Energie – Erzeugung, Handel und Transport
Schon zu Beginn der 1970er Jahre kam es unter Wissenschaftlern und auch in Teilen der Bevölkerung zu Diskussionen über ökonomische, ökologische und soziale Probleme, die das damalige Energiesystem mit der überwiegenden Nutzung fossiler und nuklearer Energieträger mit sich brachte. Zuvor hatten Energieversorger die Wahl der Technologie zur Stromerzeugung fast ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit getroffen. Das änderte sich spätestens nach der Klimakonferenz in Rio de Janeiro 1992. Das in der Folge zunehmende Engagement vieler Umweltschutzorganisationen und Teilen der Politik zugunsten nachhaltiger Klimaschutzmaßnahmen führte auch zum Umdenken und Umsteuern in der Energiepolitik der Bundesrepublik Deutschland. Gestützt wurde dieser Prozess dadurch, dass die Menschen immer deutlicher zu spüren und zu sehen bekamen, wie die Förderung und Nutzung fossiler Energieträger die Umwelt belastet und Klimaschäden anrichtet (Bild 1).
Fossile Energieträger schädigen die Umwelt
Zu den wichtigsten Energieträgern zählen zurzeit noch Erdöl, Erdgas, Braun- und Steinkohle sowie in abnehmendem Maße der Nuklearbrennstoff Uran. Abbau, Transport und Nutzung fossiler Brennstoffe haben nach Meinung der Mehrzahl der Klima- und Umweltwissenschaftler das Potential, die Erde mit Schadstoff- und Treibhausgas-Emissionen in hohem Maße zu schädigen. Die Risiken sind jedenfalls nicht zu übersehen, wie die folgenden Ausführungen zu den Umweltauswirkungen von Erdöl & Co zeigen.
Erdöl
Erdöl ist nach wie vor der wichtigste Energieträger. Es deckt zurzeit mehr als ein Drittel des weltweiten Primärenergiebedarfs und wird hauptsächlich in Raffinerien zur Herstellung von Kerosin, Benzin und Dieselkraftstoffen genutzt. Ferner lässt es sich als Rohstoff in der chemischen Industrie oder nach Verarbeitung zu Heizöl in Heizungsanlagen verwenden. Trotz seiner vielen Vorteile steht Erdöl zunehmend in der Kritik. Immer noch beheizen in Deutschland mehrere Millionen Haushalte ihre Wohnungen mit Ölheizungen, die zudem teilweise nicht dem modernen Energiesparstandard genügen; ferner verbrennen in Deutschland 57 Mio. Pkw und fast 6 Mio.Nutzfahrzeuge sowie mehr als 21 000 Flugzeuge Gas und Erdölprodukte [1].
Doch nicht nur die Nutzung, sondern auch die Förderung von Erdöl bringt Risiken mit sich. So strömt mit dem Erdöl häufig eine gewisse Menge Gas als „Beifang“ an die Erdoberfläche. Da es sich oft nicht direkt vor Ort nutzen lässt, weil keine entsprechende Infrastruktur für den Abtransport zur Verfügung steht, wird es bereits an der Förderstelle „abgefackelt“, wodurch neben unterschiedlichen Schadstoffen vor allem Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangt.
Weitere ökologische Risiken birgt der Transport von Erdöl. Es gibt immer wieder Meldungen, nach denen aus Pipelines zwischen Sibirien und Europa beträchtliche Mengen Erdöl durch Leckagen austreten und bereits weite Landstriche verseucht haben. Bei der Havarie des Öltransportschiffes Exxon Valdez vor der Küste Alaskas im Jahr 1989 liefen rund 40 000 t Rohöl aus, mit schlimmen Folgen für die maritime Tierwelt [2, 3].
Erdgas
Die Risiken bei der Förderung sowie beim Transport und Verbrennen von Erdgas ähneln denen, die bei der Verwendung von Erdöl auftreten. Erdgas besteht zu einem großen Teil aus Methan, das das Klima um den Faktor 28 stärker schädigt als CO2 (bezogen auf 100 Jahre Verweildauer, siehe Tabelle 1) und nicht bei Verbrennung entsteht, sondern direkt in die Atmosphäre entweichen kann. Deshalb können insbesondere Leckagen in Fördersystemen, Gaspipelines und Verarbeitungsanlagen zur Ursache von Klimaschäden werden. Die CO2-Emissionen moderner Gas- und Dampfkraftwerke liegen bei etwa 420 g/kWh.
In der jüngsten Vergangenheit geriet ein neues Verfahren zur Förderung von Gas aus tieferen Schichten in die Diskussion: das Fracking. Es geht darum, Erdgas aus sogenannten unkonventionellen Vorkommen, zum Beispiel in Gesteinsporen kleinteilig eingeschlossenes Erdgas, zu fördern. Um das Gas aus diesen Strukturen auszulösen, wird eine Mischung aus Wasser, Sand und Chemikalien mit hohem Druck in den Untergrund eingeleitet, um so die Strukturen aufzubrechen und gasdurchlässig zu machen (Bild 2). In Deutschland ist der Einsatz des Fracking-Verfahrens für die Gewinnung von Erdgas aus Schiefer- und Kohleflözen wegen ungeklärter Umweltrisiken vorerst bis zum Jahr 2021 verboten.
In Wissenschaft und Politik gibt es zur Klimaverträglichkeit von Erdgas seit längerer Zeit gegensätzliche Positionen. Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass Erdgas vor allem wegen des hohen Anteils von Methan alles andere als klimafreundlich ist; Politiker und Energieunternehmer dagegen sehen Erdgas als ideale Technologie für den Zeitraum bis etwa 2050, in dem die erneuerbaren Energien den Bedarf an Strom und Wärme alleine nicht werden decken können [2, 3].
Kohle
Weitgehende Übereinstimmung erzielen die oben genannten Akteure in der Einschätzung von Kohle als dem fossilen Energieträger, der die größten Umweltbelastungen verursacht. Das beginnt schon bei der Förderung von Steinkohle aus großen Tiefen und beim Abbau von Braunkohle über Tage (die Steinkohleförderung wurde in Deutschland im Dezember 2018 endgültig aufgegeben). Der Tagebau bringt eine augenfällige Veränderung der Landschaft sowie Schäden durch Absenken des Grundwassers mit sich. Ferner steht zu befürchten, dass nach dem bereits geplanten Verzicht auf den Tagebau das Wasser wieder ansteigen, dabei Schwefel und Eisen aufnehmen und so Grund- und Oberflächenwasser verunreinigen wird.
Bei der Verbrennung von Kohle in Kraftwerken fallen zwischen 800 und 1200 g Kohlendioxid pro kWh an; außerdem Rauchgas mit beträchtliche Mengen Schwefeldioxid (SO2), Stickoxid (NOx) und Staub. Das Rauchgas durchläuft anschließend spezielle Reinigungsanlagen, um die Schadstoffe so weit wie möglich zu entfernen (Bild 3). Das Kohlendioxid wird bislang einfach in die Atmosphäre entlassen und verursacht dort – so der Stand der Wissenschaft – beträchtliche Klimaschäden. Deshalb befürwortet die Politik in Deutschland, im Einvernehmen mit den zuständigen Verbänden, den Ausstieg aus der Kohleverstromung bis zum Jahr 2038. Industrieländer, die Kohle weiterhin nutzen wollen, werden die anfallenden CO2-Emissionen mit Technologien zur Abscheidung und Deponierung von CO2 reduzieren müssen [2, 3].
Quellen
[9] BMWi: Zeitenwende bei der Strom-Versorgungssicherheit. In: Newsletter Energiewende Direkt, Ausgabe 11/2015. Abrufbar unter: www.bmwi-energiewende.de/EWD/Redaktion/Newslet-ter/2015/11/Meldung/topthema-zeitenwende-versorgungssicher-heit.html (eingesehen am 07.06.2019).
[8] Bundeskabinett: Der Weg zur Energie der Zukunft sicher, bezahlbar, umweltfreundlich. Berlin, 2011. Abrufbar unter: www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/E/energiekonzept-2010-beschluesse-juni-2011.pdf (eingesehen am 07.06.2019).
[7] BMWi und BMU: Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung. Berlin, 2010. Abrufbar unter: www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/ (eingesehen am 12.06.2019).
[6] Bundesrepublik Deutschland: Nationaler Aktionsplan für erneuerbare Energie gemäß der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen. Berlin, 2010. Als PDF-Datei abrufbar unter www.erneuerbare-energien.de (eingesehen am 12.06.2019).
[5] Euro-Lex: Richtlinie 2009/28/EG vom 23.04.2009. Abrufbar unter eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/ (eingesehen am 12.06.2019).
[3] Umweltbundesamt: Indikator Erneuerbare Energien. Abrufbar unter https:// www.umweltbundesamt.de/indikator-erneuerbare-energien#?textpart-1 (eingesehen am 07.06.2019).
[4] Wilming, W.: Deutsche Wind- und Solarenergie in norwegischen Pumpspeichern zwischenlagern, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen (2019) Heft 4. EW Medien und Kongresse GmbH, Berlin 2019.
[2] Fernuniversität Hagen & Fraunhofer Umsicht: Umweltwissenschaften infernum. Hagen und Oberhausen 2018.
[1] Kraftfahrbundesamt: Jahresbilanz des Fahrzeugbestandes am 1. Januar 2019. Abrufbar unter www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Bestand/b_jahresbilanz.html. (eingesehen am 12.06.2019); Luftfahrtbundesamt: Anzahl der in Deutschland zum Verkehr zugelassenen Luftfahrzeuge am 1. März 2019. Abrufbar unter www.lba.de (eingesehen am 13.06.2019).
[10] BMWi: Europäische und internationale Energiepolitik. Abrufbar unter www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Energie/europaeische-energiepolitik.html (eingesehen am 12.06.2019).
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