Motoren und Antriebe
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Elektrotechnik
Gleichstromantriebe behaupten sich in der Antriebstechnik
ep6/2001, 2 Seiten
Drehzahlvariable Antriebe Automatisierte Industrieanlagen benötigen zwangsläufig drehzahlvariable Antriebe. Zwei Möglichkeiten stehen zu ihrer Realisierung zur Verfügung: · Drehstromantriebe, bestehend aus Frequenzumrichter und Drehstromasynchronmotor · Gleichstromantriebe, bestehend aus Gleichrichter und Gleichstrommotor. Früher galten Gleichstromantriebe als Standardlösung für die Drehzahlstellung. Vor allem im unteren und mittleren Leistungsbereich werden sie durch die Drehstromausführung verdrängt. Nach wie vor besitzen Gleichstromantriebe aber ihre Bedeutung für viele Anwendungen (Neu- und Ersatzinvestitionen). Zu ihren Vorteilen zählen: · einfaches und übersichtliches Regelverhalten · großer Stellbereich · hohe Regeldynamik verbunden mit guter Laufruhe · geringe Verluste. Im Vergleich zu Drehstromantrieben werden als Nachteile immer wieder die Installation und Inbetriebnahme sowie ein erhöhter Wartungsaufwand angeführt. Das zusätzliche Stellglied für den Feldkreis erhöht den Installationsaufwand. Der erhöhte Wartungsaufwand wird durch den Verschleiß der Bürsten verursacht. Für beide Probleme gibt es Lösungen, wie im Folgenden am Beispiel der Gleichstromrichter-Baureihe DCS 400 erläutert wird (Tafel ). Motoren mit hoher Leistungsfähigkeit und geringem Wartungsbedarf verbessern die Situation weiter. Aufbau des Gleichstromantriebs Als Stellglieder für Antriebsleistungen größer 10 kW dienen seit vielen Jahren netzgeführte Thyristorstromrichter in Sechpuls-Brückenschaltung. Eine einzige Ventilgruppe (Einrichtungsstromrichter) erlaubt die Arbeit im ersten Quadranten des Drehzahl-Drehmomenten-Kennlinienfeldes. Mit dem Umkehrstromrichter aus zwei antiparallel geschalteten Sechpuls-Brücken kann der Antrieb die Arbeitspunkte in allen vier Quadranten erreichen. Abschaltbare Leistungshalbleiter werden in der Regel nicht eingesetzt, da die damit erzielte höhere Regeldynamik und die verbesserte Netzfreundlichkeit die zusätzlichen Kosten nicht aufwiegen. Regelung, Steuerung und Schutz erfolgen heute volldigital, was die Integration in Automatisierungssysteme erleichtert, z. B. über gängige Feldbusse. Bis etwa 1 MW Motorleistung wird zur Versorgung der Feldwicklung eine halb- oder vollgesteuerte, ebenfalls netzgeführte Zweipuls-Brückenschaltung mit Thyristoren bzw. Dioden verwendet. Unterhalb 500 kW Antriebsleistung ist der Stromrichter meistens im gleichen Gehäuse mit dem Ankerstromrichter untergebracht. Erst größere Leistungen benötigen separate Einrichtungen. Der Anschluss des Gleichstromantriebs bzw. seines Stromrichter-Stellgliedes an das Netz erfolgt über einen separaten Transformator (größere Leistungen) oder über Netzdrosseln (kleinere Leistungen). Sie reduzieren kommutierungsbedingte Spannungseinbrüche soweit, dass benachbarte Verbraucher und Netzeinspeisungen nicht gestört werden. Auch der Feldsteller benötigt Netzdrossel bzw. Transformator. Letzterer wird auch zur Spannungsanpassung genutzt, um den Leistungsfaktor zu verbessern. Neues Feldstellerkonzept Als Nachteil zeigt sich beim klassischen Aufbau der separate Anschluss von Anker- und Feldstromrichter. Die Integration der Regelungs-, Steuerungs- und Schutzfunktionen der beiden Elektropraktiker, Berlin 55 (2001) 6 498 Report Gleichstromantriebe behaupten sich in der Antriebstechnik Gleichstromantriebe werden wegen ihrer deutlich verbesserten Eigenschaften in vielen Anwendungen des Maschinen- und Anlagenbaus weiterhin eingesetzt. Ein moderner, stromrichtergespeister Gleichstromantrieb ist einfach in der Bedienung, kompakt im Aufbau und besitzt geringen Wartungsaufwand. Regelung, Steuerung, Schutz 2 1 Netzanschluss Ankerstromrichter Feldstromrichter Stromrichtereinheit CDC Motor Ankerwicklung Feldwicklung Thyristor-Feldstromrichter IGBT-Feldsteller EMV-Filter PC + Tool oder SPS Bedienpaneel DCS 400 Steuerelektronik Netzteil 115... 230 V AC serielle Schnittstellen Ein-/Ausgänge Thyristoransteuerung Feldregelung 115... 230 V AC Feldversorgung RS232 (optisch) Feldbus Modul Feldbus zur SPS Digitalein-/-ausgang, 24 V; keine galvan. Trennung Analogausgang; 11 Bit + Vorzeichen Relaisausgang; 250 V AC, 3 A Analogeingang; 11 Bit + Vorzeichen 230...500 V Anschlusspunkte/Schnittstellen des neuen Antriebsstromrichters der Reihe DCS 400 (Quelle: ABB) Ankerleistung Ankerstrom Feldstrom Abmessungen (400 V Eingangsspannung) in kW in A in A (HxBxT in mm) 10 25 0,1 ... 4 310 x 270 x 200 21 ... 58 50 ... 140 0,1 ... 6 310 x 270 x 200 83 ... 108 200 ... 260 0,3 ... 16 310 x 270 x 270 145 ... 232 350 ... 550 0,3 ... 16 400 x 270 x 310 282 ... 415 680 .. 1000 0,3 ... 20 580 x 270 x 345 Tafel Technische Daten der Baureihe DCS 400 Prinzipschaltbild des Feldstellers Spannungsverlauf an der Feldwicklung des Gleichstrommotors oben: Speisung durch bisherige Feldstromrichter unten: Speisung durch den neuen Feldsteller uF Feldspannung uF Schwankung der Feldspannung Stromrichter ist möglich, hängt aber von der Ausführung ab. Die Schaltung (Bild ) vermeidet diesen Mangel, wenn der Ankerstromrichter in bewährter Weise aufgebaut ist. Dazu wird für das Feldstellglied erstmals ein bipolarer Transistor mit isoliertem Gate (IGBT) als aktives Schaltelement eingesetzt. Der als Tiefsetzsteller (1) ausgeführte Feldstromrichter ist über eine Sechspuls-Diodenbrücke (2) geräteintern parallel zum Ankerstromrichter angeschlossen. Ausgangsseitig sorgt ein LC-Filter (3) für eine oberschwingungsarme Feldspannung (Bild unten). Die Regelung von Feldspannung und -strom sowie die zugehörigen Steuerungs- und Schutzfunktionen auf der Erregerseite sind vollständig in die Informationselektronik des Ankerstromrichters integriert (4). Ein Kondensator (5) glättet zusätzlich die Eingangsspannung und dämpft transiente Überspannungen. Mit diesem Feldsteller konnte erstmals das vom Drehstromantrieb bekannte Anschlusskonzept für den Gleichstrom-Antriebsstromrichter realisiert werden. In diesem Falle lautet es „Drei Leitungen rein - vier Leitungen raus“. Bild verdeutlicht die Möglichkeiten zur Einbettung des Antriebs in die überlagerte Maschinen- oder Anlagensteuerung. Der Anwender muss sich über die Installation des Feldstromrichters keinerlei Gedanken mehr machen, zumal ein sehr weiter Stellbereich für Eingangs- und Ausgangsspannungen zur Verfügung steht. Da Ankerstromrichter und Feldsteller vollständig in ein Gerät integriert sind, vereinfacht sich die Inbetriebsetzung wesentlich. Zusätzlich senken weitere Maßnahmen den Aufwand bei der Inbetriebnahme auf Werte unter 15 Minuten. Dazu gehören: · Selbstinbetriebnahme der drei Regler für Ankerstrom, Drehzahl und Feldstrom · Geführte Inbetriebnahme mit Hilfe eines Bedienpanels oder mit Hilfe eines auf einem Notebook lauffähigen, zugeschnittenen Programmes (Commissioning Wizard). Bei diesem Vorgang wird der Anwender aufgefordert, Maschinenparameter des Typenschildes einzugeben. Anschließend erfolgt die stufenweise Inbetriebnahme des Antriebs mit Hilfe der Funktionen für die Reglerselbstinbetriebnahme. Mit der Anpassung des Antriebs (bzw. seiner Informationsverarbeitung) an die Schnittstelle zur Maschinen- oder Anlagensteuerung (konventionell parallel oder über einen Feldbus) endet die Inbetriebsetzung. Steigerung der Bürstenstandzeiten Je größer die Bürstenstandzeit ist, also die Lebensdauer einer Bürste, desto länger werden die Wartungsintervalle. Die Wartungskosten sinken. Heute werden bereits Werte bis etwa 15000 Stunden erreicht. Sie kommen damit in den Bereich der Wartungsintervalle von Lagern. Diese Eigenschaft ist einerseits auf die verbesserten mechanischen Eigenschaften des Kommutators zurückzuführen. Andererseits besteht ein Zusammenhang zwischen der Qualität der Spannung an der Feldwicklung und der Standzeit der Bürsten. Wesentlich reduzierte Welligkeit in der Feldspannung, die der neue Feldsteller erzeugt (Bild unten), vermindert die Belastung der Bürsten während der Kommutierung des Ankerstroms. Als Folge steigt die Bürstenstandzeit. Diese gut geglättete Feldspannung ermöglicht den Einsatz des neuen Gleichstromantriebs im wirtschaftlich bedeutsamen Geschäft der Ersatzinestitionen. Anwendung bei Ersatzinvestionen Bei Ersatzinvestitionen werden veraltete Gleichstromantriebe mit analoger Informationsverarbeitung durch moderne digitale Systeme ersetzt. Gleichzeitig verbindet sich damit meistens die Erneuerung des Automatisierungssystems der Maschine bzw. der Anlage, in das sich dann das neue Digitalsystem optimal einfügt. Der Gleichstrommotor wird weiter verwendet bzw. überholt. Die kompakte und hinsichtlich seiner Abmessungen minimierte Bauform bzw. -größe erleichtert die Installation des digitalen Stromrichters im vorgebenen Raum. Dass sich das System DCS 400 in der Praxis bewährt hat, kann man am Beispiel von Extrudern belegen. Hier kommt der Gleichstromantrieb insbesondere wegen seiner hohen Überlastfähigkeit (Losbrechmoment), des weiten Drehzahlstellbereichs und der guten Drehzahlgenauigkeit zum Einsatz. G. Lipphardt Elektropraktiker, Berlin 55 (2001) 6 Report Besuchen Sie uns auf der ELTEC in Halle 7, Stand 212
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Autor
- G. Lipphardt
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