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Geschichte | Elektrotechnik

Elektrotechnik im Wandel - Elektro-Museum der Schleswag

ep3/2003, 4 Seiten

In dem um 1920 erbauten historischen Fritz-Höger-Haus in Rendsburg nahe dem Nord-Ostsee-Kanal - einem früheren Verwaltungsgebäude der Schleswig-Holsteinischen Energieversorgung (Schleswag) - feierte im letzten Jahr ein Museum sein 30-jähriges Bestehen, das die Entwicklung der Elektrifizierung im nördlichsten Bundesland zeigt.


Historie der Elektrifizierung Das Museum bietet eine komprimierte Zeitreise durch die über hundertjährige Geschichte der Elektrifizierung in Schleswig-Holstein. Dort begann die Nutzung des elektrischen Stroms mit der Einrichtung kleiner Stromversorgungsnetze für Beleuchtungszwecke und für den Antrieb von Elektromotoren bereits 1892. Der Netzaufbau im ländlichen Raum begann um 1910 und erstreckte sich über die 1929 erfolgte Gründung der Schleswig-Holsteinischen Stromversorgungs-Aktiengesellschaft (heute Schleswag) bis zum Jahr 1976 mit Anschluss der letzten Hallig an das Stromnetz. Mit einer erweiterbaren Ausstellung wird dem Besucher ein historischer Überblick über elektrische Haushaltsgeräte, Informationstechnik und sonstige Anwendungen der Elektrotechnik von der Beleuchtung bis hin zu Spielzeugen gegeben. Neun Räume als Bühne Die meisten der neun Räume des Museums wurden - mit Unterstützung des Instituts für naturwissenschaftliche Museumsdidaktik der Christian-Albrechts-Universität Kiel - als Bühnenbilder gestaltet und vermitteln insgesamt den Eindruck einer reich ausgestatteten Fabrikantenvilla mit bürgerlicher Atmospäre. In verschiedenen typischen Räumen werden die Ausstellungsstücke in ihrer historischen Umgebung gezeigt. Des Weiteren befinden sich zahlreiche Gebrauchsgegenstände und Bauteile thematisch geordnet in beigestellten Vitrinen. Auf diese Weise wird deutlich gemacht, wie sich viele elektrische Geräte, z. B. Leuchten und Waschgeräte, von den bereits vor der Elektrifizierung existierenden Bauformen bis zu den heute bekannten Ausführungen entwickelten. Zahlreiche elektrotechnische Kleingeräte und Bauelemente, wie Elektrorasierer, Bügeleisen, spezielle Hosen- und Krawattenbügler, Brennschere, Heißluftduschen, Leuchtmittel, Rundfunk-und Röntgenröhren sowie Geräte der Messtechnik, sind zeitlich geordnet in den Vitrinen untergebracht. Beachtung verdienen ferner Ventilatoren, einige medizinische Geräte und die Bildprojektion, angefangen bei der Laterna Magica (1913) bis zu Dia- und Filmprojektoren. Ebenso befinden sich in mehreren Räumen verteilt Fernsprecher mehrerer Entwicklungsetappen und weitere Geräte der Fernmeldetechnik. Eingangsbereich Im Eingangsbereich des Museums zeigt ein Modell die Stromversorgungsnetze für Schleswig-Holstein als Teil des grenzüberschreitenden Verbundsystems. Dazu gehört einmultifunktionales Großmodell mit verschiedenen Kabel- und Freileitungsabschnitten und Isolatoren sowie eine Dia-Schau zur Entwicklung und zum Aufbau des landesweiten Stromnetzes. In weiteren Bereichen befinden sich historische Fotos zum Netzaufbau in den ländlichen Gebieten und zu Blitzwirkungen. Auch ein Kupfer-Atommodell nach Nils Bohr durfte in der Ausstellung nicht fehlen. Außerdem werden eine alte Schalttafel und diverses Installationsmaterial gezeigt, wie es in der Niederspannungsebene im vergangenen Jahrhundert eingesetzt wurde. Heute sind die gezeigten Betriebsmittel zum Teil nicht mehr zugelassen (Bild ). Ein ebenfalls heute nicht mehr vorstellbares Kuriosum wird mit einem 4-poliger Kraftstromstecker mit Holzgehäuse präsentiert, den 1945 ein Landwirt benutzte. Wohnzimmer Ein eindrucksvolles Bühnenbild liefert das Wohnzimmer (Bild ). Der elektrische Kronleuchter besitzt zusätzlich eine Petroleumlampe, weil man offenbar berechtigte Zweifel an der Versorgungszuverlässigkeit des elektrischen Netzes hegte. Weitere Geräte wie ein Rundfunkgerät, eine Nähmaschine mit Elektroantrieb, ein herkömmlicher Teekessel und eine Petroleumtischlampe, mehrere Typen von Staubsaugern und eine elektrische Kaffeemaschine zeigen die elektrische Ausstattung dieses Lebensbereiches zu Anfang des letzten Jahrhunderts. Kinderzimmer Bild zeigt einen Ausschnitt aus dem Kinderzimmer. Unten im Bild ist eine elektrische Spielzeugeisenbahn zu sehen, wie sie zu Beginn des vorigen Jahrhunderts verkauft wurde. Sie wurde über eine Glühlampe als Vorwiderstand und einen weiteren veränderbaren Widerstand direkt am Lichtnetz betrieben, so dass bei fahrender Bahn an den Schienen eine Spannung von rund 50 V anlag. Bei Entgleisung hatten die Schienen Elektropraktiker, Berlin 57 (2003) 3 220 Report Elektrotechnik im Wandel Elektro-Museum der Schleswag In dem um 1920 erbauten historischen Fritz-Höger-Haus in Rendsburg nahe dem Nord-Ostsee-Kanal - einem früheren Verwaltungsgebäude der Schleswig-Holsteinischen Energieversorgung (Schleswag) - feierte im letzten Jahr ein Museum sein 30-jähriges Bestehen, das die Entwicklung der Elektrifizierung im nördlichsten Bundesland zeigt. Installationsmaterial, Messtechnik und Wärmegeräte Rekonstruktion eines historischen Wohnzimmers Blick in ein Kinderzimmer aus der Anfangszeit des letzten Jahrhunderts allerdings Netzpotential. Schutzmaßnahmen wie Schutz vor Berührung oder Schutzkleinspannung waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingeführt. Die Eisenbahn fährt - unter Beachtung entsprechender Vorsichtsmaßnahmen - noch heute. Zu den weiterhin ausgestellten Spielzeugen gehören vor allem die den großen Vorbildern nachgebauten elektrischen Spielkochherde mit mehr oder weniger zweifelhaften Sicherheitsvorkehrungen. Küche Bild erlaubt einen Blick in die Küche mit Elektroherden und zahlreichen - hier nur teilweise erkennbaren - Koch-, Back- und Röstgeräten. Die ersten Elektroherde gab es 1925, wie z. B. den schwarzen Zwei-Platten-Herd „Protos“ mit Backröhre für 220 V von Siemens. Rechts daneben befindet sich ein mit Kohleherd kombinierter Landherd von 1935, der zusätzlich zu den elektrischen Kochstellen und dem Backofen als Kohleherd und Ofen benutzt werden kann. Weitere Küchenexponate sind Kühlgeräte, eine elektrische Bratpfanne, Geräte zur Kaffeezubereitung, elektrische Teekessel und einige der seit 1911 bekannten Toaster. Auch ein um 1910 von dem bekannten Architekten Peter Behrens für die AEG entworfener elektrischer Tee- und Wasserkessel mit auswechselbarem Heizstab fehlt nicht in der Sammlung. Bemerkenswert ist die Entwicklung der Steckverbinder, mit denen ein Anschluss der Küchengeräte an verschiedene Spannungen oder eine Anpassung an verschiedene Wärmegrade bewerkstelligt wurde. Dies zeigt, dass es bis zum Erreichen heutiger Sicherheitsstandards ein weiter Weg war. Elektropraktiker, Berlin 57 (2003) 3 222 Report Elektrische Kücheneinrichtung im Wandel Historische Entwicklung der Waschgeräte Waschküche Bild gibt einen Einblick in eine Waschküche. Die Entwicklung elektrischer Waschgeräte knüpfte an die zuvor vorhandenen Verfahren mit Holzwaschbottich an, die zunächst nur einen elektrischen Antrieb besaßen und nach Bedarf mit heißem Wasser befüllt werden mussten. Erste Geräte tauchten 1901 auf. Im Bühnenbild des Museums steht u. a. eine hölzerne, unbeheizte Bottichwaschmaschine der Firma Miele von 1912 mit Elektromotor, der ein Kreuzrührwerk antreibt. Um 1925 gab es elektrische Wäscheschleudern bzw. -zentrifugen. Erst 1930 bot Siemens als einziger Hersteller vor dem 2. Weltkrieg ein Gerät an, mit dem man sowohl waschen als auch schleudern konnte. 1951 kam die erste moderne automatische Wasch- und Schleudermaschine auf den Markt. Die Ausstellung zeigt mehrere Modelle von Waschgeräten, die den Entwicklungsfortschritt beinhalten. Musikzimmer Das Bühnenbild des Musikzimmers (Bild ) enthält Zeitzeugen der Unterhaltungselektronik. Größtes Ausstellungsobjekt ist ein Helios-Orchestrion von 1908 (im Bild rechts) mit pneumatischer Lochbandsteuerung. Es hat jahrelang die Gäste in einer Gaststätte nahe Rendsburg unterhalten. Von einem Elektromotor werden Klavier, Trommeln, Glockenspiel, Becken, Holzpfeifenregister, Harfe und Violine über Blasebälge betrieben. Auch Rundfunkgeräte, Plattenspieler und Tonbandgeräte mehrerer Generationen sind ausgestellt. Besonderheiten sind ein Edison-Standard-Phonograph mit Federaufzug zum Abspielen von Phonographenwalzen (1905), ein Detektorradio und das seinerzeit kleinste Radio aus der Nachkriegszeit, produziert aus Restbeständen von Wehrmachtsröhren. Hervorzuheben ist ebenfalls das ausgestellte Fernsehgerät mit UKW-Radio von 1952, das nach Plänen von 1936 gefertigt wurde. Das Fernsehbild wird hier noch von einer senkrecht hängenden Bildröhre erzeugt und dem Betrachter über einen Spiegel an der oberen Abdeckung vermittelt. Privates Engagement Wie gezeigt wurde, kann auch in einer kleinen privaten Sammlung auf regionaler Ebene die Entwicklung der Anwendung elektrischer Energie repräsentativ gezeigt werden. Dies trifft umso mehr zu, wenn ein regionaler Versorger sich entschließt, eigene Ressourcen aus Erfahrung und Material zusammenzustellen und in entsprechendem Ambiente zu präsentieren. A. Worgitzki Elektropraktiker, Berlin 57 (2003) 3 223 Report Bühnenbild des Musikzimmers mit Orchestrion Das Museum ist Dienstags bis Freitags geöffnet von 10 - 12 Uhr und 13 - 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. Gruppenführungen können zu anderen Zeiten vereinbart werden. Elektromuseum der Schleswag Stormstr. 1 24768 Rendsburg Tel.: 0180 - 1404444 oder 04331 - 182465 Anschrift

Autor
  • A. Worgitzki
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