Normen und Vorschriften
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Elektrotechnik
Elektrische Anlagen in der Landwirtschaft
ep2/2008, 3 Seiten
Die neue Norm Die neu herausgegebene DIN VDE 0100-705 (VDE 0100-705):2007-10 „Errichten von Niederspannungsanlagen - Teil 7-705: Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art - Elektrische Anlagen von landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betriebsstätten“ formuliert Anforderungen für die fest installierten elektrischen Anlagen von landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betriebsstätten - sowohl in Innenräumen als auch im Freien. Sie gilt als Ersatz für DIN VDE 0100-705 (VDE 0100-705):1992-10 und DIN V VDE V 0100-0705 (VDE V 0100-0705):2003-04. Die Anforderungen aus dieser Vornorm, die zwar den bisherigen Stand der Technik dokumentierte, war vielen Elektrohandwerkern in der Praxis nicht bekannt, da sie als Vornorm nicht Bestandteil der VDE-Auswahl für das Elektrotechniker-Handwerk war. 1.1 Anwendungsbereich der Norm Im Allgemeinen gilt die neu herausgegebene Norm DIN VDE 0100-705 (VDE 0100-705) nicht für Räume und Orte im Haushaltsbereich und für ähnliche Zwecke. Wenn jedoch eine leitende Verbindung durch Schutzleiter oder fremde leitfähige Teile, wie z. B. Rohrleitungen, zwischen den Wohnungen, anderen Räumen und den landwirtschaftlich oder gartenbaulich genutzten Betriebsstätten besteht, sind einige der Anforderungen anzuwenden, wenn dieses ausdrücklich im Normentext gefordert wird. 1.2 Landwirtschaftliche und gartenbauliche Betriebsstätten Als landwirtschaftliche und gartenbauliche Betriebsstätten werden Räume, Orte oder Bereiche definiert, in denen · Nutztiere wie beispielsweise Rinder, Pferde oder Geflügel gehalten werden, · Futtermittel, Düngemittel, pflanzliche und tierische Erzeugnisse produziert, gelagert, aufbereitet oder weiterverarbeitet werden oder · Pflanzen kultiviert werden, z. B. in Gewächshäusern. Zu den landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betriebsstätten zählen: · Ställe für Nutztiere einschließlich deren Nebenräume wie Melkstände, · Milchkammern oder Futterräume, · Gewächshäuser, · Scheunen, · Lagerhäuser, Lager- und Vorratsräume für Heu, Stroh, Futtermittel, Düngemittel, Getreide, Kartoffeln und Betriebsstoffen sowie · Stätten zum Schlachten und Produzieren, Aufbereiten oder Weiterverarbeiten, Trocknen, Auspressen von Gütern usw. Besondere Anforderungen in der Landwirtschaft In landwirtschaftlichen Betriebsstätten bestehen durch die Einwirkung von Feuchtigkeit, Staub, chemischen Dämpfen, Säuren und den erhöhten mechanischen Beanspruchungen besondere Anforderungen an die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel (Bild ). Zusätzlich kommt es häufig zu einer erhöhten Brandgefahr durch das Vorhandensein von leicht entzündlichen Stoffen in den Lagerräumen und Stallungen, beispielsweise durch Heu und Stroh. Grundsätzlich hat der Betreiber von landwirtschaftlichen Betriebsstätten dafür zu sorgen, dass alle in seinem Betrieb tätigen Personen, die seine elektrischen Anlagen bedienen und betreiben, dabei die gesetzlichen und behördlichen Vorschriften, die VDE-Bestimmungen (z. B. auch die DIN VDE 0105-115) und die Sicherheitsvorschriften der Feuerversicherer, (z. B. VdS 2057 und VdS 2067) beachten. Die Errichtung, Änderung und Instandsetzung der elektrischen Anlagen und Betriebsmittel darf nur durch eine Elektrofachkraft unter Berücksichtigung der genannten Regelwerke erfolgen. 2.1 Schutz gegen elektrischen Schlag Zur automatischen Abschaltung der Stromversorgung im Fehlerfall müssen unabhängig vom Netzsystem in allen Stromkreisen Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) eingesetzt werden: · in Endstromkreisen mit Steckdosen, unabhängig von ihrem Bemessungsstrom, Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen mit einem Bemessungs-Differenzstrom IN ) 30 mA und · in allen anderen Stromkreisen Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen mit einem Bemessungs-Differenzstrom IN ) 300 mA. Ausnahmen bestehen nur für Stromkreise, die zur Speisung von Verteilern vorgesehen sind und deren Zuleitung nicht durch feuergefährdete Betriebsstätten geführt wird - siehe DIN VDE 0100-482 und VdS 2033. Bei Anwendung des TN-Systems ist dieses ab dem Speisepunkt der elektrischen Anlage als TN-S-System, d. h. mit getrenntem Schutz-und Neutralleiter, auszuführen. Dieses gilt auch für zugehörige Wohnungen und ähnliche Räume, die leitfähig über Rohre oder Schutzleiter mit den land- oder gartenbaulichen Betriebsstätten verbunden sind. 2.2 Zusätzlicher Schutzpotentialausgleich In Räumen und an Orten, die zur Haltung von Nutztieren vorgesehen sind, muss ein zusätzlicher Schutzpotentialausgleich erstellt werden. Hierunter fallen die Stand-, Liege-und Melkbereiche sowie die dazugehörigen Gänge, in denen alle von den Nutztieren berührbaren Körper und fremden leitfähigen Teile mit einem Schutzpotentialausgleichsleiter zu verbinden sind. Der Potentialausgleichsleiter ist gegen mechanische Beschädigungen und Korrosion zu schützen. Unter anderem können dafür folgende Materialien verwendet werden: · feuerverzinkter Bandstahl mit mindestens 30 mm x 3 mm, · feuerverzinkter Rundstahl mit mindestens 8 mm Durchmesser oder · Kupferleiter mit einem Querschnitt * 4 mm² Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 138 FÜR DIE PRAXIS Normen und Vorschriften Elektrische Anlagen in der Landwirtschaft W. Baade, Oldenburg Die neu herausgegebene DIN VDE 0100-705 (VDE 0100-705):2007-10 „Errichten von Niederspannungsanlagen - Teil 7-705: Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art - Elektrische Anlagen von landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betriebsstätten“ enthält Anforderungen für die fest installierten elektrischen Anlagen in Innenräumen sowie im Freien von landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betriebsstätten. Autor Elekroinstallationsmeister Werner Baade ist Dozent beim bfe Oldenburg. Beeinträchtigung der elektrischen Anlagen und Betriebsmittel durch Staub 3.2 Potentialsteuerung In den Schutzpotentialausgleich sind zum Zweck der Potentialsteuerung ebenfalls die Bewehrungen von Fußböden, Wänden, Güllekellern usw. einzubeziehen. Ebenfalls empfohlen wird der Anschluss von Spaltenböden, sofern dieses technisch möglich ist. Die Elektrofachkraft und ggf. eine Blitzschutzfachkraft sind frühzeitig bei der Planung und Errichtung einzubinden, da für die Potentialsteuerung entsprechende Anschlussfahnen, z. B. für den Anschluss von Futtersilos, Melkständen, Spaltenböden oder Blitzschutzanlagen, vorzusehen sind. Dabei stellt die fachgerechte Errichtung des Fundamenterders nach DIN 18014 bereits einen wichtigen Bestandteil der Potentialsteuerung dar (Bild ). Nachträgliche Korrekturen der im Beton verlegten Anlagenteile sind kaum noch und wenn ja, nur mit einem erheblichen Aufwand, möglich. 3.3 Fundamenterder Der Fundamenterder ist mit einer maximalen Maschenweite von 20 x 20 m und einer Betonüberdeckung von mindestens 50 mm einzubringen. Der Erder muss mit dem Bewehrungsstahl alle 2 m durch Schweißen, Pressen, Schrauben oder Ähnlichem verbunden werden. Keilverbinder sind nicht zugelassen, wenn der Beton beim Einbringen maschinell verdichtet wird. Die Anschlussfahnen, die aus dem Beton herausführen, sollten aufgrund der erhöhten Korrosionsgefahr in Edelstahl (V4A) ausgeführt werden. Bei geplanten Blitzschutzanlagen, Wannenabdichtungen oder Perimeterdämmungen sind eventuell weitere Anforderungen an die Errichtung des Fundamenterders zu berücksichtigen. 3.4 Brandschutz Für alle Stromkreise sind zum Brandschutz Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) mit einem Bemessungsdifferenzstrom IN 300 mA einzusetzen. Der Einsatz von selektiven (Symbol: ) oder kurzzeitverzögerten Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen kann zur Verbesserung der Anlagenverfügbarkeit, insbesondere bei der Intensivtierhaltung, notwendig sein. Die bisher geltende Grenze der dauernd zulässigen Berührungsspannung von 25 V AC und 60 V DC ist in der Neuausgabe der Norm nicht mehr enthalten. Somit gilt für die zulässige Berührungsspannung der allgemeine Grenzwert von 50 V AC bzw. 120 V DC. 3.5 Wärmestrahler Bei der Haltung von Nutztieren, insbesondere aber bei deren Aufzucht, werden in bestimmten Bereichen Wärmestrahler zur Bestrahlung des Tierbestandes eingesetzt. Diese Strahler müssen so angebracht sein, dass keine Verbrennungsgefahr für die Tiere besteht und eine Entzündung von brennbarem Material, wie z. B. Stroh, ausgeschlossen ist. Der Mindestabstand zu den Tieren bzw. zu brennbaren Stoffen beträgt 0,5 m, sofern vom Hersteller der Geräte keine anderen Abstände gefordert werden. Auswahl und Erichtung der elektrischen Betriebsmittel Die elektrischen Betriebsmittel in landwirtschaftlichen Betriebsstätten müssen mindestens der Schutzart IP 44 entsprechen. Bei Auftreten von brennbaren Stäuben oder Fasern ist nach DIN VDE 0100-482 und VdS 2033 eine Schutzart von mindestens IP 5X, bei gleichzeitig auftretender Feuchtigkeit von IP 54 gefordert. Im Bereich von Getreide- und Futtermittelsilos, Mühlen oder ähnlichen Anlagen, werden aufgrund der Gefährdung durch explosionsfähige Atmosphären infolge von Staub möglicherweise weitere Anforderungen an die dort verwendeten Betriebsmittel gestellt. Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 139 Normen und Vorschriften FÜR DIE PRAXIS Beispiel für die Errichtung einer Potentialsteuerung in Verbindung mit einem Fundamenterder in einem Kuhstall Quelle: DIN VDE 0100-705 (VDE 0100-705):2007-10 Anhang A Ein besonderes Augenmerk ist auf die mechanische Festigkeit zu richten. In Fällen, in denen der Schutz gegen äußere Einflüsse nicht ausreicht, z. B. bei Betriebsmitteln mit der Klassifizierung AG1 (niedrige mechanische Beanspruchung nach DIN VDE 0100-510), ist ein Schutz durch zusätzliche Gehäuse, durch die Montage in Wandnischen oder ähnliches herzustellen. Weiter dürfen die Betriebsmittel im Allgemeinen nicht für Nutztiere erreichbar sein. Wenn dieses unumgänglich ist, müssen entsprechende Schutzvorkehrungen vorgesehen werden. 4.1 Leuchten und Beleuchtungsanlagen In feuergefährdeten Betriebsstätten mit Gefährdung durch brennbare Stäube und Faserstoffe dürfen nur Leuchten mit begrenzter Oberflächentemperatur eingesetzt werden. Solche Leuchten sind mit einem „D“ in einem Dreieck (früher Doppel-F) gekennzeichnet. Sie müssen einschließlich der Lampe eine Schutzart von mindestens IP 54 aufweisen (Bild ). Bei der Montage ist zu beachten, dass die Leuchten einen ausreichenden großen Sicherheitsabstand zu brennbaren Materialien aufweisen. Die Mindestabstände sind den Herstellerangaben zu entnehmen. 4.2 Kabel- und Leitungsanlagen In Ställen sind Kabel und Leitungen so zu verlegen, dass diese von den Nutztieren nicht erreicht werden können und ausreichend gegen mögliche mechanische Beschädigungen geschützt sind (Bild ). Bewegliche Leitungen zur Verwendung in landwirtschaftlichen Betriebsstätten müssen mindestens der Bauart H07RN-F entsprechen. Im Außenbereich ist eine Erdverlegung vorzuziehen. Die Kabel müssen in einer Tiefe von mindestens 0,6 m mit zusätzlichem mechanischen Schutz bzw. im urbaren Land oder im Ackerland in einer Tiefe von mindestens 1 m verlegt werden. Selbsttragende Kabel und Leitungen über befahrbare Bereiche sind in einer Mindesthöhe von 6 m zu verlegen. Die verwendeten Elektroinstallationsrohre und Elektroinstallationskanäle müssen einen ausreichenden Schutz gegen chemische Einflüsse aufweisen: · AF4 = dauerndes Auftreten von korrosiven Schadstoffen im Bereich von Nutztieren nach DIN VDE 0100-510, · Klasse 2 = mittlerer Schutz gegen Korrosion nach DIN EN 61386-21 (VDE 0605-21) zur Verwendung in sonstigen Innenräumen oder · Klasse 4 = hoher Schutz gegen Korrosion nach DIN EN 61386-21 (VDE 0605-21) zur Verwendung im Freien. Dieses gilt in ähnlicher Weise für die mechanische Beanspruchung durch Fahrzeuge und bewegliche Maschinen. In solchen Bereichen sind Beanspruchungen mit mindestens AG3 = hohe mechanische Beanspruchungen nach DIN VDE 0100-510 anzunehmen. Elektroinstallationsrohre müssen in solchen Bereichen einen Schutz gegen Zusammendrücken aufweisen, der mindestens der Klasse 4 nach DIN EN 61386-21 (VDE 0605-21) entspricht. 4.3 Einrichtungen zum Trennen und Schalten Die elektrische Anlage in jedem Gebäude oder in Teilen eines Gebäudes muss über eine einzige Trenneinrichtung von der Versorgung getrennt werden können. Für gelegentlich - z. B. nur während der Erntezeit - genutzte Stromkreise müssen weitere Trenneinrichtungen vorgesehen werden, die alle aktiven Leiter einschließlich des N-Leiters trennen. Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen erfüllen die vorstehenden Bedingungen und können die Funktion als Trenneinrichtung übernehmen. Trenn- und Schaltgeräte sowie Einrichtungen zum Not-Halt oder Not-Aus dürfen nicht im Bereich von Nutztieren angebracht werden. 4.4 Intensivtierhaltung Unter Intensivtierhaltung wird die Aufzucht und Haltung von Nutztieren verstanden, für deren Lebenserhaltung automatisch wirkende technische Systeme notwendig sind. Die Anforderungen an die Stallungen und anderen Teilen der hierfür genutzten Betriebsstätten, werden in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (Tier Sch Nutz V) definiert. In solchen Einrichtungen muss bei einem Stromausfall eine ausreichende Versorgung der Tiere mit Wasser, Futter, Luft und Beleuchtung sichergestellt sein. Die Umsetzung der Anforderungen aus der Tier Sch Nutz V werden in der vorliegenden Norm und der VdS-Richtlinie 2067 beschrieben. U. a. sind dafür diese Maßnahmen zu treffen: · Für die Versorgung von Lüftungs- und Beleuchtungsanlagen sind gesonderte Stromkreise erforderlich. · Die Hauptstromkreise für die Lüftung müssen bei Überstrom und Kurzschluss selektiv abschalten. · Wenn eine elektrisch betriebene Lüftungsanlage notwendig ist, muss die ausreichende Belüftung durch eine Ersatzstromquelle sichergestellt sein oder es muss durch Überwachungseinrichtungen bei auftretenden Fehlern eine optische und akustische Meldung ausgelöst werden. Beim Einsatz von Steuerungen ist zu berücksichtigen, dass ein Ausfall der Steuerspannung nicht zu einem Totallausfall der Lüftungsanlage führt. Hierfür sind entsprechende Überwachungseinrichtungen und Hand-Automatik-Schalter einzusetzen. 4.5 Dokumentation Für die elektrischen Anlagen ist eine Dokumentation zu erstellen und an den Betreiber auszuhändigen. Diese muss mindestens Folgendes beinhalten: · Dispositionsplan mit allen elektrischen Betriebsmitteln, · Kabelwegepläne, · Übersichtspläne der elektrischen Anlagen in einpoliger Darstellung und · Übersichtspläne des zusätzlichen Schutzpotentialausgleichs und der Potentialsteuerung mit Angabe der Lage aller Anschlusspunkte. Elektropraktiker, Berlin 62 (2008) 2 140 FÜR DIE PRAXIS Normen und Vorschriften Falsch ausgewählte Leuchte - Schutzart IP 54 ist für Leuchte nicht erfüllt, da Leuchtstofflampe offen betrieben wird unzureichend befestigte Leitungen an einem Antriebsmotor
Autor
- W. Baade
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