Potentialausgleichs ist maßgebend, um auch geringe Schutzpegel einhalten zu können. Speziell auf die Leitungsführung und -länge ist zu achten, da sich bei einer falschen Installation der Schutzpegel durch die Induktivität der Leitung deutlich erhöhen kann. Ein richtig ausgeführter Potentialausgleich kann dadurch erreicht werden, dass das Überspannungsschutzgerät direkt und auf kürzestem Wege mit dem geerdeten Gehäuse des zu schützenden Gerätes verbunden wird. Von OBO Bettermann gibt es mit dem Datenleitungsschutzgerät Net Defender einen leistungsstarken Überspannungsschutz speziell für Anwendungen in Hochgeschwindigkeitsnetzwerken bis zu 10 GBit (Bilder a) und b)) Das Gerät wurde in unterschiedlichen Netzwerken mit Hilfe des Channel-Link-Verfahrens getestet. Bei allen Messungen wurden sowohl die Grenzwerte der Klasse EA nach ISO/IEC als auch die der Kat6A nach TIA/ANSI eingehalten. Fazit Überspannungsschutz ist nur dann wirksam, wenn neben den energietechnischen Systemen auch die Telekommunikations-und Datenleitungen mit einbezogen werden. Um eine hohe Übertragungsqualität zu sichern, ist die Auswahl hochwertiger Komponenten von größter Bedeutung. Überspannungsschutzgeräte müssen den Anforderungen der verwendeten Leistungsklasse entsprechen und zugleich niedrige Schutzpegel aufweisen. Literatur [1] Ackermann, G. (Hrsg.); Hönl, R. (Hrsg): VDE Schriftenreihe 119: Schutz von IT-Anlagen gegen Überspannungen [2] Holterhoff, M.; Schurwanz, J.: Anforderung an Überspannungsschutzgeräte in Hochgeschwindigkeitsnetzwerken der Klasse EA bzw. CAT 6A [3] Tagungsband zur Blitzschutzkonferenz Neu-Ulm 2009 [4] Psiber Data Gmb H: Seminar LAN Verkabelung [5] IEC 61643-21:2002: Low voltage surge protective devices - Part 21: Surge protective devices connected to telecommunications and signalling networks - Performance requirements and testing methods [6] ISO/IEC 11801:2008 Adm. 1: Information technology - Generic cabeling fur customer premises [7] IEEE 802.3af: Power-over-Ethernet (PoE) [8] EN 50173-3:2007: Informationstechnik - Anwendungsneutrale Kommunikationskabelanlagen - Teil 1: Allgemeine Anforderungen [9] IEC 62305-4:2006 (DIN VDE 0185-305 Teil 4): Protection against lightning - Part 4: Electrical and electronic systems within structures M. Holterhoff Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 2 152 AUS DER PRAXIS Messprotokoll einer erfolgreichen NEXT-Messung a) Überspannungsschutz in einem Netzwerk b) Schutz direkt am Endgerät Quelle: OBO Bettermann

Autor
  • M. Holterhoff
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