Motoren und Antriebe
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Elektrotechnik
Energie sparende Elektromotoren und Antriebssysteme
ep3/2002, 4 Seiten
In einer Broschüre [1] des Fachverbands Elektrische Antriebe im Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) heißt es u. a.: „Durch erhöhten Einsatz von Aktivmaterial lässt sich der Wirkungsgrad von Standardmotoren um etwa 8 Prozentpunkte bei 1 kW bis 1,5 Prozentpunkte bei 100 kW erhöhen. Unter der Annahme, dass diese Maßnahmen bei der Hälfte der eingesetzten Motoren sinnvoll sind und bei einer mittleren Wirkungsgradverbesserung von 4 Prozentpunkten errechnet sich ein zusätzliches jährliches Einsparpotential in der Industrie von 2,7 TWh oder 200 Millionen Euro. Das entspricht etwa dem Äquivalent eines fossilen Kraftwerksblockes.“ Das weitaus größere Einsparpotential ergibt sich bei einer optimalen, auf den Prozess abgestimmten Drehzahl. Hierzu weiter in [1]: „Heute werden etwa 5 Prozent der in der deutschen Industrie installierten Motorleistung mit energiesparender elektronischer Drehzahlregelung betrieben. Aus energetischen Gesichtspunkten heraus wäre dies aber bei etwa 35 Prozent der Antriebe sinnvoll. Das ergibt bei 133 TWh Gesamtverbrauch und einer mittleren Energieeinsparung von 40 Prozent je Antriebseinheit ein jährliches Gesamteinsparpotential von 16 TWh allein durch den Einsatz elektronischer Drehzahlregelungen. Dies entspricht dem Äquivalent von 7 fossilen Kraftwerksblöcken. Bei einem angenommenen mittleren Industriestrompreis von 7,5 Cent/kWh wären das 1,2 Milliarden Euro eingesparte jährliche Energiekosten.“ Der folgende Beitrag gibt einige Erläuterungen zu diesen beiden Aspekten der Energieeinsparung. 1 Energiesparende Elektromotoren Nach einer freiwilligen Vereinbarung zwischen der Generaldirektion DG XVII der Europäischen Kommission und CEMEP (Europäisches Komitee der Hersteller elektrischer Maschinen und Leistungselektronik) wurden die Wirkungsgrade von 4-und 2-poligen Normmotoren im Leistungsbereich 1,1 kW bis 90 kW klassifiziert und in Katalogen sowie auf den Leistungsschildern mit einem eigens entwickelten Logo angegeben. Die Vereinbarung betrifft derzeit Drehstrom-Käfigläufermotoren mit folgenden Eigenschaften: Leistungsbereich 1,1 ... 90 kW Schutzart IP54 oder IP55 Polzahl 2 oder 4 Betriebsart S1 Bemessungswerte 400 V/50 Hz. Als Beispiele für nicht betroffene Ausführungsarten nennt die Vereinbarung u. a.: · Motoren für besondere Umgebungsbedingungen · Motoren für verstellbare Drehzahl, mit oder ohne Frequenzumrichter · Motoren mit angebauter Bremse · unbelüftete Motoren (IC410) · Motoren mit besonderer Kühlart (z. B. IC416, 417, 418 oder mit Wärmetauscher) · Getriebemotoren in integraler Bauweise · Stator-Rotor-Komponenten · explosionsgeschützte Motoren · gekapselte Motoren. 1.1 Klasseneinteilung der Wirkungsgrade Für den Wirkungsgrad werden drei Klassen gebildet, die in der Dokumentation und auf dem Leistungsschild anzugeben sind. In Tafel sind die Klassen eines 4-poligen Asynchronmotors angegeben. Bild zeigt die Wirkungsgradklassen für 2- und 4-polige Drehstrommotoren in grafischer Darstellung; im Einzelfall gelten die Tabellen im Anhang 1 der Vereinbarung. 1.2 Abhängigkeit von Motorgröße und Auslastung In Bild sind in Abhängigkeit von der relativen Belastung P/PN die Wirkungsgrade von 4-poligen Drehstrommotoren mit den Bemessungsleistungen 1,5 kW, 15 kW und 132 kW gezeigt. Dieser Vergleich signalisiert zwei wichtige Einflüsse: · Der Wirkungsgrad im Bemessungspunkt steigt mit der Bemessungsleistung. · Der Wirkungsgrad ist bei Teil- und Überlast nahezu gleichbleibend. Antriebstechnik Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 3 198 Energie sparende Elektromotoren und Antriebssysteme H. Greiner, Aichwald Elektromotoren stellen ein beachtliches Potential für die Einsparung von Energie und damit für die Entlastung der Umwelt dar. Mit der Einführung von „Enegiesparmotoren“ leisten die Hersteller von elektrischen Maschinen einen wichtigen Beitrag zu diesem Ziel. Für den Anwender ergeben sich daraus attraktive Kosteneinsparungen. 100 100 1 2 4 6 8 10 20 kW 40 60 80 100 EEF 1 EEF 3 EEF 2 EEF 1 EEF 2 EEF 3 1 2 4 6 8 10 20 kW 40 60 80 100 a) b) 2p = 4 2p = 2 Wirkungsgradklassen von a) 4-poligen und b) 2-poligen Drehstrommotoren Obering. Helmut Greiner, Aichwald, war Mitglied in verschiedenen DKE- und IEC-Komitees und ist heute als beratender Ingenieur tätig. Autor Eine ausführliche Darstellung zum Thema „Wirkungsgrad von Elektromotoren“ ist in [2] zu finden. 1.3 Ziele für die Markteinführung Um die potentielle Energieeinsparung von mehr als 150 TWh/Jahr zu erreichen, soll der Marktanteil der Motoren mit „durchschnittlichem“ Wirkungsgrad „EFF3“ bis zum Ende des Jahres 2003 auf 50 % gesenkt werden - zugunsten der Anteile der Motoren mit „verbessertem“ oder „hohem“ Wirkungsgrad „EFF2“ oder „EFF1“ (Bild ). Als erster Schritt wurde die 30%-Marke bei 4-poligen Motoren bis Ende 2001 und bei 2-poligen Motoren bis Ende 2002 angestrebt. 2 Einsparung durch Drehzahlverstellung So interessant ein Vergleich der Wirkungsgrade von Elektromotoren im Einzelfall auch sein mag: Das entscheidende Potential für eine Energieeinsparung liegt häufig in der Optimierung des Antriebssystems z. B. durch Drehzahlverstellung. Energie sparen durch Drehzahlverstellung - dies scheint zunächst ein Widerspruch, weil keine Art von Drehzahlverstellung zum „Nulltarif“ zu haben ist. Bei der Drehzahlverstellung treten grundsätzlich Verluste auf - bei mechanischen Systemen etwa 5 bis 25 %, bei elektrischen Lösungen für industrielle Anwendung etwa 5 bis 20 %. Trotz dieser im Antriebssystem begründeten zusätzlichen Verluste kann in vielen Arbeitsmaschinen eine erhebliche Einsparung von Energie erreicht werden, wenn der Prozessablauf durch Änderung der Drehzahl oder Geschwindigkeit optimiert wird. 2.1 Pumpen und Lüfter In einer Studie des Fraunhofer Institut Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) wird abgeschätzt, dass die Energieverluste beim Betrieb von Pumpen, Ventilatoren, Kompressoren und sonstigen Antriebssystemen bei kombiniertem oder gezieltem Einsatz von energiesparenden Elektromotoren, Drehzahlverstellung und entspre-Antriebstechnik Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 3 199 Tafel Beispiel der Wirkungsgradklassen an einem 4-poligen 11-kW-Drehstrommotor Klasse Beschreibung Kurzzeichen Geschütztes Beispiel bei des Niveaus Logo 11 kW 4-polig 1 hoch EFF1 91 % 2 verbessert EFF2 88,4 % 3 normal (durchschnittlich) EFF3 < 88,4 % 100 0 0,25 0,5 0,75 1,0 1,25 1,5 kW 15 kW 132 kW P/PN Typischer Verlauf des Wirkungsgrades von 4-poligen Käfigläufer-Asynchronmotoren in Abhängigkeit von der relativen Belastung P/PN Katalog + Schild 4polig Katalog + Schild 2polig EFF3-Motoren (4pol) um 30 % reduziert EFF3 (2pol) um 30 % reduziert EFF3 (4+2) 50 % red. 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Zeitplan für die Markteinführung von Motoren mit „verbessertem“ oder „hohem“ als Ersatz für „durchschnittlichen“ Wirkungsgrad „EFF3“. Berechnungsbasis: Produktionszahlen von 1998 (4-polige) bzw. 1999 (2-polige) chender Systemsteuerung in der Arbeitsmaschine um bis zu 60 % abgesenkt werden können (Bild ). Bei vielen industriellen Prozessen werden je nach Produkt und Auslastung der Anlage von einem bestimmten Fördersystem (z. B. Pumpe) unterschiedliche Stoffmengen benötigt. Da der Antrieb für den höchsten Bedarf ausgelegt sein muss, ist die Stoffmenge bedarfsgerecht zu regeln - technisch optimal durch Anpassung der Drehzahl. Solange keine preisgünstigen und wartungsarmen Antriebssysteme für stufenlos verstellbare Drehzahlen zur Verfügung standen und solange Energiekosten und Energieverbrauch noch keine große Rolle spielten, wurde die Stoffmengenregelung erzwungen durch(Bild ): · Verstellung von Ventilen, die wie ein erhöhter Gegendruck wirken und den Förderstrom drosseln (Drosselklappensteuerung) oder · Rückführung der überschüssigen Stoffmenge in den Kreislauf (Bypass). Im Bild sind über dem Förderstrom Q die Kennlinien für den von der Pumpe P erzeugten und den von der Anlage A benötigten Druck (Förderhöhe) h dargestellt. Bei fester Drehzahl der Pumpe (z. B. n1) stellt sich der Arbeitspunkt »1« mit 100 % Förderstrom bei einem Druck h1 ein. Um einen kleineren Förderstrom - z. B. etwa 70 % - zu erhalten, wird die Drosselklappe verstellt. Die Pumpe arbeitet am Punkt »2'«. Von dem hier erzeugten Druck wird der Teil h2 in der Anlage benötigt, der Antriebstechnik Elektropraktiker, Berlin 56 (2002) 3 200 Pumpen Ventilatoren Kompressoren sonstige Antriebe 100 Reduktion der Verluste EEM VSD System Rest Mögliche Verlustminderung durch Einsatz von energiesparenden Motoren (EEM), Drehzahlverstellung (VSD) und Systemsteuerung in der Arbeitsmaschine 3 ~ n = const 3 ~ n = const 3 ~ n = var Prinzipien der Stoffmengenregelung einer Pumpe P a) mit Drosselklappensteuerung D b) mit Bypass BY c) mit variabler Drehzahl des Motors M 100 0 20 40 60 80 100 120 P (n1) P (n2) Kennlinien für Druck (Förderhöhe) h über dem Förderstrom Q für die Pumpe P bei Drehzahlen n1 oder n2 und für die Anlage A. Druckverlust h = Leistungsverlust bei Drosselklappenregelung zur Verminderung des Förderstromes auf etwa 70 %. 100 0 10 20 40 50 60 70 80 % 100 Relativer Leistungsbedarf P bei Stoffmengenregelung über Drosselklappensteuerung D oder Umrichtermotoren VF. Die resultierende Energieeinsparung E als Differenz der Kurven D und VF zeigt ein Maximum bei einem Volumenstrom von etwa 40 %. Tafel Tageslastprofil einer Gebäudelüftungsanlage für ein Verlagshaus Relative Last Betrieb Wirbelstrom- Frequenz- Energie kupplung umrichter einsparung % h kWh kWh % 100 3 47,1 36,0 23,6 80 4 60,8 43,2 28,9 60 4 50,8 32,0 37,0 40 5 47,5 22,5 52,6 gesamt 16 206,2 133,7 35,2 Rotor DRF Wrot nsy Schematische Darstellung der Verlustarbeit Wrot bei Direktanlauf am Netz Rotor DRF Wrot nsy Darstellung der Verlustarbeit Wrot bei frequenzgeführtem Anlauf Teil h fällt im Drosselorgan ab. Die h entsprechende Leistung wird als Drosselverlustleistung in Wärme umgesetzt, geht also dem Prozess verloren. Mit einer reduzierten Drehzahl n2 würde sich der Arbeitspunkt »2« ergeben: Der Druckverlust h und der entsprechende Leistungsverlust werden vermieden. Das Potential der Energieeinsparung wird aus Bild deutlich, zumal Antriebe dieser Art oft länger als eine Arbeitsschicht im Einsatz sind. Seit es möglich ist, die Drehzahl von Käfigläufermotoren einfach, betriebssicher und verschleißfrei über Frequenz-Umrichter stufenlos zu verstellen, werden die geschilderten Stoffmengenregelungen zunehmend durch umrichtergespeiste Motoren ersetzt. 2.2 Geführter Hochlauf statt Direkteinschaltung Die bisherigen Betrachtungen gelten für den stationären Betrieb mit Belastungen im Bereich der Bemessungsleistung. Bei Antrieben, die durch die häufige Beschleunigung großer Massenträgheitsmomente geprägt sind, kann ein frequenzgeführter Hochlauf zu einer erheblichen Verminderung der Anlaufverluste im Vergleich zur Direkteinschaltung führen. Bei einem Anlauf am Netz springt die Drehfelddrehzahl „DRF“ praktisch unverzögert auf die Synchrondrehzahl nsy während der Rotor erst nach einer von Last und Massenträgheitsmomenten abhängigen Anlaufzeit seine Asynchrondrehzahl erreicht. Die anfänglich hohe Schlupfdrehzahl zwischen „DRF“ und „ROTOR“ verursacht die relativ hohe Rotor-Verlustarbeit Wrot (Bild ). Bei einem frequenzgeführten Anlauf eilt die Drehzahl „DRF“ dem „ROTOR“ nur um die Schlupfdrehzahl vor, mit der ein ausreichendes Beschleunigungsmoment erzeugt werden kann. Die schattiert dargestellte Fläche entspricht der Verlustarbeit im Rotor - sie ist beim Frequenzanlauf wesentlich geringer als bei der Direkteinschaltung am Netz (Bild ). 2.3 Lüftungsanlagen in der Haustechnik Drossel- oder klappengesteuerte Lüftungsanlagen findet man heute in den meisten Alt- und auch noch in vielen Neuanlagen. An der Lüftungsanlage eines Verlagshauses in Hamburg wurde eine herkömmliche Klappensteuerung durch eine Wirbelstromkupplung ersetzt (Tafel ). Eine Energieeinsparung von 30 % war die Folge. Nun sollte das noch vorhandene Energieeinsparpotential durch den Übergang von der Wirbelstromkupplung auf elektronische Drehzahlregelung ermittelt werden. Die Messungen ergaben ein weiteres Einsparpotential von 18120 kWh pro Jahr oder etwa 35 % (Bild ). Bei einer typischen Nutzungsdauer von 250 Tagen pro Jahr beträgt die Amortisationszeit für die Umrüstung von der Wirbelstromkupplung zur Drehzahlregelung im Beispiel weniger als zwei Jahre. Bei älteren Anlagen bringt die Umrüstung von Drossel- oder Klappensteuerung direkt auf elektronische Drehzahlregelung sogar Energieeinsparpotentiale von bis zu 60 % und Amortisationszeiten von ein bis drei Jahren. Für Neuanlagen gilt sinngemäß das gleiche, wenn man von vornherein die Betriebskosten berücksichtigt. In jedem Fall haben sich die relativ geringen Mehrkosten für die Frequenzumrichter schnell amortisiert. Literatur [1] Auinger, H.; Blaß, W.; Doppelbauer, M.; Eggers, D.; Funke, H.; Göckel, B.: Energiesparen mit elektrischen Antrieben. Broschüre des ZVEI, Fachverband Elektrische Antriebe, 1999 [2] Greiner, H.: Energie sparen mit Getriebemotoren. Sonderdruck SD 3401 der Danfoss Bauer Gmb H, Esslingen [3] de Almeida, A.; Bertoldi, P.; Leonhard, W.: Tagungsband zur Internationalen Konferenz in Lissabon (1996). Energy efficiency improvements in electric motors and drives. Springer Verlag, 1997 [4] Auinger, H.; Kühnemund, G.: Energiesparmotoren: Kosteneinsparung statt Regulierung. Broschüre des ZVEI, Fachverband Elektrische Antriebe, 2000 Antriebstechnik 100 D EDDY VF f=c f = var Relativer Energiebedarf W in der Lüftungsanlage eines Verlagshauses mit: D = Drosselklappensteuerung (Altanlage); EDDY = Wirbelstromkupplung (erste Änderung); VF = Variable Frequenz
Autor
- H. Greiner
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