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Installationstechnik

Elektroinstallation im Wandel - Aktuelle Entwicklungen, Tendenzen und mögliche Konsequenzen

ep8/2006, 2 Seiten

Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die rasante technische Entwicklung stellen die Elektrofachkraft ständig vor neue Herausforderungen – bergen Risiken und bieten Chancen. Nur wer Entwicklungstendenzen rechtzeitig erkennt und sich den daraus nötigen Konsequenzen stellt, wird auch künftig seinen Platz am Markt behaupten können.


Chancen suchen - aber wo? Die Lage in den Elektrohandwerken ist seit Jahren durchweg schwierig. Umsatzwachstum im Bereich der Inflationsrate und eine sinkende Anzahl der Beschäftigten in der Branche sind ein deutlicher Beleg [1] für diese Entwicklung. Aktivitäten zur Etablierung regelmäßiger Prüfungen von Anlagen mittels des E-Checks oder das Konzept „Fachbetrieb für Gebäudetechnik“ haben diesen Trend nicht verhindern können. Dabei ist unbestritten, dass marketingorientierte Aktivitäten im Umfeld des E-Checks durchaus dazu geeignet sind, Umsatz im Bereich der konventionellen Elektroinstallation zu generieren. Das Konzept des Fachbetriebes für Gebäudetechnik mit seinem ganzheitlichen Ansatz kann durchaus hilfreich sein, neue Geschäftsfelder und Nischenmärkte zu erschließen (Tafel ). An Argumenten für den Verkauf neuer Techniken und Produkte [2] mangelt es nicht. Ob damit aber der vielzitierte „Weg aus der Krise“ möglich ist, darf bezweifelt werden. Beide Lösungsansätze orientieren sich vor allem an der traditionellen Rolle des Elektrohandwerks und bergen die Gefahr von Fehlentwicklungen. Sie berücksichtigen die rasante technische Entwicklung im Bereich der energie-und informationsübertragenden/ -verarbeitenden Elektrotechnik nur unzureichend. Die aktuellen Herausforderungen der Elektrohandwerke (Elektro- und Informationstechniker-Handwerk) sind doch nicht nur vordergründig betriebswirtschaftlicher Natur, sondern in erster Linie technischer Natur. Der schon hier und da angedeutete Wandel im Rollenverständnis vom klassischen Elektromeister zum Systemintegrator/-administrator [1, 2] bietet in dieser Hinsicht eher ein tragfähiges und schlüssiges Konzept, das zudem die Grenzen zwischen dem Elektrotechniker-und dem Informationstechniker-Handwerk mehr denn je verwischen wird. Technische Entwicklung Moderne Gebäude sind heute nur noch mit einer Vielzahl technischer Einrichtungen denkbar. Ausnahmslos alle diese Anlagen benötigten mehr oder minder elektrische Energie zum Betrieb und/oder zur Steuerung/Regelung. Eine optimale Funktion des Gebäudes ist nur durch Integration der verschiedenen Teilsysteme möglich. Synergieeffekte ergeben sich dabei nicht nur bezüglich der Installations- und Wartungskosten, sondern vor allem bezüglich des realisierbaren Funktionsumfanges. Diese Entwicklung ist sowohl im Bereich der Standardisierung als auch hinsichtlich der Produkte unübersehbar. Ausgehend von den Anwendungen lassen sich dabei drei Gruppen von Verkabelungen unterscheiden (Tafel ). Diese Einteilung ist nicht willkürlich gewählt, sondern ergibt sich aus den unterschiedlichen Anforderungen an das Übertragungsverhalten der jeweiligen Anwendungen. Gebäudeautomation. Der Begriff Gebäudeautomation wird zunehmend häufiger gebraucht. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe: · Das Grundschema der Automation lässt sich ohne Einschränkungen auf die moderne Gebäudetechnik (Bild ) anwenden. · Die zur Automatisierung von Industrieanlagen entwickelte Technik [4] wird zur Steuerung und Regelung in Gebäuden eingesetzt. · Die für die Gebäudetechnik entwickelten Bussysteme (LON, KNX/EIB, LCN usw.) werden auch zur Automatisierung in der Industrie genutzt. Bezüglich der grundlegenden Systemstrukturen, der verwendeten Betriebsmittel und dem Instrumentarium zur Beschreibung der Anlagen gibt es daher immer weniger Unterschiede zur Automatisierungstechnik im ursprünglichen Sinne. Umfangreiches Produktsortiment. Für die Gebäudeautomation gibt es derzeit ein nahezu unübersehbares Angebot an Produkten. Die Angebotspalette reicht dabei von einfachen Ferntastsystemen (z. B. FTS von Eltako), für die der Begriff Automation eigentlich noch nicht ganz zutrifft, bis hin zu hochkomplexen Systemen, die eine Vernetzungen tausender Mikrorechnern zulassen. Der deutsche Markt wird zudem stärker denn je auch von anderen europäischen Anbietern umworben. Um bei der Vielfalt der Produkte die Übersicht nicht zu verlieren, ist eine Einteilung in verschiedene Kategorien sinnvoll. Die in Tafel vorgenommene Unterscheidung erscheint auf den ersten Blick etwas willkürlich, ermöglicht aber dem Praktiker eine erste Orientierung. Auch wenn einschränkend festgestellt werden muss, dass es durchaus Angebote gibt, die man sowohl der einen als auch der anderen Kategorie zuordnen Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 8 632 BETRIEBSFÜHRUNG Elektroinstallation im Wandel Aktuelle Entwicklung - Tendenzen und mögliche Konsequenzen Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die rasante technische Entwicklung stellen die Elektrofachkraft ständig vor neue Herausforderungen - bergen Risiken und bieten Chancen. Nur wer Entwicklungstendenzen rechtzeitig erkennt und sich den daraus nötigen Konsequenzen stellt, wird auch künftig seinen Platz am Markt behaupten können. ELEKTRO PRAKTIKER MEISTERWISSEN Informationseingabe Informationsausgabe Informationsgewinnung Informationsnutzung Messgrößen Stellgrößen technologischer Prozess Bedienelemente Anzeigeelemente/ Visualisierung Personal (Bedienen und Beobachten) Bedienerschnittstelle Informationsverarbeitung (speicherprogrammierbare) Steuerung Sensorik Aktorik bereitgestellte Informationen benötigte Informationen ... ... ... Prozessschnittstelle ... Grundschema der Automation gilt auch in der modernen Gebäudetechnik Tafel Lösungsansätze sinnvoll nutzen E-Check Fachbetrieb für Gebäudetechnik richtig bietet Möglichkeiten zum Technik in Gebäuden bringt mehr regelmäßigen Kunden- Sicherheit, Komfort und hilft kontakt, ermöglicht beim Energie sparen, elektro-Zusatzgeschäfte technische Anlagen sind dabei von zentraler Bedeutung und bieten der Elektrofachkraft eine Vielzahl von Geschäftsfeldern fraglich E-Check als universeller Elektrofachkraft als Fliesenleger Problemlöser oder Heizungs-/Sanitärinstallateur Tafel Vernetzung in Gebäuden Informations- und Telekommunikationssysteme Informations and Communication Technologies - ICT - Telefon - Computer Unterhaltungselektronik Broadcast and Communication Technologies - BCT - Rundfunk - Fernsehen Gebäudeautomation Control/Commands Communications in Buildings - CCCB - Steuerung/Regelung von Antrieben, Heizung, Licht usw. - Überwachungs-, Einbruchs- und Brandmeldeanlagen EP0806-629-633 20.07.2006 11:37 Uhr Seite 632 kann. Ein typisches Beispiel hierfür sind die auf KNX/EIB basierenden Lösungen Tebis TX (Hager) und EIB Easy (Merten). Funksysteme. Drahtlose Systeme erfreuen sich derzeit - nicht nur bei der Gebäudeautomation, aber eben auch dort - besonderer Aufmerksamkeit. Hauptsächlich bei Erweiterungen, Nachrüstungen und Modernisierungen bestehender Anlagen bringt der Verzicht auf die Kabelverlegung deutliche Kostenvorteile. Neben verschiedenen Lösungen auf der Basis von Infrarot-, Bluetooth- und WLAN-Technologien werden insbesondere Funk-Systeme angeboten, die das 868,3-MHz-Band nutzen. Durch Funktechnologien, die mit geringen, der Umgebung entnommenen Energiemengen auskommen (EnOcean), sind batterielose und damit wartungsfreie Sensormodule realisierbar. Neben Einfachlösungen mit einer begrenzten Anzahl von Sendern und Empfängern, die vor allem von Versendern (ELV, CESA u. a.) und in Baumärkten angeboten werden, gibt es verschiedene recht universell einsetzbare Systeme, wie etwa das System Free-Controll von Kopp. Neben Systemen, die lediglich aus Sender-und Empfänger-Modulen bestehen, in denen dezentral die Verarbeitung der Informationen erfolgt, gibt es mit Produkten wie Homeputer von Contronics und Kadex-Domotica Funksysteme, die einen PC als zentrales Betriebsmittel zur Informationsverarbeitung, sowie zur Bedienung und Visualisierung nutzen (Bild ). Konvergenz von Standards. Der Europäische-Installations-Bus hat sich seit mehr als einem Jahrzehnt in tausenden von Gebäuden bewährt. Mit dem Zusammengehen von EIB- und Konnex-Association zur KNX-Association und der gleichzeitigen Zusammenführung verschiedener Busstandards (EIB, EHS und Batibus) zum KNX-Standard (EN 50090) ist ein Schritt hin zur Integration unterschiedlicher Systeme unternommen worden. Strukturierte Verkabelung. Die strukturierte anwendungsneutrale Verkabelung (DIN EN 50173) ist ursprünglich aus dem Bemühen heraus entstanden, verlässliche Grundlagen für die Planung langfristig (mindestens 10 Jahre) nutzbarer informationstechnischer Infrastrukturen in Bürogebäuden zu schaffen. Auf der Basis dieser Infrastruktur werden vor allem Telefon/Fax- und LAN-Anschlüsse bereitgestellt. Diese Verkabelung (Cat. 6/Cat. 7) kann durch Zusatzgeräte (cat TV-Balun) für Multimedia-Anwendungen in Büros, Hotels, Krankenhäusern und Seniorenheimen genutzt werden, wie eine von Dätwyler angeboten Lösung zeigt. Neben dieser eigentlich nahe liegenden Nutzung der einmal vorhandenen Verkabelung, gibt es aber auch Lösungen, wie etwa die von der Fa. Oventrop angebotene Einzelraumregelung Dynatemp über LAN-Netzwerke. Für den Heimbereich ist die o. g. Norm (Teil 4) inzwischen fortgeschrieben worden, wobei hier der Einsatz von Kombinationen aus Koaxial- und klassischen Datenkabeln (verdrillte Zweidrahtleitungen) favorisiert wird. Reduzierung des Montageaufwandes. Die Forderung nach kurzen Montagezeiten und Flexibilität bei der Nutzung des umbauten Raumes haben dazu geführt, dass die aus Industrieanlagen bekannten Technologien der Energiebusse und der damit verbundenen steckbaren Elektroinstallation zunehmend auch im Wohn- und Zweckbau Einzug halten. Diese Entwicklung zeigt sich in Produkten wie etwa gesis MINI von Wieland, WINSTA von WAGO und dem Kontaktbord von N&L Elektrotechnik. Die Kombination dieser Technologien mit den Bussystemen zur Gebäudeautomation wird die Entwicklung in den kommenden Jahren entscheidend beeinflussen. Konsequenzen Angesichts der technischen Entwicklung stellt sich zwangsläufig die Frage nach den daraus resultierenden Konsequenzen für das Elektrotechniker-Handwerk. Eine Schlussfolgerung liegt dabei auf der Hand, nur wer in der Lage ist, dieser technischen Entwicklung zu folgen, hat die Chance, seinen Platz am Markt behaupten zu können. Berücksichtigt man dabei, dass sowohl bei Datennetzen und Multimedia als auch in der Gebäudeautomation Computer als vielseitiges Betriebsmittel (Informationsverarbeitung und -speicherung, Bedienung und Visualisierung) und als universelles Werkzeug zur Programmierung/ Parametrierung/Fehlersuche genutzt werden, wird deutlich, welchen Stellenwert künftig Kenntnisse zur Netzwerktechnik, zu Computern (inkl. Mikrocomputer und deren Programmierung) und Software für den Elektrotechniker haben. Die Tatsache, dass mit Standardbetriebssystemen ausgerüstete PCs als Bindeglied (Bild ) zwischen Gebäudeautomation, Multimedia- und Datennetzen genutzt werden, unterstreicht diese Erkenntnis. Planung und Ausführung elektro- und informationstechnischer Anlagen werden künftig mehr denn je durch die Forderung nach Integration bestimmt werden. Auch wenn derzeit die Konturen dieses Aufgabengebietes erst in Ansätzen sichtbar werden. Fest steht, Systemintegration ist kein neues Marketinginstrument, sondern ein aus der technischen Entwicklung objektiv resultierendes Erfordernis. Literatur [1] Mehr Umsatz mit weniger Beschäftigten. Elektropraktiker Berlin 60(2006)6, S. 439-440. [2] Kiefer, H.: Neue Produkte und Technik verkaufen. Elektropraktiker Berlin 60(2006)4, S. 270-271. [3] Beuschel, J.: Lon Works-Technik in der Gebäudeautomation; Bibliothek Gebäudetechnik. Berlin: Verlag Technik 2003. [4] Tyczinski, T.: SPS-Einsatz in der Gebäudetechnik. Bibliothek Gebäudetechnik. Berlin: Verlag Technik 1999. [5] Hausautomation mit dem PC. Elektropraktiker Berlin 60(2006)5, S. 402-403. H. Möbus Elektropraktiker, Berlin 60 (2006) 8 633 BETRIEBSFÜHRUNG Funk-System zur Hausautomation mit einem PC als Zentrale (Quelle Contronics) Computer und Software CCCB Gebäudeautomation BCT Unterhaltungselektronik ICT Telefon- und Datennetz Computer und Software - Betriebsmittel, Werkzeug und Brücke zwischen unterschiedlichen Systemen Tafel Systeme zur Gebäudeautomation Kategorie Produktbeispiele Systeme mit vorwiegend FTS von ELTAKO zentraler Verarbeitung der IHC von Elso Informationen für Luxor von Theben Wohnbauten PHC von PEHA Systeme mit vorwiegend LON dezentraler Verarbeitung der KNX/EIB Informationen (Bussysteme) LCN für Wohn- und Zweckbauten ISYGLT EP0806-629-633 20.07.2006 11:37 Uhr Seite 633

Autor
  • H. Möbus
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