Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)
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Elektrotechnik
Errichtung baubiologischer Elektroanlagen
ep11/2006, 7 Seiten
Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 11 EMV FÜR DIE PRAXIS Definition von Elektrosmog Gemäß der Definition handelt es sich bei dem Begriff Elektrosmog um eine Zusammensetzung aus den beiden Wörtern Elektro und Smog. Der Begriff Smog setzt sich wiederum aus den zwei englischen Begriffen „Smoke“ (Rauch) und „Fog“ (Nebel) zusammen - hat also etwas Geheimnisvolles und Nebulöses. Naturwissenschaftlich, technisch betrachtet, lässt sich das Phänomen Elektrosmog aber mit den Gesetzen der Elektrodynamik erklären, die bereits in den Jahren 1861 bis 1864 von J. C. Maxwell als Zusammenhänge zwischen Elektrizität und Magnetismus beschrieben wurden. Deren Inhalt sagt sinngemäß Folgendes aus: 1. Von positiven elektrischen Ladungen gehen positive elektrische Feldlinien aus, die an negativen Ladungen enden. Dies bedeutet, die elektrischen Ladungen sind die Quellen des elektrischen Feldes (Coulombsches Gesetzt). 2. Jeder elektrische Strom ist von geschlossenen magnetischen Feldlinien umgeben. 3. Die Feldlinien der magnetischen Flussdichte sind in sich geschlossen, d. h., es gibt keine isolierten Magnetpole. 4. Jedes zeitlich veränderliche Magnetfeld ist von geschlossenen Feldlinien umgeben (Induktionsgesetzt). Demzufolge handelt es sich hier also keineswegs um „Strom-Esoterik“ sondern um klar definierte physikalische Vorgänge. Dies sollte dem potentiellen Kunden auch unmissverständlich dargestellt werden. Er erhält eine Elektroanlage, die zwar durchaus etwas teurer als die konventionelle Technik ist, jedoch nachweislich eine feldarme und biologischen Vorsorgewerten entsprechende Installation ergibt. Dies lässt sich durch eine fachkundige Planung sowie durch Einsatz aller heutigen technischen Möglichkeiten realisieren. Ich empfehle als Zielsetzung die in der Tafel dargestellten Grenzwerte für eine biologische Elektrotechnik anzusetzen. Die Umsetzung von biologischen Vorsorgewerten in eine feldarme Elektrotechnik kann durch vorausschauende, fachkundige Planung, Nutzung der technischen Möglichkeiten sowie durch den Einsatz moderner Betriebsmittel und Abschirmprodukte realisiert werden. Demnach werden in der Praxis generell folgende drei Maßnahmen kombiniert: · Feldreduzierung, · Feldabschaltung, · Feldabschirmung. Errichtung baubiologischer Elektroanlagen H. Moritz, Würselen Besorgte Kunden konfrontieren Elektroinstallateure derzeit immer öfter mit Anfragen nach feldarmer Elektrotechnik, die aber wegen Unkenntnis oder aus Angst vor neuen Messmethoden und Techniken abgeblockt werden. Dies ist unnötig, da Elektrotechniker die Zusammenhänge zwischen Strom und Spannung sowie daraus resultierende elektrische und magnetische Felder kennen. Im Beitrag erhalten aufgeschlossene Fachleute grundlegende Hinweise für die Ausführung baubiologisch verträglicher Elektroanlagen. Autor Elektromeister Harald Moritz ist Elektrosmog-Experte, freier Dozent für Elektrotechnik und Inhaber eines Elektrobetriebs, Würselen. Tafel Baubiologische Vorsorge-Grenzwerte Quelle Elektrisches Feld Magnetisches Feld Bemerkung König/Folkerts 50 V/m 1 T „Elektrischer Strom als Umweltfaktor“ (Bereits von 1997) TCO/MPR < 10 V/m < 0,2 T gilt nur für Bildschirme Standard baubiolog. tagsüber: 10 V/m tagsüber: 0,1 T technisch schwer zu Messtechnik 2000- nachts: 1 V/m nachts: 0,02 T realisieren Bundesverband gegen tagsüber: 10 V/m tagsüber: 0,1 T siehe SBM 2000 Elektrosmog e. V. nachts: 1 V/m nachts: 0,02 T Autor (H. Moritz) 2004 tagsüber: 10 V/m tagsüber: 0,1 T realistische Werte nachts: 20 V/m nachts: 0,02 T EP1106-943-949 19.10.2006 11:58 Uhr Seite 943 Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 11 FÜR DIE PRAXIS Elektromagnetische Verträglichkeit Anlage. Dies wird vom Kunden stets positiv aufgenommen. Der Vorzug für einen Elektrounternehmer, der die Anlage installiert, liegt z. B. darin, dass Arbeiten, die von einem objektiven Planer empfohlen werden, meist sofort mit beauftragt werden und nicht mehr eigens erklärt und begründet werden müssen. Sicherlich ist auch der Mehrertrag einer baubiologischen Elektroanlage ein zusätzlicher, positiver, betriebswirtschaftlicher Aspekt. Planungsüberlegungen Grundsätzlich sind Planungsüberlegungen vor der Errichtung einer baubiologischen Elektroanlage durchzuführen. Dies könnte in Form einer Checkliste erfolgen, bei der sich meines Erachtens die nachstehende, in Abschnitte unterteilte, Vorgehensweise bewährt hat: 1. Messungen · Vor Beginn der Arbeiten · Nach Abschluss der Elektroinstallation 2. Architektur/Grundrissgestaltung · Lage der Schlafräume · Lage der Ruhezonen 3. Hausanschlüsse und Anordnung der Hauptversorgung: 3.1 Allgemeine Versorgung · Gas · Wasser · Abwasser · Fernwärme · TK-/BK-Anlage 3.2 Elektrische Energie-Versorgung · Hausanschlusskasten · Zählerplatz · Hauptzuleitung · Steigeleitungen · Wohnungs-/Unterverteilung 4. Leitungen · Netzform · Auswahl der Kabel/Leitungen · Auswahl der elektrischen Betriebsmittel · Leitungsverlegung 5. Betriebsmittelauswahl · Leuchten · Geräte 3.1 Architektur/Grundrissgestaltung Bereits bei der Grundrissgestaltung sollte der Elektrofachmann mit in den Entscheidungsprozess einbezogen werden. Schlaf- und Kinderzimmer sowie Ruhebereiche dürfen nicht in der Nähe von Hausanschlusskästen, Hauptzuleitungen, Zählerplätzen, Unterverteilungen, Steigeleitungen und Induktivitäten geplant werden, da hier die größten Magnetfelder zu erwarten sind. Auch in der Nähe von Heizungsanlagen, Wärmepumpen, Klimaanlagen, Lüftungen und Warmwasserspeichern sollten Schlafräume und Ruhezonen aus diesem Grund nicht geplant werden. 3.2 Hausanschlüsse Alle Hausanschlüsse sowie die elektrische Energieversorgung, sollten nach Möglichkeit an der selben Stelle in ein Gebäude eingeführt werden (Bild ). Danach sind diese auf kürzestem Weg miteinander und mit der Hauptpotentialausgleichschiene zu verbinden. Da kein Gebäude isoliert zu betrachten ist, sondern stets mit anderen vernetzt, werden auf diese Weise vagabundierende Ströme sowie Ausgleichströme zwischen leitfähigen Gebäudesystemen und anderen benachbarten Gebäuden vermieden - eine entscheidende Forderung an die EMV-konforme Ausführung zukunftsweisender Elektrotechnik. Bei dieser Forderung stehen leider nicht in erster Linie die Belange des Menschen im Vordergrund, sonder der fehler- bzw. störungsfreie Betrieb der Technik. In letzter Konsequenz reduzieren diese Maßnahmen allerdings auch den Elektrosmog, der auf den Organismus der Benutzer einwirkt. 3.3 Netzform Netzformen mit Erdungsverbindung sind günstig für eine biologische Elektroanlage, da hier auftretende elektrische Felder sofort auf Erdpotenzial gebracht und so abgeleitet werden. Somit sind TT- und TN-S-Systeme am besten geeignet. TN-C-Systeme sollten vermieden werden, da im PEN-Leiter bzw. N-Leiter ebenfalls Ströme fließen. Idealerweise sollte daher also schon von Seiten des Verteilungsnetzbetreibers ein TN-S-Netz bereitgestellt werden. Spätestens ab dem Hausanschlusskasten muss ein TN-S Netz ausführt sein. Diese For- Bedeutung der baubiologischen Installation Es sei nochmals bemerkt, dass baubiologische Elektroanlagen, in denen die Belastung durch Elektrosmog nur sehr gering ist, durchaus von Bedeutung sind. Denn schließlich ist Umweltschutz in der heutigen Zeit ein hohes Ziel - und dazu gehört natürlich auch der Schutz von Menschen vor den Auswirkungen elektrischer Energie. Da auch bei den feldarmen Anlagen alles den elektrotechnischen und physikalischen Gesetzmäßigkeiten unterliegt, müssen Elektrofachkräfte keine Berührungsängste vor dem Thema haben. Der Autor und wohl auch einige andere Kollegen, die bereits über Erfahrungen auf dem Gebiet der baubiologischen Elektrotechnik verfügen, bieten Neueinsteigern bei ihren ersten Aufträgen sicher unterstützende Hilfe an bis man mit der Thematik vertraut ist. In der Praxis sieht es häufig so aus, dass die erfahrenen Kollegen meistens die Messungen und Planungen durchführen. Anschließend erhält der ausführende Elektroinstallateur dann einen Leistungskatalog über die zusätzlichen Arbeiten bei der Ausführung einer feldarmen HÜP Hausanschlussraum Straßenseite Hausanschlusskasten PAS 100 A TK-Anlage Telefon Strom Gas Wasser IP54 Fundamenterder Zentrale Einführung aller Hausanschlüsse in einen Hausanschlussraum Quelle: H. Moritz EP1106-943-949 19.10.2006 11:58 Uhr Seite 944 derung besteht im Übrigen auch für EMV gerechte Installationssysteme, also für die technischen Anforderungen an eine EMV-konforme Anlage. Die Probleme, die in Zukunft durch EMV entstehen, werden wohl sicherlich nicht geringer, so dass auch für den störungsfreien technischen Betrieb einer Elektronlage idealer Weise ein TN-S Netz gewählt werden sollte. Symmetrische Netzauslastung und die Möglichkeiten der Kompensation müssen genutzt werden, um einen Wirkleistungsfaktor nahe 1 zu realisieren. Dies sollte für fachkundige Elektroinstallateure selbstverständlich sein, und wird meist auch in den technischen Anschlussbedingungen (TAB 2000) der Verteilungsnetzbetreiber (VNB) vorgeschrieben. Ebenso ist auch die Art der Leitungsverlegung entscheidend für die Höhe des magnetischen Feldes. Die magnetische Feldstärke ist stromabhängig. Daher ist eine sternförmige Leitungsverlegung in Wohn- und Schlafräumen sowie in Ruhezonen sinnvoll, denn dadurch fließen in den Leitungen zu den einzelnen Verbrauchern (Steckdosen und Leuchten) nur noch Teilströme. Die Verteilungsstelle (Abzweigdose) sollte möglichst weit von Schlaf- bzw. Ruheplätzen eingeplant werden. Innerhalb der Schlafräume lassen sich bei der Neuplanung zur Vermeidung von Elektrosmog installationsfreie Zonen mit einem Radius von etwa einem Meter um Ruhezonen und Schlafplätze, insbesondere um den Kopfbereich einrichten (Bild ). Hierbei sind allerdings auch Boden- und Deckenflächen sowie die Rückseiten der umgebenden Wände mit einzubeziehen, denn die Feldlinien des magnetischen Feldes durchdringen die Bausubstanz nahezu ungedämpft. Da sich die Feldlinien magnetischer Felder gegenseitig stark beeinflussen und unter bestimmten Voraussetzungen (symmetrische Belastung, Anordnung der Leiter zueinander) sogar aufheben, sind Mantelleitungen den Aderleitungen in Schutzrohr oder gar Stegleitungen vorzuziehen. Auch die Isolation von Mantelleitungen ist mechanisch stabiler, so dass keine zusätzlichen Felder durch Beschädigungen der Isolation hervorgerufen werden, wie sie bei Stegleitungen in der Praxis häufiger vorkommen. Ideal zur Reduzierung elektrischer Felder sind abgeschirmte Leitungen. So kann an Stelle einer NYM-J-Leitung z. B. eine NYM-ST-J-Leitung (abgeschirmte Mantelleitung mit statischem Schirm) eingesetzt werden. Dies ist allerdings nur für einen Teil der Leitungen sinnvoll, wenn eine Abschaltung der sensiblen Stromkreise nicht durchgeführt und kein ausreichender Abstand eingehalten werden kann. Die Abschirmung muss an beiden Seiten angeklemmt und mit Erdpotenzial verbunden sein. Grundsätzlich ist Feldvermeidung sinnvoller als Feldreduzierung. Eine zeitgemäße Alternative zur Feldreduzierung ist der Einsatz eines EIB-Bussystems, da von dessen Schaltaktoren ausschließlich die Betriebsströme angeschlossener Verbraucher ausgehen. Busleitungen für die Steuerung des Systems führen Gleichspannung und sind daher medizinisch als unbedenklich anzusehen. Damit eröffnet sich dem Elektroinstallateur vielleicht auch die Möglichkeit, seinem Kunden ein hochwertiges EIB-Bussystem, zumindest für einzelne Bereiche, anzubieten. Dieses lässt sich bei Bedarf erweitern und auch seine Nutzungsmöglichkeiten können individuell angepasst werden. Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 11 Kinderzimmer Bad Wohnzimmer Flur Küche Esszimmer Schlafzimmer installationsfreie Wände/Bereiche für den Einsatz bei Netzfreischaltrelais (ohne Freischaltung) (mit Freischaltung) (mit Freischaltung) Grundriss zur Planung einer Anlage mit installationsfreien Zonen kombiniert mit dem Einsatz von Feldfreischaltern Quelle H. Moritz EP1106-943-949 19.10.2006 11:58 Uhr Seite 945 3.4 Betriebsmittelauswahl Geräte der Schutzklasse II (Schutzerdung) leiten über den Schutzkontakt der Steckdosen bzw. über die PE-Klemme elektrische Felder ab und sind aus baubiologischer Sicht eine Möglichkeit, die elektrische Feldstärke auf ein Minimum zu reduzieren. Allerdings sollte dies auf sensible Bereiche beschränkt bleiben, da die elektrische Sicherheit grundsätzlich Priorität vor einer Feldreduzierung haben muss. Bei Leuchten bieten sich ebenfalls Geräte der Schutzklasse II an. Grundsätzlich sollte ein baubiologisch orientierter Elektrotechniker Niedervolt-Lichtsysteme vermeiden. Deren Ströme von Primär-/Sekundärseite verhalten sich umgekehrt proportional zu den elektrischen Spannungen. Daraus ergibt sich beim Verhältnis von 230 V zu 12 V, wie bei Niedervoltleuchten üblich, eine etwa 20-fach höhere Stromstärke auf der Verbraucherseite. Die magnetische Flussdichte verhält sich direkt proportional zur Stromstärke. Daraus resultieren dann Magnetfelder, die zwanzig Mal größer sind als bei Leuchten, die mit 230 V Spannung betrieben werden. Bei Niedervolt-Seilsystemen ist durch den Abstand der beiden Leiter zueinander auf der Sekundärseite das magnetische Feld ebenfalls extrem hoch. Sie sind somit für eine biologische Elektroanlage auf keinen Fall zu empfehlen. Fast alle Hersteller bieten auch Halogenlampen gleicher Bauartgröße für Netzspannung AC 230 V an. Für den häufigsten Einsatzbereich der Einbaustrahler können als Alternative zum GX 5,3 Leuchtmittel für 12 V, Leuchtmittel wie GU 10 bzw. GZ 10 für 230 V gewählt werden. Ein weiterer Nachteil der NV-Systeme ist die Notwendigkeit der Verwendung von Vorschaltgeräten oder Trafos. Gewickelte Trafos erzeugen hohe magnetische Flussdichten und elektronische Vorschaltgeräte verursachen Oberwellen. Auch diese sind aus medizinischer Sicht zumindest umstritten, was ihre Wirkung auf den menschlichen Organismus angeht. Aus baubiologischer Sicht problematisch sind alle Induktivitäten, da diese für hohe magnetische Flussdichten verantwortlich sind. Daher sind auch Leuchtstofflampen mit gewickelten, konventionellen Vorschaltgeräten (KVG) gesundheitlich bedenklich. Ein entsprechender Abstand zum Vorschaltgerät der Lampe - hier hat sich in der Messpraxis ein Abstand von mindestens 1,5 m entwickelt - reduziert das magnetische Feld bereits auf einen verträglichen Wert. Der Einsatz von Leuchtstofflampen mit elektronischen Vorschaltgeräten (EVG) kann Abhilfe schaffen. Durch die Oberwellen, die bei elektronischen Vorschaltgeräten entstehen sind diese aus baubiologischer Sicht jedoch ebenfalls nicht ideal. Feldabschaltung Eine Abschaltung kann entweder manuell über konventionelle Schalter oder aber automatisch über Netzfreischalter (Netzabkoppler/ Feldfreischalter) erfolgen. Grundsätzlich ist hier zu bedenken, dass Emissionen nicht nur aus freischaltbaren Stromkreisen kommen, sondern auch durch benachbarte Leitungen und Verbraucher verursacht werden können, da Feldlinien die Bausubstanz unterschiedlich stark durchdringen. Während magnetische Felder praktisch ungedämpft durch Wände und Decken hindurch gehen, werden die elektrischen Felder durch die Bausubstanz mehr oder weniger stark gedämpft. Automatische Netzabkopplung. Stromkreise von Schlafräumen können nachts durch automatische Netzabkoppler (Netzfreischalter/ Feldfreischalter) von der Netzversorgung abgeschaltet werden (Bilder und ). Dies funktioniert allerdings nur, wenn sich in diesen Stromkreisen keine Dauerverbraucher befinden. Dadurch können dann während der Abschaltphase gar keine elektromagnetischen Felder entstehen. Es ist jedoch zu bedenken, dass Freischalter nur dann Sinn machen, wenn die elektromagnetischen Felder auch ausschließlich aus dem Stromkreis des (abgeschalteten) Schlafzimmers resultieren. Dies ist in der Praxis allerdings nur sehr selten der Fall, da Leitungen, die andere Stromkreise versorgen, häufig ebenfalls in der Wand, der Decke oder im Fußboden eines Schlafraumes installiert sind. Diese führen dann trotz Freischaltung zu einer oft nicht unerheblichen Restbelastung an Elektrosmog. Vor und nach dem Einsetzen von Freischaltern muss also unbedingt eine Messung der verbleibenden Feldstärke durchgeführt werden, um die Effizienz der Freischaltung zu prüfen. Hinzu kommt außerdem, dass ein Haus oder eine Wohnung nicht isoliert zu betrachten ist, sondern ebenfalls von Feldern der Nachbarschaft oder der Netzversorgungseinrichtungen belastet wird. Abschirmung Wenn weder Vermeidung, noch Abschaltung der elektromagnetischen Felder möglich sind, bzw. Emissionen von Außen auf ein Objekt einwirken, werden Abschirmungen erforderlich. Dafür gelten nachstehende Bedingungen: · Elektrische Felder lassen sich relativ leicht schirmen, · Magnetische Felder nur bedingt und unter sehr großem Aufwand, · HF-Felder unterliegen den optischen Gesetzmäßigkeiten und sind daher ebenfalls leicht abschirmbar. Das geeignete Schirmungsprodukt sollte nur durch einen erfahrenen Baubiologen oder baubiologischen Messtechniker ausgewählt werden. Die korrekte Verarbeitung, die Notwendigkeit und Ausführung einer Erdung sowie die Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 11 946 FÜR DIE PRAXIS Elektromagnetische Verträglichkeit N L Netzabkoppler L PE N Beispiel für einen Netzabkoppler Foto: Gigahertz-Solutions Anschlußschema eines Netzabkopplers Quelle: H. Moritz EP1106-943-949 19.10.2006 11:58 Uhr Seite 946 Prüfung der Wirksamkeit mit einer Protokollierung der realisierten Werte sind dabei zwingend erforderlich. Abschirmung sollte auch immer nur eine Notlösung oder die Ergänzung weiterer, zusätzlicher Maßnahmen darstellen, da so meist nur elektrische und HF-Felder reduziert werden und die magnetischen Felder nahezu unbeeinflusst bestehen bleiben. Grundsätzlich ist es stets zweckmäßiger, die Ursache zu beseitigen als an der Wirkung zu laborieren. Alle nachstehend genannten Maßnahmen stellen lediglich einige allgemeinverständliche Denkanstöße dar. Eine tatsächliche Bauplanung muss stets projektbezogen und unter Einbeziehung eines baubiologisch erfahrenen Elektrotechnikers durchgeführt werden, da durch nicht-fachmännisch ausgeführte Maßnahmen (z. B. bei der Erdung) häufig sogar ein Umkehreffekt auftreten kann und sich die Elektrosmogbelastungen noch erhöhen oder gar zu gefährlichen Berührungsspannungen führen können. Aus diesem Grund sollten großflächige, leitfähige Abschirmungen mit in den Potetialausgleich einbezogen werden. Desweiteren empfiehlt es sich auch, den Einbau eines FI-Schutzschalters (RCD) mit einem Bemessungsdifferenzstrom IN von maximal 30 mA für die betreffenden Stromkreise der Anlage einzuplanen. In diesem Zusammenhang sei hier nochmals dringend auf die Einhaltung der entsprechenden VDE-Vorschriften hingewiesen, denn auch bei baubiologischen Elektroanlagen genießt die Gewährleistung der elektrischen Sicherheit stets höchste Priorität. 5.1 Abschirmung elektrischer Felder Zur Abschirmung elektrischer Felder stehen Planern und Errichtern elektrischer Anlagen Produkte für die gesamte Anlage - von der Schalterdose in der Wand, über unterschiedliche geschirmte Leitungstypen, bis hin zur Steckdose - zur Verfügung. Eine Erdung der installierten Komponenten ist zur Feldableitung notwendig. Der Schirm ist an beiden Seiten der Leitung aufzulegen und mit Erdpotential zu verbinden. Neben Abschirmprodukten für elektrische Leitungen und Betriebsmittel bietet der Baustoffhandel auch noch eine Fülle von Spezialprodukten mit besonders hoher Transmissionsdämpfung (z. B. Dämmstoffe, Gipskartonplatten, Spezialputz, Armierungsgitter, Vliese, Folie, Abschirmfarbe) die Dämpfungen bis weit über 90% erreichen können. 5.2 Abschirmung magnetische Felder Die Reduzierung magnetischer Felder ist in der Praxis oft äußerst problematisch. Schirmungen im niederfrequenten Bereich sind durch ferromagnetische Werkstoffe, wie z. B. Eisen, MU-Metall oder Texturbleche möglich. Diese Materialien besitzen relative Permeabilitätswerte die erheblich über 1 (Luft) liegen und können Feldlinien besser leiten und bündeln - allerdings nur bis zum Sättigungspunkt. Die Wirksamkeit der Schirmung hängt von der Auswahl des Schirmungsmaterials, von dessen Stärke und vom Abstand ab. An Spalten oder bei unvollständigen Schirmen treten die Feldlinien konzentrierter aus und sind daher unbedingt durch Messungen zu kontrollieren. Diese Art der Abschirmung ist im Grunde nur zum Schutz von empfindlichen elektronischen Bauteilen üblich. Ganze Räume oder Gebäudeteile können auf diese Weise, allein schon aus Kostengründen nicht geschirmt werden. 5.3 Abschirmung von HF-Feldern Die Abschirmung der HF-Felder ist mit leitfähigen Materialien (z. B. mit engmaschigen Drahtgittern) analog der elektrischen Felder, relativ leicht durchführbar. Allerdings ist hierbei die Einbeziehung in die Schutzmaßnahme und Einbeziehung in den Potenzialausgleich notwendig. Dabei sind Mindestquerschnitte und Leitungsauswahl nach VDE zu beachten. Bereits die Bauausführung mit den geplanten, „normalen“ Baumaterialien hat erheblichen Einfluss auf die Abschirmung der HF-Felder. In Bild werden einige Beispiele für die Transmissionsdämpfung verschiedener Baumaterialien, speziell für den Frequenzbereich der Mobilfunknetze von 900 bis 1800 MHz, angegeben. Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 11 947 120 Dämpfung 1 2 3 4 5 6 7 8 900 MHz/ 1800 MHz 1 Betondachziegel 1,2 cm 2 Holzständerbauweise 23 cm 3 Kalksandstein 24 cm (1800 kg/m3) 4 Fichte/Tanne 16 cm (520 kg/m3) 5 Hochlochziegel 36 cm (800 kg/m3) 6 Stahlbeton 16 cm (2400 kg/m3) 7 Porenbeton 36,5 cm (400 kg/m3) 8 Leichtbeton 30 cm (600 kg/m3) Dämpfung der Mobilfunk-Frequenzbereiche nach einer Studie von Dr. Ing. D. Moldan und Prof. P. Pauli EP1106-943-949 19.10.2006 11:58 Uhr Seite 947 Telekommunikationsanlagen In fast jedem Haushalt findet sich heute ein schnurloses Telefon. In Deutschland hat sich der DECT Standart bei Schnurlos-Telefonen zu fast 100% durchgesetzt. Probleme dieser Technik liegen in der gepulsten Strahlung, die gesundheitlich weitaus kritischer bewertet wird, als die analoge Technik der alten CT1 und CT1+ Geräte, die vereinzelt noch angeboten werden. Dabei steht fest, dass schnurgebundene Geräte keine Strahlung erzeugen. In ihrer Februar-Ausgabe 2006 hat sich die Zeitschrift „Ökotest“ erneut der Elektrosmogbelastung durch Schnurlos-Telefone angenommen. Das Wichtigste gleich vorab: Inzwischen sind immerhin ein mit „befriedigend“ sowie ein mit „ausreichend“ beurteiltes Gerät erhältlich. Zwei weitere Telefone wurden mit „mangelhaft“ und die restlichen neun Geräte auf Grund hoher Strahlenbelastung mit „ungenügend“ bewertet. Alle mit „mangelhaft“ oder „ungenügend“ beurteilten Geräte strahlen beständig mit viel zu hoher Intensität und ungeregelt - unabhängig davon, ob gerade telefoniert wird oder nicht. Entsprechende Vorsorgemaßnahmen sind demnach für elektrosensible Personen, Kinder und ältere Menschen weiterhin sinnvoll. Selbst das Bundesamt für Strahlenschutz empfiehlt eine vorsorgliche Strahlenreduzierung und eine Abschaffung des Dauerbetriebs von DECT-Telefonen, denn alle getesteten Geräte strahlen beim Zugrundelegen biologischer Vorsorgewerte zu stark. Da es nun aber immerhin Geräte gibt, die wenigstens nur beim Telefonieren Elektrosmog verursachen und nicht mehr im Stand-By-Betrieb, hat es der Verbraucher selbst in der Hand, ob er sich ein strahlungsarmes Gerät anschafft, oder aber sein Telefonverhalten ändert: Sie können kurze Gespräche mit Schnurlos-Telefonen ausführen, doch bei längeren Gesprächen oder beruflicher Nutzung sollten stets schnurgebundene Geräte verwendet werden. Auch ein Abstand von einigen Metern von der Basisstation des Telefons kann die Strahlenbelastung schon auf einen Bruchteil reduzieren. Daher sollte die Basisstation, insbesondere beim Planen von Neuinstallationen, stets mit großem Abstand von Schlaf- und Kinderzimmern oder bevorzugten Aufenthaltsbereichen, wie z. B. dem Wohnzimmer aufgestellt werden. Bei der Neuanschaffung eines Gerätes sollte man in jedem Fall auf die Produkte zurückgreifen, die nur während des Telefonats strahlen. Bei den beiden Geräten, die mit „befriedigend“ bzw. „ausreichend“ beurteilt wurden, handelt es sich um das Orchid LR128 TAM Low Radiation und das Eurit 557 Eco Mode von Swissvoice (Bild ). Messungen Vor Beginn der Arbeiten und nach ihrer Durchführung, aber auch nach der Realisierung von Schutz- und/oder Abschirmmaßnahmen muss ein Prüfprotokoll mit Messungen nach Art, Größe und Herkunft der elektromagnetischen Felder erstellt werden, um damit die Effektivität der durchgeführten Maßnahmen nachzuweisen. Dies ist nur durch gut ausgebildete Elektrotechniker gewährleistet, die über entsprechende Messgeräte, fundierte Erfahrungen und elektrotechnisches Fachwissen verfügen. Dabei ist das Prüfen der Einhaltung von anerkannten Regeln der Technik sowie der VDE-Bestimmungen zwingend erforderlich. Das Bild zeigt die Vorgehensweisen für die drei anwendbaren Messverfahren: · Körperspannungsmessung, · Erdbezogene Messung und · Potialfreie Messung. Außerdem sollte zur Sicherheit des Anlagenbetreibers und zum Nachweis über die Einhaltung der Grenzwerte ein Messprotokoll und falls möglich eine Dokumentation erstellt werden. Durch die Messungen sind folgende Emissionen zu ermitteln und auch zu dokumentieren: 7.1 Emissionen von Außen Vor Beginn der Elektroarbeiten sind die bereits vorhandenen Emissionen festzustellen, damit gegebenenfalls Vorsorge- bzw. Abschirmmaßnahmen bei der Bauausführung eingeleitet und koordiniert werden können. Zu den Emissionen die auf ein Bauobjekt von Außen einwirken, zählen aufgrund relevanter Leistungen: · Freileitungen · Hoch- Mittel und Niederspannungsfreileitungen, · Umspannwerke, · Trafostationen, · Bahnstrom-Linien, · Sender · Fernsehen, · Rundfunk, · Richtfunk, · Radar sowie · Mobilfunk-Basisstationen. 7.2 Anlagenspezifische Emissionen Für die elektrische Anlage werden folgende Größen ermittelt und protokolliert: · magnetische Flussdichte in A/m (Tesla) · elektrische Feldstärke in V/m · Leistungsflussdichte in W/m2 (HF-Bereich) Baubiologen messen häufig noch die Körperspannung der Personen, in den Schlafräumen, d. h. die Ankoppelung an bestehende Spannungspotentiale. Diese Messung hat allerdings zu viele Störfaktoren, die den Messwert verfälschen können und zu hohen Messtoleranzen führen, so dass aus meiner Sicht, darauf verzichtet werden sollte. Die Körperspannung verhält sich außerdem analog der elektrischen Feldstärke. Fazit Zusammenfassend ist festzustellen, dass für die gesundheitsschädigende Wirkung elektromagnetischer Felder auf den menschlichen Organismus folgende Faktoren verantwortlich sind: · die elektrische Spannung, · die elektrische Stromstärke, · die Frequenz, · der Abstand zur Strahlungsquelle, · die zeitliche Dauer der Exposition, · die Art des Feldes und · die persönliche Sensibilität. Unter Berücksichtung dieser Erkenntnisse und bei Durchführung aller technisch praktikablen Möglichkeiten, lässt sich aufgrund meiner Erfahrungen bei der Ausführung einer baubiologisch verträglichen Elektroanlage in der Regel eine Reduzierung der Elektrosmog-Belastung um mehr als 90 % realisieren. Die Mehrkosten für den Kunden sind projektabhängig und anlagenspezifisch und können daher nicht allgemein beziffert werden. Entscheidende Auswirkungen auf den Kostenrahmen hat die rechtzeitige Einbeziehung des Fachplaners für die Elektrotechnik. Betriebswirtschaftliche Interessen dürfen bei der sensiblen Thematik „Baubiologische verträgliche Elektroinstallationen“ nicht im Vordergrund stehen. Für den Kunden ist entscheidend, dass er in seinem Elektrounternehmer eine Partner findet, der ihm ohne Berührungsängste eine kompetente Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 11 948 FÜR DIE PRAXIS Elektromagnetische Verträglichkeit Schnurlos-Telefon, von dem nur beim Telefonieren Strahlung ausgeht Foto: Orchid EP1106-943-949 19.10.2006 11:58 Uhr Seite 948 Beratung und eine Alternative zur konventionellen Technik anbieten kann. Dabei ist es wichtig, mit fachlicher Kompetenz die Zusammenhänge zwischen den Umweltwirkungen der elektrischen Energie und den Auswirkungen der elektromagnetischen Felder auf die Elektroanlage und den Benutzer klar und verständlich zu definieren. Literatur [1] Moritz, H.: Biologisch verträgliche Elektroinstallation - Theoretische Grundlagen durchzuführender Maßnahmen. Elektropraktiker, Berlin 59 (2005)3; S. 202-205. [2] Moritz, H.: Biologisch verträgliche Elektroinstallation - Elektrosmog Messungen. Elektropraktiker, Berlin 59(2005)9; S.690-693. [3] Moritz, H.: Elektrosmog - Ursachen, Gesundheitsrisiken, Schutzmaßnahmen. Taschenbuch, Shaker-Verlag, Aachen. [4] Ökotest, Ausgabe 02/2006. Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 11 Feldlinien Heizkörper Messsonde Feldlinien Wand, in der Leitungen( 230 V) geführt werden eldlinien Messsonde Messsonde Heizkörper Heizkörper Verfahren zum Messen elektrischer Felder im Rahmen der Errichtung baubiologischer Elektroanlagen a) Körperspannungsmessung b) Erdbezogene Messung c) Potentialfreie Messung EP1106-943-949 19.10.2006 11:58 Uhr Seite 949
Autor
- H. Moritz
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