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Blitz- und Überspannungsschutz | Elektrotechnik

Ganzheitliche Betrachtung statt Einzelmaßnahmen

ep3/2007, 2 Seiten

Im Gespräch mit der ep-Redaktion erläutert Reiner Linder, Verkaufsleiter Überspannungsschutz bei Weidmüller, die seit Oktober 2006 gültigen Blitzschutznormen und eine neue Generation von Klasse-II-Ableitern.


ep: Nach den neuen DIN-EN-Normen sind Überspannungsschutzgeräte Teil eines vollständigen Schutzsystems. Linder: Das stimmt, aus den verschiedenen Schutzsystemen wie Erdung, Potentialausgleich, räumliche Schirmung, Leitungsführung und -schirmung sowie koordinierter Überspannungsschutz lässt sich ein individuelles Schutzsystem aufbauen. Isoliert betrachtete Einzelmaßnahmen entsprechen nicht der ganzheitlichen Blitzschutznorm. Jedoch müssen Überspannungsschutzgeräte sich harmonisch und flexibel in ein Blitzschutzzonenkonzept integrieren lassen. Das ist bei der Vielzahl an Normen eine echte Herausforderung. ep: Bei der Vielzahl an einschlägigen Normen für Blitzschutzkonzepte fühlen sich Elektrofachkräfte heute manchmal überfordert. Linder: Bei Normen besteht kein rechtlicher Zwang, sie anzuwenden. Allerdings werden sie verbindlich wie Gesetze, wenn in diesen oder aber in BG- oder Unfallverhütungsvorschriften auf sie verwiesen wird. Sie entsprechen dann den „Allgemein anerkannten Regeln der Technik“. Sehr relevant sind Normen bei der straf- oder haftungsrechtlichen Beurteilung. Die „fahrlässige Unterlassung“ vermeidet derjenige, der sich an die Normen hält. Auch im Zuge der europäischen Harmonisierung schaffen Normen einen sicheren, zuverlässigen Rahmen. Die Vornormenreihe VDE V 0185, Teil 1 bis 4, gelten mit einer Übergangsfrist bis 10/2008. Damit können begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Projekte entsprechend der Vornormen parallel zu den neuen Normen Anwendung finden. Generell gilt aber, dass die Wahl einer geeigneten Schutzmaßnahme stets einer detaillierten Risikoanalyse nach DIN EN 62305-2 bedarf. Hier gibt es entsprechende Software, die nach Angaben des DKE-Komitees K251, bald auch die neuen Erfordernisse mit einbezieht. ep: Oft wird mit den reinen Produktkosten beim Überspannungsschutz argumentiert. Linder: Sie sprechen ein wichtiges Thema an. Hersteller von Komponenten für den Überspannungsschutz bieten einen umfassenden Service, einschließlich kompetenter Beratung. Elektrofachkräfte sollten also stets das gesamte „Package“ betrachten, das sie mit dem Lieferanten „einkaufen“. Das heißt, die Beratung, die Lebenszykluskosten und der After-Sales-Service sind entscheidend. „Billig“ ist nicht gleich „günstig“. ep: Gilt es nun, unmittelbar nachzurüsten? Linder: Unter rechtlichen Gesichtspunkten müssen alle Blitzschutzkomponenten dem aktuellen „Stand der Technik“ entsprechen. Bei Neuanschaffungen und Änderungen im Blitzschutzkonzept sollte auf aktuelle Normen Bezug genommen werden. Ein hektisches, übereiltes Nachrüsten ist aber damit nicht gemeint. Um präzise auf Ihre Frage zu antworten: Eine Nachrüstung von Anlagen ist nicht erforderlich, es sei denn, vom Gesetzgeber oder von Unfallversicherungsträgern wird dies ausdrücklich gefordert. Unsere deutschen Fachkräfte haben seit 2002 durch die Vornormenreihe VDE V 0185 1-4 schon Erfahrungen gesammelt, das vereinfacht ihr Geschäft und macht sich im europäischen Umfeld bezahlt. ep: Worin zeichnen sich Ihre neuen PU-II-Ableiter besonders aus? Linder: Unsere selbstüberwachenden Überspannungsableiter der Klasse II gibt es wahlweise als 1-,2-,3-, oder 4-polige Ableiter mit oder ohne Fernmeldekontakt. Ein besonderes Merkmal ist, dass sich die PU-II-Geräte um 180° drehen lassen. Das drehbare Unterteil erlaubt die variable Installation des Leiteranschlusses - von oben oder von unten. Der Ableiter ist also stets korrekt einsetzbar. Gleichzeitig erhöht eine kurze Leitungsführung die Schutzwirkung. In den Multikontaktklemmen lassen sich handelsübliche Querverbindungsbrücken einsetzen. Dadurch entstehen kurze Verbindungen zu weiteren Reiheneinbaugeräten und die angesprochene erhöhte Schutzwirkung. Alle PU-II-Ableiter überwachen die Schutzfunktion automatisch. Sie wird frontseitig am Gerät angezeigt (grün/rot) und ebenso per Fernmeldekontakt (Wechsler) signalisiert. Optional ist auch eine Verschleißanzeige - grün/gelb/ rot - zum Monitoring und vorbeugenden Wartung erhältlich. Die Farbe „grün“ visualisiert die uneingeschränkte, hundertprozentige Schutzfunktion. Ein Austausch des Ableiters wird empfohlen, wenn „gelb“ aufleuchtet. „Rot“ signalisiert einen defekten Ableiter, der sofortige Austausch ist notwendig. Diese Verschleißanzeige erhöht den Schutz und damit die Anlagenverfügbarkeit. Wenn schon die rote Anzeige sichtbar ist, steht die Verbraucheranlage ohne Schutz da. Nach unseren Umfragen werden Anwender diese Funktion schnell zu schätzen wissen. Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 3 238 AUS DER PRAXIS Nachgefragt Ganzheitliche Betrachtung statt Einzelmaßnahmen Im Gespräch mit der ep-Redaktion erläutert Reiner Linder, Verkaufsleiter Überspannungsschutz bei Weidmüller, die seit Oktober 2006 gültigen Blitzschutznormen und eine neue Generation von Klasse-II-Ableitern. Seminare zu diesen Klasse-II-Ableitern gibt es in den kommenden Wochen in diesen Städten: 08.03. in Leipzig, 20.03. in Passau, 22.03. in Saarbrücken, 26.04. in Kempten, 08.05. in München, 10.05. in Berlin, 24.05. in Köln, 05.06. in Bremen, 12.06. in Hannover, 19.06. in Nürnberg, 21.06. in Dortmund. Die neuen Blitzschutznormen DIN EN 62305-1...4 (VDE 0185-305-1...4) gelten seit 1. Oktober 2006. Sie bestehen aus vier Teilen: 1 Allgemeine Grundsätze 2 Risiko-Management 3 Schutz von baulichen Anlagen und Personen 4 Elektrische und elektronische Systeme in baulichen Anlagen. In Deutschland wurde die Blitzschutznormung bereits 2002 umgestellt, diese Vornormen wurden 2004 und 2005 berichtigt und ergänzt. Die nun geltenden Normen sind auf internationaler (IEC) und europäischer (Cenelec) Ebene gleichermaßen mitentwickelt und angenommen worden. Die Normung zu Bauteilen (Reihe VDE 0185 Teile 200 ff.) und zu Überspannungsschutzgeräten (Reihe VDE 0675) werden nur als Grundregeln erläutert und ansonsten auf die einschlägigen Normen verwiesen. Der koordinierte SPD-Schutz (surge protective device) wird in den neuen Blitzschutznormen als ganzheitliche Schutzmaßnahme betrachtet und nicht mehr als Potentialausgleich an jeder Blitzschutzzonengrenze einzeln behandelt. Bei der Anwendung neuer Produkte zum Überspannungsschutz gilt es als Installateur und Betreiber zu prüfen, ob sie den neuen Normen entsprechen. Viele Hersteller haben bereits Produkte im Programm, die uneingeschränkt den neuen Blitzschutznormen entsprechen. Hintergrund - Neue Blitzschutznormen Reiner Linder EP0307-235-241 20.02.2007 11:09 Uhr Seite 238 Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 3 239 Mit der PU-II-Familie hat die Fa. Weidmüller einen Ableiter der Klasse II (Typ 2, C-Ableiter) entwickelt. Die kompakten 1-, 2-, 3- und 4-poligen Ausführungen sind ausgelegt für Stromversorgungen in der Gebäude- und Industrieinstallation, beispielsweise für Applikationen im Büro-und Industriegebäude, im Maschinenbau, der Prozessindustrie oder der Wassergewinnung. Je nach Netzsystem (TN-C-S, TN-C, TN-S, TT oder IT) und Systemspannung der Anlage werden die Schutzmodule für alle gängigen Wechsel- und Gleichspannungsanwendungen angeboten. Zweite Stufe im Schutzkonzept Beim Blitzschutzzonenkonzept kommen SPD (surge protective device) an den Grenzen der Blitzschutzzonen und an zu schützenden Geräten zum Einsatz. Sie sind für die an ihrem Einbauort auftretenden Bedrohungsgrößen auszulegen und es gilt, sie untereinander sowie mit den zu schützenden Endgeräten zu koordinieren. An weiterführenden Zonengrenzen (innere Zonen) sind SPD der Typen II oder III zu installieren. Der Ableiter PU II kommt beispielsweise in einer Niederspannungsversorgung in der Unterverteilungsebene zum Einsatz. Innerhalb des 3-stufigen Schutzkonzeptes stellt er die 2. Schutzstufe dar (LPZ 2 und höher, lightning protection zone). Der Ableiter bietet Schutz sowohl gegen in Leiterschleifen induzierte Überspannungen atmosphärischen Ursprungs als auch gegen Schaltüberspannungen, die in der eigenen Verbraucheranlage entstehen. Entsprechend den Schutzanforderungen werden die Ableiter nach der höchst zulässigen Dauerspannung (Uc), dem Schutzpegel (Up), sowie dem Ableitvermögen (In) für die Impulszeit 8/20 s ausgewählt. Zusatzfunktionen Die Geräte haben einen schwarzen Sockel und orange-rote/ blaue Ableiter. Die Schutzelemente sind zweiteilig und zudem steckbar ausgeführt. Ein einfaches Ziehen der Schutzmodule erleichtert die Arbeit bei der Isolationsmessung und beim Warten der Anlage. Hierzu dient die Ziehhilfe, ein praktisch konstruierter Ansatzpunkt für Schraubendreher. Alle Schutzelemente sind kodiert. Die mechanische Kodierung verhindert ein fehlerhaftes Stecken der Ersatzableiter bei unterschiedlichen Nennspannungen. Eine korrekte Spannungskodierung wird zudem durch eine gut lesbare Beschriftung sichergestellt. Denn sowohl das Basisteil als auch das Schutzmodul besitzen einen frontseitigen Markierungskanal zur Betriebsmittelkennzeichnung mit Standardmarkierern aus dem Reihenklemmenprogramm. Zudem haben die Geräte außen liegende Multikontaktklemmen für Leiter und Kammschienenanschluss, ermöglichen also ein einfaches Querverbinden der Potentiale PEN/PE oder N. Weitere Merkmale der Zinkoxidvaristorableiter sind die optional erhältliche Verschleißanzeige (EWS) und die leckstromfreie Ausführung (LCF). Durch die Kombination von Varistor und Funkenstrecke sind die Ableiter gänzlich leckstromfrei und lassen sich somit auch im Vorzählerbereich einsetzen oder in Anlagen mit permanenter Isolationsüberwachung. Neue Klasse-II-Ableiter Einfaches Stecken und Ziehen der Schutzelemente erleichtert die Arbeit bei der Isolationsmessung und beim Warten der Anlage EP0307-235-241 20.02.2007 11:09 Uhr Seite 239

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